Wie Kindern erklären, dass sie nicht mehr zur Tante dürfen?

Die beiden Kinder (6 und 8 Jahre alt) meines Freundes, die dauerhaft bei uns leben, haben in den letzten Sommerferien und dieses Jahr Ostern jeweils eine Woche bei ihrer Großtante verbracht. Es ist die Tante von der leiblichen Mutter der beiden. Obwohl die Mutter sich so gut wie nicht um die beiden kümmert haben mein Freund und ich immer gesagt, dass sie den Kontakt zur Tante selbstverständlich halten dürfen, weil sie die Tante offensichtlich sehr gerne mögen.

Nach dem letzten Besuch in den Osterferien, als die beiden Kinder wieder zu uns zurück gebracht wurden, kam mir der Sohn meines Freundes etwas komisch vor: In Anwesenheit der Tante sprach er mich plötzlich mit meinem Vornamen an, obwohl er sonst immer „Mama“ oder „Mami“ zu mir sagt. Auch meinen Eltern gegenüber, die zu der Zeit gerade zu Besuch waren, war er sehr zurückhaltend – sonst immer „Oma“ und „Opa“ mit Riesen-Begrüßungsgeschrei. Anders seine sechsjährige Schwester, die mir gleich zu Beginn um den Hals fiel und laut „endlich wieder bei meiner Mami“ rief.

Vor ein paar Tage hat sich dann die Kleine „verplappert“ (Ich glaub ja nicht ganz an einen Zufall): Die Tante hat gesagt, dass sie mich nicht mehr „Mama“ und meine Eltern nicht mehr „Oma“ und „Opa“ nennen dürfen, sonst bekommen sie großen Ärger! Mein Freund hat gleich bei dieser Tante angerufen und nachgefragt, aber sie behauptet steif und fest, unsere Kleine hätte das nur erfunden und sie würde ja sowieso ständig nur lügen.

Ich habe nicht geglaubt dass das Kind lügt, deshalb habe ich am Abend nach dem Sporttraining ihren großen Bruder gefragt, was los war bei der Tante. Er hat die Geschichte seiner Schwester bestätigt und war froh, dass er nun auch endlich darüber reden kann, die Tante hatte es nämlich verboten. Sie hat wohl den Kindern versprochen, dass sie in den Sommerferien (in der ersten Woche war eine Woche Besuch geplant) dort nagelneue Fahrräder und ganz viel Spielzeug bekommen, ins Schwimmbad und in den Zoo gehen usw. – aber nur wenn sie die kompletten Sommerferien dort bleiben. Und sie hat einige Kartons Kinderkleidung besorgt. Natürlich haben bei mir sofort die Alarmglocken geklingelt und ich habe noch genauer nachgefragt. Die Tante hat den Kindern erzählt, dass die zwei großen Halbgeschwister bei ihr wohnen möchten und nach den Sommerferien zu ihr umziehen – und ob unsere beiden das nicht auch gerne möchten. Sie würde dann nämlich Geld vom Papa bekommen und das Kindergeld und davon könnte sie den Kindern viele Geschenke kaufen.

„Und was hast Du dazu gesagt?“ war meine erste Reaktion. Er hat wohl der Tante gesagt, dass er es sich überlegt und sie hat ihm einen Zettel mit ihrer Telefonnummer gegeben, er soll sie heimlich anrufen wenn wir mal einkaufen sind, sie würde dann alles vorbereiten. Mir hat er gesagt, dass er gar nicht dort hinziehen will, weil er lieber bei uns sein möchte, egal ob die großen Halbgeschwister dort wohnen wollen oder nicht. Nachfrage beim leiblichen Vater der beiden hat übrigens ergeben, dass sie die Tante noch nicht mal besuchen wollen, von „dort wohnen“ ist überhaupt keine Rede.

Für meinen Freund und mich ist klar, dass sie anscheinend geplant hat die Kinder zu sich zu holen – und klar ist auch dass das der letzte Besuch der beiden bei ihrer Tante war. Dem Großen mit seinen acht Jahren habe ich erklärt, dass wir eben kein Vertrauen mehr in die Tante haben und die Kinder deshalb nicht mehr zu ihr lassen. Er hat es locker genommen und meinte dazu nur, dass wir ja auch oft mit ihnen schwimmen und in den Zoo gehen, da braucht er nicht extra deswegen zur Tante fahren.

Nur wie sag ich es der kleinen sechsjährigen Maus, die sich auf ihr rosa Prinzessinnen-Glitzer-Fahrrad bei der Tante gefreut hatte? Sie ist noch nicht so weit, dass sie das verstehen würde. Außerdem hat sie immer ein großes Problem, wenn sie sich von jemandem abgelehnt fühlt, ich kann ihr also nicht erklären dass die Tante sie nur angelogen hat, ohne dass es ihr sehr weh tut.

Erklär es der Kleinen, das die Tante ihnen das was versprochen hat, was sie weder mit euch, noch mit den grossen Halbgeschwistern und deren Papa besprochen hat. Sprich sie hat einfach die Kinder angelogen. Damit wird die Kleine sicherlich was anfangen können.

Und auch wenn du Bedenken hast, was ich verstehen kann, Kinder verstehen manchmal besser als man ihnen zutraut. Und das Fahrrad ist doch sicherlich auch bei euch irgendwie möglich. Wenn sie es sich dann noch immer so sehr wünscht kann man da meist was machen. Und wenn es vielleicht zum Geburtstag oder so als Großgeschenk von mehreren kommt.

Hi!

In meinen Augen solltest du offen und ehrlich mit der Kleinen sein auch wenn sie am Anfang vielleicht etwas traurig sein wird. Aber so fährst du am besten mit der Situation.

Ich selber kann aus Erfahrung sprechen, mein Sohn ist selber gerade 6 Jahre alt und sehr sensibel. Er wurde schon öfters von den Eltern meines Mannes enttäuscht und war dann sehr traurig. Da war zum Beispiel einen Pullover den er sich so sehr gewünscht hat und meine Schwiegereltern meinten "Ja, wir besorgen ihn". Das ist nun schon 1 Jahr her, aber immer noch nichts. Und noch viele Kleinigkeiten gibt es die sie ihn versprochen haben und nicht gehalten haben. Darauf habe ich meinen Kleinen die Sache erklärt, das man ihnen nur die Hälfte, die sie sagen glauben kann. Und das sein Papa und ich selber das auch schon oft erlebt haben. Mein Sohn hat dies gleich verstanden und meinte noch drauf. Er habe ja auch noch andere Großeltern den könnte man ja glauben was sie sagen.

Durch diesen Vorfall und der Aussage meines Sohnes habe ich erst gemerkt wieviel Kinder in diesen Alter schon verstehen. Und das man sie unterschätzt wegen ihrem Alter.