Taten und Gefühle einer Kleptomanin

vom 02.02.2011, 13:03 Uhr

Der Drang zum Klauen ist größer als die Furcht vor Entdeckung. A kann nicht widerstehen und klaut Sachen, die sie nicht braucht, die sie in ihren Schrank packt und hortet. Wenn sie die gestohlenen Dinge wegpackt, hat sie große Angst und verzweifelt wegen ihrer Tat. Sie schämt sich ganz schrecklich.

Es drängt sie dazu, etwas zu stehlen, sie muss es tun, der Drang kommt von innen, er beherrscht ihre Gedanken. Die Spannung steigt während der Tat. Dann, nach der Tat, lässt die Spannung nach und ein Gefühl der Befriedigung macht sich breit. Sie ist erleichtert. Mit der Beute in der Tasche fühlt sie sich gut und es geht ihr gut, auch wenn sie Reue spürt und sich schuldig fühlt.

Schon im Kindergarten fing sie an zu klauen. Erst waren es ein paar Pfennige und später 20 oder mehr Mark aus der Geldbörse der Mutter, Süßigkeiten und andere kleine Dinge aus Geschäften ließ sie mitgehen. Zu Hause war sie die verwöhnte Prinzessin, ein Einzelkind, dem man alles abnahm und es verwöhnte.

Als sie dann mit 15 Jahren beim stehlen ertappt wurde, regelte der Vater die Sache und für sie war alles in Ordnung. Konsequenzen gab es nicht. Ihre Manie blieb ein Geheimnis bis der spätere Ehemann die gestohlenen Sachen in dem Schrank fand. Sie war 29 als der Ehemann sich scheiden ließ, weil er damit nicht zurecht kam.

Nun machte sie endlich eine Therapie. Doch sie klaute weiter: Lebensmittel, Drogeriesachen und hochwertige Kleidung in Boutiquen. Oft wurde sie erwischt und auf Bewährung verurteilt. Das schreckte sie nicht ab. Sie klaute zwar weniger, aber der Drang war immer noch da. Die nächste Bewährunsstrafe erhielt sie im September 2010, bis sie vor Weihnachten wieder erwischt wurde. Der Leidensdruck war unerträglich geworden. Die Angst, im Gefängnis zu landen war riesengroß.

Jetzt endlich begann die Therapie zu wirken. Seit 1 1/5 Monaten hat sie nicht mehr gestohlen. Jetzt ist sie so weit, dass sie kein Geheimnis mehr aus ihrer Krankheit macht und mit den Menschen spricht, denen sie vertraut. Dazu gehört auch ihre neunjährige Tochter. Nun sucht sie eine Selbsthilfegruppe.

Bei A hat es endlich klick gemacht. Meint ihr, dass sie dem guten Vorsatz nicht mehr zu stehlen, auch weiterhin treu bleibt? Ich hoffe sehr, dass sie es schafft, vor allem deshalb, weil sie sich nun anderen Menschen anvertrauen kann. Kennt ihr jemanden, der vergleichsweise wie A ist? Wenn ja, ist es zu schaffen, diesem Drang standzuhalten?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Nun ja. Kleptomanie ist eine anerkannte psychische Erkrankung und ist im ICD 10 unter Zwangsstörungen zu finden. Das Problem bei dieser Erkrankung ist in der Tat allerdings das Verschweigen eben dieser. Viele sind sich dieser Erkrankung auch nicht wirklich bewusst. Sie haben diesen inneren Leidensdruck, klauen, beruhigen diesen Druck, klauen wieder und wissen im Grunde genommen erstmal gar nicht warum. Irgendwann kommen sie durch Recherche dahinter, dass es sich hierbei um eine Krankheit handelt, trauen sich aber nicht darüber zu sprechen, oder sich gar behandeln zu lassen, weil sie sich schämen. Das geht leider oft Jahre so dahin.

Das Ergebnis davon sind früher oder später ein ellenlanges Vorstrafenregister und unter Umständen zerbrochene Beziehungen und Ehen, weil auch der Partner mit dieser Situation überfordert ist und Unverständnis zeigt. Richter und Staatsanwaltschaft hören leider auch nicht gerne die Diagnose Kleptomanie. So bleibt nur zu hoffen das betroffene Menschen früher oder später den Mut finden, darüber zu sprechen und sich von selbst in Behandlung begeben. Letzten Endes ist dies auch ein sehr wichtiger Schritt und auch der erste Weg zur Besserung.

Nichts desto Trotz ist dies eine Erkrankung, die man womöglich nie hundert prozentig heilen können wird. Durch eine Therapie lernen die Betroffenen lediglich mit dieser Krankheit umzugehen und Strategien zu entwickeln, wie sie mit einem erneuten Schub umzugehen haben. Das heißt, es bleibt immer ein eweiger innerer Kampf der Versuchung einen Diebstahl zu begehen, zu widerstehen. Nun hängt es natürlich ganz von der inneren Stärke des Patienten ab, in Zukunft diesem Druck zu widerstehen oder Nachzugeben. Wie bei vielen anderen Erkrankungen und Süchten auch, schaffen es einige für den Rest ihres Lebens "clean" zu bleiben, andere widerum werden früher oder später Rückfällig, brauchen eine "Nachbehandlung", werden eventuell wieder Rückfällig und so weiter. Dies hängt aber von verschiedenen Faktoren ab, und wie gesagt von der betreffenden Person!

» AJK » Beiträge: 318 » Talkpoints: 23,03 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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