„Cool bleiben“ – wie schaffe ich das?

vom 23.06.2010, 20:42 Uhr

Eigentlich war ich früher einmal ein eher geduldiger Mensch, aber irgendwie ist mir meine letzte Geduld abhanden gekommen. Es gibt momentan sehr viel, bei dem es mich am liebsten zerreißen würde, wo ich mich aber immer mehr zusammennehmen muss. Mich stört aber, dass es in mir immer zu „kochen“ beginnt und das ganze an meinen Nerven zehrt. Um ehrlich zu sein, bewundere ich diese Menschen, die einfach nichts an sich ran lassen und immer „cool“ bleiben können als ob sie gewisse Dinge gar nicht gehört hätten.

Momentan geht mir vor allem die Jammerei meiner Mutter auf den Keks. Ständig fällt ihr irgendetwas anderes ein und wenn sonst nichts ist, dann zieht sie über meine Kinder her, die jetzt zwar auch nicht gerade einfach sind und mir noch zusätzliche Nerven kosten. Dann noch die Arbeit und nachts nicht viel Schlaf wegen dem Baby, rauben mir meine Kräfte.

Mich würde nun interessieren, wie ihr das macht, wenn euch wieder mal alles über den Kopf wächst? Könnt ihr einfach „cool“ bleiben oder habt ihr ein Rezept wie ihr es macht? Konntet ihr es schon immer oder habt ihr euch mit der Zeit erst ein dickeres Fell zugelegt?

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» Kruemmel » Beiträge: 1280 » Talkpoints: 62,51 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich versuche mich abzulenken mit Kinder-Hörspielen. Das hört sich vielleicht albern an, aber mir hilft es. Vielleicht mache ich auch den Fernseher an und sehe mir Zeichentricksendungen an. Also ich gehe dann zurück in meine Kindheit. Manchmal ist das aber aus der Situation raus gesehen nicht möglich.

Wenn man zum Beispiel bei einem Gespräch einen Zorn bekommt, dann zählt man am besten von 10 rückwärts und atmet tief durch. Meiner Mutter hilft es noch zusätzlich wenn sie ein Kreuzzeichen macht. Am besten ist es also immer noch aus der Situation raus zu gehen. Wenn man merkt, dass man gleich am ausrasten ist. Vielleicht auch ein Kissen gegen die Wand schleudern.

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» MoneFö » Beiträge: 2938 » Talkpoints: -3,73 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Bis vor einigen Jahren gehörte ich zu den Menschen, die häufig wütend wurden und lautstark auf Streits und dergleichen reagierten. Es bedurfte gar nicht viel, um mich aus der Ruhe zu bringen; ein Streit oder eine Person, die mich absichtlich ärgerte, reichte schon aus, damit ich in die Luft ging und dieser Person völlig entnervt und gereizt meine Meinung ins Gesicht sagte. Einige meiner Bekannten hatten sich aber inzwischen einen Spaß daraus gemacht, mich absichtlich zu ärgern, um meine Reaktion zu genießen, sie fanden meine Ausraster immer höchst amüsant. Meine Schilderung klingt jetzt so, als sei ich dauernd schreiend durch die Gegend gelaufen, aber ganz so extrem war es freilich auch nicht. Ich war nur schlichtweg leicht zu reitzen.

Irgendwann, da muss ich etwa dreizehn oder vierzehn Jahre alt gewesen sein, nahm ich mir also vor, meine schlechte Stimmung nicht mehr ganz so offensiv nach außen zu tragen. Vor allem half es mir dabei, wenn ich mir vor Augen führte, dass eine Person, die mit mir streitet, entweder ernsthaft etwas diskutieren möchte, oder diese Diskussion absichtlich provoziert, um ich auf die Palme zu bringen; in beiden Fällen wäre eine wütende Reaktion jedenfalls nicht angebracht. Mit diesem Grundsatz im Kopf fiel es mir deutlich leichter, ruhig zu bleiben, wobei es mir durchaus hilft, kurzzeitig den Raum zu verlassen und ein Gespräch später fortzusetzen. Auch das von meiner Vorrednerin erwähnte durchatmen und im Kopf rückwärts Zählen hat mir in meiner Anfangsphase sehr geholfen. Inzwischen ist es mir einfach schon in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich ruhig bleiben muss und ich komme gar nicht mehr in die Versuchung, meine Wut lautstark auszuleben. Jetzt bin ich in meinem Freundeskreis eher als „Ruhe-Pol“ bekannt.

