Käme für euch ein Kauf im Knastladen in Frage?

vom 03.02.2017, 12:14 Uhr

Im Fernsehen war gestern ein Bericht über den Knastladen wo man in Handarbeit hergestellte Dinge kaufen kann. Der Erlös kommt den Gefangenen zu Gute und auch dem Staat, weil ein Platz in der Justizvollzugsanstalt ja sehr viel Geld kostet.

Als der Bericht im Fernsehen war, war auch eine Bekannte hier, die sich sehr empörte und meinte, dass sie niemals Schwerverbrecher unterstützen würde und dort etwas kaufen würde. Es wurde nämlich auch gesagt, dass in dieser JVA sehr viele Mörder einsitzen.

Ich bin da ein wenig zwiegespalten und denke, dass ein Platz dort ja wirklich viel Geld kostet, was man dann auch mit unterstützen kann. Was ich allerdings nicht unterstützen wollen würde ist dem Schwerverbrecher ein angenehmeres Leben zu bieten, indem ich dort kaufe und er dann auch davon profitiert. Denn ich denke, dass die deutschen Gefängnisse doch ziemlich "luxuriös" sind, wenn man den Berichten und Bildern aus den Medien glauben kann.

Käme für euch ein Kauf im Knastladen in Frage? Habt ihr dort schon gekauft? Habt ihr ein ungutes Gefühl, wenn ihr damit Schwerstverbrechern ein angenehmeres Leben bieten könnt? Es wurde in dem Bericht auch gesagt, dass mit dem Erlös Luxusartikel gekauft werden, die dann den Gefangenen zugute kommen. Aber den größten Teil bekommt wohl der Staat für die Unterkunft der Verbrecher.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich kaufe regelmäßig im Knastladen. Ich finde die Produkte sehr hochwertig und günstig. Wieso sollte man Schwerverbrechern damit ein angenehmes Leben bieten? Ein Knastarbeiter bekommt einen Stundenlohn von 1-2 Euro. Das dürfte maximal gerade so die Kosten decken. Ich hatte z.b. neulich eine Nagerbrücke für 9,90 Euro bestellt, wie immer versandkostenfrei. Das Porto machte aber schon 6,90 Euro aus. Und wer wirklich ein schweres Verbrechen begangen hat muss vermutlich eh noch Schmerzensgeld zahlen.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich würde ohne Weiteres etwas beim Knastladen bestellen. Mir ist es egal, weswegen die Menschen, die die Sachen hergestellt haben, im Knast sitzen. Sie produzieren etwas und dafür bekommen sie etwas Geld. Ich habe überhaupt nichts davon, wenn sich Schwerverbrecher ihre komplette Haftzeit langweilen und ärgern.

Außerdem kenne ich ja von keinem einzigen Haftinsassen die genauen Umstände der Tat. Ja, sie sind von einem Rechtsstaat, den ich respektiere, verurteilt worden. Aber das sind nicht alles unsympathische, unempathische, keine Reue empfindende Monster. Es sind Menschen. Ja, nicht unbedingt Menschen, mit denen ich gerne befreundet wäre. Vielleicht der eine oder andere. Es ist eben keine graue Masse, die man über einen Kamm scheren kann.

Mir ist vor allem die Resozialisierung von Häftlingen wichtig. Und die unterstützt man mit einem Kauf ihrer Waren. Ich bin nicht diejenige, die sie bestrafen muss. Das hat der Richter getan.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Den speziellen Knastladen kenne ich nicht, aber viele JVAs haben doch Verkaufsläden, entweder in einem eigenen Gebäude oder sie verkaufen auf Märkten, Weihnachtsmärkten und so weiter. Bei einigen kann man sich auch spezielle Dinge auf Wunsch anfertigen lassen. Also die Vielfalt ist da groß, insofern ist so ein Knastladen nichts Neues.

Ich für meinen Teil habe kein Problem damit, Produkte von Insassen zu kaufen und habe dies auch schon getan. Und wenn ich das gleiche Produkt zum gleichen Preis von einem üblichen industriellen Anbieter oder aus einer JVA kaufen kann, wähle ich gerne das Produkt aus der Anfertigung in der JVA.

