Schulen lieber digitalisieren oder renovieren?

vom 10.02.2019, 10:00 Uhr

Vergesst mal bei der Diskussion nicht, dass hier aus unterschiedlichen Töpfen Geld verteilt wird. Die Digitalisierung kommt aus Finanzmitteln des Bundes und ist enorm wichtig, wie man ja in den Phasen des Lockdowns gesehen hat. Viele Schulen nutzen nun die entsprechenden Plattformen weiterhin für die Kommunikation mit Schülern und auch Eltern.

Schulsanierungen sind Sache des Trägers. Das ist meist der Ort, wo die Schule steht. Gehen wir jetzt mal von unserer Stadt aus, so sind da allein 21 Schulen wo die Stadt verantwortlich sind. Einige sind schon komplett saniert, andere noch nicht. Auch für diese Kosten gibt es Fördergelder vom Land und erst wenn man da mal was abbekommt, kann man eine komplette Sanierung machen. Anders können das die Kommunen ja kaum finanzieren.

Meine Kinder waren in Schulen, welche zum Zeitpunkt ihrer Schuljahre noch nicht saniert waren. Aber mir waren engagierte Lehrer und auch recht kurze Wege wichtiger. Wer will schon freiwillig einem Fünftklässler zumuten morgens 5 Uhr schon aus dem Bett zu müssen, um dann erst 12 Stunden später nach Hause zu kommen, weil die Wege so weit sind?

Aber man hat auch in Zeiten von Homeschooling gesehen, dass es Lehrer gab, die sich dann wirklich durch die Technik gequält haben, um den Schülern so viel wie möglich anzubieten. Andere Lehrer haben so gut wie nichts für die Schüler gemacht und die Zeit mehr oder weniger zu Hause ausgesessen.

Also wenn wir die Schulen digitalisieren, dann müssen auch die Lehrer dazu geschult werden. Denn wenn die mit der Technik nicht arbeiten können, nützen auch die modernsten Geräte für die Schüler nichts.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Eine Freundin von mir ist Lehrerin und kommt mit dem ganzen digitalen Kram gar nicht zurecht. Sie war krankgeschrieben als digitale Tafeln eingeführt wurden und weiß nun gar nicht, wie die funktionieren. Sie benutzt sie auch nicht oder lässt sich, wenn es gar nicht anders geht, ein Dokument von einem der Schüler auf der Tafel öffnen. Normale Tafeln gibt es nicht mehr und selbst wenn ihr mal jemand die Technik kurz erklärt, kann sie sich das nicht merken, weil sie sonst gar nichts mit digitalen Geräten zu tun hat und kann das nicht anwenden.

Sie nutzt ansonsten im Unterricht Arbeitsblätter und die Schüler hätten ihr mal gesagt, sie wäre die einzige die noch Papier verwendet. Ist das nicht seltsam? Papier ist doch nichts Ausgestorbenes, wird es da nicht übertrieben, wenn die Schüler Papier-Arbeitsblätter schon ungewöhnlich finden? Und was ist mit den älteren Lehrern, die mit der Digitalisierung nicht klarkommen?

» vde » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Lehrer sollten unbedingt Fortbildungen in diesem Bereich bekommen. In jedem anderen Beruf müssen und dürfen sich die Leute auch fortbilden. Es kann doch nicht sein, dass man als Lehrer auf dem Standpunkt beharrt, dass man mit diesem neumodischen Kram nicht zurechtkommt und wenn keine normale Tafel mehr da ist, nur noch Arbeitsblätter verteilt.

Als normaler Angestellter kann man doch auch nicht weiter auf Papier arbeiten, wenn es andere Anweisungen gibt. Das hat jetzt nichts damit zu tun, ob man Papier besser findet oder nicht. Zum Lehrerberuf gehört auch die Benutzung der Medienvielfalt, zumindest die Kenntnis davon. Dann kann man immer noch mit pädagogischen Argumenten überzeugen, warum man dies oder das benutzt.

