Keine Liebe zum Kind - Sollten Eltern es lieber "freigeben"?

vom 18.01.2020, 14:14 Uhr

Während manche Menschen einen großen Kinderwunsch hegen und dann auch in ihrer Elternrolle völlig aufblühen gibt es ja auch Eltern oder Elternteile die mit ihrer neuen Rolle nicht wirklich zurecht kommen.

Etwas zwei Drittel aller Schwangerschaften sollen ungeplant gewesen sein. Wobei mir hier keine weitere Aufschlüsselung vorliegt inwiefern diese ungeplanten Kinder dann auch ungewollt waren bzw. sind.Jedenfalls höre ich im Rahmen von Zeugenvernehmungen immer mal wieder die Aussage, dass Elternteile eigentlich überhaupt keinen Bock auf Kinder haben und ihnen das "Balg" einfach nur auf die Nerven geht. Liebe ist in diesem Zusammenhang wohl ein Fremdwort.

Als Eltern kommt man sicherlich in den Entwicklungsphasen eines Kindes mehrmals in die Situation in denen man gute Nerven braucht. Beispiele dafür sind in etwa die Trotzphase oder die Vorpubertät und Pubertät. Diese Eltern beschreiben allerdings eine generelle Abneigung ihren Kindern gegenüber und sprechen auch nicht davon Liebe für ihren Nachwuchs zu verspüren.

Ich finde einfach dass ein harmonisches Miteinander so schwer möglich ist bzw. die Gefahr fürs Kindswohl da viel schneller gegeben. Vor wenigen Tagen hatten wir erst einen Fall in dem ein zweimonatiges Mädchen als Aschenbecher benutzt wurde und letztendlich dann mit Schädel-Hirn-Trauma in die Klinik kam. Eine Aussage dieser Mutter war eben auch, dass sie eigentlich nie Kinder haben wollte und das "Balg" hasst.

Ich Frage mich nun ob man nicht in einer solchen Situation sich und dem Kind zu Liebe ein Eingeständnis machen sollte und das Kind zur Adoption freigeben bzw. sich von dem Partner trennen der mit seiner Elternrolle nicht klar kommt. Natürlich kann so eine Erkenntnis auch eine Momentaufnahme sein und man sollte auch nicht voreilig handeln, aber wenn man über mehrere Monate bzw. Jahre so empfindet dann kann so eine Situation doch nicht gut sein für ein Kind.

Natürlich kann man auch sagen, dass man sich das als erwachsener Mensch vorher überlegen hätte sollen und sich da halt letztendlich mit seiner Rolle jetzt abfinden muss, die Verantwortung und Pflichten übernehmen und lernen sich damit zurecht zu finden. Aber kann das wirklich klappen? Kann man aus einer ursprünglichen Ablehnungshaltung dann doch noch raus und seine Elternrolle lieben lernen? Oder sollte man sein Kind in Bezug auf das Kindswohl lieber "freigeben" für eine Familie die vielleicht schon sehnlichst auf die Möglichkeit einer Adoption wartet und dem Kind die nötige Liebe schenkt?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich finde das Thema unheimlich schwierig. Ich habe nämlich auch schon den Fall mitverfolgt, dass eine Mutter betont hat, dass sie ihr Kind abgrundtief hasst, es aber niemals weggeben könnte, weil ihr sonst etwas fehlen würde. Liebe und Hass können also verdammt nah beieinander liegen und nur weil eine Mutter betont, dass ein Kind nervt, bedeutet das nicht, dass nicht doch irgendwo eine Flamme für das Kind brennt.

Viele Eltern werden aber auch ins kalte Wasser geworfen. Plötzlich ist die Frau schwanger und ein Kind ist unterwegs. Das Kind ist ungeplant, trotzdem muss man sich mit dem Kind abgeben, weil es einfach da ist. Nur weil einige Eltern vielleicht unterkühlt agieren, heißt das ebenfalls nicht, dass da keine Liebe für das Kind da ist. Das Kind ist vielleicht niedlich, aber ein anstrengendes Schreikind. Ich kann die Genervtheit mancher Leute schon verstehen. Dass man ein Kind als Aschenbecher benutzt, ist aber schon eine andere Liga.

