Biographie schreiben: Einverständnis nötig?

vom 22.03.2010, 20:56 Uhr

Die Überschrift sagt es ja schon: Wenn man eine Biograpgie über eine noch lebende Person verfasst, braucht man dann deren Einverständnis? Dass die "Hauptfigur" einer solchen Lebensbeschreibung den Autor verklagen kann, wenn er sie falsch darstellt, ist ja nichts neues. Das ist ja auch dann möglich, wenn man in der Biographie eines anderen Menschen ein Nebencharakter ist und dabei Unwahrheiten über einen verbreitet werden. Aber einmal angenommen, der Biograph hält sich an die reine Wahrheit, verfasst die Lebensgeschichte eines anderen aber ohne dessen Einverständnis oder sogar entgegen den ausdrücklichen Wunsch seines "Titelhelden". Hat dieser dann die Möglichkeit die Veröffentlichung seiner Lebensgeschichte zu unterbinden? Oder muss er das etwa so hinnehmen? Man hat ja ein Recht am eigenen Bild, gibt es auch so etwas wie das "Recht am eigenen Leben"? Oder gilt das, wie ja z.B beim Bilderrecht, für bestimmte Personengruppen, wie Promis, nur eingeschränkt?

Wir haben uns eben zufällig darüber unterhalten und stellten fest, dass da keiner so wirklich Bescheid weiß, wie es da rechtlich aussieht. Eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendwer einfach so, ohne meine Zustimmung meine Lebensgeschichte aufschreiben darf, auch wenn er die korrekt schildert. Selbiges gilt dann vermutlich auch für Filme, Hörspiele oder andere Medien über das Leben einer Person. Und wie sieht es aus, wenn der Betroffene verstirbt? Haben die Erben dann die Möglichkeit in seinem Namen auch weiterhin solche Dinge zu unterbinden oder erlischt dieses Recht mit dem Ableben? Eigentlich eine total irrelevante Frage, aber seit dem Gespräch eben geistert sie mir im Kopf herum.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Schau mal bei Amazon unter "unautorisierte Biographie" nach, da gibt es jede Menge Treffer und viele davon handeln von noch lebenden Personen, Bands, die noch im Geschäft sind und so weiter. Man hört ja auch immer wieder von mehr oder weniger prominenten Personen, deren Lebensgeschichte veröffentlicht werden soll oder schon veröffentlicht worden ist und die gerichtlich dagegen vorgehen wollen. Ich habe übrigens auch schon gehört, dass Nachfahren wegen Biographien über verstorbene Vorfahren geklagt haben.

Da das Schreiben einer unautorisierte Biographie kein Straftatbestand ist, muss derjenige, der dagegen klagen will, wahrscheinlich auch warten, bis das Buch gedruckt worden ist und er wird sich dann wahrscheinlich auch nicht auf das gesamte Buch beziehen können, sondern sich auf spezielle Aussagen im Buch beschränken. Vielleicht erinnerst du dich noch an dieses Buch von Dieter Bohlen, in dem verschiedene Aussagen, die sich auf bestimmte Leute bezogen haben geschwärzt werden mussten, während das Buch aber immer noch verkauft werden durfte. Das war nun keine Biographie über diese Personen, aber der Fall ist wahrscheinlich trotzdem vergleichbar.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


An eben jenen Herrn Bohlen dachte ich, als ich schrieb, dass man auch in anderer Leute Biographien Teile über sich schwärzen lassen kann. Denn eigentlich soll es ja vordergründig eine Autobiographi über den Dieter selbst sein, die anderen handelnden Personen, sind nur Leute die seinen Weg kreuzen. Und all diese Leute haben ja Stellen schwärzen lassen, die ihrer Aussage nach nicht zutreffen. Genauer beurteilen kann ich das nicht, weil ich das Buch nicht gelesen habe.

