Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung – Erfahrungen

Im Leben ist es so, dass wir uns natürlich in erster Linie selbst wahrnehmen. Wir stecken uns Ziele und Leben unser Leben nach bestimmten Prinzipien und Angewohnheiten. Manchmal tun wir den Menschen in unserer Umgebung was Gutes. In anderen Fällen stoßen wir sie vor den Kopf. Manchmal aber ist uns das gar nicht so bewusst. Die Fremdwahrnehmung unterscheidet sich nämlich von unserer Selbstwahrnehmung.

Das bedeutet, dass die Menschen in unserer Umgebung uns anders wahrnehmen als wir selbst uns sehen. Die Frage ist nun, welche Erfahrungen ihr dabei gemacht habt? Wie häufig passten Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung zusammen? Wie häufig ergaben sich Differenzen? Wie seid ihr damit umgegangen und wie häufig reflektiert ihr euch selbst und holt euch Feedback durch andere Menschen ein?

Ich weiß jetzt nicht genau, wo du mit diesem Thema hin willst, weil es kaum irgendwas konkretes enthält. Aber generell ist es bei mir wohl so, dass ich selber mir und meiner Arbeit gegenüber kritischer bin als andere Personen.

Du scheinst das nun als etwas negatives zu sehen, wenn man selber etwas anders wahrnimmt als andere, aber das ist doch einfach nur normal. Wenn ich zum Beispiel etwas nähe weiß ich ganz genau, wo ich improvisieren musste, weil etwas nicht so funktioniert hat, wie ich mir das vorgestellt habe. Jemand anders weiß das aber nicht, der sieht nur das fertige Ergebnis und findet es perfekt und versteht nicht, warum ich nicht so ganz zufrieden bin.

Hier wird es wirklich schon sehr vage. Dass Selbst- und Fremdwahrnehmung oft weit auseinanderklaffen, ist ja eine Binsenweisheit, auf die man ständig mit der Nase gestoßen wird. Man muss sich nur eine Talentshow im Fernsehen ansehen oder mit offenen Augen durch die Fußgängerzone marschieren, um zu bemerken, dass viele Leute nicht mal ihre Kleidergröße richtig einschätzen können.

Auch die Tatsache, dass man derlei Diskrepanzen vor allem bei anderen merkt und selber glaubt, darüber erhaben zu sein, ist ein klassisches Beispiel für den Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Im Alltag haben sich meiner Erfahrung nach vor allem zwei Grundrichtungen heraus kristallisiert:

Manche Leute sehen sich selber viel zu kritisch, erwarten ständig Perfektion von sich und glauben allen Ernstes, dass es ihre Umwelt tatsächlich interessiert, ob ihr Lidstrich heute gelungen ist oder ob sie ihr Auto ein bisschen schief geparkt haben. Andere halten sich selber für quasi unfehlbar, und wenn doch einmal etwas schiefgeht, sind immer die anderen schuld. Die Mehrheit der normalen Alltagstypen scheint sich irgendwo zwischen diesen Extremen zu bewegen, was die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung angeht.

Gerbera hat dazu einen wichtigen Punkt angesprochen, dass man sich meistens doch komplett anders sieht als andere und es auch entsprechende Extreme gibt. Noch dazu kommt auch, dass man nicht immer das gleiche Auftreten in jeder Situation an den Tag legt und somit jede Person einen unterschiedlich kennenlernt und auch unterschiedlich wahrnimmt dann.

Im Freundeskreis und Familienkreis bewegt man sich anders, Verhält sich anders als wenn man z.B. auf der Arbeitsstelle soziale Kontakte pflegt. Daher kann man dort auch als kalter Hund gesehen werden der keine Emotionen zeigt, aber Zuhause vor dem Fernseher direkt anfängt zu heulen wenn der Vorspann zu Rosamunde Pilcher läuft, was dann nur die Familie weiß. Man selbst würde sich natürlich diese "Schwäche" nicht eingestehen wollen, denn man muss nach außen immer Selbstsicher und Taff wirken auf die anderen.

Damit belügt man sich nicht nur selbst, sondern trübt auch die Fremdwahrnehmung neben der Selbstwahrnehmung. Die wenigsten werden sich eingestehen, dass sie hier und da ein wenig anders sind als sie sich geben und auch einreden zu sein. Dass ist aber ein menschliches Verhalten und wird auch von jedem praktiziert ganz im Unterbewusstsein. Somit führt jeder von uns ein eigenes Theaterstück für sich selbst und alle anderen auf, wenn es um die Wahrnehmung geht.