Behandlungsfehler - wer hatte schon welche zu beklagen?
Kunstfehler passieren. In Amerika würde man für einen Kunstfehler als Patient ein ordentliches Schmerzensgeld bekommen. Manchmal bestimmt gerechtfertigt und manchmal auch übertrieben. Um hier in Deutschland auch nur ein geringes Schmerzensgeld zu bekommen, muss schon viel passieren und man braucht als geschädigter Patient einen langen Atem. Dies habe ich selber vor ca. 30 Jahren am eigenen Leib gespürt.
Ich bin damals in der Firma mit dem linken Zeigefinger in die Packmaschine geraten. Der Finger schwoll sehr an und mein Chef schickte mich zum Arzt, obwohl ich nicht wollte. Aber aus versicherungstechnischen Gründen war es wohl wichtig, dass ein Arbeitsunfall auch behandelt wird. Ich musste damals zu einem Durchgangsarzt, der an diesem Mittwoch Nachmittag Notdienst hatte. Er untersuchte mich, röntge den Finger und gab mir eine Streckschiene, weil ich angeblich einen Sehnenanriss hatte. 6 Wochen sollte diese Schiene dran bleiben.
Nach den 6 Wochen bekam ich die Schiene ab und der Finger war steif. Klar, weil er ja die ganze Zeit nicht bewegt werden konnte. Ich musste also zur Krankengymnastik. Dort brach man die Therapie ab, weil ich vor Schmerzen nichts machen konnte. Ich wurde im Krankenhaus untersucht und da wurde festgestellt, dass meine Sehne am Knochen festgewachsen war. Ich bekam lokale Betäubungsspritzen und mein Finger wurde unter Betäubung dann immer wieder bewegt, damit die Sehne sich lösen konnte. Gleichzeitig habe ich den Arzt aber wegen der falschen Behandlung, die mit vom Krankenhaus bestätigt wurde verklagt. Ich musste zu einem Gutachter und der Arzt und ich einigten uns außergerichtlich auf damals 500 DM Schmerzensgeld.
Diese 500 DM waren aber wirklich nicht viel, wenn man bedenkt, dass ich heute manchmal noch Schwierigkeiten mit diesem Finger habe, weil er ohne ersichtlichen Grund anschwillt und schmerzt. Zum Glück war das der einzige Behandlungsfehler, der bei mir gemacht wurde, außer, dass mir beim Zahn ziehen der Nachbarzahn beschädigt wurde.
Hattet ihr schon mal einen Behandlungsfehler, bei dem ihr auch Schmerzensgeld bekommen habt? Was wurde bei euch falsch gemacht? Würdet ihr einen Arzt verklagen, wenn ihr die Möglichkeit hättet? Denkt ihr, dass in Deutschland zu wenig Schmerzensgeld bezahlt wird für manche Kunstfehler oder meint ihr, dass beispielsweise Amerika zu großzügig mit dem Schmerzensgeld umgeht?
Zählt als Behandlungsfehler eigentlich auch ein Diagnosefehler oder die Unfähigkeit zu einer Diagnose, die dann ein längeres Leiden des betroffenen Kranken ausgelöst hat, als bei einer fehlerfreien Diagnose notwendig gewesen wäre? Ich meine, in dem Fall, dass zum Beispiel noch gar nicht operiert wurde und auch keine Medikation eingesetzt wurde.