Ich habe aber auch schon davon gehört, dass Mütter nach der Geburt des Kindes einfach keine Gefühle entwickeln. Sie lassen sich das Kind anlegen, aber es bleibt zunächst ein Fremdkörper. Das bedeutet ebenfalls nicht, dass das Kind nicht gewollt ist, es gibt einfach dieses Phänomen und von den Artikeln zu dem Thema, die ich gelesen habe, hat sich diese Gefühlslage nach spätestens einem Jahr wieder gelegt und die Mütter waren unglaublich glücklich mit ihrem Kind.

Ich habe auch verdammt harte Zeiten mit meiner Familie hinter mir. Aber ich hätte genauso gut zur Adoption freigegeben werden können und in eine ebenso gewalttätige Familie geraten können. Im Laufe der Jahre habe ich nämlich bemerkt, dass solche Taten verdammt gut verdeckt werden können und Außenstehende solche Aktionen nie mitbekommen oder dass auch überhaupt nichts getan wird.

Ich persönlich denke, dass Eltern, nicht nur Mütter, die solche Aussagen, dass sie ihr Kind hassen, tätigen, vielleicht psychologisch betreut werden sollten. Entweder die Aussage entstand im Affekt oder es besteht ein anderes Problem, zum Beispiel, dass das Kind der Mutter bei der Selbstverwirklichung im Wege steht oder dass sie sich die Erziehung des Kindes anders vorgestellt hat, einfacher halt.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12546 » Talkpoints: 0,94 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich finde dieses Thema auch mehr als schwierig. Wer bestimmt denn zum Beispiel, ab wann ein Kind genug "geliebt" ist? Ich finde es teilweise geradezu schockierend, unter welchem immensen gesellschaftlichem Druck gerade Mütter stehen, wenn sie nur in einem Moment der Schwäche durch ein Zucken des Augenlids zu erkennen geben, dass sie gerade nicht bis obenhin voller Liebe zu ihrem Kind sind. Das natürlich seine Aufgabe, es den Eltern ja nicht zu leicht zu machen, vom ersten Tag an mit voller Inbrunst erfüllt.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass es beispielsweise ganz normal ist, nach einer schlimmen Geburt nicht sofort und von der ersten Sekunde an mit Glücks- und Bindungshormonen überschwemmt zu werden, und dann kommt schon das schlechte Gewissen und macht alles nur noch schlimmer. Und aus irgendeinem Grund gelten für Väter immer noch ganz andere Spielregeln. Die werden ja schon schief angesehen, wenn sie aus Liebe zu ihrem Kind im Job kürzer treten, um den Nachwuchs auch aufwachsen zu sehen, oder gar Breichen kochen oder Prinzessin spielen.

Und wer garantiert zudem, dass "freigegebene Kinder" bei Leuten, die sich sehnlichst ein Kind gewünscht haben, tatsächlich automatisch mehr "geliebt" werden? Und was macht man dann? Das Kind so lange austauschen, bis eins gefunden ist, das perfekt ins Konzept passt? Sehnlichst zu wünschen macht noch keine kompetenten und qualifizierten Eltern aus, genauso wie nicht jede unerwünschte Schwangerschaft in der Katastrophe endet, sondern im Gegenteil die meisten Eltern doch die Kurve kriegen.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Das Thema ist wirklich alles andere als einfach. Aber dennoch sehe ich das doch etwas, ich sage mal differenzierter. Natürlich gibt es immer die Extremfälle, wo dann irgendwelche Mütter erst kurz vor der Geburt erfahren, dass sie schwanger sind, obwohl das für mich nur sehr schwer vorstellbar ist. Vielleicht liegt es daran, dass ich ein Mann bin, aber es gibt doch wohl dann immer noch sowas wie eine ausbleibende Regel, oder die Hormon-technische Umstellung des Körpers.

