Gewalt und Schläge gegen Ärzte noch normal?

vom 06.05.2018, 10:48 Uhr

Laut neuesten Erhebungen richtet sich wohl auch immer mehr Gewalt gegen behandelnde Ärzte. Demnach hat man wohl auch keine Scheu mehr davor, einen Arzt oder eine Ärztin physisch anzugreifen und zu schlagen. Ich finde ja so eine Entwicklung furchtbar und kann mir diese gar nicht so recht erklären. Was meint ihr denn zu diesem Trend? Was bewegt denn Patienten zu derartigen Aggressionen? Findet ihr das noch normal und wie würdet ihr dieser Entwicklung entgegenwirken?

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» friedchen » Beiträge: 1312 » Talkpoints: 940,01 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Bei Psychosekranken oder dementen Patienten, die es vermehrt gibt, halte ich so etwas für möglich. Normal will ich hier nicht sagen. Wenn allerdings Angehörige oder betrunkene Personen einen Arzt attackieren ist dies kriminell und asozial. Hier muss man auch mit massiven Strafen vorgehen. Da ich selber niemanden kenne, der im Rettungswagen mitfährt, kann ich schlecht einschätzen, woran dies liegt.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Juri1877 hat geschrieben:Bei Psychosekranken oder dementen Patienten, die es vermehrt gibt, halte ich so etwas für möglich.

Das sind aber noch die friedlichsten. Die versuchen vielleicht zu türmen und meckern rum, werden aber eher selten handgreiflich. Und die Psychotiker richten ihre Aggressionen meistens gegen sich selbst. Das macht beides Arbeit und ist manchmal nicht einfach zu handeln, aber bei weitem nicht so gefährlich, wie das ganze asoziale Pack, dass bis jetzt überwiegend die Notaufnahmen geflutet hat und sich jetzt scheinbar auch mehr und mehr in den Praxen ausbreitet.

Die meiste Gewalt, so meine Erfahrung, geht von den Besoffenen und Drogenjunkies aus. Und das nervt dann tierisch. Wer sich besaufen will, soll das machen aber dann braucht er danach nicht mit irgendwelchen Verletzungen im Krankenhaus aufschlagen und noch rumpöbeln, wenn irgendwas nicht schnell genug geht oder eine Spritze mal weh tut. Das scheint aber sowohl im Rettungsdienst als auch im Krankenhaus für viele von Ihnen normal zu sein.

In den Praxen, worum es im aktuellen Bericht geht, sind es dann wohl auch noch irgendwelche Wichtigtuer, die glauben, dass sie schneller behandelt werden müssten oder ihnen ganz spezielle Leistungen zu stünden. Ich versteh dabei dann immer nicht, warum man sich dann nicht einfach einen anderen Arzt sucht, wenn man sich schlecht behandelt fühlt.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Gewalt und Schläge waren „nie normal“, wenn man sie auf Menschen bezieht, die der Meinung sind, nicht schnell genug behandelt zu werden usw. Oftmals ist auch hier die Klientel immer wieder die auffällige Großfamilie aus Rumänien, Bulgarien & Co, deren Ansicht es ist, wenn sie kommen, dann muss alles sofort gehen und schnell. Es dürfen dann keine Fehler passieren usw. Ich frage mich echt, wo deren Mentalität herkommt, um teilweise genau so zu agieren, wie ich geschrieben habe und das weiß ich aus erster Hand sowie teilweise durch Zeugen usw. Immer wenn ich in Krankenhäusern war, sind es bei mir (bis auf am WE die besoffenen Deutschen), die sonst Theater machen.

Derartige Gewalt ist nicht normal, war es nie, aber steigert sich. Immer mehr Krankenschwestern, Pflegern und anderes Personal in und um Krankenhäuser sowie Pflegestellen und Notaufnahmen berichten davon. Ärzte werden angegriffen etc. Wenn wir jetzt durch Patienten davon ausgehen, die mit Demenz im Krankenhaus liegen oder einer anderen Erkrankung, dann muss man das natürlich differenzieren und hat nicht mit bewusster Gewalt des Patienten gegenüber dem Arzt & Co etwas zu tun.

