Was merkt man im Koma? Träumt man da auch?

vom 31.12.2011, 20:32 Uhr

Ein sehr guter Bekannter von meinen Eltern hatte vor einem halben Jahr einen Schlaganfall und liegt im Koma. Darauf habe ich mir dann schon Gedanken gemacht, was dieser Mensch, wenn er aufwachen sollte von der Zeit im Koma noch weiß und ob er überhaupt weiß, dass er geschlafen hat. Manche Leute werden ja auch in ein künstliches Koma versetzt, damit der Körper sich ausruhen kann. Wie ist das, wenn ein Mensch aus so einem Koma erwacht und wieder völlig gesund ist?

Wird dieser Mensch sich an das Koma erinnern? Was ist da schon erforscht? Es sind ja schon viele Menschen aus dem Koma wieder erwacht. Was konnten diese Menschen erzählen? Was haben sie während dieses Schlafs erlebt? Kennt ihr jemanden, der im Koma lag und erzählt hat, wie er diese Zeit erlebt hat?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Niemand weiß, was im Koma passiert. Man weiß bis heute noch nicht, ob ein Mensch, der im Koma liegt, mitbekommt, was um ihn herum passiert. Es ist nicht bekannt, ob er versteht, was gesprochen wird, aber man nimmt es an, dass er durchaus etwas versteht, sich aber nicht bemerkbar machen kann. Doch Gewissheit hat keiner, soweit ist die Medizin noch nicht. Die Zeit, die jemand im Koma verbracht hat, wird ihm einfach fehlen. Er hat also eine Lücke. Vielleicht merkt er es, wenn jemand an seinem Bett sitzt und mit ihm spricht, wie es oft geschieht. Durch diese Art der Zuneigung und Hilfe ist es in einigen Fällen schon so gewesen, dass der Koma-Patient plötzlich die Augen wieder aufschlug, so als hätte er nie lange Zeit im Koma verbracht. Das alleine wird das Aufwachen nicht bewirken, aber es hilft mit. Selbst kenne ich keinen Koma-Patienten, der erwacht ist. Aber ich glaube nicht, dass er sich erinnert.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


Das stimmt doch gar nicht, dass es darüber keine Erkenntnisse gäbe. Wie sollte es denn auch, denn es werden ja Leute wach und die können mit Sicherheit sagen, ob sie etwas bemerkt haben, und wenn ja, was. Und das tun sie auch. Jedenfalls habe ich gelesen, dass es Erfahrungsberichte gibt, und zwar zahlreiche.

Wobei man vielleicht zuerst einmal sagen sollte, dass die Erfahrungen wohl stark variieren, je nachdem, wie komatös die Patienten sind, wie viel das Gehirn noch verarbeiten kann, und so weiter. Da kenne ich mich im Detail leider noch nicht aus, aber es gibt wohl verschiedene "Stufen" bei den Patienten, von einigen, die wirklich gar nichts mehr wissen, von welchen, die in der Zeit des Komas lebhaft träumen, bis hin zu solchen, die die Zeit ihre Umgebung schon, wenn auch nur schemenhaft, wahrnehmen, und sich bloß nicht bemerklich machen können, was wohl bei vielen Leuten große Ängste auslöst, da sie glauben, man könne sie aufgeben und sterben lassen, obwohl sie ja eigentlich noch leben und alles wahrnehmen.

Insgesamt sind die Erfahrungen von Menschen im Koma aber wohl eher negativ. Natürlich mal abgesehen vom Koma an sich schon. Neben der bereits genannten Angst, aufgegeben und getötet zu werden, haben es wohl auch die komatösen Personen, die träumen, meist nicht so sonderlich gut. Es dominieren wohl Alpträume der schlimmsten Art, die auch nach dem Koma noch als Phobien fortdauern, oder immer wieder als Alpträume wiederkehren, auch noch Monate nach dem Ende des Komas. Was allerdings genau geträumt wird, variiert von Einzelfall zu Einzelfall. Oft gibt es allerdings wohl Bezüge zu dem letzten wahrgenommenen Unfall, oder es verknüpfen sich leicht vorhandene reale Wahrnehmungen aus dem Klinikalltag mit dem Traumgeschehen. So wird dann beispielsweise geträumt, im Krankenhausbett wehrlos zu liegen und dann von Monstern angefallen zu werden, oder aber auch von den eigenen Angehörigen, die zu Besuch kommen, misshandelt zu werden, was aber mit dem Geschehen in der Realität nicht überein stimmt.