Wenn ja, dann war wohl auch eine frühere gute Bekannte von mir betroffen. Diese hatte nämlich irgendwann plötzlich sehr starke, wiederkehrende, Bauchschmerzen bekommen. Wirklich mehrere Monate am Stück plagte sie sich mit den Schmerzen herum. Der Arzt mutmaßte nur, schickte sie mal zum Röntgen, mal zum Ultraschall, sandte sie mal zu diesem und mal zu jenem Facharzt, befürchtete eine Schwangerschaft, und weil es doch keine war, dann wurde vielleicht eine chronische Blinddarmentzündung vermutet, oder vielleicht doch eine Magenschleimhautreizung, so ging das über Monate, und meine Bekannte litt und litt die gesamte Zeit an den starken Bauchschmerzen. Sie bekam verschiedenste Medikamente, die alle, nachträglich betrachtet, nicht angemessen waren, die an sich zum Glück selbst keinen Schaden anrichteten, aber die die Schmerzen eben auch nicht linderten. Erst nach etwa drei Monaten konnte schließlich die richtige Diagnose gestellt werden, und die auch nur mehr oder minder durch einen Zufall. Das war schon eine unglaubliche ärztliche Unfähigkeit.
Bei einem anderen Bekannten ging das Problem eher in die orthopädische Richtung. Er bekam, wie auch immer so etwas geschehen kann, wegen einer Fußsehnenverletzung für eine beschränkte Zeit Einlagen für die Schuhe. Also, das an sich ist noch nichts Ungewöhnliches. Was aber eigentlich nicht hätte sein dürften, ist, dass die Einlagen irgendwie völlig falsch konzipiert waren. Der nächste Arzt war völlig entsetzt und meinte, diese Einlagen müssten die Heilung im Grunde noch verlangsamt und die Beschwerden verschlimmert haben. Übrigens blieb dann auch eine dauerhafte Fußfehlstellung als Schaden zurück. Sowohl dieser Bekannte als auch die Bekannte mit den Magenschmerzen sind aber wohl nicht gegen die Ärzte gerichtlich vorgegangen, sofern ich weiß. Sie haben bloß den Arzt gewechselt, was ja wohl nach solchen Dingen auch verständlich ist.
Ich weiß auch nicht, ob ich nicht vielleicht irgendwie das Unglück anziehe, oder aber Menschen, die viel Pech haben, aber ich kenne irgendwie etliche Fälle, in denen Ärzte falsch behandelt und damit einen Schaden angerichtet haben. Gut erinnere ich mich an einen Zahnarzt, der wohl nur aus Profitgier eine unnötige Wurzelbehandlung durchführte, und damit einen Zahn ruinierte. Ich hatte auch einmal einen zahnärztlichen Pfuscher am Hals, der meinte, einen Zahn von mir müsse man ziehen! Ich ging zum Glück, um das abzuklären und eine Zweitmeinung zu erhalten, zu einem weiteren Zahnarzt. Von dem bekam ich lediglich eine große Zahnfüllung, nicht einmal eine Krone, und die Füllung hält bis heute. Bei dem Gedanken, dass der andere Arzt meinte, der Zahn sei so beschädigt, dass er gezogen und durch ein Implantat ersetzt werden müsse, sträuben sich mir noch heute, noch Jahre später, die Haare!
Gut erinnere ich mich auch noch an einen Hausarzt, den ich aber mittlerweile auch gewechselt habe, der mir einmal schockiert erklärte, ich müsse sofort per Notarzt ins Krankenhaus. Ich hätte einen Magenwanddurchbruch. Es stellte sich letztendlich übrigens heraus, dass die angeblich durch einen Magenwanddurchbruch verursachte kleine Asymmetrie meines Bauches lediglich einer geringfügig ungleichmäßigen Fettgewebe-Verteilung geschuldet ist. Eine vollkommen harmlose Sache also.
Und dann habe ich noch eine große, dicke, dunkelrote Narbe am Bein, von einer Leberflecken-Extraktion. Angeblich sollte die auch narbenfrei bleiben, laut Hautärztin. Höchstens eine kleine, kosmetisch aber nicht störende, Narbe könne entstehen, hieß es. Aber unter "kosmetisch nicht störend" stelle ich mir nun wirklich etwas Anderes vor, als diesen dicken, dunkelroten, über einen Quadratzentimeter großen, Fleck. Wenigstens ist es nur am Bein, am Oberschenkel, da sieht man es normalerweise nicht.