Gerade bei der Demenz ist die Gewaltbereitschaft durchaus auch ein Stadium, welches man nicht außer Acht lassen darf. Das bedeutet aber nicht, dass die Person den Pfleger, Arzt und die Krankenschwester wirklich bewusst aus der freien Entscheidung verletzten möchte, sondern das die Demenz einfach teilweise alles erlernte, gute Sitten, Respekt und auch Menschen, die nett zu einem sind, häufig vergessen. Zumal je nach Demenzstufe das Verhalten sogar bis zurück ins Kindesalter rutschen kann, wo man nicht erwarten kann, dass es besser wird.

Doch ich glaube, dass Ärzte und Pflegepersonal etc. mit sowas eben immer rechnen und das nicht so dramatisch sehen, wie das eigentlich von mir angesprochene Gewaltpotenzial vieler Bürger und auch die verbale Gewalt nimmt zu. In den letzten 6-10 Monaten waren bei uns mehrere Einsätze im Pott, wo Pflegepersonal, Krankenschwester oder Notärzte angegriffen wurden, weil es den besagten Großfamilien oder anderen Kulturkreisen entweder nicht schnell genug ging, weil sie eine Muslima nicht anfassen dürfen usw. Es kamen da Dinge an den Tag, wieso man sich rechtfertigt, die eine Stimmung auch von Seiten der Ärzte bald ganz schnell zum kippen bringen kann.

Für mich ist Gewalt gegen Ärzte, Pflegepersonal & Co richtig zu bestrafen, wenn es bewusste Gewalt ist. Das wir hier von psychisch kranken Menschen, die medikamentös eingestellt sind oder Demenzkranken nicht reden können, ist doch eigentlich schon normal und sagt die Krankheitsgeschichte aus.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Kätzchen14 hat geschrieben:Oftmals ist auch hier die Klientel immer wieder die auffällige Großfamilie aus Rumänien, Bulgarien & Co, deren Ansicht es ist, wenn sie kommen, dann muss alles sofort gehen und schnell.

Das deckt sich aber nur sehr bedingt mit meinem eigenen Erleben. Was sicher richtig ist, dass gerade Bürger aus dem Osten, Südosten und auch aus dem arabischen Raum anders auftreten als der "gemeine Deutsche". Da kommt da eben ganz oft nicht ein Kranker ins Sprechzimmer, sondern oftmals die gesamte entfernte Verwandtschaft. Aber das war es dann eigentlich auch.

Der Großteil versteht es auch, wenn man dann eben fast alle wieder heraus bittet und groß Gewalt beziehungsweise überproportional Gewalt von diesem Klientel habe ich noch nicht erlebt. Was sicherlich richtig ist, ist die Tatsache, dass diese Personen oft ihre eigene Meinung zur Medizin haben und durchaus mehr Untersuchungen ablehnen als viele Mitteleuropäer und dann eben auch mal gegen ärztlichen Rat wieder gehen. Aber damit kann ich leben, dass stört mich nicht und ist letztlich nicht mein Schaden.

Wirklich Gewalt geht hier bei uns eigentlich nahezu nur von den Besoffenen aus. Und da spielt es dann keine Rolle, welche Nationalität diese haben. Das geht bunt durch alle Nationalitäten und da sind meines Empfinden nach nicht mehr Ausländer als Deutsche dabei.

Es kommt aber sicherlich auch darauf an, wie man mit bestimmten Dingen umgeht. Wenn man mir 5 mal erklärt ich dürfe als Mann eine Frau jetzt nicht untersuchen, dann muss ich es auch nicht ein sechstes mal versuchen. Dann lass ich das und die Behandlung ist eben beendet. Aber da gibt es sicherlich auch Ärzte, die damit nicht umgehen können. Und dann schaukelt sich die Stimmung auch schnell hoch.

