"Food Sharing" - kostenloses Essen?

vom 29.03.2017, 16:01 Uhr

Neulich erzählte mir eine Freundin, die Veganerin ist und jetzt nach Berlin gezogen ist, dass sie an einem sog. Programm namens "Food Sharing" teilnimmt, um im Wesentlichen kostenlos an Essen zu kommen, dass auf ihren veganen Lebensstil zugeschnitten ist.

Das Konzept sieht wohl so aus: Freiwillige mieten eine Halle oder zumindest einen kleinen Lagerraum an. Dann wird das Projekt über Werbung etc. verkündet. Dann nehmen nach und nach immer mehr Menschen teil, indem sie Lebensmittel, die sie nicht mehr brauchen, dort einlagern. So sammeln sich dort Lebensmittel, die noch genießbar sind, aber beim ursprünglichen Eigentümer keine Verwendung finden konnte, weil er z.B. eine Feier absagen musste, zu viel gekauft hat oder aus Versehen etwas falsches gekauft hatte.

Dieses gelagerte Essen kann dann von interessierten umsonst (!!!) abgeholt werden. Jeder kann sich dort so viel nehmen, wie er braucht. Das System lebt also so ein bisschen von sozialem Verhalten. Es ist nicht direkt vergleichbar mit "Der Tafel". Es ist mehr so ein erweiterter Freundeskreis, der kostenlos miteinander sein Essen teilt.

Was haltet ihr davon? Habt ihr davon schon mal gehört? Oder habt ihr sogar schon selbst beim "Food Sharing" mitgemacht? Wenn ja, wie hat es euch gefallen? Sind die Lebensmittel da wirklich genießbar oder seid ihr schon sprichwörtlich auf einen "faulen Apfel" gestoßen?

» Mr. Law » Beiträge: 365 » Talkpoints: 25,43 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich würde es ja nicht kostenloses Essen nennen, sondern der Verschwendung her nehmen. Das Konzept was du beschreibst ist eine Möglichkeit des "Food Sharing". Gibt allerdings noch paar andere: Auf der Internetseite foodsharing.de kann man das ganze digital machen und jeder kann sich kostenlos anmelden und Mitglied werden.

Jeder der was zu verteilen hat, kann einen digitalen Warenkorb erstellen und in veröffentlichen. Dieses wird dann auf einer digitalen Karten dargestellt und Leute können ihr Interesse bekunden. Nach Vereinbarung von Übergabeort und Uhrzeit werden die Lebensmittel übergeben. Zusätzlich findet man auf der Seite Standorte von sogenannten "Fair - Teiler", das sind Orte wo Regal oder Kühlschränke stehen. Dort können Lebensmittel hingebracht oder abgeholt werden.

Eine andere Möglichkeit ist die Nutzung von sozialen Medien. Dort gibt es extra Gruppen, die Lebensmittel verteilen, die nicht benötigt oder kurz vorm ablaufen sind. Quasi das gleiche wie auf der vorher genannten Internetseite aber mit mehr Eigenorganisation. Ich finde die Idee des "Food Sharing" sehr gut, da wir doch in einer Wegwerfgesellschaft leben. So werden halt gute Lebensmittel vor dem Müll gerettet. Habe die Zahlen gerade nicht im Kopf, aber glaube 1/4 der produzierten Lebensmittel landet auf dem Müll.

Selbst habe ich nicht dran genommen, da ich selten was wegwerfe, habe meistens aber auch nix zu hause. Aber wenn ich in den Urlaub fahre verteile ich ab und an Lebensmittel unter meinen Bekannten. Auch eine Art des "Food Sharing".

» Zuf4ll » Beiträge: 2 » Talkpoints: 0,64 »


Was läuft denn bei denen falsch? Einerseits wunder wie vegan und umweltbewusst, und andererseits braucht man einen ganzen Lagerraum für die Lebensmittel, die man versehentlich zu viel gekauft hat. Das erscheint mir selbst für einen ganzen Freundeskreis schon reichlich üppig, und ich finde, dass man hier nicht unbedingt an der richtigen Stelle der Lebensmittelverschwendung (die ich übrigens auch nicht gut heiße) den Kampf ansagt. Ich würde eben gleich etwas straffer kalkulieren und weniger kaufen.

Und falls dann doch etwas übrig bleibt, gibt es, wie meine Vorschreiber schon erwähnt haben, etliche Möglichkeiten des Food Sharings, die etwas organisierter ablaufen. Ich hätte bei einem derartigen System eher die Befürchtung, dass manche weniger attraktive Lebensmittel solange zum "Wanderpokal" werden, bis sie doch mal jemand entnervt wegschmeißt. Und so verschwendet man eher noch mehr Zeit und Energie.

