Ernährungstagebuch für die Uni - würdet ihr mogeln?

vom 22.04.2015, 22:52 Uhr

Eine Kommilitonin von mir besucht seit einiger Zeit ein Modul aus den Ernährungswissenschaften als freies Wahlpflichtmodul und ich habe sie nun schon wiederholt dazu begleitet, da der Termin zwischen meinen Vorlesungszeiten liegt und ich das Modul auch spannend finde. Interessant dabei fand ich, dass die Studenten letzte Woche ein Ernährungstagebuch führen sollten, probeweise aber erst nur für einen Tag. Sie sollten sich mit dem Programm vertraut machen und man wollte dann einzelne Personen nach vorne holen und analysieren, was sie gegessen hatten.

Meine Kommilitonin hatte ihre Auswertung auch dabei und mir ist direkt aufgefallen, dass ihr Nährstoffgehalt an diesem Tag nur zu 81% gedeckt war. Ich habe dann interessehalber einfach mal geschaut, was sie an diesem Tag so angegeben hat und musste schon ein wenig schmunzeln. Es waren Dinge auf der Liste wie etwa Müsli mit Joghurt, ein Apfel, ein Butterbrot mit Schinken und Tomate und ein Salat am Abend.

Ich kenne meine Freundin gut genug um zu wissen, was sie das definitiv nicht gegessen hat. An dem Tag den sie eingetragen hatte, hat sie eher noch ganz andere Dinge gegessen wie etwa ein Snickers und vor allen Dingen mehrere Kekse von Prinzenrolle. Diese standen nicht auf der Liste. Auch bei anderen Studenten sah mir der Tagesablauf so ''gesund'' aus, dass ich nicht glauben konnte, dass sie das wirklich gegessen haben wollen.

Wie würdet ihr vorgehen, wenn man euch bitten würde ein Ernährungstagebuch für die Uni zu erstellen? Würdet ihr dieses dann möglicherweise auch an der einen oder anderen Ecke etwas ''frisieren'' und vielleicht nicht alles wahrheitsgemäß angeben, weil ihr Angst hättet, dass man eure Ernährungsgewohnheiten kritisieren könnte? Oder würdet ihr wirklich alles eintragen, was ihr an diesem Tag auch gegessen habt?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Noch vor ein paar Jahren hätte ich wahrscheinlich treudoof und ehrlich jeden Bissen genau dokumentiert und große Augen gemacht, wie gesund sich meine Mitstudenten doch alle ernähren. Noch vor ein paar Monaten hätte ich auch brav und ehrlich dokumentiert, aber eben an diesem speziellen Tag wirklich nur Salat gegessen, um nicht zu lügen.

Mittlerweile würde ich lügen wie ein Bürstenbinder und ebenfalls einen perfekten Ernährungstag zusammen mogeln. Es geht ja, wenn ich den Arbeitsauftrag richtig verstanden habe, darum, das Rohmaterial für eine Analyse der Ernährungsgewohnheiten verschiedener Testpersonen zu finden und nicht darum, sich vor versammelter Mannschaft für seinen Nahrungsmittelkonsum kritisieren zu lassen.

Ein einzelner Tag ist sowieso nicht im Mindesten repräsentativ, um daraus Rückschlüsse auf die Ernährung eines Menschen im Allgemeinen zu schließen. Im höchsten Fall würde ich eine idealisierte Version meines tatsächlichen Essverhaltens preisgeben, aber auch das nur dann, wenn die Kurskollegen nett und nicht allzu fanatisch sind, was gesundes Essen angeht.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Es geht doch nur um die Uni und ich finde nicht, dass man da treudoof und absolut ehrlich antworten muss. Wenn man eine richtige Ernährungsberatung aufsuchen würde und dafür eben ein Ernährungstagebuch führen müsste, dann könnte ich verstehen, dass man da absolut ehrlich ist und da finde ich Mogeleien auch kontraproduktiv - denn es bringt schließlich nichts, zu flunkern, weil der Berater dann ja gar nicht lokalisieren kann, welche Nahrungsmittel genau nicht vertragen werden, wenn man da nicht absolut ehrlich ist.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Wenn man ein Ernährungstagebuch aus medizinischen Zwecken für seinen Arzt anfertigen muss, dann fände ich es kontraproduktiv, dieses zu frisieren. Immerhin möchte man ja eine realistische Einschätzung und irgendeinen therapeutischen Ratschlag zur Verbesserung seiner Ernährungsgewohnheiten haben, und unter Umständen geht es sogar um die Vermeidung organischer Folgeschäden. Aus Scham, Faulheit oder sonstigen Gründen zu lügen, würde die Behandlung komplett sabotieren.

Im genannten Beispiel geht es aber um einen Arbeitsauftrag, der zum einen ziemlich in die eigene Privatsphäre eingreift und zum anderen nicht freiwillig, sondern verpflichtend auferlegt wurde. Noch dazu wird nach dem Zufallsprinzip die Offenlegung und öffentliche Diskussion des ganzen verlangt. Das empfinde ich schon als eine Grenzüberschreitung, denn ich werde ja auch nicht genötigt, mit wildfremden Menschen über meine körperlichen oder psychischen Erkrankungen zu sprechen und das in der großen Runde auszudiskutieren.

Wer weiß, ob vielleicht auch Kommilitonen mit Essstörungen, Unverträglichkeiten oder anderen heiklen Voraussetzungen im Publikum sitzen, die durch eine solche Aufgabe verunsichert werden könnten. Da hätte ich wenig Lust, absolut ehrlich zu sein und jedem diesen Einblick in meine Privatangelegenheiten zu erlauben. Es ist gut denkbar, dass auch ich an der ein oder anderen Stelle gemogelt hätte.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



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