Durch Fasten unerträglich für Mitmenschen werden?

vom 12.06.2017, 13:08 Uhr

Eine Bekannte von mir arbeitet in einem Krankenhaus und ist für die Versorgung der Patienten mit Essen zuständig. Sie meinte, in der Küche wären etwa 95 Prozent des Personals ausschließlich Moslems, davon überwiegend Türken und eine Araberin. Dementsprechend würde es eben auffallen, dass aktuell Ramadan ist, also der Fastenmonat.

Meine Bekannte meinte auch schon, dass ihre muslimischen Arbeitskollegen durch den Ramadan richtig unerträglich werden würden. Es würde eben ziemlich auf das Gemüt schlagen, wenn man eben zu wenig schläft (weil man nachts isst) und am Tag bei der Hitze eben auf sämtliche Getränke und Essen verzichtet. Das Arbeitsklima wäre durch den Ramadan sehr gereizt und schon fast aggressiv und meine Bekannte fühlt sich wohl extrem unwohl dadurch, kann aber nichts machen.

Ich kann mir schon vorstellen, dass man dann besonders gereizt und aggressiv ist, wenn man dann noch im Krankenhaus in der Küche arbeiten muss und selbst aber nichts essen oder trinken darf. Kennt ihr auch Menschen, die durch das Fasten für ihre Mitmenschen nahezu unausstehlich werden oder ist das eher die Ausnahme?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Es ist nicht ungewöhnlich, dass man durch Hunger zickig oder auch aggressiv wird. Ich finde aber, dass das nicht der Sinn von Ramadan ist. Wenn man seine Beziehung zu Gott während Ramadan festigen möchte und dabei auch an die Armen und Bedürftigen denkt, dann bringt es nichts, wenn ich so unerträglich bin und meinen Mitmenschen das Alltagsleben schwerer mache.

Ich meine, was bringt es denn, wenn man als gottestreuer Moslem die Erwartungen von Gott mit Hilfe der fünf Säulen des Islams erfüllt und so ein Glaubensbekenntnis ablegt, aber ekelhaft zu den Kollegen ist? Vor allem sitzen alle im selben Boot und keiner hat eine bessere oder schlechtere Situation, wie ich finde. Da bringt es nicht, wenn man als Fastender seine Laune an andere Fastende auslässt.

Da kann man sich das ganze Fasten auch schon fast sparen. Was bringt einem Barmherzigkeit für andere Menschen, wenn man diese Eigenschaft noch nicht einmal für sein Umfeld übrig hat? Ich verstehe es schon, viele Menschen werden bei Hunger unausstehlich und es ist nicht einfach, aber da muss man die Zähne zusammenbeißen.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9223 » Talkpoints: 23,42 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Menschen gereizt werden, wenn sie fasten und eigentlich hungrig sind. Ich habe auch mal eine Zeit gefastet und auch selber bei mir gemerkt, dass ich sehr gereizt war und teilweise meine Mitmenschen angemotzt habe, obwohl ich im nachhinein sagen kann, dass ich wirklich überreagiert habe. Aber durch den Zuckerentzug wird man eben leicht reizbar und auch ziemlich anstrengend, wenn man dann noch in Kontakt zu anderen Menschen steht.

Wichtig ist aber, dass man das in dem Moment auch weiß und sich dessen bewusst ist, dass es eben gerade am Fasten liegt, dass man so reizbar ist und die Situation gerade wahrscheinlich schlecht eingeschätzt werden kann von einem selbst. Mir hat das zumindest wahnsinnig geholfen.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



In Österreich überlegt man ein Ramadan Verbot für Schüler. Der Hintergrund ist nicht Bashing, sondern dass Lehrer vermehrt gesundheitliche Probleme von Schülern melden, die die Regeln des Ramadan streng einhalten. Auch ergeben sich auch oft Probleme bei der Matura, also dem Abitur. Diese Schlussprüfung ist in Österreich immer in der Zeit des Ramadan. Daher kann auch Fasten Situationen in der Schule für Lehrer und Schüler unerträglich machen.

» celles » Beiträge: 8675 » Talkpoints: 3,62 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Ich habe einen Kollegen, der derzeit im Ramadan fastet, aber ich muss sagen, dass das für mich überhaupt kein Problem ist. Sicher kann ich es mir vorstellen, dass es hart ist, wenn man in einer Küche arbeitet und gerade im Sommer dann die meisten Menschen um einen herum etwas essen und trinken, während man selber zusehen muss.