Aber auch hier handelt es sich eben um Promis, wenn auch eher der Liga B oder C. Auch die anderen Beispiele beziehen sich auf mehr oder weniger berühmte Menschen, Musiker, Schauspieler oder Politiker, auf die eine oder andere Weise Personen des öfffentlichen Lebens. Bei denen ist ja meines Wissens nach auch das Recht am eigenen Bild eingeschränkt. Wenn ich in der Stadt von einem Fotographen der Tageszeitung zufällig abgelichtet werde und zufällig mit nur einer oder gar keiner anderen Person alleine auf dem Bild bin, darf die Zeitung dieses Foto nicht einfach abdrucken, ohne, dass ich meine Einwilligung gebe.

Würde man aber besagten Dieter Bohlen bei uns in der Shoppingmeile antreffen und er würde fotographiert werden, dürfte die Zeitung dieses Bild auch ohne seine Zustimmung verwenden, eben weil er eine berühmte Person ist. Sofern die Pose, in der er darauf zu sehen ist, nicht als kompromittierend eingestuft wird, darf die Zeitung es benutzen. So wurde es mir jedenfalls erklärt. Wegen dieser eigentümlichen Ausnahme kann ich mir also auch gut denken, dass man über Prominente jeder Art auch munter Biographien veröffentlichen darf, nur Verleumdung ist natürlich untersagt. Das hatte ich irgendwie schon angenommen, deine Beispiele bestätigen dies ja auch.

Wie aber schaut es bei Privatpersonen aus? Kann ich, z.B. das Leben meiner Großmutter niederschreiben und veröffentlichen, auch wenn es dieser nicht passt? Natürlich immer gesetzt den Fall, das wollte überhaupt jemand lesen. Aber eben einfach mal angenommen. Darum gings es mir primär.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Prominente nehmen es meist hin, wenn eine unauthorisierte Biographie von ihnen erscheint (weil es ja für sie auch Werbung ist), an Fan-Büchern gibt es da zum Beispiel etliche, in denen auch immer Teile von Biographien stehen, allerdings kann es gut passieren, dass einer sich auf den Schlips getreten fühlt und einen Anwalt einschaltet, wenn er seine Persönlichkeitsrechte verletzt sieht. Weshalb Du auch sehr große Schwierigkeiten haben dürftest, einen Verlag dafür zu finden. Denn der Verlag ist mit dran, wenn der Autor Mist baut.

Es sei denn, die haben sich so abgesichert, dass im Vertrag eine Klausel steckt, die einwandfrei erklärt, dass der Verlag nichts mit dem Text zu tun hat und alles beim Autor landet. Und selbst dann ist das für den Verlag noch eine üble Sache. Mag dann zwar sein, dass er rechtlich nicht belangt wird, der Ruf leidet aber. Von einem solchen Autor wird man garantiert kein zweites Manuskript ankaufen.

Mal abgesehen von dem Aspekt finde ich das aber auch aus moralischen Gründen heikel. Würdest Du wollen, dass jemand ein Buch über Dich veröffentlicht? In dem Sachen stehen, die zwar wahr sind, die Du aber lieber für Dich behalten hättest oder nur engen Freunden erzählst?

Familiengeschichten - wie eben das Leben der Großmutter - haben allerdings ohnehin keine Chance auf dem Buchmarkt. Die sind nur für die Familie selbst interessant, weshalb kein verlag sie nehmen wird. Bleibt also noch BoD (Bokks on Demand), wo jeder für knapp 40 Euro Bücher drucken lassen kann.

» Morgaine » Beiträge: 2701 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich habe das auch mitnichten vor, vor allem. weil ich die moralischen Aspekte ähnlich sehe, wie Morgaine. Eine meiner Tanten hat nach dem Tod ihrer Schwiegermutter deren Tagebücher entdeckt und sie nicht nur vollständig gelesen, sondern auch munter jedem, der es hören wollte(oder auch nicht) die allerprivatesten Details über das Seelenleben dieser Frau erzählt. Das fand ich schlichtweg widerwärtig, allerdings kam bei ihr da leider so gar kein Unrechtsbewußtsein auf. Noch viel schlimmer wäre so etwas aber wohl, wenn man als Hauptfigur noch unter den Lebenden weilt. Dann kann man sich zwar aktiv zur Wehr setzen, muss aber auch mit dem Gedanken leben, dass jetzt schon jemand alles mögliche weiß. Auch über mich will meines Wissens niemand eine Biographie verfassen. Wir kamen da eben nur im Gespräch zufällig drauf und diese Frage blieb offen.

