Behindert als Schimpfwort - wie ist das entstanden?

vom 20.06.2016, 07:09 Uhr

Behindert ist für mich ehrlich gesagt kein Wort, was ich als Schimpfwort benutzen würde, weil ich behinderte Menschen genauso zu schätzen weiß, wie Menschen, die als "normal" gelten. Nun habe ich aber schon oft gehört, dass man behindert als Ausdruck verwendet, wenn man jemanden beschimpfen will. Ich würde gerne mal wissen, wie das entstanden ist. Wisst ihr mehr darüber? Was denkt ihr zu diesem Schimpfwort?

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» Ramones » Beiträge: 47758 » Talkpoints: 8,52 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Es dürfte ähnlich sein wie mit dem Wort "schwul". Das nutzt man in Jugendsprache ja auch als Schimpfwort. Warum das so ist, weiß ich nicht, aber man kann ja mutmaßen. Kinder können gemein sein und schnappen natürlich Worte wie: Behinderung auf. Dazu haben sie dann vielleicht das Bild eines geistig oder körperlich Behinderten vor Augen. Nun ärgert sie jemand und schon machen sie daraus ein Schimpfwort.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ziemlich viele sich gar nicht darüber im Klaren sind, was sie da sagen, wenn sie es sagen. Dazu müsste man sich ja mit der jeweiligen Erkrankung beschäftigen. Und wenn man das tut, dann würde man "behindert" nicht als Schimpfwort verwenden. Oft findet man solche Beleidigungen ja auch bei Menschen, wo der Bildungsgrad etwas niedriger ist. Dort müsste man nur mal fragen, was es denn so für Behinderungen gibt, was ein Spastiker ist und was ein Epileptiker. Ich bin sicher, dass sie dafür keine Antwort haben.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Vielleicht kommt es auch daher, dass eine Behinderung eben generell mit einer Einschränkung zu tun hat. Wenn ich zum Beispiel sage, dass ich in meiner Bewegungsfreiheit behindert werde, weil von mir aus das Auto zu klein ist oder ich nicht so viel Platz darin habe, ist das ja durchaus negativ gemeint. Man kann sich nicht so entfalten wie man es könnte, wenn man keine Einschränkungen hätte und nicht von äußeren Faktoren behindert werden würde.

Daher kann ich mir vorstellen, dass manche Menschen eine Behinderung so interpretieren, dass man nicht selbstständig leben könnte, was ja gerade bei Kindern schon ziemlich kränkend und beleidigend ist. Sie wollen ja schnell erwachsen sein und schnell selbstständig und unabhängig sein und wenn man ihnen dann sagt, sie seien behindert oder beschränkt, dann befürchten sie vielleicht, dass sie dieses Ziel der Unabhängigkeit nie erreichen werden und sind deswegen gekränkt und beleidigt, sodass sich das ganze bei ihnen in der Jugendsprache zu einer handfesten Beleidigung entwickelt hat.

Ich denke, dass diese Kinder schlecht aufgeklärt worden sind. Nehmen wir zum Beispiel Menschen mit Trisomie 21. Mag sein, dass diese geistig in der Entwicklung zurückliegen, aber es gibt dennoch Fälle, die selbstständig leichten Arbeiten nachgehen können und unter günstigen Umständen auch eine eigene Wohnung beziehen und unterhalten können. Sie können autonom leben, wenn man nur die Geduld aufbringt, ihnen das beizubringen. Daher ist eine Behinderung ja nicht immer negativ zu werten finde ich und auch nicht immer mit lebenslanger Abhängigkeit gleichzusetzen und weniger glücklich sind eingeschränkte Menschen ja auch nicht als andere.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



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