Frauen in eurem Umfeld wirklich empathischer als die Männer?

vom 03.01.2022, 00:19 Uhr

Kürzlich hörte ich von einem Bekannten den Spruch "Empathie, das ist doch eh so ein Frauending", aber ist es das wirklich? Sich in die Gefühlslage von Mitmenschen hineinzuversetzen und entsprechend zu reagieren, fällt das Frauen tatsächlich leichter als Männern?

Es ist wohl so, dass ca. 10 Prozent der Fähigkeit erblich bedingt ist, wobei da das Geschlecht anscheinend keine Rolle spielt. Aus psychologischer Sicht ist es allerdings wohl tatsächlich so, dass Frauen bei EQ-Tests deutlich besser abschneiden als Männer. Langzeitstudien zeigen sogar, dass der Empathievorteil der Frauen mit dem Alter weiter zunimmt.

Klar ist aber auch, am meisten wird Empathie durch Erfahrungen in der eigenen Kindheit, Erziehung, Kultur und anderen sozialen Faktoren beeinflusst. In meiner Kindheit & Jugend war es tatsächlich auch oft so, dass sich darüber amüsiert wurde, wenn ein Junge/Mann z. B. wegen einer Filmszene weinen musste, beim weiblichen Geschlecht wurde das als völlig normal angesehen.

Wie seht ihr das, sind die Frauen in eurem Umfeld tatsächlich empathischer? Woran liegt das eurer Meinung nach? Liegt es u.a. auch daran dass schon früh kommuniziert wird Männer "müssen" stark sein?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



In meinem Umfeld ist es so, dass sich Frauen mehr für andere Menschen interessieren und in Gesichtsausdrücke und Verhaltensweisen mehr hineininterpretieren. Ich habe aber auch Männer kennengelernt, die empathisch sind. Allerdings kennen ich mehr Männer, die nicht so auf Gefühlsregungen anderer reagieren oder kürzer reagieren und sich nicht so viele Gedanken darum machen.

Ich denke, dass das mehr angeboren als antrainiert ist. Meine Söhne sind diesbezüglich sehr unterschiedlich, obwohl ich sie gleich erzogen habe. Sie mussten keine harten Männer sein und durften auch weinen. Mein jüngster Sohn ist sehr empathisch. Er hat bei bestimmten rührenden Filmszenen immer die Hände vor die Augen gehalten, während es die anderen anscheinend überhaupt nicht berührte. Er hat die Überempfindlichkeit wahrscheinlich von mir geerbt. Das ist für mich die einleuchtendste Erklärung.

Es ist für mich auch verständlich, dass Frauen im Durchschnitt in vielen Situationen empathischer sind als Männer, weil sie ja ein Gefühl für die Ausdrücke ihrer Babys brauchen. Es war halt früher so, dass die Frauen im hauptsächlichen Körperkontakt zu den Säuglingen waren. Allerdings gibt es schon bei den Affen sehr empathische Männer. Ich schaue mir gerne Gorillafilme an. Der Silberrücken dort ist sehr empathisch.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Soweit ich weiß, hat Empathie nur sehr bedingt etwas damit zu tun, ob man bei schnulzigen Filmen auf die emotionale Manipulation anspringt, oder sie durchschaut. Und ich finde auch nicht, dass Empathie die durch und durch positive Eigenschaft ist, als die sie immer dargestellt wird. Zumindest reime ich mir hier etwas zusammen, wirklich Ahnung vom Thema hat hier doch sowieso niemand.

Generell habe ich allerdings auch nicht den Eindruck, dass Empathie viel mit dem Geschlecht an sich zu tun hat. Die Erziehung spielt eben auch eine Rolle: Wenn du vor lauter "Buben weinen nicht" keinerlei Beziehung zu deiner eigenen verkrüppelten Gefühlswelt entwickeln konntest und nur Wut und Arbeit kennst, wie sollst du dann verstehen, wie es anderen Leuten in bestimmten Situationen innerlich geht?