Weißt du, ich kann ja nachvollziehen, dass man erst einmal auf den Gedanken kommt, dass man den Insassen damit irgendeinen Luxus ermöglicht. Und ja, natürlich kann ein Insasse von seinem Lohn diverse Artikel im Gefängnis kaufen, aber das kannst du nicht wirklich mit einem Arbeiter in Freiheit vergleichen.

Ich weiß nicht, wie es inzwischen mit dem Mindestlohn aussieht, denke aber nicht, dass das auch für Häftlinge durchgesetzt wurde. Bei meinem letzten Knastbesuch hatten die meisten Gefangenen einen Lohn von etwa 10 Euro täglich. Das würde dann so etwa 200€ monatlich machen, bei "Topverdienern" sind es vielleicht auch mal 300. Selbstverständlich bekommen sie den Lohn aber nicht ausgezahlt. Ein Teil wird automatisch gespart für die Entlassung, ein Teil geht für die Kosten des Haftraumes drauf.

Von dem, was der Inhaftierte dann noch hat, kann er Ausstattung für die Zelle -Wasserkocher, Fernseher oder Ähnliches- kaufen oder anmieten. Hygieneartikel, Kaffee, Tabak, Süßes und so wird er ebenfalls davon kaufen müssen. Letzten Endes ist also der Gedanke, dem Häftling durch den Kauf eines Knastproduktes ein tolles Leben zu sponsern nicht ganz richtig, denn mehr als normale menschliche Bedürfnisse zu befriedigen können sie mit dem Geld ohnehin nicht.

In den Gefängnissen sitzen Menschen, die zum Teil wirklich Mist gebaut haben, zum Teil aus irgendeiner Not heraus straffällig geworden sind. Menschliche Arschlöcher, deren Leben ohnehin vor die Wand gefahren ist und Menschen, die ihre Fehler bereuen und sich eine vernünftige Zukunft wünschen. Gerade junge Leute bekommen in den JVAs die Möglichkeit einer handwerklichen Ausbildung.

Andere fühlen sich durch die Arbeit jedenfalls ansatzweise als wichtig und funktionstüchtig. Der nächste braucht einfach nur etwas zu tun, damit er nicht aus Langeweile auf dumme Gedanken kommt. Letztlich geht es immer auch um Resozialisierung und genau das kann man unterstützen, indem man Produkte aus solchen Läden kauft.

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» CCB86 » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 2,88 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Natürlich. Jederzeit, falls ich die Produkte brauche und Preis und Qualität stimmen. In Bayern gibt es sogar einen Online-Shop, bei dem Produkte aus allen JVAs des Bundeslandes angeboten werden. Ich halte dies aus unterschiedlichen Gründen für eine gute Sache.

Erstens ist bekanntlich das Ziel einer Haftstrafe nicht, die "Verbrecher" für ihre Taten möglichst effizient leiden und büßen zu lassen und ihnen ihre Haftzeit so miserabel wie möglich zu machen. Das wird vielen braven Bürgern nicht gefallen, aber soweit ich weiß, geht es hier nach wie vor um eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft und nicht um staatlich sanktionierte mittelalterliche Rachebedürfnisse. Deswegen ist jeder Strafgefangene auch verpflichtet, einer geregelten Arbeit nachzugehen, und mir erscheint es generell sinnvoller, wenn die Leute beispielsweise ein Handwerk lernen und Erfolgserlebnisse haben, als dass man sie mit der Nagelschere Kabel abisolieren lässt oder was auch immer.

Zweitens kann ich auch das Neid-Argument beschwichtigen. Für weniger als zwei Euro (!) Stundenlohn,den man dann im JVA-eigenen Laden für "Luxusgüter" wie Kaffee und Zigaretten ausgeben "darf", würde von den Leuten, die sich darüber aufregen, dass Strafgefangene in Deutschland nicht an die Wand gekettet werden, wohl kaum jemand einen Finger krumm machen. Ich finde es daher durchaus fair und mit den Grundsätzen der Demokratie übereinstimmend, dass zwar der Großteil der Einnahmen für den Betrieb der JVAs verwendet wird, aber dass die Leute, die dort Vollzeit arbeiten, zumindest ein kleines Zubrot bekommen. Sklavenhaltung würde wahrscheinlich auch vielen Leuten gefallen, aber die ist nun mal hierzulande verboten.