Bei den Möglichkeiten der Social Media bin ich nicht so firm, aber bei uns auf dem Lande betreibt man beispielsweise im Sommer gerne "Johannisbeeren Sharing" oder das allseits beliebte "Zucchini Sharing", weil die Dinger jeder anbaut, und sämtliche Nachbarn damit beliefert, damit ja nichts auf den Kompost wandert. Auch Körbe mit Quitten oder Birnen und einem Schild "zum Mitnehmen" habe ich schon gesehen.

Und bei mir in der Arbeit wird das vom Mittagessen übrige Essen eingefroren und an eine Suppenküche für obdachlose Menschen gespendet, die beispielsweise auch einen Teil der beim Oktoberfest übrig gebliebenen Hax'n und Hend'l bekommt. Ich finde es sehr positiv, dass sich "Food Sharing", oder wie immer man es nennen mag, immer mehr ausbreitet.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich finde das Ganze eine sehr gute Idee. Schließlich wird in Deutschland wahnsinnig viel Essen weggeworfen, dass noch genießbar wäre. Das ist ökologisch und ökonomisch einfach eine Riesen Sauerei. Deswegen finde ich Programme wo Food Sharing wirklich sinnvoll. Ob man direkt eine Lagerhalle anmieten muss weiß ich nicht, das wäre mir dann schon wieder zu viel Aufwand. Ich würde das Ganze möglichst einfach und praktisch halten.

Inzwischen gibt es ja in den meisten größeren Städten Food Saver beziehungsweise Food Sharing Communities. Diese haben auch oft eine eigene Facebook Seite über die man sich austauschen kann. Dort wird dann das Essen direkt angeboten und ein Austausch vereinbart.

» sugar-pumpkin » Beiträge: 661 » Talkpoints: 67,64 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich hab das eine Woche lang testweise einmal ausprobiert, um zu schauen, wie weit man damit kommt. Bei uns in der Gegend sind es vor allem Bäckereien, die auf diesem Wege Unmengen an Lebensmitteln nicht entsorgen, sondern für die Food Sharing-Verteiler bereitstellen. Baguettes und Brötchen in allen Variationen gibt es täglich. Zwar ist es keine alte Ware, aber leider dann schon etwas trocken. Ich habe mich beim Laugengebäck bedient und Bretzeln daheim in der Mikrowelle aufgewärmt, damit sie wieder warm und weich sind.

Wie frisch aufgebacken, sage ich euch. Gelegentlich gibt es auch süße Teilchen, also sowas wie Mohnschnecken, Erdbeer-Vanille-Plunder und Apfelkrapfen. Einmal fand ich auch je eine große Kiste mit Äpfeln und Bananen vor, die wohl von einem Supermarkt wegen kleiner Makel aussortiert wurden.Ein Tag lag eine üppige Menge Ingwer in einem Korb, der wirklich einwandtfrei war (und ja auch nicht gerade günstig ist, wenn man ihn kauft). Aber auch abgepackte Ware mit dem tagesaktuellen MHD-Datum habe ich gesehen (Knäckebrot und Corny-Riegel). Da ich es kurz nach Ostern gemacht habe, gab es natürlich auch - man kann es erwarten - einige Paletten mit hartgekochten, bunten Eier.

Ansonsten: Salatmix-Tüten, Kohlrabi, Brokkoli, Petersilie-Bündchen usw. man konnte so zwar nie ein vollständiges Gericht mit den Errungenschaften kochen und man musste immer etwas drumherum improvisieren, aber konnte täglich etwa 30% beim Essenseinkauf sparen. Allerdings lag der Verteilerpunkt auch nicht wirklich auf meinen täglichen Wegen und man wusste nie, zu welcher Uhrzeit man fündig wird. Manchmal war es morgens voll und abends leergeräumt, manchmal umgekehrt. Auf Dauer wäre es wohl nichts für mich, weil man sich eben extrem nach dem richten muss, was man findet. Und ich bin auch kein Mensch, der täglich Brötchen essen will und das war eben das einzige, was es immer im Überfluss gab.

Das Besondere ist ja, dass man sich nicht wie ein Bedürftiger fühlt (auch wenn das am Ende des Monats auf manche Studenten durchaus zutrifft), sondern wie jemand, der wirklich Lebensmittel "rettet" und ein bisschen Kritik übt, an den unglaublichen Mengen der Wegwerfgesellschaft, dem Konsumwahnsinn.