Für mich heißt Empathie schlicht und einfach, dass man kapiert hat, dass die anderen Leute keine Hologramme oder Automaten sind, deren einziger Zweck es ist, Aufgaben für andere zu erfüllen. Ich kenne beispielsweise Frauen, die sich, würde man zu Wort kommen und sie fragen, sich für top mitfühlend und empathisch halten - was sie selbst, ihren Mann und ihre beiden Kinder angeht.

Schon bei der weiteren Verwandtschaft ist es aus und vorbei, und der Rest der Welt ist bestenfalls Lakaien. Da heißt es nur: "Die Bäckereiverkäuferin war schon wieder total behindert!" (im Sinne von, hat sich beim Wechselgeld vertan) oder "Oma stellt sich schon wieder blöd an mit dem Smartphone!" oder "Wieso kriegen die ganzen Flüchtlinge die tollen Wohnungen und sogar ein eigenes Fahrrad? Wir im Osten damals hatten auch nüscht!"

Und andererseits kann man auch total empathisch und achtsam atmend die Leute in Grund und Boden manipulieren. Ich dachte beispielsweise von mir selber auch jahrelang, ich sei an der Empathiefront etwas unterentwickelt, weil ich bei rührseligen Filmen nicht heule. Mittlerweile ist mir gedämmert, dass ich mich in vielen Fällen sogar sehr gut in die Lage anderer Leute versetzen kann. Aber das macht mich definitiv nicht zu einem besseren Menschen. Verstehen heißt noch lange nicht gutheißen, und wenn man die Motivationen und emotionalen Defizite und Bedürfnisse anderer durchschaut, wäre es oft recht einfach, ihr Verhalten zum eigenen Vorteil auszunutzen. Aber ich habe schließlich auch einen gewissen Anstand.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



In meiner Umgebung sind Frauen tatsächlich oftmals empathischer als Männer, allerdings natürlich nicht immer, ich kenne durchaus auch Männer, die empathischer reagieren als Frauen.

Ähnlich wie Gerbera bin ich der Meinung, dass Empathie nichts mit den Empfindungen beim Schauen eines Films zu tun hat, sondern viel eher damit, wie sie mit ihren Mitmenschen umgehen. Eine manipulierende Person ist meiner Meinung nach deshalb nicht empathisch. Sie kann zwar ihre Mitmenschen gut lesen, aber sich nicht unbedingt in sie hineinversetzen, was für mich ein wichtiger Bestandteil von Empathie ist. Meiner Meinung nach ist Empathie etwas selbstloses, Manipulation dagegen etwas, was man für sich tut.

Dass Frauen und Männer häufig unterschiedlich gut mit Empathie zurecht kommen, hat sicher viel mit Erziehung, aber auch mit angeborenen, evolutionstechnischen Themen zu tun. Frauen haben sich schon früher um die Kindererziehung gekümmert, da ist Empathie wichtiger als auf der Jagd, wofür die Männer zuständig waren. Deshalb benötigen Frauen andere Fähigkeiten als Männer. Auch wenn es heute nicht mehr so ist, wird es vermutlich noch lange dauern, bis solche Themen abgehakt sind.

» Twilight-Girlie » Beiträge: 418 » Talkpoints: 36,24 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Also grundsätzlich halte ich Frauen schon für empathischer, aber sie können die Empathie auch besser verstecken. So ist es in meinem Arbeitsumfeld meistens so, dass die Frauen ihre Empathie gegenüber anderen Menschen stärker verstecken und sogar aggressiver oder härter reagieren als die Männer. Während die Männer deutlich sensibler auf Menschen eingehen, sind die Frauen oft diejenigen, die weniger sichtbare Empathie walten lassen.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12538 » Talkpoints: 73,72 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich persönlich kann Empathie nicht eindeutig den Geschlechtern zuordnen. Meiner Erfahrung nach ist es nicht so, dass Frauen im Durchschnitt empathischer sind als Männer. Was professionelle psychologische Unterstützung betrifft, habe ich sogar bessere (weil empathischere) Erfahrungen mit Männern gemacht. Noch immer ist mir eine Psychiaterin in einer psychiatrischen Tagesklinik in Erinnerung, die mich damals sehr kalt und abweisend "behandelt" hatte, indem sie mir mehr oder weniger unterstellt hatte, nur simulieren und grundlos jammern zu wollen. Mit männlichen Ärzten und Therapeuten bin ich bisher im Durchschnitt viel besser zurecht gekommen.

