Als Behinderter nur mit Begleitung einkaufen dürfen?

vom 28.06.2017, 14:29 Uhr

Ich war letztens mal wieder in einem Discounter einkaufen hier im Ort. Ich war schon häufig dort und fühlte mich gut behandelt. Nun gibt es dort aber einen neuen Verkäufer. Als ich ihn bat, mir ein Brot aus der Backabteilung zu reichen und in der Schneidemaschine schneiden zu lassen, weil ich in meinem Rollstuhl dort nicht heranreiche, blaffte er mich an, dass das nicht seine Aufgabe sei. Dafür sei er nicht da und ich solle doch gefälligst mir eine Begleitung mitnehmen.

Ich habe mich über die Hotline beschwert und man versprach, sich darum zu kümmern. Das sei nicht die Unternehmenspolitik. Als ich einige Tage später wieder in diesem Discounter war, stand ich vor einem sehr hoch gestapelten Flaschenturm, der schon instabil war, weil wohl auch einige andere Kunden nicht oben heran gekommen waren. Es war kein anderer Verkäufer in der Nähe, also bat ich wieder den besagten Verkäufer, mir eine Flasche Wasser zu geben.

Ich bekam von ihm wieder die gleiche Antwort. Ich zog daraufhin wie die Kunden vor mir eine Flasche aus der Mitte des Turmes, machte mich schleunigst aus dem Staub und hörte den Turm hinter mir zusammen fallen. Dass niemand gefährdet gewesen war durch die Plastikflaschen, hatte ich vorher überprüft. Es ist meines Wissens auch keine Flasche kaputt gegangen.

Unabhängig davon, ob es nun die Unternehmenspolitik dieser speziellen Discounterkette ist oder nicht und auch unabhängig davon, dass es mal den Leitsatz gab, dass der Kunde König sei Stören Euch Behinderte im Laden, die ab und zu mal Hilfe brauchen? Halten Behinderte die Verkäufer zu sehr vom Arbeiten ab? Sollten Behinderte sich Eurer Meinung nach nur mit Begleitung in einen Laden begeben, die ihnen Sachen anreichen könnten?

» rasenderrolli » Beiträge: 1058 » Talkpoints: 16,66 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde, das ist einfach eine Frechheit. Es trifft ja nicht nur Behinderte, die mal Hilfe brauchen. Ich bin beispielsweise relativ groß und werde von anderen Kunden ab und zu auch mal gebeten, etwas oben aus einem Regal herauszufischen. Das sollte für jeden - ob da angestellt oder nicht - doch selbstverständlich sein. Ich muss auch sagen, dass ich unlängst zwei Rollifahrer im Lidl erlebt habe, denen ist man da sehr hilfreich entgegen gekommen. Und deine Aktion mit dem Turm?! MEGA! :P

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich finde es ein Unding, wie man da mit dir umgegangen ist. Du hast ja nun keine schrecklich hohen Forderungen gestellt, sondern nur um ein wenig Hilfe gebeten. Das wird den Verkäufern sicher nicht mehr "belasten", als wenn man einmal fragt, wo beispielsweise ein bestimmtes Produkt im Laden zu finden ist, und schließlich ist es (in gewissem Rahmen) auch Teil des Jobs, dem Kunden zu helfen.

Und gerade die Begründung finde ich reichlich sinnlos. Wenn es nun ein schwer geistig Behinderter wäre, der sich alleine selbst in Gefahr bringen würde, weil er zum Beispiel nicht versteht, dass man bei Straßen auf Autos achten muss, wäre das etwas anderes. Solche Leute brauchen definitiv eine Begleitung, aber wenn man sich ungefährdet von A nach B bewegen kann, ist da eigentlich keine zu verlangen.

Probleme, etwas zu erreichen, hat man ja nicht nur mit Rollstuhl. Ich bin einfach generell eher klein, muss ich mir jetzt immer erstmal einen größeren Menschen einsammeln, bevor ich einkaufen darf? In deiner zweiten Geschichte scheinen ja auch andere Kunden die Spitze des Turms nicht erreicht zu haben, da lag es also auch nicht am Rollstuhl. Es klingt also eher so, als hätte der Arbeiter schlicht gesagt einfach keinen Bock, seinen Job richtig zu machen.

» Kalu-chan » Beiträge: 718 » Talkpoints: 11,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich denke du hast hier einen ganz besonderen Verkäufer erwischt, der wohl seinen Job nicht verstanden hat. Er ist Dienstleister und dazu gehört ein Freundliches, offenes und Hilfsbereites Auftreten. Von daher ist es dein gutes Recht dich zu beschweren wenn das nicht der Fall war, ob nun behindert und im Rollstuhl oder auch nicht. Es sind kleine Dinge, da fällt niemanden ein Zacken aus der Krone und viele Supermärkte und Discounter bieten sogar den Service an, dass Gehbehinderte begleitet werden können wenn sie wollen. Dazu müssen sich diese nur an der Information melden und es dackelt jemand komplett artig mit durch den Laden, packt ein was man braucht und macht am Ende auch die Sache mit dem Band. Alles kostenlos und sehr nett.

Ich bin auch recht groß gewachsen und komme an manche Dinge nicht heran. ei es, dass das Regal leerer ist und ganz oben steht, dass man nicht ohne Tritt oder Leiter ran kommt. Da winke ich mir auch mal einen Verkäufer ran, der das dann machen soll oder auch einen anderen Kunden, wenn dieser gerade greifbar ist. Ich habe noch nie erlebt, dass mich jemand angeblafft hat oder sonstiges, denn ich würde direkt zurück bellen was der Dreck soll und mich auch direkt Namentlich beim Schichtleiter beschweren.

