Abhängigkeit und Suchtkrankheit nicht dasselbe?

vom 22.05.2018, 08:19 Uhr

Ich las kürzlich einen Erfahrungsbericht von einem Menschen, der sich Drogen gespritzt hat und das über Jahrzehnte hinweg. Als Aussage meinte die Person dann, dass sie abhängig, aber nicht suchtkrank sei. Das passt für mich ehrlich gesagt nicht wirklich zusammen. Denn meiner Ansicht nach ist man doch suchtkrank, wenn man (von Drogen) abhängig ist.

Wie seht ihr das? Sind diese beiden Begriffe für euch zwei unterschiedliche Paar Schuhe oder ist das für euch praktisch dasselbe, nur anders ausgedrückt? Wo zieht man da die Grenze und was bedeuten für euch diese Begriffe?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Man sollte es unterscheiden und es gibt unter Medizinern auch seit Jahren eine Diskussion über diese Unterscheidung. Wir haben beispielsweise ein Familienmitglied, das seit über zehn Jahren Morphium zur Schmerztherapie bekommt. Morphin macht stark körperlich abhängig. Folglich ist ein Schmerzpatient nach einiger Zeit definitiv abhängig. Würde er das Zeug einfach absetzen, würde die Nase laufen, Erbrechen trete auf, es käme zu Krämpfen, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Depressionen und Angstzuständen.

Es müsste also definitiv ein Entzug stattfinden, damit der Patient wieder ohne kann. Aber ist ein Schmerzpatient deshalb süchtig? Das ist er definitiv nicht. Denn die euphorisierende oder entspannende Wirkung lässt nach kurzer Einnahmezeiten nach. Der Körper würde für diesen Effekt immer mehr brauchen. Der Schmerzpatient nimmt aber nicht immer mehr, er hält ohne Probleme ein festes Einnahmeschema ein.

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Also eigentlich sind da schon zwei Unterschiede. Ein Suchtkranker zum Beispiel mit Drogen muss irgendwann oder gerne auch mit Alkohol seine entsprechende Menge anpassen, um das entsprechende Gefühl, welches erwünscht und erzielt wird, weiter zu erhalten. Denn nach einem längeren täglich 1 Bier Konsum oder 1 Gramm Koks wird es sich nicht mehr in der Wirkung erkenntlich machen, sodass ein Suchtkranker für dieselbe Wirkung immer mehr benötigen wird.

Ein Abhängiger benötigt nicht mehr, um die Wirkung von Schmerzmitteln zu aktivieren, sondern bleibt diese gleich. Wie viele Menschen im Krebsstadium sind eigentlich auch längst abhängig von den Schmerzmitteln? Sie sind aber eben notwendig, damit die Schmerzen erträglich gelindert werden können. Allerdings müssen sie zunächst nicht erhöht werden, weil sich der Körper daran gewöhnt hat. Die Dosen werden ja nur erhöht, wenn das Stadium sich verschlechtert, die Schmerzen noch schlimmer werden, weil sonst bleiben die Dosen gleich.

Doch trotzdem sind beide natürlich irgendwie süchtig oder abhängig. Die eine Person „freiwillig“, weil sie den Push braucht und dadurch auch irgendwann ihre Dosis erhöht und die andere eben als Beispiel, weil sie ihrer Gesundheit mehr Besserung bietet und dadurch auf starke Medikamente zurückgreifen muss, um die Beschwerden zu lindern.

Ehrlich gesagt muss man es also schon unterscheiden. Das eine ist Sucht von ich brauche das, weil ich den Push will und süchtig bin. Der andere nutzt es beziehungsweise bekommt gewisse Medikamente eben aufgrund von schweren Erkrankungen, deren Sinn es nicht ist, sich zu pushen, sondern entsprechend etwas zu lindern, was aber bei Morphin, Tramadol, Stramadol & Co abhängig macht.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



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