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» lascar » Beiträge: 4410 » Talkpoints: 781,64 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich finde es schwierig, zu sagen, ob Frauen tatsächlich empathischer sind als Männer. Ich denke, dass es von Person zu Person unterschiedlich ist, wie ausgeprägt ihre Empathiefähigkeit ist, unabhängig von ihrem Geschlecht. Allerdings gibt es sicherlich geschlechtsspezifische Erziehung und gesellschaftliche Normen, die sich auf die Entwicklung von Empathie auswirken können.

In meiner Erfahrung sind Frauen in meinem Umfeld oft sensibler und aufmerksamer für die Gefühle anderer. Sie sind in der Regel schneller bereit, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen, um jemandem zu helfen, der in Not ist. Ob das ausschließlich auf ihre biologische Veranlagung zurückzuführen ist, oder ob gesellschaftliche Faktoren wie Geschlechterrollen und Erziehung eine Rolle spielen, ist schwer zu sagen.

Ich denke, dass Männer oft dazu ermutigt werden, ihre Gefühle zu unterdrücken oder zu verbergen, um als "stark" angesehen zu werden. Diese Erwartungshaltung kann dazu führen, dass Männer sich weniger mit den Gefühlen anderer auseinandersetzen und möglicherweise weniger empathisch sind. Ich denke aber auch, dass es in den letzten Jahren eine Verschiebung in der Gesellschaft gibt, die Männer dazu ermutigt, ihre emotionalen Seiten zu zeigen und zu akzeptieren.

Abschließend denke ich, dass es wichtig ist, Empathie als eine wertvolle Eigenschaft anzuerkennen, unabhängig vom Geschlecht. Es ist eine Fähigkeit, die es uns ermöglicht, mit anderen in Verbindung zu treten und unser Verständnis und unsere Unterstützung zu zeigen. Obwohl es einige Hinweise darauf gibt, dass Frauen in dieser Hinsicht möglicherweise einen Vorteil haben, sollten wir uns bemühen, Empathie als eine wichtige Fähigkeit für alle Menschen zu fördern.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Die Prägung ist entscheidend! Mädchen werden immer noch anders erzogen, als Jungen. Leider wird Jungen immer noch antrainiert, die Gefühle zu verbergen. Wer als Mann weint und seine Gefühle offen zugibt, ist gesellschaftlich nicht anerkannt. Das hat mit der späteren Rolle zu tun, die traditionell gewachsen ist. Um die Aufgabe als Mutter übernehmen zu können, muss der Nachwuchs verstanden und sich in das abweichende Bedürfnis hineinversetzt werden. Normalerweise sind Frauen deshalb sicherlich empathischer.

Trotzdem sieht meine eigene Erfahrung anders aus. Die ehemaligen Rollen sind zum Glück nicht mehr aktuell und werden immer mehr abgebaut. Selbst habe ich festgestellt, dass gerade Frauen Probleme haben, richtige Freundschaften aufzubauen und viel mehr in der Konkurrenz denken. Die sogenannte Emanzipation wirkt sich über eine ausgeprägte "Stutenbissigkeit" aus, die sich nach männlichen Standards beweisen will, anstatt den eigenen Weg zu gehen und sich selbst treu zu bleiben.

Wirklich empathisch sind für mich deshalb gerade Menschen, die das Ganze nicht zu ernst nehmen und für den anderen Standpunkt offen bleiben. Ob Frau oder Mann spielt dabei keine entscheidende Rolle. Es kommt viel mehr auf den Sinn für die Gemeinschaft an, der bereit ist, sich von den ehemaligen Mustern zu lösen und einen neuen Weg zu gehen. Das Vorurteil sollte in diesem Zusammenhang komplett ausgeblendet werden!

» kops » Beiträge: 12 » Talkpoints: 2,48 »


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