Und natürlich muss man auch einschätzen können, mit wem es überhaupt Sinn macht zu diskutieren. Wer 5,5 Promille auf dem Kessel hat, dem brauch ich nichts erklären. Entweder ist der so hacke dicht, dass ich eh alles machen kann oder ich lasse es halt, weil da die nächsten 48 Stunden eh nichts im Kopf ankommt.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ihr seid ja witzig! Euch ist klar, dass die Grundlage der Hochrechnung falsch ist und die Zahlen tatsächlich viel niedriger liegen? Die ganze Untersuchung beinhaltet auch die korrekten Zahlen. Und dann wird aus der dramatischen Zahl 288 eine deutlich kleinere 73.

Dazu muss man dann noch wissen, dass sich diese Zahl auf Gewalt und Androhung von Gewalt bezieht, aber nicht weiter differenziert. Demnach sind hochgerechnet 0,0015 aller Patientenkontakte problematisch. Wobei eben schon mitgezählt wird, wenn nur Gewalt angedroht wird und sonst nichts. Das ist aber schwammig, denn ob jemand droht oder nur seinem Unmut Luft macht, das ist ziemlich subjektiv.

Folglich ist es in deutschen Praxen immer noch ziemlich friedlich. Natürlich ist jeder Fall zu viel, selbst wenn es "nur" eine Drohung ist. Aber die Erhebung hilft da nicht weiter, weil ältere Zahlen zum Vergleich fehlen. Denn gefühlt wird es immer schlimmer. Das gilt auch für Einbrüche oder Taschendiebstahl, obwohl das immer weniger wird.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben:Dazu muss man dann noch wissen, dass sich diese Zahl auf Gewalt und Androhung von Gewalt bezieht, aber nicht weiter differenziert. Demnach sind hochgerechnet 0,0015 aller Patientenkontakte problematisch. Wobei eben schon mitgezählt wird, wenn nur Gewalt angedroht wird und sonst nichts. Das ist aber schwammig, denn ob jema

Und dir ist auch klar, dass wir bei dieser Statistik nur von ganz normalen Arztpraxen zu ganz normalen Tageszeiten reden oder? Sozusagen fehlt da noch komplett, dass von mir geschilderte übergeordnete Problemklientel. Krankenhäuser und insbesondere Notaufnahme sind da gar nicht eingerechnet.

Also eigentlich wird hier an einer Stelle Stunk gemacht, wo es gar kein wirkliches Problem geben dürfte. Das wäre ja so als wenn man einen Heizungsinstallateuer zu jährlichen Wartung ruft und ihm dann Schläge androht, wenn er erst zwei Wochen später kommen kann. Das ist ja das in meinen Augen schockierende an der ganzen Sache. Wenn man dem Schlüsseldienst der Sonntag am Abend für 5 Minuten Tür aufmachen für 500 Euro erklärt, ob er noch richtig eingepackt ist, dann wäre das irgendwo verständlich. Aber um solche Fälle geht es hier ja nicht. Sondern um ganz profanes Alltagsgeschäft, wo sich Patienten beim niedergelassen Arzt nicht richtig aufgehoben oder falsch behandelt fühlen. Also da wo man niemandem ausgeliefert ist, sondern einfach seine Sachen packen könnte und zum nächsten Arzt geht.

Und das ist für mich eigentlich absolut nicht mehr erklärbar. Wie gesagt, wer dement ist kann nichts dafür, wer wirklich krank ist auch nicht. Selbst bei den Besoffenen kann ich es zumindest nachvollziehen, dass da auch mal Sicherungen austicken. Aber eben nicht, wenn jemand der eigentlich relativ gesund ist zu normalen Tageszeiten in einer Praxis den Max machen will.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Wenn man über eine Statistik zu Arztpraxen redet, dann sind Krankenhäuser irrelevant, weil andere Baustelle. Und die in den Medien genannte Befragung und Hochrechnung beinhaltet auch die richtigen Zahlen. Man kann nicht fragen, ob es jemals zu Gewalt oder Gewaltandrohung bekommen ist und daraus eine Zahl der Vorfälle pro Jahr ermitteln. :lol:

Und ja, es gibt Gewalt in Arztpraxen (wenig), in Krankenhäusern (schon mehr) und bei Rettungseinsätzen (öfter). Nur muss man das bitte hübsch getrennt betrachtet werden, denn das jeweilige Klientel ist ein anderes. Das zu vermischen und sich fürchterlich aufzuregen, bringt nichts. Denn es handelt sich um vollkommen unterschiedliche Probleme, die verschiedene Ursachen haben und so die Lösungsansätze anders aussehen.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben:Und ja, es gibt Gewalt in Arztpraxen (wenig), in Krankenhäusern (schon mehr) und bei Rettungseinsätzen (öfter). Nur muss man das bitte hübsch getrennt betrachtet werden, denn das jeweilige Klientel ist ein anderes. Das zu vermischen und sich fürchterlich aufzuregen, bringt nichts. Denn es handelt sich um vollkommen unterschiedliche Probleme, die verschiedene Ursachen haben und so die Lösungsansätze anders aussehen.

Das habe ich ja auch getan. Ich wollte mit dem Vergleich nur klar machen, dass ich es in Ausnahmesituationen wie bei Rettungseinsätzen oder auch in Notaufnahmen irgendwo nachvollziehen kann, dass es da irrationale Handlungen gibt, aber doch bitte schön nicht in einer stinknormalen Arztpraxis zu völlig geregelten Tageszeiten.

Ansonsten würde mich mal interessieren was du genau mit der korrekten Zahl von 73 meinst und wo diese herkommt? Die Zahl von 288 wurde auch genauso im Ärzteblatt veröffentlich und damit nicht nur in der Boulevardpresse. Ich gebe zu, die Untersuchung selber nicht gelesen zu haben, sondern nur besagte Artikel inklusive Ärzteblatt. Zumal entgegen deiner Relativierung ja falsch ist. Die Zahl von 288 Übergriffen täglich beinhaltet explizit nur körperliche Gewalt. Wenn man auch Gewaltandrohung mit einrechnet, dann kommt man auf fast 2900 Fälle täglich. Von daher würde ich dich da schon bitten, deine Zahlen mal zu erklären.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Klehmchen, das habe ich doch schon getan. Aber für dich gerne noch einmal. Man hat 7561 Ärzte befragt und die Antworten dann auf die Anzahl der Ärzte hochgerechnet. So weit, so gut, da ist in Ordnung. Aber man den befragten Ärzten zwei Fragen gestellt. Einmal wurde gefragt, ob sie schon jemals Gewalt in der Praxis erlebt haben. Die zweite Frage war dann nach Gewalt oder Gewaltandrohung im letzten im letzten Jahr.

Und jetzt wird es unseriös. Denn zuerst hat man die Ärzte eben gefragt, ob sie jemals Erfahrungen mit körperlicher Gewalt gemacht haben. Das haben 1953 der Befragten bejaht. Und dann hat man diese kleine Gruppe genommen und nach Gewalt oder Gewaltandrohung im letzten Jahr gefragt. Da haben 325 Ja gesagt.

Und jetzt kommt der Clou in der Rechnung: Von allen Ärzten die Gewalt erfahren haben, haben 16.6% (in den Medien dargestellt gerundet 17%) im letzten Jahr Gewalt oder eine Gewaltandrohung erlebt. Und aus dieser Zahl wurde dann die schlagzeilenträchtige Zahl 288 Fälle pro Tag errechnet.

Und das ist eben falsch. Denn von allen befragten Ärzten haben nur 4,3% im letzten Jahr Gewalt erlebt oder angedroht bekommen. Das ergibt hochgerechnet 73 Fälle pro Tag. Die Zahl ist aufgrund einer komplett unseriösen Rechengrundlage entstanden. Ob das nun so im Ärzteblatt steht oder nicht, das ändert nichts an der fehlenden Seriosität.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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