Gute Bekannte wird bald sterben

vom 29.07.2010, 10:00 Uhr

Wir haben hier wo ich wohne, wirklich ein gutes Verhältnis zu einander. Nun ist es so, dass eine Nachbarin von mir, mit der ich schon viel gemacht habe, mehr oder minder im sterben liegt. Ich erinnere mich noch so gerne daran, wie wir Weihnachten immer zusammen gebacken haben, oder wie ich ihr geholfen habe ihre Katzen fest zu halten, wenn diese geschoren wurden. Manchmal war ich einfach bei ihr nur auf eine Zigarette und wir redeten nur. Nun ist es so, dass sie ihr schon die Speiseröhre entfernt haben, mehr oder minder den ganzen Magen und auch Verdauungstrakt. Sie selber ist noch gar nicht mal so alt, erst Mitte 40. Sie hat eine Nichte, für die sie immer wie ihr eigenes Kind gesorgt hat. Die Mutter lebt schon lange nicht mehr und der Vater kümmerte sich nicht um das Kind. Die Nichte ist ein paar Jährchen jünger als ich.

Nun ist es so, dass diese Nachbarin dauernd vom Sanitäter abgeholt wird. Die Nichte ist dauernd da und total fertig, doch irgendwie traue ich mich nicht, sie in ein Gespräch zu verwickeln, auch wenn ich mit ihr schon Kontakt hatte. Wie es genau um diese Nachbarin steht, weiß ich nicht, nur dass sie nur noch unter Morphium steht und somit auch nicht mehr viel mitbekommt. Sie sieht wirklich schlimm aus. Wie eine 80 jährige Dame mit gerade noch schätzungsweise 30-40 Kilogramm. Wenn ich sie wieder sehe, wenn die Sanitäter sie abholen oder täglich Schwestern und Ärzte hier ein und aus gehen, dann ist mir wirklich total schlecht. Ich stelle mir auch die Frage, nachdem sie so oft im Krankenhaus ist, ob ich sie nicht einmal besuchen soll. Doch ist es ihr Recht, dass man sie so sieht? Ich würde am liebsten einfach hingehen und ihr einen Blumenstrauß mitbringen. Jetzt hat sie wenigstens noch etwas davon, auf dem Grabstein nutzen ihr Blumen nichts mehr.

Was soll ich tun und wie verhalte ich mich richtig? Wir hatten eben mal einen richtig guten Draht zu einander, doch als ich mich Selbstständig machte, hatte ich eben auch so gut wie keine Zeit mehr und daher haben wir uns auch seit einem halben Jahr mehr oder minder nur noch vor der Türe getroffen. Ich stehe irgendwie so hilflos da. Sie hat auch einen Freund und dem sieht man die Trauer ins Gesicht geschrieben und der will im Grunde auch nicht reden, denn das merkt man. Eigentlich möchte ich ihrer Nichte mit bei stehen, doch ich weiß nicht, ob sie das wünscht.

Benutzeravatar

» kleineliebe » Beiträge: 1817 » Talkpoints: 2,92 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Frag doch einmal mal jemanden, ob nun den Freund oder die Nichts, ist ja egal. Wenn Du ohnehin weißt, wo Sie liegt, kannst Du auch ruhig einfach so hingehen.Ich denke viele Leute sind froh darüber, wenn Sie in schwierigen Stunden auch mal Besuch haben, um sich abzulenken oder sich auszusprechen, oder auch nur einen relativ normalen Tag zu verbringen, so gut es eben überhaupt möglich ist.

Wenn Sie Dich da absolut nicht bei sich haben wollen würde, gehe ich schon davon aus, dass Sie Dir das sagt, meinst Du nicht? Du kannst Sie ja auch direkt darauf ansprechen, dass Du nicht wusstest, ob Du Sie besuchen solltest, nicht dass es Ihr nicht recht ist. Da wird ja sicherlich eine Reaktion drauf kommen. Ich selbst finde es eigentlich wichtig, jemanden in einer schwierigen Situation beizustehen oder sich einfach mal zu erkundigen, wenn man mit dem Menschen gerne zusammen gewesen ist oder halt besonders schöne Erinnerungen teilt.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Das ist wirklich eine schlimme Geschichte, wenn man in so jungen Jahren so schwer erkrankt.

Wenn du wirklich so einen guten Kontakt zu ihr hattest und du weißt in welchem Krankenhaus sie liegt, dann würde ich dort einmal anrufen, ob sie überhaupt Besuch empfangen darf, denn nach deiner Beschreibung der Krankheit, könnte es auch gut möglich sein, das sie auf der Intensivstation liegt und könntest du sie ja nicht besuchen. Ist ein Besuch möglich, dann würde ich sie Besuchen, denn ich denke sie würde sich freuen, wenn sie mal ein wenig Ablenkung bekommen würde.

