Kann von Songtext Suizidgefahr ausgehen?

vom 12.06.2017, 06:48 Uhr

Soweit ich weiß wird es in den Medien meist vermieden von erfolgreichen Suizid-Versuchen zu berichten, weil man wohl Nachahmer fürchtet. Ich habe mich aber gefragt wie das bei anderen Sachen ist. Gestern hörte ich zufällig im Radio einen neuen Song von "Kraftklub" mit dem Titel "Fenster". Das Lied finde ich persönlich schon heftig, denn es heißt dort unter anderem "Spring aus dem Fenster für mich". Mir ist bewusst, dass der Song eher gesellschaftskritisch gemeint ist, aber ich habe mich gefragt, ob ein Mensch, der wirklich depressiv mit suizidalen Tendenzen ist, das wirklich erkennen würde.

Ich meine, manche Menschen sind psychisch so krank und angeschlagen, dass sie nur noch einen kleinen Schubs brauchen um suizidale Gedanken in Pläne und Taten umzusetzen. Ich habe mich gefragt, ob das nicht eher gefährlich ist, wenn so ein Mensch dann zufällig ein Lied mit einem derartigen Liedtext hört. Was meint ihr dazu? Kann ein Songtext tatsächlich Grund dafür sein, dass sich manche Menschen zum Suizid motiviert oder ermutigt fühlen oder haltet ihr das für Schwachsinn? Sollte man Lieder mit derartigen Inhalten verbieten oder geht da keine Gefahr von aus?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich glaube nicht, dass ein Songtext einen völlig psychisch gesunden und stabilen Menschen zum Suizid anregen kann, aber wenn die Umstände bereits sehr wackelig sind und jemand den Entschluss zu diesem Schritt mehr oder weniger schon gefasst hat, dann kann vermutlich so ziemlich alles als Zünglein an der Waage fungieren - also auch ein Liedtext, der den Selbstmord besingt oder indirekt dazu anstachelt.

Allerdings muss man den Song in einem solchen Fall auch als das sehen, was er ist - nämlich höchstens ein Trigger, nicht aber die Ursache allen Übels. Das ist eine ähnliche Diskussion, wie sie mit Killerspielen und Attentätern immer wieder in den Medien breitgetreten wird. Auch hier denke ich, dass das Potential zur Tat bereits von vornherein in der Psyche vorhanden sein muss, damit ein Medium zum Auslöser werden kann. Alleine durch das Schießen auf virtuelle Gegner wird ein vernünftiger Mensch sicherlich nicht auf den Geschmack kommen, echte Menschen umzubringen.

Deshalb sehe ich auch keinen Sinn und keine Grundlage für ein Verbot solcher Medien. Man kann jetzt nicht anfangen, sämtliche Songs aus dem Radioprogramm zu streichen, in denen von Selbstmorden die Rede ist. Dann müssten wir gleich alle gewaltverherrlichenden oder -enthaltenden Lieder verbieten, und am besten auch alle, in denen von Sex die Rede ist, denn das könnte ja jemanden zur Vergewaltigung ermutigen. Und schwupp - ruckzuck hätten wir überhaupt keine massentaugliche Musik mehr. Jeder muss meiner Meinung nach für sich selbst entscheiden, was er sich zumutet und was ihm zu viel wird. Wenn ich stockdepressiv bin und an der Kippe zur Suizidalität stehe, dann höre ich lieber keine Songs, die diese Stimmung noch unterstreichen.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Das Lied "Komm, großer schwarzer Vogel" von Ludwig Hirsch durfte nach 22 Uhr nicht mehr auf Ö3 gespielt werden aus Angst, Hörer könnten Selbstmord begehen. Einen entsprechenden Artikel und den Liedtext gibt es hier.

» Wurstel » Beiträge: 77 » Talkpoints: 31,93 »



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