Und, dass so etwas wohl kaum jemand kaufen und darum niemand auflegen würde, ist mir auch bewußt. Das mit der Großmutter war jetzt auch nur ein Beispiel, an dem ich verdeutlichen wollte, dass es in meiner Frage nicht um das Leben von Prominenten gehen sollte. Es ging mir eben einfach darum, ob ich als Privatperson so etwas wie ein Recht an meiner eigenen Lebensgeschichte habe. Und dieses Beispiel erschien mir dafür eben ganz treffend.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Es gibt ja auch eine Menge Romane mit biographischen Hintergrund. Zum Beispiel sind sehr viele historische Romane mit tatsächlichen Personen besetzt. Entweder in Nebenrollen oder sie drehen sich eben um genau diese Person. So finden sich in der entsprechenden Buchabteilung dann Werke, die das Leben von zum Beispiel Kleopatra, Alexander dem Großen, Heinrich dem 8. und anderen mehr oder weniger bekannten Persönlichkeiten auf vielen Seiten und bis ins kleinste Detail beschreiben.

Da ist aber dennoch immer viel Fiktion bei, schon allein deshalb, weil man gar nicht alles bis ins Kleinste recherchieren könnte. Und da stört es eben keinen, wenn man schreibt, dass der vor 1000, 2000 oder mehr Jahren gelebte Herrscher mordete, hurte, mit wem alles Kinder hatte, usw. Das geht, das darf man ohne Weiteres schreiben und das wird auch gedruckt, ohne dass irgendwer Konsequenzen befürchten muss (höchstens von sich mit der Person beschäftigenden Fachleuten, wenn allzu viel dazu fantasiert wurde).

Aber bei noch lebenden oder erst seit kurzer Zeit toten Personen ist das ein ganz anderer Fall. Denn da sind dann fast immer noch Familienmitglieder übrig, die sich, wenn sie etwas stört, entsprechend gerichtlich wehren.

Da hier schon die Bücher von Dieter Bohlen erwähnt worden sind: Da liegt der Fall etwas anders. Ganz sicher war sowohl dem Verlag als auch dem Verfasser vorher klar, dass das Buch Ärger geben kann, bzw. sogar geben wird. Was man vermutlich sogar gehofft hat, denn hätte keiner der sich dort drin auf den Schlips getreten gefühlten Promis sich gerührt, wäre das Buch niemals so bekannt geworden. Das Geld, was das Buch durch diese zusätzlich Publicity eingespielt hat, wiegt die Entschädigungszahlungen und Gerichtskosten ganz sicher mehr als locker wieder auf. Das Werk war ein Bestseller, hielt sich über ich weiß nicht mehr wie viele Wochen auf den vorderen Plätzen der Bestsellerliste. Der Skandal darum war vermutlich das Beste, was dem Buch passieren konnte und weit werbewirksamer, als es sonst irgendeine Marketingkampagne hätte sein können.

So etwas funktioniert aber nicht, wenn ein unbekannter Autor über eine unbekannte Person schreibt. Dann geht das ganze vor Gericht, wenn festgestellt wird, dass wirklich die Persönlichkeitsrechte verletzt worden sind, wird es entsprechend teuer und das Buch vom Markt genommen.

Google mal nach Maxim Biller und "Esra", da gab es nämlich genau den Fall, dass sich jemand im Buch wiedererkannte und man sich heftig vor den Gerichten zankte. Hier schon mal eine Seite dazu, im Netz (besonders in Schriftstellerforen) gibt es davon noch eine ganze Menge mehr. Und der hatte nur eine Figur an seine Ex-Freundin angelehnt, keine Biographie geschrieben.

» Morgaine » Beiträge: 2701 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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