Dir wünsche ich auch viel Kraft, denn es ist ja auch nicht einfach mit einem schwer kranken Menschen um zu gehen, wo man weiß, das er nicht mehr lange zu leben hat.

» fenasofia » Beiträge: 530 » Talkpoints: 22,49 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Unsere Mutter hatte ja auch Krebs und wurde zum Schluss in einem Hospiz versorgt. Und die hat sich immer über Besuch gefreut. Wobei meine Eltern generell wenig Kontakt zur Aussenwelt hatten und es quasi kaum jemand gab, der sie ausserhalb der Familie besuchen konnte. Auch weil es halt an sich auch nur wir Familienangehörigen wussten.

Die Mutter der Freundin meines Bruders kam öfters zu Besuch. Das wurde aber mit uns Kindern abgesprochen und das klappte auch recht gut und unserer Mutter war es recht. Eine meiner Freundinnen fragte auch, ob sie meine Mutter mal besuchen darf. Meine Freundin hatte das selbe mit ihren Eltern durch und kannte meine Mutter auch schon länger, allerdings nicht näher. Sie hatte aber das Bedürfnis, meine Mutter noch mal zu sehen. Ich fragte halt meine Mutter, ob ihr der Besuch recht sei. Und es war ihr recht. Wir sind dann zusammen zu meiner Mutter gefahren und meine Mutter war überglücklich. So glücklich das sie nach dem Besuch zu mir sagte, die darf noch mal kommen. Leider kam es dazu nicht mehr.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, ist die Nichte die einzige Angehörige. Ich würde die Nichte einfach mal fragen. Ich kann mir vorstellen, das die Nichte sicherlich auch dankbar ist, wenn mal jemand da ist. Das muss keine Dauerhilfe oder so sein. Aber du scheinst ja auch ein Teil des Lebens der Tante gewesen zu sein und ich könnte mir vorstellen, das dein Besuch für Tante und Nichte entlastend sein könnten.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Ich würde meinen Mut zusammen nehmen und einfach mal die Nichte, deiner Nachbarin ansprechen. Sag ihr, dass ihr früher öfter mal zusammengesessen habt und du dann durch deine Arbeit nicht mehr die Zeit dazu hattest. Frage sie, wie es ihrer Tante geht und ob diese sich wohl über Besuch von dir freuen würde.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass dich die Nachbarin weg schicken würde, wenn du sie besuchen gehst. Sicher wird sie sich freuen, dich zu sehen und ein bisschen Abwechselung zu bekommen. Ein Versuch ist es doch auf jeden Fall wert.

Benutzeravatar

» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich finde auch, dass das eine sehr schwierige Situation ist, aber weniger, weil ich nicht wüsste, ob meine Unterstützung und mein Besuch erwünscht sind und wie ich das erfragen kann, sondern eher insgesamt, weil diese Situation sehr emotional und belastend für alle Beteiligten ist.

Wie meine Vorredner auch, würde ich einfach mal auf die Nichte zugehen und ihr direkt und unumwunden sagen, dass mir leid tut, was sie durchlebt und dass ich sie gern unterstützen würde. Es gibt zwar Menschen, die keine Hilfe von Menschen, denen sie nicht wirklich nahe stehen, annehmen wollen, aber ich glaube, dass das sehr, sehr wenige Menschen sind und Du hier nicht mit Ablehnung rechnen musst. Es wird der Nichte sicherlich gut tun, wenigstens zu wissen, dass jemand mit ihr mitfühlt und sie sich vielleicht auch mal jemandem, nämlich Dir, anvertrauen kann.

Auch die Frage danach, ob Du Deine Nachbarin wohl mal besuchen kannst, vielleicht die Nichte auch bei einem ihrer Besuche einfach begleiten kannst, würde ich ganz einfach stellen, ohne großartig darüber nachzudenken. Ich gehe stark davon aus, dass nichts gegen Deinen Besuch spricht und niemand etwas dagegen hat. Zwar finde ich Deine Frage danach, ob nicht die Würde Deiner Nachbarin verletzt wird, wenn jemand sie so im Krankenhaus sieht, sehr anständig, aber ich glaube, dass das, was sie momentan entbehren muss, viel stärker wiegt als das, sodass sie sich sicherlich freuen wird, wenn sie sieht, dass auch Du noch an sie denkst und eben auch dieses Leid auf Dich nimmst, das mit dem Besuch bei ihr verbunden ist, wenn Du sie einfach besuchst.

Ich denke, dass es wichtig ist, dass Du diesen Besuch machst, sowohl für Dich selbst als auch für alle anderen, die im Moment ehrliche Anteilnahme brauchen. Und ich bin mir sicher, dass jeder der Beteiligten weiß, aus welchem Grund Du den Besuch überlegst und dass Dein Wunsch nach Anteilnahme mit Freude registriert wird.

Benutzeravatar

» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^