» Casablanca » Beiträge: 45 » Talkpoints: 15,05 »


Ich befürworte jede Maßnahme, die dafür sorgt, dass weniger Lebensmittel verschwendet werden. Wenn ich die Zahlen lese finde ich es immer wieder erschreckend wie leichtsinnig wir mit Ressourcen umgehen weil wir inzwischen so verwöhnt sind, dass wir jede Art von Lebensmittel jederzeit zur Verfügung haben wollen.

Ich habe eine App über die man übrig gebliebene Gerichte, Backwaren und andere verarbeitete Lebensmittel zu einem geringen Preis kaufen kann, also die Sachen, die die meisten Tafeln nicht als Spenden akzeptieren. Ich finde es völlig in Ordnung dafür etwas zu bezahlen, denn das Angebot ist mehr als reichlich und der Preis ist wirklich gut.

Die besten Angebote gibt es bei Sushi Restaurants und Restaurants, die ein Buffet haben. Da bekommt man meistens eine große Box und kann die mit allem füllen, was man möchte. Für 5 Euro bekommt man in der Regel Sushi, das locker für zwei Leute reicht. Bäckereien sind hingegen eher Glückssache.

Ich habe mal einen Gutschein gekauft weil ich Brötchen zum Abendessen und für Semmelknödel am kommenden Wochenende haben wollte, denn Brötchen gibt es eigentlich immer. An dem Tag habe ich dann aber eine Schachtel mit Käsekuchen und eine große Tüte mit Weckmännern in die Hand gedrückt bekommen. Super Angebot für 2,50 Euro, aber nicht das, was ich wollte.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Aus eigener Erfahrung stehe ich Food Sharing gegenüber durchweg positiv. In meiner Stadt gibt es eine Facebook-Gruppe, in die jedes Mitglied schreiben kann. So habe ich neulich zum Beispiel Essen von einem riesigen Buffet mitnehmen können. Das wäre ansonsten weggeschmissen worden, was natürlich viel zu schade gewesen wäre. Es werden auch oft Dinge reingestellt, die man zu viel gekauft hat, die nicht schmecken oder wo man sich beim Kochen in der Menge verschätzt hat. Also generell engagieren sich die Leute auch als Food Saver, so nennen sie sich auch oftmals, was ja auch der Wahrheit entspricht.

Es müssen auch keine angemieteten Lagerhallen sein. Auf foodsharing.de finde sich eine Vielzahl von Fairteilern. Das sind Kühlschranke oder Regale, die an öffentlich begehbaren aber doch geschützten Orten zu finden sind. So zum Beispiel das Bürgerzentrum, die Feuerwache oder auch ein Café. Das setzt nur voraus, dass sich freiwillige um die Ordnung und Sauberkeit kümmern. Jeder kann dort Lebensmittel hinbringen und mitnehmen. Erfahrungsgemäß sind allerdings die meisten Befüller Geschäfte, vermehrt Bioläden, die ihre nicht verkaufte Ware dort anbieten. Achte beim nächsten Einkaufen mal auf Schilder an den Glastüren der Supermärkte. Unser Edeka macht zum Beispiel auch mit. Es gibt dann immer einmal die Woche ganz viel Sushi zu holen.

Alles in allem also eine wirklich super Sache! Man muss nur teilweise schauen was man nimmt und von wem. Erst kürzlich gab es eine Meldung aus Berlin von vergifteten Lebensmitteln in öffentlichen Schränken. Ich habe auch einmal gesehen wie ein Obdachloser sich an Brot und Brötchen bediente, alles anfasste und umsortierte. Die Hälfte landete dann am Boden. Auch war seine Tasche irgendwann zu voll, sodass er dann die Brote aus seiner Tasche nahm und nach besseren Stücken sortierte.

» teatiger » Beiträge: 30 » Talkpoints: 3,01 »



Von solchen Aktionen habe ich auch schon gehört, aber selber noch nicht bei solchen Dingen mitgemacht. Trotzdem finde ich es gut, weil es ja nicht primär darum geht, anderen Menschen kostenloses Essen zur Verfügung zu stellen, auch wenn das sicher ein netter Nebeneffekt ist. Vor allem aber geht es doch darum, dass kein Essen verschwendet wird, was noch gut genießbar wäre. Und dafür finde ich solche Dinge sehr wichtig.

» Barbara Ann » Beiträge: 28933 » Talkpoints: 56,80 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


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