Aber wenn man mal vom Normalfall ausgeht, stellt man spätestens nach dem Ausbleiben der Regel, sich die Frage, Schwanger oder nicht? Ich denke, dass man da in den meisten Fällen schon weiß, ob man ein Kind haben will, oder eben lieber nicht. Da hat man doch dann schon gewisse Möglichkeiten, sein Leben selbst zu steuern. Dann muss man sich eben die Frage stellen, ob ich mich Abhängig von einem Kind machen möchte, oder ob man seinen Weg und seine Zukunft lieber unabhängig gestalten möchte.

Es gibt mit Sicherheit genug Fälle, wo ein erstmal abgelehntes Kind, dann zu Mamas ein und alles wird, aber in der Regel ist es da wohl eher nicht der Fall. Ich denke schon, dass es ab einen bestimmten Grad der Abneigung, keinen Sinn mehr macht und dann auch als Eltern vielleicht eher die Courage besitzen sollte, das Kind in die Obhut einer anderen Familie zu geben. Es macht einfach keinen Sinn ein Kind zu behalten, wenn man so eine Abneigung dagegen hat, wie am Anfang diese Threads beschrieben wurde. Das ist für mich eine ganz klare Sache von Misshandlung und da gibt es für mich keine Grauzone. Es sind Kinder die sich nicht wehren können, Schutzbefohlene, wie man so schön sagt, und wenn sie sich nicht mal mehr dem Schutz der Eltern sicher sein können, dann haben sie bei den Eltern nichts mehr verloren.

Ich habe in meiner Familie auch 2 Beispiele, wo Kinder adoptiert oder zumindest zur Pflege bei meiner Familie untergekommen waren. Zum einen ein Junge, der von seiner Drogensüchtigen Mutter weggenommen wurde und eben bei meiner Familie Pflegeeltern gefunden hat. Diese Junge ist schwer Verhaltensgestört und ist auch alles andere als einfach, aber da man weiß woran es liegt, wissen eben die Pflegeeltern damit umzugehen und erfährt die Zuneigung, die ihm bei seiner Mutter gefehlt hat.

Auf der anderen Seite, hatte ich auch eine Tante, die damals zwei Kinder Adoptiert hat. Junge und Mädchen. Das Mädchen war toll und wurde verhätschelt. Der Junge hingegen hatte zum einen einen Sprachfehler und stotterte recht häufig und in der Schule hatte er es auch nicht einfach. Wenn sie mehr oder weniger alles durfte, saß man bei ihm immer mit dem Kochlöffel daneben, wenn er seine Hausaufgaben gemacht hat. Das vermeidete dann natürlich keine Fehler beim erledigen der Hausaufgaben, sondern förderte sie eher, was dann auch einen Einsatz des Kochlöffels mit sich zog.

Mehr oder weniger fand ich das Früher normal. Ich war selber erst 11 oder 12 Jahre alt und man hatte eben noch einen gewissen Respekt vor Erwachsenen.

Natürlich muss man das alles immer individuell sehen, aber ich denke schon, dass man den Kindern zu liebe sich besser dazu entscheiden sollte, die Kinder in eine Familie zu geben, wo man sich der Kinder auch annimmt. Das sind aber auch Dinge, wo die Jugendämter gewissenhafter werden müssen. Es gibt ja genug Beispiele, wo Jugendämter einfach zu spät gehandelt haben oder eben auch zu schnell. Es muss alles in allem, viele mehr für das Wohl der Kinder gemacht werden.

Auch wenn ich das vielleicht ein wenig zu eng sehen mag, aber wenn dann schon die rede davon ist, dass ein gewisses Hassgefühl den Kindern gegenüber entwickelt wird oder sich entwickelt hat, dann ist der Weg zu einer körperlichen Misshandlung nicht mehr sehr weit. Und dann sollte man die Kinder besser freigeben, bevor man sie körperlich angeht oder sie sogar als Aschenbecher missbraucht, was hoffentlich dann auch strafrechtlich verfolgt wurde.

» Kodi » Beiträge: 599 » Talkpoints: 27,19 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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