Insgesamt ist es also ein grauenvoller und auch ohnehin gefährlicher Zustand, den ich hoffentlich nie erleben werden muss. Ich wünsche wirklich keinem Menschen, das einmal durchstehen zu müssen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



@wawa666: Danke für die ausführliche Beschreibung. Ist das eigentlich auch bei Leuten, die ins kpnstliche Koma versetzt werden auch oder ist das eine andere Art des Komas? Ist das einfach eher eine tiefere Narkose? Können denn Menschen im künstlichen Koma auch träumen oder Angste entwickeln?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Also wenn man im Koma ist und es ist wirklich egal welche Art es von Koma ist man träumt nichts und so weiter. Denn sicher hat man auch mal Tests gemacht und einige Leute sind eventuell mal selbst auf die Idee gekommen diese Komapatienten mal zu fragen, was sie im Koma erlebt hatten. Dann kam halt als Ergebnis nichts heraus, weil diese Personen in eine Art künstlichen Tod gebracht werden und die meisten Funktionen im Gehirn abgeschaltet werden. Deshalb können auch keine Informationen gespeichert werden. Deswegen ist auch ein Koma nicht grade ungefährlich, da es auch bei einigen Menschen zum Tode geführt hat.

» GI KA » Beiträge: 1629 » Talkpoints: 62,28 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Dass immer Leute meinen, ihre Binsenweisheiten hier verbreiten zu müssen, obwohl sie keine Ahnung haben, oh je. Erst einmal sei korrigiert, ein künstliches Koma ist an sich gar kein Koma, sondern bloß eine sehr tiefe langzeitliche Narkose. Und der Bewusstseinszustand eines Menschen, der sich in einem künstlichen Koma befindet, kann auch stark variieren. Da gibt es wohl verschiedene Mittel, mit denen die langzeitliche Sedierung ausgelöst werden kann, und die Wirkung auf den Patienten ist immer unterschiedlich, je nach Mittel, und auch einzelne Mittel wirken nicht bei jedem Patienten immer gleich. Da gibt es auch diese ganzen Varianten, die ich auch schon beschrieben habe, von einigen Leuten, die ihre Umgebung mitbekommen, über solche, die träumen, bis hin zu solchen, die wirklich gar nichts mitbekommen und sich auch später an gar nichts erinnern können.

Ich denke, wenn jemand ins künstliche Koma kommt, dann wird es schon möglich sein, dass er in der Zeit ängstlich ist oder Alpträume hat. Kommt wohl darauf an, was vorher passiert ist. Wenn er einen schweren Unfall hatte, dann wird sich das sicher an sich schon auf die Psyche auswirken und Alpträume auslösen können, eigentlich auch schon ohne künstliches Koma. Die Frage ist auch, wie viel der Mensch über seinen Zustand weiß. Weiß er, dass er sich im künstlichen Koma befindet? Wenn ja, wird der Zustand weniger erschreckend sein, als bei jemandem, der sich plötzlich bewegungsunfähig irgendwo wiederfindet und gar nicht weiß, was mit ihm eigentlich genau los ist und was die Menschen mit ihm tun werden. Wer hingegen weiß, dass er sich im künstlichen Koma befindet, dem ist ja bewusst, dass man ihn absichtlich in diesen Zustand gebracht hat und dass man ihn da auch auf jeden Fall wieder herausholen wird. Der muss sich dann keine Sorgen machen, dass man ihn für tot erklärt und sterben lässt. Ich denke, das nimmt einem dann auch viele der Ängste.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Das ist ja schrecklich, was du da schreibst. Das habe ich eigenartigerweise noch nie gehört, sonst hätte ich das nicht geschrieben. Diese Patienten müssen ja Schreckliches erleiden, wenn sie derartige Alpträume haben. Sie sind ja in ihrer eigenen Welt gefangen und müssen alles ertragen. Ich weiß allerdings genau, dass ich in einem Falle mal gelesen hatte, dass sich der Patient eben an gar nichts mehr erinnerte, als er erwachte. Wenn diese Patienten schon in der Angst leben müssen, dass man sie einfach sterben lässt, ist das alleine schon ein schlimmer Alptraum. Hinzu kommt dann noch die Angst, dass die eigenen Angehörigen, die am Bett sitzen, ihnen etwas antun könnten. Dann müsste es im Sinne der Koma-Patienten besser sein, so wenig wie möglich am Bett zu sitzen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Der Vater meines Ex-Freundes war lag mal für 5 Wochen im künstlichen Koma, nachdem er einen Schlaganfall hatte und sich die Situation drastisch verschlechtert hatte. Er ist dann nach den 5 Wochen aber wieder aufgewacht und konnte dann auch davon erzählen. Der Vater hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass er schon tot sei, aber irgendwo gefangen. Er hat Stimmen wahrgenommen (wir haben ihn ja täglich besucht), aber er konnte sie nicht zuordnen - er hat also nicht erkannt, dass sein Sohn gerade spricht. Nachdem er wieder aufgewacht war, war er sehr ängstlich und wirkte auch sehr verwirrt. Mir tat er einfach nur leid, denn es schien eine schlimme Erfahrung gewesen zu sein. Leider ist er dann auch 4 Wochen später gestorben, denn sein Körper hat dann irgendwann einfach aufgegeben, obwohl wir alle dachten, dass es wieder bergauf gehen würde.