Bei uns ist es nicht so, dass wir in einer Küche arbeiten, aber unsere Getränke haben wir schon offen herumstehen und wir trinken auch dann etwas, wenn der Kollege dabei ist und wir eben durstig sind. Aber dem Kollegen scheint es nicht wirklich etwas auszumachen und ich finde es bewundernswert, wie er das durchsteht, den ganzen Tag nichts zu essen und zu trinken, dabei aber eben nicht unerträglich zu werden.

» Barbara Ann » Beiträge: 28933 » Talkpoints: 56,80 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Hunger macht böse, das ist nun mal so. Allerdings können meine KollegInnen nichts für meine persönlichen Befindlichkeiten. Und daher ist es sehr unkollegial den anderen extrem mürrisch zu begegnen. Auch machen sie es doch nicht zum ersten Mal. Beim Lesen der Überschrift wunderte ich mich schon etwas. Denn ich dachte, dass wen man einen Zeitpunkt beim Fasten überwindet, stellt sich eigentlich ein gewisses Hochgefühl ein.

Aber es handelt sich ja nicht um echtes Fasten, sondern eher um Intervallfasten, wenn wir es mal total unreligiös betrachten. Ich finde es schon unerhört und sehr schwierig, würde mir ein Kollege stets unfreundlich und mürrisch begegnen, nur weil er Intervallfasten betreibt. Noch dazu wen er die Aussicht auf eine fantastische Abend- oder Nachtmahlzeit hat. Für mich wäre das Antrieb genug das ganze durchzustehen. Ich selbst esse manchmal 42 Stunden am Stück gar nichts und fauche auch niemanden an, der mir auf der Straße bei meinem Spaziergang begegnet.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich kenne schlechte Laune tatsächlich nur von Leuten, die irgendwelche Diäten machen. Irgendwie scheint der Körper mit einem kompletten Verzicht auf Nahrung oder einer Umstellung der Essenszeiten - denn das passiert ja eigentlich im Ramadan - besser umgehen zu können. Mir ist es selber auch schon passiert, dass ich eine Kleinigkeit gegessen habe und dann erst richtig Hunger bekommen habe.

Gerade die Leute, die aus religiösen Gründen fasten, machen auf mich immer einen sehr entspannten Eindruck. Sie sind überzeugt von dem, was sie machen, und außerdem wird nach Sonnenuntergang ja oft richtig lecker mit der ganzen Familie gegessen. Ich könnte unter solchen Umständen problemlos tagsüber ohne Essen auskommen, nur der Verzicht auf Wasser würde mir schwerfallen, aber das ist sicher auch Gewohnheitssache.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Im Gegensatz zum christlichen Fasten ist dieses Fasten medizinisch gesehen absolut unsinnig. Wer zum Beispiel so spät abends isst, kann überhaupt nicht richtig verdauen. Natürlich lässt dann irgendwann abends die Konzentration nach und zu richtiger Arbeit ist man nicht fähig. Bei den Saudis oder anderen Arabern gibt es hier vielleicht Sonderregelungen.

Manchen Dingen kann man auch nicht ausweichen. Wenn im Krankenhaus um 21:00 Uhr im Hellen ein Notfall kommt, der direkt operiert werden muss, kann ein muslimisches OP-Team nicht einfach anfangen, bei Einbruch der Dunkelheit bei der OP zu essen.

Wer mit schweren Maschinen zu tun hat, sollte auch fit genug sein. Viele wissen zum Beispiel nicht, dass sie Diabetes haben. Wenn man dann wegen Unterzuckerung zum Beispiel einen Aussetzer im Straßenverkehr hat, kann dies böse ausgehen.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

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Ich kann mir das schon gut vorstellen. Immerhin fehlen dem Körper auch Stoffe, die er sonst bekommt, auch Suchtmittel wie Zucker und Koffein fehlen da ja. Eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass das der Körper so auch durchhalten kann und ich frage mich, wie man das in der Hitze oder auch während des Arbeitens so machen will. Da kommt mir schon schlechte Laune nur bei der Vorstellung, aber wenn der Körper so dermaßen um die eigene Existenz kämpft, dann ist es nun mal so, dass man auch schlechte Laune bekommt.

Vor allem scheint das ja auch eine Zeit zu sein, in der man sich stark mit seinem Glauben auseinandersetzt. Vielleicht zweifelt man dann auch, ist dann auch sauer über sich selber oder im Allgemeinen, dass das überhaupt von einem verlangt wird und so weiter. Ich denke es gibt jede Menge Dinge, die einen dann zu einem Menschen machen, der nicht so gut mit anderen Menschen auskommt.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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