Eine Vorlesung halten - Erfahrungen

vom 16.04.2008, 09:55 Uhr

Heute habe ich zum ersten mal 90 Minuten vor Studenten als Dozent eine Vorlesung gehalten. Und ich muss schon sagen, es ist schwerer als es eigentlich aussieht!

90 Minuten, dass heißt:
90 Minuten volle Konzentration.
90 Minuten gegen den Lärm der Studenten anreden!
90 Minuten an die Tafel schreiben (PowerPoint ist zwar schneller und leichter, leider auch mit weniger Lernerfolgen verknüpft! Im Unternehmen ist das gut, in der Bildung eher schlecht!)

Ich bin jetzt total kaputt davon, hoffe aber, dass einige den Stoff verstanden haben!

Jemand eigene Erfahrungen? Tips? ISt anders als einen kurzen Vortrag zu halten, weil man nicht nur einer von vielen ist, sondern der Verantwortliche.

» Legionen » Beiträge: 50 » Talkpoints: 0,15 »



Hallo,

ich kenne das nur aus der Rolle des Studenten und kann mir aber durchaus vorstellen, dass es so ist wie du beschrieben hast.

Wir arbeiten nur mit Powerpoint Folien, weil die Präsi damit wesentlich schneller geht und wir mehr Stoff durchbekommen. Da bei uns der Stoff auch dermaßen durchgepowert wird und inhaltlich super schwer ist, hören hier alle 500 Menschen im Hörsaal zu. Hier ist zwar keine totenstille, aber man hört allerhöchstens mal ein leises Murmeln.

Unterforderte Studenten, die denken sie brauchen nichts mitzuschreiben und könnten zu Hause soweiso alles schnell nacharbeiten, sind natürlich laut ! Vielleicht solltest Du Dir doch überlegen, auf Powerpoint umzustellen. Das Abschreiben der Folien dauert ein wenig, nebenbei muss man den Stoff aufnehmen und das Ganze wird hier Knallhart ohne Rücksicht auf Verluste durchgezogen.

Meiner Meinung nach geht es auch nur so. Nur so herrscht hier die notwendige Konzentration und Aufnahmebereitschaft - ich sehs ja in den VL, die anders strukturiert sind.

LG,H.

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» Qn » Beiträge: 1539 » Talkpoints: 7,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Hallo

Darf ich fragen, welches Fach du unterrichtest?

Ich kenne es bisher auch nur aus Studentensicht, möchte aber später auch mal an der Uni weiter arbeiten. 90 Minuten sind anstrengend, das stimmt, aber ich finde man gewöhnt sich erstaunlich schnell daran. Ein Glas Wasser darf bei mir aber nie fehlen, die Sahara ist nichts im Gegensatz zu meinem Mund nach 90 Minuten.

Ist es bei dir eine reine Vorlesung, bzw. gibt es ein Skript dazu? Wenn du ein Skript hast, dann empfehle ich Lückentexte, klingt im ersten Moment vielleicht kindisch, aber ich habe damit bisher gute Erfahrungen gesammelt, da so die anderen Studenten bisher immer gezwungen waren aufzupassen. Bisher hatte ich meistens mit meinen "Zuhörern" Glück, wobei ich es manchmal schon ätzend fand, wenn sie nicht mal versucht haben, ihr Schlafen zu verstecken.

Meine Dozenten sprechen Studenten auch immer direkt vor der versammelten Mannschaft an, wenn diese zu laut sind. Beim ersten Mal in einem ruhigen, aber bestimmten Ton. Beim zweitenmal wird dann direkt aufgefordert, den Raum zu verlassen. Das macht man aber als neuer Dozent in der Regel nicht, kann ich mir bei mir aber auch nicht vorstellen.

Du wirst sehen, dass du dich relativ schnell daran gewöhnen wirst. Stehst du die ganze Zeit? Ich lehne mich auch ganz dezent an, hinsetzen find ich nie so gut. Bei uns ist das leider in den Seminaren inzwischen so üblich.

Wie groß ist denn deine Vorlesung? Fragen über Fragen, aber ich möchte es ja auch irgendwann mal machen.

Liebe Grüße
Freya

» Freya » Beiträge: 13 » Talkpoints: 6,27 »



Ich habe bislang nur Tutorien an der Uni gegeben, was insofern günstiger ist, als dass man dort kleinere Gruppen hat und den Lärm besser eindämmen kann. Ich würde dir übrigens empfehlen, Leute die du beim Quatschen erwischst einfach direkt anzusprechen...vor versammelter Mannschaft. Den meisten ist das so peinlich, dass sie zumindest für den Rest der Sitzung den Schnabel halten. Und wenn nicht, ist es immer noch dein gutes Recht sie rauszuwerfen...nicht nur deinetwegen sondern auch wegen der paar Leute die vielleicht wirklich dort sitzen um was zu lernen und die mitgestört werden.

Als Tutorin war ich natürlich keine richtige Dozentin, sondern eben nur Kommilotonin, was dazu führte, dass einige Leute mich nicht ernst genommen haben und unvorbereitet erschienen, lautstark gequatscht haben oder auch einfach gar nicht kamen. Das habe ich dann aber schnell abgestellt, indem ich mir die entsprechenden Leute notiert habe und verlauten ließ, wer nicht kommt, seinen Kram nicht macht oder stört, gilt als fehlend und wer zweimal fehlt, dem wird der Kurs nicht angerechet. Und siehe da, plötzlich konnten sie alle mitarbeiten!

Dir auf jeden Fall noch viel Spass und lass dich nicht unterkriegen! du bekommst Routine und dann ist es weniger anstrengend!

