Gerecht, wenn Häftlinge studieren dürfen?

vom 28.05.2018, 08:13 Uhr

Ich habe kürzlich einen sehr interessanten Artikel gelesen, in dem es darum ging, dass in deutschen Gefängnissen rund 200 Häftlinge ein Studium auf Staatskosten absolvieren. Dies ist zum Beispiel in der JVA Würzburg möglich, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Was haltet ihr von so einer Möglichkeit? Findet ihr so ein Studium auf Staatskosten gerecht und fair? Oder seht ihr darin Vorteile für die Häftlinge? Werden die Häftlinge dadurch das Stigma der Haft ablegen können und schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden können nach der Entlassung? Oder werden sie das Stigma nie los?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Mein erster Gedanke war, das ist doch unfair. Denn ich musste mir damals mein Studium selbst finanzieren und das war eine extrem harte Zeit, da ich kein Bafög bekommen habe.

Doch wenn ich kurz drüber nachdenke, finde ich es gut. Denn die Menschen sollen ja schlussendlich wieder eingegliedert werden und da ist doch eine gute Ausbildung oder ein Studium auf jeden Fall ein Weg in die richtige Richtung. Ich weiß ja nicht ob das freiwillig ist, wenn ja werden doch auch eher Menschen daran teilnehmen, die aus ihren Fehlern gelernt habe und nun einen neuen Weg gehen wollen.

» Bassaufdreher » Beiträge: 393 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich bin nicht der Meinung, dass es nur dann "fair" zugeht, wenn Insassen in Strafvollzugsanstalten so wenig Rechte und Möglichkeiten wie gerade noch so durchsetzbar haben und möglichst von allen Seiten schikaniert werden, da es sich schließlich um Verbrecher handelt. Für mich ist das ein kleinlicher Rachegedanke, der vielleicht zur einer Zeit nachvollziehbar war, als man Dieben noch die Hand abgehackt hat und Folter ein probates Mittel der Zeugenbefragung war. Aber die Idee des modernen, demokratischen Strafvollzugs beruht ja nicht darin, Leute zu quälen, damit sich die "braven Bürger" daran aufgeilen können, wie viel besser es ihnen doch gehe, sondern natürlich einerseits Strafen zu verhängen (wir schicken die Leute ja nicht auf Kur), aber andererseits auch weitere Straftaten zu verhindern.

Und wenn jemand im Knast eine Lehre oder ein Studium erfolgreich abschließt und mit Glück und Verstand dann zu einem produktiven Mitglied der Gesellschaft wird, welches nicht mehr Banken überfällt, um seine Drogensucht zu finanzieren oder was auch immer, ist schließlich der Gesellschaft als Ganzes gedient. Wenn sich die Leute nur langweilen und nach Verbüßung der Haftstrafe wieder auf die Straße gesetzt werden, würde ihnen ja kaum etwas anderes übrig bleiben, als weiterzumachen wie vor ihrer Haft. Auf "Staatskosten" leben sie ja sowieso, und seit der Abschaffung der Studiengebühren ist ein (Fern-Studium) ja auch nicht mehr so monströs teuer. Mir ist es jedenfalls recht, wenn meine Steuergelder in Bildung investiert werden, egal ob man davon Kitas baut oder Strafgefangenen ein Studium finanziert.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Was soll daran unfair sein? Seit 1977 steht die Resozialisierung im Mittelpunkt des Strafvollzugs. Als Opfer mag man sich wünschen, dass Täter ihre Strafe bei Wasser und Brot auf altem Stroh in feuchten Gemäuern fast ohne Tageslicht absitzen. Nur was bringt das? Danach landet jemand draußen, der noch weniger Perspektiven als vorher hat und die Gesellschaft richtig beschissen findet. Das sind die besten Voraussetzungen für eine Vertiefung der kriminellen Karriere.

Ein Schulabschluss oder eine Berufsausbildung bringen da viel mehr, denn das ist die Basis, um nah der Entlassung in einem normalen Leben Fuß zu fassen. Da kommt niemand und schreit, dass das aber ungerecht sei. Warum ist dann ein Studium ungerecht?

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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