Kind mit Abschiebung ins Heim drohen?

vom 17.07.2019, 15:59 Uhr

Ich kann mich an meiner Kindheit noch sehr gut erinnern und muss sagen, dass mir vieles nicht aus dem Kopf geht. Wenn wir uns im Freundeskreis unterhalten, sind viele vor allem über eine Tatsache erschrocken, dass wir teilweise bedroht wurden, und zwar damit, dass wir wenn wir nicht funktionieren ins Kinderheim müssen.

Schon sehr früh im Grundschulalter wurde mir gesagt, wenn ich frech war und das häufiger, dass wenn ich nicht lieb bin, ich bald ins Heim komme. Manchmal gab es durchaus auch eine Ohrfeige und dann kam der Satz.

Dann wurde ich älter und habe auch Quatsch gebaut. Einmal gab es ärger und ich sass in einem Schrottauto auf irgendeinem Hof und die Polizei brachte uns Kinder nach Hause. Danach hat man so getan, als wenn man beim Jugendamt angerufen hat, welches bei uns wöchentlich war und ich ins Heim soll.

Das zog natürlich als Kind wesentlich mehr als ich beispielsweise Jugendliche war. Doch ich finde im Nachhinein diese Drohung schrecklich und weiß nicht, wie man auf die Idee kommen kann, Kindern mit einem Heim zu drohen. Wie findet Ihr denn die Drohung mit dem Heim, wenn ein Kind nicht funktioniert, frech ist oder Scheiße baut? Würdet Ihr solch eine Drohung auch aussprechen oder ist diese sogar kontraproduktiv in der Kindeserziehung?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich kenne diesen Spruch auch aus meiner Kindheit. Ich habe aber nie besonders viel darauf gegeben. Habe den Spruch aber auch nicht wirklich oft zu hören bekommen. Es waren eben auch andere Zeiten. Wenn man da richtigen Mist gebaut hat, dann hat man sich auch schon mal gerne ne Ohrfeige eingefangen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich das meinen Kindern jemals gesagt habe. Aber wenn ich mich schon so schwer damit tue, mich daran zu erinnern, denke ich auch nicht, dass ich das jemals gesagt habe.

Erziehung von Kinder ist immer so eine Sache. Einen pauschalen Stil, gibt es dafür einfach nicht. Jedes Kind ist anders und jedes Kind braucht in meinen Augen dann auch eine Individuelle Erziehung. Wichtig dabei ist es, einen gesunden Mittelweg zu finden, der weder zu freundschaftlich als auch zu diktatorisch ist. Aber egal welchen Erziehungsstil mal wählt, er muss dem Kind angepasst sein. Und man sollte sich immer vor Augen halten, dass man es den Kids eh nicht recht machen kann. Ich für mich, sage mir immer, dass ich auch jung war und mist gemacht habe, für den ich dann auch Ärger bekommen habe. Warum also, sollte die Jugend heute anders sein.

Ich versuche Konflikte mit meinen Kindern immer diplomatisch zu lösen. Es hängt aber auch immer sehr stark davon ab, was sie gemacht haben. So kann es sein, dass ich für gewisse Dinge die sie gemacht haben, sogar irgendwo Verständnis habe, es kann aber ebenso gut vorkommen, dass sie dann auch eine Standpauke bekommen haben. Aber ich würde niemals damit drohen, sie in ein Heim abzuschieben. Es muss nicht, aber es kann tiefe Wunden in der Seele eines Kindes hinterlassen, wenn man sowas sagt und führt in den seltensten Fällen dazu, dass sich was bessert.

» Kodi » Beiträge: 599 » Talkpoints: 27,19 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich finde diesen Spruch ganz schlimm und kenne ihn leider auch aus meiner Kindheit. Zudem durfte ich mir anhören, dass es meinen Eltern egal wäre, ob ich einfach abhaue oder ob ich ins Heim komme. Ich muss sagen, als Kind war ich nicht wirklich so, dass dieser Satz nötig gewesen wäre. Mit den Nerven musste man wegen mir sicherlich nicht fertig sein, ich habe sogar oft geholfen und habe gehört. Einzig mein Zimmer war nicht immer ordentlich, aber das ist ja auch normal.

Ich finde solche Sätze machen schon etwas mit der Kinderseele und da sollte man aufpassen, was man sagt. Sicherlich ist man manchmal auch mal wütend und so weiter, aber dennoch ist das in meinen Augen ein absoluter No Go Satz. Er impliziert nämlich, dass es einem egal ist, was mit dem Kind ist und wie es ihm geht und das tut einfach weh.

Ich versuche immer einen guten Weg der Bestrafung zum finden, wenn etwas schiefgelaufen ist, wobei ich versuche verbal nicht zu entgleisen. So ein Satz würde mir wegen meinen Erfahrungen nie über die Lippen kommen. Ich erkläre dann eben was mich stört, was man ändern muss und dann versuche ich auch eine Lösung zu finden, mit der beide Seite leben können.