Einen schwerwiegenden Behandlungsfehler hatte ich zum Glück noch nicht, aber dennoch ärgere ich mich immer wieder über meine damalige Hautärztin. An meinem Oberarm musste ein Muttermal entfernt werden. Ich hatte anfangs damit sowieso schon meine Probleme bis ich mich endlich aufgerafft habe es dann auch wirklich entfernen zu lassen.
Das Entfernen an sich verlief für meine Augen auf den ersten Blick sehr gut und schmerzfrei. Allerdings hat sie da doch irgendwie entweder sehr schlampig oder schlecht gearbeitet, weil die Naht scheinbar aufgerissen ist und so habe ich nun eine wirklich unschöne Narbe am Oberarm, die noch dazu nicht einmal besonders klein ist. Wie man das besser machen hätte können oder nicht, weiß ich nicht, aber normal ist die Narbe wirklich nicht und das wurde mir auch schon bestätigt. Durch den Behandlungsfehler ist sie nun etwa doppelt so groß als üblich und man sieht eben auch an der Narbe, dass die Naht aufgeplatzt ist.
Und weil es so lustig ist, ist diese Stelle genau unterhalb von einem T-Shirt-Ende, also im Sommer wunderbar für alle sichtbar. Ich wurde auch schon öfters darauf angesprochen. Ich weiß, dass es wahrlich viel Schlimmeres gibt, das ist mir auch bewusst, aber dennoch ärgere ich mich immer wieder über diese hässliche und doch recht große Narbe an meinem Oberarm.
Gegen die Ärztin habe ich nichts unternommen. Das ganze ist schon einige Jahre her und da war ich sicherlich noch zu jung und zu wenig mutig solche Schritte zu machen. Ob ich es jetzt machen würde, wenn mir sowas jetzt passieren würde, weiß ich nicht. Große Chancen oder eine großartige Entschädigung bekommt man für solche Kleinigkeiten denke ich sowieso nicht, aber vielleicht denken viele so und vielleicht sind genau solche Gedanken falsch.
Behandlungsfehler sind auch schwer zu definieren. Wo fängt ein Behandlungsfehler an und wo hört er wieder auf?
Ich bekam vor einigen Jahren mal unter Vollnarkose einige Gewebeproben in der Nase entnommen. Darunter sollte auch die Nase komplett durchleuchtet werden, da ich sehr große Probleme mit meiner Nase und der fehlenden Nasenscheidewand habe, die durch zu viel Nasenspray weggeätzt wurde. Ich ging an diesem Tag völlig entspannt in die Klinik, denn für mich war dies kein großer Eingriff, dachte ich. Jedoch lief es anders ab als geplant und ich wachte während der Vollnarkose auf und sah, wie aus meiner Nase einige Metallgegenstände herausragten und eine Schwester den Arzt rief, das ich doch wach werden würde. Ich konnte mich absolut nicht bewegen und spürte nur das Brennen in meiner Nase. Ich lag starr auf dem Tisch und es kamen mir vor wie Stunden, jedoch schlief ich schnell wieder ein und wachte später im Flur wieder auf, da alle Aufwachräume gerammelt voll waren.
Dies werde ich nie wieder vergessen und habe seit diesem Vorfall auch panische Angst, wenn es um Operationen geht. Den zuständigen Arzt bzw. der Arzt der mir die Narkose gab, war auch auf einmal nicht mehr zu sprechen bzw. vor Ort, sodass man an niemanden mehr dran kam bezüglich des Wachwerdens während der Entnahme der Gewebe. Jedoch prägen solche Behandlungsfehler das ganze Leben und erinnern einen doch immer wieder zurück.
Sonst wurde ich in einer Klinik schon einmal als Simulant bezeichnet, da sie nichts feststellen konnten und sich letzendlich auf eine Krankheit berufen mussten mit der Wahrscheinlichkeit, das es diese wahrscheinlich sein möge. Schon schlimm, wenn Ärzte nichts finden und dann den Patienten als Simulant bezeichnen, obwohl man immer wieder einschläft und den ganzen Tag über müde ist. Von irgendwas muss dies ja kommen. Ich bin froh, das außer dieser Sache nichts weiteres passiert ist.