Ich habe selbst vor 15 Jahren im Netto gearbeitet und nein, da war es nie ein Problem. Kam ein Kunde an und brauchte etwas aus dem Regal, suchte ein Produkt oder anderweitig Hilfe, dann wurde sie ihm gewährt. Aber auch alles eine Sache, wie sich der Kunde bei einem meldet. Kommt da einer an mit schlechter Laune und dem kann es nicht schnell genug gehen, während ich noch auf der Leiter stand und etwas anderes machte, dann kam auch mal zurück ein etwas genervtes "Ja gleich". Beamen kann ich mich nicht, ich muss auch erst mal von der Leiter runter, es abstellen was ich gerade in der Hand hatte und kann dann erst mitkommen. Aber manche meinen, ich kann das direkt aus dem Ärmel auf der Leiter zaubern oder hatten die 5 Sekunden nicht und wurden direkt pampig. Trotzdem war man Dienstleister und hatte "nett" zu bleiben, obwohl es manchmal echt schwer war.

Da gab es den Service ebenfalls, dass man Gehbehinderten mit begleitet hatte durch den Supermarkt wenn diese das gewünscht haben. Dazu haben sie sich an der Kasse gemeldet und kaum war jemand frei, ist dieser dann artig mit dem Korb oder Wagen hinterher getrabt und hat eingepackt was der Kunde wollte. Auch wenn manche da etwas schwer waren und sich nicht genau geäußert haben was sie wollen, denn einfach nur zu sagen "ein Brot" wenn es tausend Sorten gibt, macht das ganze nicht einfacher. Genaue Beschreibungen waren da immer Hilfreich und es gab auch Stammkunden die nur wegen diesem Service in den Netto gekommen sind, weil es andere nicht angeboten hatten.

Mich nervt es nur als normaler Kunde, wenn der komplette Gang voll gestellt wird und nicht zur Seite gegangen wird. Das betrifft aber nicht nur Behinderte die mehr Platz brauchen mit ihrem Rollstuhl, auch Eltern mit ihrem Kinderwagen, Kunden mit Einkaufswagen und alte Leute mit Rollator. Sagt man da etwas und bittet sie zur Seite, dann wird auch oftmals los geschrien, dass man etwas gegen diese Gruppen hat. So durfte ich mir schon anhören von einem Rollstuhlfahrer den ich gebeten habe 30 cm zur Seite zu rutschen damit ich an den Joghurt komme, dass ich das nur mache weil er behindert ist? Ich mache das, weil ich an den Joghurt wollte und er da schon 2 Minuten stand und seinen Einkaufszettel ließt und nicht Platz machte für andere Kunden. In der Zeit habe ich nämlich die Wurst und Käse aus dem anderen Regal eingepackt, weil er dort eben am wühlen war. Aber sicherlich nicht, weil er im Rollstuhl sitzt.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Als ich dieses Thema ansprach, dachte ich auch, dass es nur ein Einzelfall gewesen sei und dieser Verkäufer nur ein besonders unfreundliches Exemplar sei. Inzwischen gibt es jedoch Neuigkeiten. Alle Verkäufer in dieser Filiale verweigern mir und auch anderen Behinderten die Hilfe auf Anweisung ihres Chefs! Nur eine einzelne Aushilfskraft hält sich nicht daran und hilft auch weiterhin.

So berichtete es mir diese Aushilfskraft. An der Hotline gibt es keine Hilfe, da wird immer nur geredet und nichts passiert. Das einzige, was uns derzeit bleibt, ist, dort einfach nicht mehr einzukaufen. Denn da wir keine Beweise haben, bestünde ansonsten die Gefahr, dass wir eine Schadensersatzklage an den Hals bekommen.

» rasenderrolli » Beiträge: 1058 » Talkpoints: 16,66 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich kann mich der Meinung der Vorredner nur anschließen, es ist eine Frechheit, was das Personal und vor allem der Chef da macht. Ich verstehe auch nicht, warum man behinderten Menschen die Hilfe verweigert. Dass man Hilfe in einem Supermarkt braucht ist doch nicht nur auf behinderte Menschen beschränkt. Wenn ich mir meine Großmutter anschaue, die gerade mal eineinhalb Meter groß ist, dann braucht sie auch immer Hilfe, sobald etwas höher ist als ihre Arme, die sie übrigens auch nicht mehr so gut heben kann. Ich selbst bin auch nicht der längste und muss mich manchmal irgendwo drauf stellen.

Je nach Situation bittet meine Großmutter dann auch einen Mitarbeiter oder einen anderen Kunden ihr zu helfen, das ist in der Regel auch nie ein Problem gewesen. Offenbar handelt es sich um eine andere Supermarktkette.

Wenn du den Sachverhalt schon an der Hotline geschildert hast, bleibt eventuell noch eine postalische Beschwerde oder eine E-Mail. Ich weiß nicht, ob nicht einzelne Mitarbeiter der Hotline die Möglichkeit haben das Gesagte einfach nicht weiter zu geben. So hätte das vielleicht noch einmal eine andere Chance. Ansonsten sehe ich eigentlich auch nur die Möglichkeit den Einkauf in diesem Supermarkt zu verweigern. Alle Leute darauf aufmerksam machen, damit die da auch nicht mehr einkaufen gehen, natürlich nicht vor dem Laden selbst, wäre vielleicht auch noch möglich, aber eher nur im Freundes- und Verwandtenkreis. Sonst ist es tatsächlich rufschädigendes Verhalten, was geahndet werden könnte.

» Antalis » Beiträge: 539 » Talkpoints: 0,22 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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