Und grundsätzlich nicht gelten lasse ich das Argument, dass die deutschen Häftlinge quasi sowieso im Luxus leben, zumindest verglichen mit peruanischen Bergbauern oder irgendwelchen armen Kindern in "Hier-Land-mit-braunhäutigen-Menschen-Einfügen". Bezeichnend finde ich nämlich sowieso, dass sich die Leute, die dieses Argument vorbringen, meistens zwar einerseits ihren primitiven Rachedurst zum Ausdruck bringen, aber andererseits auch keinen Cent dafür locker machen, um das Los von "Hier-Randgruppe-einfügen", welche sich vermutlich zu Recht einen Aufenthalt im deutschen Knast wünscht, in irgendeiner Weise zu verbessern.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich habe den Knastladen noch nicht auf dem Schirm gehabt, aber ich habe da jetzt ein paar nette Dinge gesehen und finde die Preise sind teilweise auch sehr angenehm - auch wenn man überlegt, dass da tatsächlich Handarbeit drin steckt. Ich habe auch nichts dagegen, wenn die Insassen sinnvoll beschäftigt werden. So weit ich weiß bekommen sie auch eine winzige Vergütung gutgeschrieben, die sich aber bestimmt nicht für ein angenehmes Leben eignet.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


@Gerbera was ist das denn für ein Onlineshop? Generell hätte ich da schon Interesse, wozu auch nicht? Die Produkte sind sicherlich gut und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie so teuer sind, immerhin bekommen die Häftlinge ja auch nicht viel für die Herstellung. Bisher habe ich so einen Laden aber noch nicht bewusst gesehen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ramones, du brauchst nur Knastladen in einer Suchmaschine eingeben, dann wirst du fündig. Ich selbst kaufe da gerne Beißwürste und Überzüge für den Schutzarm. Die Qualität ist nämlich ziemlich gut.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ob das nun Mörder sind oder nur Ladendiebe ist doch egal, aber immerhin bringen sie sich ein und gehen einem Job nach. In Amerika zum Beispiel hocken die den ganzen Tag dumm in der Zelle herum und drehen Däumchen.

Daher kann man ruhig solche Produkte kaufen. Bei unserem Supermarkt kommt das Brennholz zum Beispiel auch aus der Haftanstalt in unserer Nähe und es ist auch nicht so, dass es jetzt qualitativ schlecht wäre, es wird sich schon angemessen Mühe gegeben. Für mich spricht eigentlich nichts dagegen.

» Bascolo » Beiträge: 3578 » Talkpoints: 33,15 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ja klar kaufe ich da und warum auch nicht? Dort wird der beste Grill gebaut der mir auf dem Markt unter die Augen gekommen ist und auch wenn der Preis im ersten Moment recht hoch erscheinen mag, er ist jeden Cent wert und aus 100% Handarbeit. Das merkt man auch hinterher bei der Benutzung!

Man geht hoffentlich nicht davon aus, dass die Insassen auch die Einnahmen aus dem Shop bekommen, denn das ist nicht der Fall. Diese bekommen ihren normalen Stundenlohn und das war es dann auch schon. Der Rest wird dafür verwendet, dass man den Menschen eine Ausbildung zukommen lässt, die Materialien müssen eingekauft werden, Werkzeuge und das wird damit ebenfalls finanziert.

Ich finde das eine gute Sache, so hat man Beschäftigung und hinterher noch gute Handarbeit Made in Germany. Was ist daran so schlimm, nur weil es ein Knasti gefertigt hat? Deswegen wird man nicht zum Mörder wenn man so etwas verwendet oder bei sich aufstellt. Die Sachen haben eine gute Qualität, halten lange und findet man so teilweise auch gar nicht im Handel. Auch neue Dinge werden sich dort ausgedacht und hinterher verkauft die auf dem Markt einfach noch eine Lücke darstellen.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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