Gruß im Geschäft als Wille zum Bedienen ansehen?
Bei uns in der Apotheke arbeitet ja nicht nur das pharmazeutische Personal, sondern auch kaufmännisches Personal ist vertreten. Vor einigen Tagen hat eine Kollegin aus dem kaufmännischen Bereich gerade vorne an einer Kasse kurz eine telefonische Bestellung abgeschlossen, als ein Kunde grüßend hinein kam. Meine Kollegin grüßte zurück und der Kunde ging auf sie zu. Sie sagte dann, dass sie ihn leider nicht bedienen darf. Das fand der Kund nicht gut und er meinte, dass sie ihn doch begrüßt hätte.
Ich muss sagen, dass ich den Unmut des Kunden nicht so ganz verstehen konnte. Sicher hat meine Kollegin gegrüßt, aber das ist doch einfach höflich, wenn ein Kunde den Raum betritt. Wie seht ihr die Situation? Wenn ihr in ein Geschäft kommt und begrüßt werdet, seht ihr das dann automatisch auch so, dass ihr von dieser Person auch bedient werdet, auch wenn diese Person offensichtlich auch noch mit etwas anderem beschäftigt ist? Oder seht ihr das auch einfach als höflichen Gruß und findet es vielleicht auch nicht schlimm, wenn diese Person euch nicht bedienen darf?
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie wenig Empathie und Beobachtungsgabe manche Menschen doch besitzen. Wenn ich ein Geschäft betrete, dann erfasse ich doch in Sekundenbruchteilen ob die sichtbaren Mitarbeiter beschäftigt sind oder nicht. Ich hätte die Begrüßung nicht als Wille zum Bedienen aufgefasst, weil ja offensichtlich war, dass die Mitarbeiterin beschäftigt war. Daher verstehe ich solche egozentrischen, empathielosen Sichtweisen überhaupt nicht.
Ich verstehe auch nicht, was manche Menschen alles in eine Begrüßung interpretieren. Nur weil man einen Kunden aus Höflichkeit begrüßt heißt es doch noch lange nicht, dass man auch für die Kundenbedienung zuständig ist oder nicht etwas anderes zu erledigen hat.
Immerhin hat die Mitarbeiterin in meinen Augen alles richtig gemacht, sie war nett zum Kunden und hat ihn auch darauf hingewiesen, dass sie nicht qualifiziert ist um die entsprechende Bedienung vorzunehmen. Mehr kann sie nicht machen und von daher wäre das Thema für mich auch erledigt.
Leider ist das einigen Menschen nicht bewusst, dass neben Apothekern auch noch andere Berufe in einer Apotheke zu finden sind und nicht jeder darf einfach alles. Ich habe auch eine Zeitlang an der Kasse gesessen in einer Apotheke, ich durfte dort ebenfalls nicht bedienen nur kassieren und die Regale wischen war mein Job.
Dennoch wurde ich oftmals darauf angesprochen, einfach nur weil die Kasse direkt am Eingang lag, welcher auch den Ausgang darstellte. Auch dort gab es oftmals Unverständnis dafür und manche Kunden wollten es auch nicht einsehen, dass sie dafür "so weit" nach hinten laufen müssen an die Theke. Das waren vielleicht 5-7 Meter, mehr nicht.
Ich arbeite auch im Büro und ich muss sagen, dass ich es hasse durch den Laden zu gehen. Denn die meisten Kunden stürzen sich tatsächlich auf einen, wenn man sie nur grüßt. Faktisch reicht es auch schon, wenn sie sehen, dass man ohne Jacke oder mit irgendwelchen Unterlagen in der Hand durch den Laden läuft, weshalb ich mitunter schon eine Jacke angezogen und die Unterlagen darunter versteckt habe.
So ein ganz klein bisschen kann ich verstehen, dass man kurz irritiert ist, wenn eine Person, die eindeutig nach "arbeitet hier" aussieht, erklärt, dass sie mir nicht weiterhelfen kann, ja nicht einmal darf, aber ich möchte wetten, dass es dem Kunden auch nicht recht gewesen wäre, wenn sie ihn völlig ignoriert hätte.
Meine Theorie besagt hier, dass viele Menschen quasi für jede Alltagssituation ein Skript im Kopf laufen haben, also quasi ein Drehbuch, welches die üblichen Vorgänge bei einem Einkauf, in einem Restaurant, auf dem Bahnhof oder was auch immer quasi autonom regelt, weil die Abläufe bis hinunter auf Dialoglevel abgespeichert sind.
Und wenn dieses Skript nicht ablaufen kann, reagieren manche Zeitgenossen gereizt im Sinne von "Sie halten sich nicht an die Spielregeln! Ihr Text wäre wie folgt gewesen..." Anscheinend ist ihnen nicht immer klar, dass die Umwelt ihr Skript gar nicht kennen kann und deswegen halten sie ihre Mitmenschen relativ schnell für unhöflich, geistesabwesend oder schlicht zu doof.
Nicht jeder ist von Natur aus geistig rege und flexibel, und manche schalten im Alltag auch (wie ich) auf Autopilot. Nur wenn man gute Manieren hat, schafft man es für gewöhnlich, seine Irritation zu verbergen. Wie gesagt, ich wäre wohl auch kurz irritiert gewesen, hätte mich aber mit "die Kollegin ist gleich für Sie da" wohl zufrieden gegeben.
Nervig finde ich es nur, wenn sich Leute nicht nur nicht an mein Skript halten, sondern mir bewusst oder unbewusst zu verstehen geben, dass mein Anliegen völlig absurd und noch nie da gewesen sei, und wie ich nur auf die Idee komme, beispielsweise eine kaufmännische Angestellte mit einer Apothekerin zu verwechseln und gar noch etwas so Bizarres zu verlangen wie eine Schachtel Aspirin.
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