Inzwischen mache ich beinahe zu oft den Fehler, die Wut in mich hineinzufressen. Ich reagiere äußerlich cool und entspannt, koche aber innerlich. Deswegen musste ich mir Beschäftigungen suchen, bei denen meine Wut langsam verrauchen kann, damit sie nicht doch noch aus mir herausbricht und womöglich die völlig falsche Person trifft. Um meine Ruhe wiederzufinden, greife ich auf Hörbücher zurück, mit denen ich mich auf dem Sofa entspannen kann. Am besten eignet sich bei mir seichte Literatur, beispielsweise ein Liebesroman oder eine lustige Erzählung. Alternativ neige ich dazu, meiner Wut durch lautes Singen Ausdruck zu verleihen. Ich singe leidenschaftlich gerne und es entspannt mich ungemein. Wenn ich eine halbe Stunde singend durch die Wohnung gelaufen bin, geht es mir gleich viel besser.

Ich bin aber durchaus der Meinung, dass man die Wut nicht immer unterdrücken sollte. Manchmal kann ein wirklicher Streit, nach dem man sich selbstverständlich wieder versöhnen sollte, auch etwas Befreiendes an sich haben. Die ständigen Sticheleien deiner Mutter würde ich mir beispielsweise nicht immer gefallen lassen. Da kannst du durchaus sagen und zeigen, dass dich das wütend macht. Wenn sie nicht sieht, wie sehr dich das aus der Fassung bringt, wird sie vermutlich weiterhin in ähnlicher Weise verfahren.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Also ich kann leider auch nicht immer cool bleiben, aber es gelingt mir immerhin besser mittlerweile. Ich verlasse dann gerne erst einmal die Situation (das geht natürlich nicht immer) und gehe kurz vor die Tür, atme dann erst einmal tief durch und versuche so wieder runter zu kommen, was auch meistens klappt, wenn es sich nicht um etwas handelt, was mich total erschüttert.

Manchmal kann ich auch meinen guten Freund anrufen und mich da erst einmal kurz "auskotzen" und mit ihm die Situation besprechen. Das hilft mir die Situation manchmal in einem anderen Blickwinkel zu sehen. Meistens ist dann jedenfalls dieser ganz starke Druck schon mal weg, weil ich meinem Ärger Luft machen konnte. Ich lerne bei diesem Thema auch immer noch wieder dazu, den Trick mit dem zählen kenne ich auch. Du musst halt etwas finden, was Dich bei diesem Reiz wieder etwas auf den Boden bringt, damit Du ruhiger an die Sache heran gehen kannst. Was könnte das für Dich sein?

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Also ich habe jetzt einige Zeit den Trick mit dem rückwärts Zählen probiert und muss sagen, dass er schon mehrmals geholfen hat. Allerdings habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass, wenn ich mit dem Zählen zu spät beginne, es nicht mehr klappt. Dieses Zählen wirkt dann wie ein Countdown und dann explodiere ich erst recht, aber wie ihr schon geschrieben habt, ist es auch gut manchmal alles raus zu lassen.

Momentan versuche ich generell alles etwas lockerer zu sehen, mich mehr auf meine Kinder zu konzentrieren und mich an ihnen zu freuen. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass mir das auch Kraft gibt, vor allem, wenn es um die ewigen Streitereien mit meiner Mutter geht, die sich ja auch oft um die Kids drehen.

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» Kruemmel » Beiträge: 1280 » Talkpoints: 62,51 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Vielleicht versuchst du auch einfach mal, deinen Tagesablauf etwas zu entstressen. Deine Kids sind anstrengend, gut, die kannst du nicht abschalten. Aber vielleicht gibt es ein paar Tricks die ganze Situation zu entzerren. Ich finde es gerade etwas schwierig da konkreter zu werden, weil ich dich und deine Zwerge ja nicht kenne und nicht weiß, wo es hakt, aber sehr viele Konflikte kann man von vornherein umgehen. Zeitplanung, Vermeidung gewisser Themen, Orte, etc. und ähnliches machen einem da schon vieles leichter.

Und wenn deine Mutter dich so anstrengt: Schalte doch den Kontakt einen Gang zurück. Wenn sie dich anruft und sich wieder mal über das Wetter, die Nachbarn und überhaupt die schlechte Welt beschwert, sag ihr freundlich, dass es gerade schlecht ist und du nicht kannst. Damit ersparst du dir dann zumindest den Ärger dir ihr Gejammer anzuhören. Vielleicht gibt es ja auch auf der Arbeit ein paar solcher Dinge, die du umgehen kannst um dir Ärgerei zu ersparen oder zumindest zu minimieren.

Das sind jetzt nur so ein paar Gedanken, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich manches auch einfach ersparen kann. Dann ist man weniger gestresst und in den unvermeidlichen Situationen entsprechend ruhiger, weil sich nicht alles so auftürmt. Manchmal ist es einfach der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Ein paar Tropfen weniger verhindern die Sturmflut vielleicht.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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