Einführung von Primärarztsystem bei Notfällen sinnvoll?

vom 01.05.2017, 07:53 Uhr

Die Notaufnahmen in Deutschland sind stark überfüllt, weil sehr viele Menschen mit absoluten Bagatellen zur Notaufnahme fahren und dann die Wartezimmer verstopfen. Dass man da nur wenig Zeit hat, den wirklichen Notfällen schnell und effizient zu helfen, sollte klar sein. Die Politik hat daher auch beschlossen, dass die Ärzte in der Notaufnahme eben über die Notfälle entscheiden und die Nicht-Notfälle eben zum nächsten niedergelassenen Hausarzt schicken dürfen.

Da würde meiner Ansicht nach aber immer noch sehr viel Zeit für die Ärzte in der Notaufnahme verloren gehen. Daher würde ich es für sinnvoll halten, wenn man politisch ein obligatorisches Primärarztsystem einführen würde. Sprich: Man darf nur in die Notaufnahme, wenn man vorher eine Überweisung vom Hausarzt bekommen hat. Ich denke, dadurch würden die "Notfälle" auf die wirklichen Notfälle beschränkt werden, wobei natürlich das Problem besteht, dass man je nach Hausarzt und Wartezeit wichtige Zeit verlieren könnte.

Wäre eine Einführung von einem Primärarztsystem bei Notfällen sinnvoll oder eher kontraproduktiv? Wo seht ihr Vorteile und Nachteile? Haltet ihr es für möglich, dass dies politisch in Zukunft eingeführt wird, um die Notaufnahmen noch weiter zu entlasten?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Man kann doch aber bei einem Notfall, wenn jemand kurz vorm Abklappen ist, nicht noch eine Überweisung vom Hausarzt einfordern? Zudem habe ich beispielsweise an meinem Arbeitsort keinen Hausarzt und einfach zu irgendeinem Arzt gehen wollen die Mediziner meistens nicht, die weisen einen ab, weil sie schon genug Patienten haben. Also ich halte das nicht für umsetzbar und schädlich.

Man könnte doch die Notaufnahmen einfach besser personell ausstatten, anstatt nun Menschen vom Besuch der Notaufnahme abzuhalten. Manchmal reicht vielleicht auch schon eine Krankenschwester, die auf Notfälle spezialisiert ist und sich die Leute anschaut, vielleicht müssen gar nicht mehr Ärzte sein, sondern mehr Schwestern.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Bei einem Notfall handelt es sich um lebensbedrohliche Situation, wo oft jede Minute zählt. Also schwere Unfälle, akute Atemnot, Vergiftungen, Schlaganfälle, Knochenbrüche, Blinddarmdurchbruch- also nichts mit dem man sich in ein Wartezimmer setzt.

Ich bin einmal in der Notaufnahme gewesen. Dabei kam ich mit dem Rettungswagen dort an. Dennoch wurde ich nach ein paar kurzen Checks und Schmerzmittelgabe wieder vor die Tür gesetzt. Es scheint also kein neues System zu sein. Nachdem meine Ärztin am nächsten Tag eine schnelle Blutuntersuchung angeordnet hat, bekam ich einen Anruf, dass ich zur nächsten Notaufnahme fahren soll- was ich ablehnte und deshalb über einen Belegarzt in direkt ins Krankenhaus kam und dort operiert wurde.

Soweit ich das Primärarztsystem verstehe, geht es dabei nicht um die Notaufnahme, sondern um Besuche bei niedergelassenen Ärzten. Soweit ich das verstehe, soll dadurch verhindert werden, dass Patienten selbst (Fach-)Ärzte aufsuchen, bevor der Hausarzt eine Verdachtsdiagnose gestellt hat. Bereits jetzt scheint es bei vielen Fachärzten so zu funktionieren und man bekommt nur einen zeitnahen Termin, wenn man mit Dringlichkeit vom Hausarzt eine Überweisung hat.

Mit dem Notaufnahmen und Notärzten hat das aber eigentlich nichts zu tun, denn diese würden auch beim Primärarztsystem im Notfall tätig werden.

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» Trisa » Beiträge: 3169 » Talkpoints: 61,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Täubchen hat geschrieben:Daher würde ich es für sinnvoll halten, wenn man politisch ein obligatorisches Primärarztsystem einführen würde. Sprich: Man darf nur in die Notaufnahme, wenn man vorher eine Überweisung vom Hausarzt bekommen hat.

Ich weiß jetzt nicht, wie du dir das genau vorstellst. Man geht doch eigentlich nur dann in die Notaufnahme wenn der Hausarzt keine Sprechstunde hat oder wenn ein akuter Notfall vorliegt mit dem man sich nicht in die Sprechstunde setzen kann.

Und wenn man zuerst zum Hausarzt geht wird man doch eigentlich nicht in die Notaufnahme geschickt. Ich hatte jedenfalls schon den Fall, dass ich von meinem Hausarzt in die Klinik überwiesen wurde, aber auf meiner Überweisung war dann direkt die entsprechende Abteilung angegeben und ich hatte dann dort einen Termin in der Sprechstunde. Auch für Röntgen und andere radiologische Untersuchungen bekommt man direkt eine Überweisung für die Radiologie und hat mit dem Notfallbereich nichts zu tun.

Ganz davon abgesehen gibt es bei uns in der Klinik schon einen "Primärarzt" in der Notaufnahme, der sich jeden Patienten, der nicht mit dem Krankenwagen ankommt, nach kurzer Beurteilung in die Notaufnahme weiter schickt oder eben nicht. Dein System würde das alles nur unnötig in die Länge ziehen, noch komplizierter und noch teurer machen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Das Primärarztsystem hatten wir früher schon, als es die Gesundheitskarte noch nicht gab. Viele private Krankenversicherungen bieten es heute noch an und geben dafür einen Beitragsnachlass. Aber mit einem Besuch in der Notaufnahme hat das nichts zu tun.

Früher hatte man ein Heft mit Behandlungsscheinen. Jedes mitversicherte Familienmitglied konnte einen vom Hauptmitglied unterschriebenen Schein pro Quartal bei einem Hausarzt, Frauenarzt oder Augenarzt abgeben, um behandelt zu werden. Andere Ärzte waren nur über eine Überweisung zugänglich. In den Niederlanden gibt es das System noch strenger. Da sieht man als Frau einen Gynäkologen oft erst mit über 40 zum ersten Mal.

Was sollte so ein System in der Notaufnahme nützen? Entweder der Hausarzt ist da, dann nimmt man ihn für besorgniserregende Beschwerden, die unklar sind. Ansonsten hat der Doktor zu oder es ist ein echter Notfall. Dann wartet sicher keiner auf eine Überweisung. Das wäre wohl kaum sinnvoll.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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