Wie das Ganze nun im "normalen" Koma ist, kann ich nicht sagen, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es ähnlich abläuft. Natürlich empfindet jeder diesen Zustand anders und es gibt garantiert Menschen, die noch einiges mitbekommen, aber auch welche, die wirklich überhaupt nichts mehr wissen. Dass Menschen im Koma auch träumen können, kann ich mir schon sehr gut vorstellen. Der Vater meines Freundes wusste ja auch nicht, dass es sich im künstlichen Koma befindet. Er hatte einen Schlaganfall und wurde nach zwei Tagen im Krankenhaus ins künstliche Koma versetzt. Das wurde ganz spontan entschieden und er konnte sich auch an die Tage davor nicht mehr erinnern. Er dachte dann eben, dass er tot sei, weil er bewegungsunfähig war und Stimmen wahrgenommen hatte. Wirklich eine schlimme Erfahrung und ich hoffe ehrlich gesagt auch, dass ich so etwas nie erleben muss. Auch als Angehöriger ist es einfach nur schlimm, wenn man vor dem Bett eines Koma-Patienten steht und nicht weiß, was er noch mitbekommt.

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» MeL.G » Beiträge: 4918 » Talkpoints: 16,81 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Cid, ich denke, so leicht kann man das leider auch nicht sagen, dass man, um die Verbindung zwischen realen Wahrnehmungen und Alpträumen zu verhindern, den im Koma liegenden Angehörigen oder Freund einfach nicht besuchen sollte. Tragischerweise ist es ja so, dass einige komatöse Menschen gerade durch das Hören der Stimme von Angehörigen urplötzlich wieder erwachen. Würde man sich also aus Angst, dass der im Koma liegende Mensch solche Angstvorstellungen durch die Anwesenheit von einem entwickelt, immer fern bleiben und keine Besuche mehr machen, dann wäre dem Patienten diese Chance, durch irgendwelche Wahrnehmungsimpulse wie einer vertrauten Stimme, einem vertrauten Geruch, wie Parfum oder ähnlichen Dingen, wieder zu erwachen, ja genommen.

Da wird man wohl also leider abwägen müssen. Beziehungsweise denke ich, es wäre besser, anwesend zu sein und eventuell damit Ängste zu provozieren, aber die Chance zu haben, dass die Person noch einmal erwacht, als fern zu bleiben, und damit vielleicht auszulösen, dass die Person nie mehr wach wird. Also, ich würde wohl, allen Gefahren von Alpträumen zum Trotz, weiterhin zu Besuchen gehen, wenn sich diese schlimme Situation ergeben würde. Ich denke auch, dass die Alpträume ja sowieso auftauchen würden, wenn es zu Alpträumen kommt. Wenn sie sich nicht auf Angehörige projizieren würden, dann würden sie sich wohl ein anderes Ziel suchen.

Abgesehen davon könnte auch die Abwesenheit an sich ja schon unangenehme Gefühle beim Patienten auslösen. Einige nehmen ja doch sehr gut wahr, was um sie herum geschieht. Wenn dann nie Besucher kommen, fühlt die Person sich vielleicht vernachlässigt oder vergessen. Das ist natürlich auch traurig, wenn man glaubt, es ginge einem wirklich schlimm, aber die Angehörigen und Freunde kämen gar nicht, sondern kümmerten sich nicht, lassen einen einfach vergessen im Krankenhaus liegen, während sie ihr Leben unbehelligt und mehr oder weniger glücklich weiterleben. Ich denke, dieses Gefühl, vergessen zu werden oder den Freunden und der Familie egal zu sein, kann dann auch wieder Ängste auslösen. Andere zwar, als im Falle der Alpträume, aber nicht zwangsläufig weniger schlimme.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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