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Was du beschreibst kenne ich irgendwo her. Ich halte auch öfters einmal Vorträge und Erste-Hilfe Kurse vor Gruppen, allerdings ist die Gruppenzahl dort nicht so groß wie in einem Unihörsaal ;) Bei mir sitzen maximal 15-20 Leute. Wobei, da muss man noch differenzieren bei mir sind die Erwachsenen Kursteilnehmer die von Firmen geschickt werden, wesentlich disziplinierter und stören schon einmal nicht durch massig unqualifizierte Kommentare wie Leute, die nur für ihren Führerschein bei mir sitzen. Ich denke schon, es macht auch mit das Alter aus und wie man einen Unterricht oder Vortrag aufeinander aufbaut. Wenn das ganze nur Stocksteif nackte Fakten und Tatsachen sind, dann nimmt auch die Konzentration schneller ab, als wenn man das ganze ein wenig lockerer Gestaltet.

Das ist aber nicht wirklich überall möglich, ich denke da nur an einen Vortag z.B. über eine schlechte Finanzsituation einer Firma, da kommt ein Witz auch nicht sonderlich gut an. Das ganze muss man dann immer abwägen aus Sinn und Nutzen und am besten ist es immer noch, wenn der Vortrag vor einer kleineren Gruppe gehalten werden kann. Denn in diesem Fall passen meistens auch die Zuhöher auf und melden sich wenn es ihnen zu laut wird, im Gegensatz zu einem vollen Unihörsaal - da wird man den Störenfried nur schwer ausmachen können als in einer Gruppe von zehn Leuten. Meiner Meinung nach bringt es nicht viel, wenn man zur Ruhe mehrfach auffordert, denn genau dann nehmen meistens die Störgeräusche noch einmal zu. Wenn es aber gar nicht mehr anders geht und schon alle Zuhörer auf dem Stuhl rutschen mit ihrem Hintern, ist eine ungeplante 5-10 Minuten Pause auch nicht immer das verkehrte oder einmal die Fenster öffnen damit die Konzentration wieder vorhanden ist, damit frische Luft in den Raum kommt und auch danach nehmen die Störgeräusche der Zuhörer wesentlich ab.

Liebe Grüße
Sorae

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Oh ja, die Erfahrung habe ich auch schon gemacht. Im Rahmen meines studentischen Hilfskraft Jobs hatte ich bereits mehrmals die Gelegenheit, meinen Professor zu "vertreten" und Seminarsitzungen in Form einer Vorlesung zu halten.

Ich habe dabei zunächst am Anfang auch mit großer Aufregung gekämpft, mir aber kurz vor Beginn versucht bewußt zu machen, dass ich selbst - als Student - nur ungern einen Dozenten vor mir habe, der aufgeregt und nervös wirkt (auch wenn das nur allzu menschlich ist...). Daher habe ich mich zunächst "geerdet": klingt jetzt vielleicht komisch, hat mir aber absolut geholfen. Und zwar habe ich mich vor Beginn versucht, durch Atmung (tief in den Bauch) zu entspannen. Dabei habe ich bewusst meine Füße auf den Boden gestellt und mir vorgestellt, wie ich mit dem Boden verwurzelt bin. Klingt wie gesagt komisch (etwas esoterisch), dennoch hat dieses Prozedere bei mir schon nach kurzer Zeit Erfolg und ich fühle mich selbstsicher und kraftvoll :-)

Ansonsten gehört auf jeden Fall eine gute und detaillierte Vorbereitung zu einem Vortrag. Ich habe dazu einen Powerpoint-Vortrag vorbereitet und mir einen sogenannten "Handzettel" mit Stichpunkten zurechtgelegt. Dieser sollte mir aber nur als Notfallhilfe zur Seite stehen, falls ich mal den Faden verlieren würde oder ähnliches. Daher habe ich es auch vermieden, ganze Sätze auf dem Zettel auszuformulieren, denn dies würde nur dazu verleiten, vom Zettel abzulesen und nicht frei zu referieren. Denn ich selbst muss sagen, dass ich nichts schlimmer finde, als einen Dozenten, der wortwörtlich von seinem Skript abliest, gähn!

Für die Studenten habe ich übrigens auch ein Hand-out vorbereitet, dieses allerdings erst nach dem Vortrag zum Sitzungsende verteilt, denn ich habe gemerkt, dass es zu viel Unruhe und Ablenkung verursacht, wenn ich dieses schon zu Beginn des Vortrags austeile. Außerdem habe ich so vermieden, nur auf gesenkte Köpfe zu schauen, die anstatt ihren Blick nach vorne zu richten, auf ihr Blatt starren...


Ebenfalls hat es sich bei mir bewährt, kleine Arbeitsgruppen zu einer bestimmten Fragestellung zu bilden, diesen eine kurze Zeit zur Verfügung zu stellen und die Ergebnisse anschließend nacheinander im Plenum präsentieren zu lassen. Eine andere Variante wäre, zwischendurch oder am Ende "Diskussionsfragen" aufzuwerfen und diese von Studenten diskutieren zu lassen. So hat man die Gelegenheit, auch mal die Studenten zu Wort kommen zu lassen und wird in seinem Redefluss entlastet :-)

Die einfachste Form für einen Vortrag bzw. für die Gestaltung einer Seminarsitzung ist es, wenn man als Dozent eine kurze thematische Einführung gibt und anschließend - nach vorheriger Absprache - eine Referatsgruppe die Stunde gestalten lässt...

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» sternenkind » Beiträge: 298 » Talkpoints: 30,19 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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