Beispielsweise kommen wir sehr gut damit klar, wenn mein Sohn einfach mal ein bisschen ausbocken geht im eigenen Zimmer. Da kann er dann auch mal auf ein Kissen hauen, wenn er wütend ist und ich habe dann auch kurz Zeit runter zu kommen. Damit kommen wir beide gut klar. Ich bin für konsequentes Verhalten, aber nicht dafür jemanden herunterzumachen oder verbal zu schädigen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich habe so einen ähnlichen Spruch auch ab und an zu hören bekommen und ich verstehe nicht, was daran irgendwie verletzend sein soll. Man ist als Kind doch nicht dumm oder auf den Kopf gefallen und merkt doch ziemlich schnell, ob die Eltern nur bluffen oder etwas ernst meinen. Wenn die Eltern immer nur "labern" und nie Konsequenzen folgen lassen, dann weiß man doch, dass das alles gelogen und nur ein Bluff ist. Warum man das dann trotzdem ernst nimmt, erschließt sich mir nicht. Das spricht in meinen Augen nicht gerade für Intelligenz bei den Kindern.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



So weit sind meine Eltern damals nie gegangen, zumal da ich ihnen wohl auch nicht geglaubt hätte. Die 1980er waren wilde Zeiten in Bezug auf Kindererziehung, aber leere Drohungen haben damals wie heute nicht verfangen.

Jedes halbwegs clevere Kind kapiert zumindest ab einem gewissen Alter, dass das mit dem Kinderheim und dem Abschieben nicht so ohne weiteres funktionieren kann. Und wenn ein Kind jung genug ist, um derartige Drohungen ernst zu nehmen und tatsächlich Angst bekommt, dass Mama und Papa es nicht mehr liebhaben und loswerden wollen - herzlichen Glückwunsch, so erzeugt man völlig verkorkste und gestörte Erwachsene, die den Kontakt abbrechen und jahrelang Therapie brauchen, um mit ihrer liebevollen Kindheit klar zu kommen.

Auch ohne Pädagogin oder Mutter zu sein gehe ich davon aus, dass es für die Entwicklung von Kindern kaum etwas fataleres gibt, als ihnen die Sicherheit eines Zuhauses zu nehmen. Und nichts anderes tun die Eltern ja, wenn sie mehr oder weniger unverblümt klar machen, dass sie ihre Kinder als Last ansehen, die sie lieber heute als morgen loswerden wollen. Und da du als Kind auf Gedeih und Verderb den Erwachsenen ausgeliefert bist, bist du natürlich am Arsch, wenn dieser Schutz wegfällt.

Von daher sehe ich bei dieser Art Drohung keinerlei pädagogischen Nutzen, aber dafür zwei mögliche Ausgänge. Entweder du machst dich als Elternteil unglaubwürdig, weil dein Kind den Bluff sofort durchschaut oder du verkorkst dein Kind im tiefsten Inneren seiner Seele. Beides klingt für mich weder effizient noch menschlich akzeptabel.

» Gerbera » Beiträge: 11289 » Talkpoints: 41,52 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich bin erstaunt, wie viele hier diesen Satz doch damals auch gehört haben. Und mich starren manche Bekannte immer an, auch meine Chefin, als sei ich von einem anderen Planeten. Ist doch schön oder zumindest etwas heftig zu lesen, dass es eben nicht so ist. Natürlich wurde mir recht schnell klar, dass dies nicht mit einer gewissen Ernsthaftigkeit behaftet ist, sondern anfänglich ein Druckmittel war und später hat man versucht, sich darauf auszuruhen.

Zumal bei mir ja der Fakt war, aufgrund sehr schwere häusliche Umstände, dass wir sowieso wöchentlich das Jugendamt schon ab dem Alter vom Kindergarten da hatten, was mich natürlich früher oder später sowieso dazu veranlasst hat, meiner Mama ihre Drohung nicht mehr zu glauben. Aber krass ist es natürlich dennoch, dass so viele diese Art von Drohung schon mal zu hören bekommen haben.

Nun ich habe heute schon des Öfteren auch im Jugendamt-Bereich gehört, was das in Kindern auslöst und es geht da auch um Angst etwas zu verlieren. Die Angst das zu Hause und die Eltern zu verlieren. Viele verbinden das Heim ja doch in der Tat mit dem Verlust von Eltern ( auch wenn das nicht immer direkt der Fall ist ) und eben das vertraute Umfeld. Das habe ich jetzt schon häufiger gesehen und auch schon Menschen/Kinder die verletzt deswegen waren.

Ich glaube auch aus rein pädagogischer Sicht, dass dies ein ganz falscher Ansatz ist. Solch eine Drohung zieht wenn auch sowieso nur zu Beginn und dann ist gut. Ich kenne sogar ein Kind, was dann freiwillig ins Heim gegangen ist. Da waren natürlich dann auch andere Faktoren der Grund, aber diesem ging auch die Drohung auf den Sack und hat dann beim Jugendamt alles in Bewegung gesetzt, da raus zu kommen.

Ich finde diese Drohung gerade zu Beginn einer Kindheit, da ich teilweise ja noch im Kindergarten und Grundschulalter war gemein. Zumal ich eh als Kind immer Angst hatte, dass ich vom Jugendamt weggenommen werde, weil mein Erzeuger uns das Leben zur Hölle gemacht hat, meine Mama dann ihr Leben nicht richtig im Griff bekommen hatte. Da kam bei mir persönlich diese Drohung ganz zu Beginn gar nicht gut an. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie bitterlich ich geweint habe.

Denn auch wenn das drumherum daheim schrecklich war und es auch daheim nicht so „bilderbuch liebend“ gewesen ist. Wollte ich da natürlich nicht weg. Ich erinnere mich da also noch sehr gut daran und finde bis heute, dass solche Drohungen ein Undingen sind. Aber auch aus pädagogischer Sicht sehr sinnlos sind.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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