Lehrer sein ist nicht einfach und die Direktoren und das Kultusministerium machen es ihnen auch oft nicht leichter. Wenn es keine Fortbildungen im Bereich der Digitalisierung gibt und das jedem Lehrer selbst überlassen bleibt, sollte man das doch lautstark einfordern.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Lautstark einfordern? Das klingt wirklich seltsam. Sicherlich hat sie gesagt, dass sie damit nicht klar kommt und das beispielsweise der Schulleitung mitgeteilt. Da ändert sich nichts. Ich finde es schon befremdlich, dass man da gleich alles Alte abschafft. Warum kann man die neue und die alte Technik nicht parallel nutzen? Warum müssen dann die alten Tafeln gleich alle weg? Warum kann sich ein Lehrer nicht aussuchen, ob er mit einer Präsentation einer einem klassischen Kreide-Tafelbild oder einem Arbeitsblatt arbeiten möchte? Ziel ist doch, dass die Schüler am Ende was lernen und das wird auf beiden Wegen erreicht.

Das kenne ich auch aus anderen Bereichen, etwa Krankenpfleger, die nicht damit klarkommen, dass sie nun immer mehr am PC in irgendwelche Programme eintragen müssen und die das entweder dann jemand anderem überlassen oder sich zwar da durch quälen, aber denen das nie in Fleisch in Blut übergeht und die dann am PC alles nur schleichend langsam erledigen können und auf der Tastatur jede Taste einzeln suchen. Das wird dann auch nach Monaten nicht besser.

Um mit digitaler Technik klarzukommen muss man auch irgendwie damit aufgewachsen sein oder zumindest motivierter privater Anwender sein. Aber jemandem, der privat nie mit Tablet und Co. gearbeitet hat, dem wird möglicherweise auch eine Schulung nicht viel bringen, weil ganz viele Fertigkeiten, auf denen die Schulung aufbaut, auch nicht da sind. Und dann wird der Lehrer seine eigentliche Aufgabe, der Wissensvermittlung, gar nicht nachkommen können, weil er die aufgezwungenen Medien nicht nutzen kann. Dinge, die sich jemandem, der privat auch Tablets nutzt, intuitiv erschließen, versteht ja so jemand gar nicht, weil das alles wie eine fremde Welt erscheint. Ich finde, mit der Digitalisierung in den Schulen schießt man über das Ziel hinaus.

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Das hört sich doch schon viel differenzierter und lösungsorientierter an. Ich bin ja auch eher für einen Unterricht, wo die Schüler mit der Hand schreiben und den Lehrer anschauen und keine Powerpoint-Präsentationen, die die Augen ermüden. Kinder sollten zum Beispiel Experimente im Physikunterricht selber machen können und nicht nur Videos sehen. Aber trotzdem kann es eine gute Ergänzung sein, wenn man zum Beispiel virtuell durch ein Kraftwerk geführt wird und nicht nur ein uralter, nicht mehr aktueller von der Decke heruntergerollter Plan aus der Sammlung gezeigt wird, so wie es bei uns früher war.

Es stellt sich auch die Frage, was du unter Digitalisierung verstehst. Ich verstehe darunter auch, dass die Lehrer nicht ihre private E-Mail-Adresse zur Kommunikation verwenden sollten, dass Verwaltungsaufgaben effizienter werden, indem zum Beispiel Zeugnisse nicht mehr mit der Hand geschrieben werden und dass kranke Schüler oder bei Schulschließungen alle Kinder einen geeigneten Unterricht bekommen. Es gab da riesige Unterschiede zwischen den Lehrers. Manche wollten sich wirklich Mühe geben, hatten aber nicht die Technik dazu, während andere einfach per E-Mail schrieben: Seite sowieso durcharbeiten, Aufgabe sowieso rechnen. Noch nicht einmal korrigiert haben sie das.

Bei dir hat sich das so angehört, als sei das Argument: Haben wir immer so gemacht, warum etwas Neuem gegenüber aufgeschlossen sein? Und uralte Lehrer gibt es ja eigentlich nicht an den Schulen. Mit 60 Jahren ist man in meinen Augen nichts so alt, dass man das Umgehen mit neuen Medien nicht lernen kann. Es fehlt nur an Weiterbildungsangeboten.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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