E-Tretroller auf Gehwegen zulassen?

vom 07.05.2019, 15:51 Uhr

Seit ein paar Wochen wird über die Nutzung von Gehwegen auch für Tretroller, die elektrisch betrieben werden, diskutiert. Wie man den neuesten Pressemeldungen entnehmen kann, hat sich Verkehrsminister Scheuer mittlerweile von seinem ursprünglichen Vorstoß wieder distanziert, die Nutzung von Gehwegen durch derartige fahrbare Untersätze zuzulassen.

Meine Frage geht nun dahin, welche Meinungen Ihr zu diesem Thema habt. Wird durch Verwendung von E-Scootern tatsächlich ein Beitrag zur Entlastung des Verkehrs geleistet, oder findet nur eine Verlagerung der bestehenden Probleme zu Lasten der schwächeren Verkehrsteilnehmer statt?

» Gorgen_ » Beiträge: 1045 » Talkpoints: 370,47 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich fand die Idee eigentlich spannend - zumal sie in anderen Ländern eigentlich ganz gut zu funktionieren scheint. Wäre sehr geneigt, mir so ein Teilchen in den Kofferraum zu legen. Aber hier wird einem der Spaß ja schon vorab genommen, weil wieder bis ins kleinste reguliert werden muss. Was habe ich von so einem Scooter, wenn ich völlig eingeschränkt werde, wo ich fahren kann. Das ist noch schlimmer dann als Radfahren. Da ist man auch Verkehrsteilnehmer unterster Schublade.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Soweit ich das neuesten Medienberichten entnehmen kann, ist mittlerweile die offizielle Diskussion so weit gediehen, dass erwogen wird, die mit Fahrverboten auf Gehwegen belegte umstrittene 12-km/h-Fahrzeugklasse ganz aufzugeben. Es soll also generelle Zulassungen geben, so dass mit derartigen fahrbaren Untersätzen ab Tempo 20 km/h auf Radwegen gefahren werden kann. Die Hersteller brauchen also nicht um ihre Tuning-Sets für Aufhebung der künstlich gedrosselten Leistung bei den E-Scootern zu bangen, sofern derartige technische Probleme bei der Klassenzuordnung zu erwarten wären.

Hier möchte ich gerne etwas ausholen. Da die Idee dahintersteckt, Leute vom Auto weg zu umweltverträglicheren Fahrzeugen hin zu bewegen, kann sie wohl von jedem rein vom Prinzip her für gut geheißen werden. Wenn es erlaubt ist, möchte ich wieder den Blick über die Landesgrenze hinweg lenken. Wie sind Erfahrungen mit dem Zweiradverkehr in den als "Radfahrerparadies" gepriesenen Niederlanden?

Es muss leider durchaus mit Fug und Recht auch ein wenig das allzu positive Bild ein paar Macken bekommen dürfen. Mir sind nämlich ältere Niederländische Pressemitteilungen bekannt, bei denen den Behörden etwa siebzigtausend bis achtzigtausend Verkehrsverstöße von Radfahrern, mit oder ohne schwerwiegendere Folgen, gefährliche Begegnungen zwischen Radfahrern und Fußgängern, Radfahrern untereinander, sowie Radfahrern und Kraftfahrzeugen bekannt geworden sind. Dabei ist die Dunkelziffer erfahrungsgemäß noch höher anzusetzen, weil nicht jede Bagatelle zur Anzeige kommt.

Dieser Negativtrend wird auch von den Niederländern selber dokumentiert. Wenn man das Video ansieht, reicht wohl die Vorstellungskraft auch des neutralen Beobachters aus, wohin eine allzu liberale Verkehrspolitik führen kann. "...Überfüllte Radwege führen zunehmend zu unsozialem Fahrverhalten. Dies ist nicht nur ein Problem für Autofahrer, auch Radfahrer sind nicht gut aufeinander zu sprechen. Der Interessenverband "Fietsersbond" wird immer häufiger von Radfahrern angerufen, die sich über ihre Mit(rad)fahrer beklagen..."

Wenn man nur auf die Vernunft im Verkehr hofft, wird man aller Wahrscheinlichkeit ziemlich schnell eines Besseren belehrt. Auch wenn man den Deutschen in diesem Zusammenhang gelegentlich einen Hang zu übermäßiger Bürokratisierung nachsagt, funktioniert es ohne klare Regelungen nicht.

» Gorgen_ » Beiträge: 1045 » Talkpoints: 370,47 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Es ist leider ein toter Link unter "Video" im Beitrag oben entstanden. Es kommt die Meldung "Sorry niet gevonden", der Provider hat den Beitrag wohl vom Netz genommen. Wenn es erlaubt ist, möchte ich hier einmal versuchen, mit Worten auszudrücken, was da zu sehen ist. Es sind bestimmte Passagen zusammengeschnitten, die einmal einen relativ breiten Fahrradweg im Zentrum Amsterdams zeigen.

Dort sieht man ein Moped, das sich durchschlängelt und Radfahrer mit höherer Geschwindigkeit an Fußgängern vorbeifahren, Rotfüchse an Straßenbahnkreuzung und Beinahekollisionen mit Auto-Abbieger. Dann das Abbiegechaos an der Kreuzung auf dem Radweg, denn die Radfahrer bleiben ja nicht diszipliniert hintereinander an der Ampel stehen, sondern kämpfen quasi um die Pole-Position.

Ferner noch die breiteren Fahrräder mit Kinderwagenaufbau, wo ein entgegenkommender Radfahrer in letzter Sekunde gerade noch ausweichen kann. Und so weiter. Die Interviews der Passanten und der Chefin des Radfahrer-Interessenverbandes haben durchweg den Tenor, dass auch ihnen das Ganze so langsam zu viel wird.

Um noch etwas zu dem Fahrverbot auf Gehwegen in Deutschland zu sagen, es ist wohl auch deswegen zustande gekommen, weil etwas Wichtiges noch nicht erwähnt wurde: Einige Gehwege sind in derartig schlechtem Zustand, dass man mit den kleinen Rädern der E-Scooter leicht in Rillen und Unebenheiten durch Astwurzeln und Frostaufbrüche hängen bleiben kann.

Wenn die Herstellerlobby schon derartigen Druck auf die Politiker ausübt, möglichst noch im Sommer ein Gesetz durchzubringen, dann sollten diese erst einmal darauf drängen, dass für einen einwandfreien Zustand der Verkehrsräume Sorge getragen wird.

» Gorgen_ » Beiträge: 1045 » Talkpoints: 370,47 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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