Wie bewahrt man Senioren vor dem Corona-Lagerkoller?

vom 24.03.2020, 21:32 Uhr

Meine 90-jährige Oma wohnt alleine in einem großen Haus in einem Dorf und traut sich verständlicherweise gerade nicht mehr wirklich in die Öffentlichkeit. Selbst spazieren gehen möchte sie nicht mehr. Bisher kümmern sich Nachbarn sehr gerne um Einkäufe aber ich habe das Gefühl dass meine Oma fast schon in eine depressive, vereinsamte Stimmung fällt. Sie war sonst noch sehr aktiv, hat ihre Einkäufe meist selbst getätigt und war zum Beispiel noch im Landfrauenverein, Lachclub und im Kirchenchor.

Den depressiven Eindruck hat nun auch meine Tante. Sie überlegt inzwischen, ob sie nicht zu meiner Oma ziehen soll. Es wird ja normalerweise empfohlen den Kontakt zu Eltern bzw. Großeltern zu meiden. Meine Tante war allerdings die letzten zwei Wochen aufgrund einer anderen Erkrankung so gut wie kontaktlos und würde den Umzug riskieren um der Oma Gesellschaft zu leisten. Die Versorgung würden trotzdem weiterhin Nachbarn erledigen.

Ich selbst telefoniere beinahe täglich mit meiner Oma. Das ersetzt aber natürlich nicht den persönlichen Kontakt. Wie haltet ihr Großeltern bzw. Eltern bei Laune? Habt ihr Tipps gegen den Lagerkoller?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Generell würde ich ja sagen, dass jeder selber schauen muss, wie er sich beschäftigt, aber natürlich trifft die aktuelle Situation besonders die Leute hart, die sich mit den neuen Medien nicht auskennen und die zum Beispiel für Sport auf die Seniorensportgruppe angewiesen sind und nicht auf Youtube Home Workouts ausweichen können.

Von daher finde ich die Idee deiner Tante nicht schlecht. Und wenn sie vor Ort ist kann man ja zusammen eine Liste mit Dingen machen, die man in den nächsten Tagen erledigen möchte. Das muss ja nicht alles wahnsinnig produktives Zeug sein, es verbessert die Laune ja auch wenn man sich eine "würde ich gerne mal wieder essen" Liste macht und die dann abarbeitet.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Dass deine Tante zur Oma zieht, ist eine gute Idee. Es ist ja sehr unwahrschenlich, dass sie infektiös ist, wenn sie wenig Kontakte hatte. Ich glaube, die Gefahr eines Einsamkeitsgefühls haben nicht nur sehr alte Leute, sondern alle, die alleine zu Hause sind und ihre Freunde vermissen. Darunter fallen auch Studenten, die nicht nach Hause fahren können, besonders wenn sie aus dem Ausland kommen und in einer schlechten Untermietsituation leben. Ich denke nicht, dass der Kontakt über Bildschirm ein wirklicher Ersatz zum persönlichen Treffen ist.

Mich stört immer der Begriff Senioren ein wenig. Ab wann ist man Senior? Ein 60-Jähriger ist in den sozialen Medien wahrscheinlich genauso aktiv wie ein Dreißigjähriger. Du redest von hochaltrigen Leuten, die vielleicht wirklich keinen Computer bedienen können. Da helfen Telefonate mit Verwandten oder Gespräche beim Einkauf vorbeibringen, natürlich mit Abstand, oder vielleicht könnte man auch ein Senioren-Tablet verschenken, wenn man das Geld dafür hat. Wenn deine Oma noch so aktiv ist, lernt sie auch, damit umzugehen.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Deine Oma scheint jemand zu sein, der sich selber schlecht beschäftigen kann und das immer irgendwie über den Kontakt zu anderen Menschen macht, was ich auch gar nicht kritisieren will, aber nun ist das eben nicht so leicht. Normalerweise würde ich sagen, dass man Geräte nutzen kann um Videoanrufe zu machen, aber das ist in dem Alter nicht mehr möglich, wenn kein technisches Verständnis da ist.

Ich finde daher die Idee, dass die Tante zu ihr zieht am besten. Ansonsten könnte man Videos machen und der Nachbarin oder dem Nachbarn schicken, damit sie sich etwas ansehen kann, etwas Basteln und ihr vielleicht auch etwas zum Stricken oder was auch immer besorgen. Sie muss ja auch mal andere Dinge gemacht haben, für sich gemacht haben.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich dachte irgendwann in den letzten zwei Jahren auch, ich müsste meinen über 80jährigen Vater "bei Laune halten" und habe öfter mal angerufen oder vorbeigeschaut. Bis mir der gute Herr im Vertrauen gesteckt hat, dass ihn die Telefoniererei nach Feierabend eher nervt, weil gegen 18 Uhr seine Lieblingssendungen im Fernsehen kommen.

Und auch meine liebevoll gebastelte Hausmannskost oder auch mal ein Stück Kuchen aus dem Café wurde mehr oder weniger höflich hingenommen. Und es ist ja nicht so, dass ich mich selber auch daheim langweile und den Lagerkoller bekomme, sondern mit wenigen Durchhängern auch während der Seuchenzeiten gut zu tun hatte. Also dachte ich mir in meinem speziellen Fall, dass der Lagerkoller und die Vereinsamung des alten Herrn wohl nicht so schlimm sein kann, wenn es ihn nervt, mit der Tochter ein paar Worte zu telefonieren.

Wenn also jemand spontan zur Oma oder zu sonst einem Senior hin umziehen kann, um der Person Gesellschaft zu leisten, so kann sich diese Person wahrhaft glücklich schätzen, da die meisten Leute kaum ihr eigenes Leben auf den Kopf stellen können oder wollen, damit sich die Oma nicht langweilt. Für die meisten Betroffenen bleibt wohl je nach medialer Affinität das Telefon oder modernere Medien, und wenn der Kirchenchor ausfällt, ist das wohl schade, aber kaum zu vermeiden.

» Gerbera » Beiträge: 11289 » Talkpoints: 41,52 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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