@ SybeX: Was ein Behandlungsfehler ist, ist sogar sehr genau definiert, nämlich per Gesetz. Es ist nur so, dass ein Patient dem Arzt nachweisen muss, dass dieser einen Behandlungsfehler begangen hat, weswegen es für den Patienten, der in der Regel ein Laie ist, natürlich äußerst schwierig ist, hier irgendetwas zu erreichen, zumal dem Patienten eben oft die Kenntnis darüber fehlt, ob das, was hier vermutlicher falsch gelaufen ist, wirklich ein Fehler der Behandlung war oder ein schicksalhafter Verlauf. Um hier irgendetwas nachzuweisen, braucht man die entsprechende Kenntnis, hier die medizinische, und die hat man als Patient oft eben nicht. Dennoch kann man natürlich versuchen, herauszufinden, ob die Behandlung falsch gelaufen ist oder nicht.
Zu einem Behandlungsfehler zählen verschiedene Bereiche einer Behandlung, nicht nur die Behandlung der Beschwerden des Patienten, sondern beispielsweise auch die Dokumentationspflicht des Arztes ist bereits ein Bestandteil der Fragestellung, ob ein Behandlungsfehler vorliegt. Wenn man dem Arzt hier irgendeinen Fehler vorweisen kann, weil dieser seiner Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist, wie er es von seiner gesetzlichen Verpflichtung her muss, dann wird dem Arzt vom Gesetzgeber ein grober Behandlungsfehler unterstellt, was die Beweispflicht umkehrt. Ab diesem Moment hat also der Arzt die Pflicht, nachzuweisen, dass kein Behandlungsfehler vorliegt, allerdings bezieht sich das wie gesagt nicht nur auf die medizinische Seite der Behandlung, sondern auch auf die organisatorische.
Ich selbst vermute bei mir auch mindestens einen Behandlungsfehler und ich lasse auch gerade prüfen, ob es sich um einen solchen handelt. Worum es bei mir genau geht, will ich hier aus verschiedenen Gründen nicht so genau ansprechen, aber bei mir ist nach einer Operation vor vielen Jahren ein Problem aufgetreten, das mit dieser Operation in einem direkten Zusammenhang steht und durch eine weitere Operation zu beheben versucht werden musste, was nur mit Einbußen möglich war. Der Fehler, den ich unterstelle, hätte zweifelsfrei beherrscht werden können, mal ganz davon zu schweigen, dass es bei einer adäquaten Planung meiner Operation, wie ich sie an einer großen Universitätsklinik erwarte, gar nicht erst dazu hätte kommen dürfen, dass man eine wichtige Konsequenz einer bestimmten Handlung im Rahmen des Eingriffs nicht bereits im Vorfeld absehen und insofern dann auch abwägen kann, ob der Eingriff überhaupt durchführbar ist.
Überhaupt gibt es so einiges, was ich in Verbindung mit den zahlreichen Operationen, die ich bisher hatte, zu beanstanden habe, aber vieles davon ist einfach nicht dokumentiert worden und insofern schwer bis unmöglich stichhaltig einer bestimmten Operation zuzuordnen, weshalb ich also nun im Nachhinein auch niemanden mehr so einfach zur Verantwortung ziehen kann. Einmal wurde mir im Rahmen einer Operation ein Auge halb zugenäht, ohne, dass hierfür irgendein Grund erkennbar war. Auch diese Problematik musste in einer anderen Operation behoben werden, obwohl dafür wenigstens keine Operation extra geplant werden musste, denn das wurde im Rahmen der Operation, die für den Behandlungsfehler notwendig wurde, den ich oben angedeutet habe, mit erledigt. Dennoch habe ich natürlich einen Nachteil daraus, denn man kann ganz gut erkennen, wo die nach diese unsinnige Naht geöffnet wurde.
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