Kann eine schlechte Kindheit Zwangsstörungen auslösen?

Ich habe vorhin "Doppelter Einsatz" auf RTLPlus geschaut. Eine Serie, die ich damals schon sehr gerne gesehen habe. Dort waren zwei Kinder, die von ihrer Mama schlecht bis eher gar nicht beachtet wurden. Sie mussten jedesmal zu hören, wie ihre Mama Sex mit anderen Männern hatten.

Während der eine Junge einfach alles ignorierte und sich später ein eigenes Leben aufbaute, war der andere schwieriger. Er hat schon während der Geschehnisse der Kindheit immer am zählen und zählen. Er hat sich dieses "Zählen" bis zum Alter festgehalten.

Das heißt, er hat sich ausgerechnet, wie viele Zigaretten pro Tag geraucht werden, was das pro Woche, pro Stunde, pro Jahr usw. machen würden. Das galt für viele Lebenslagen und wehe man brachte ihn durcheinander, dann wurde seine Zwangsstörung zur Aggression, um das störende Objekt zur Ruhe zu bringen.

Nun weiß ich durch viele Berichte, dass solche Zwangsstörungen durchaus auch in den Kindheiten liegen können. Sei es durch Schläge der Eltern usw. Doch ich bin immer so erstaunt, wie so etwas letzten Endes passiert und am Ende aus einer Zwangsstörung durchaus auch Schlimmeres passieren kann.

Auch wird ja vor Gericht immer wieder die "Kindheitskarte" gespielt und das wird strafrechtlich berücksichtigt. Doch kann man wirklich immer seine Kindheit für eine Zwangsstörung verantwortlich machen? Geht das wirklich? Es gibt ja immerhin genug Kinder, denen schlechtes widerfahren ist und die keine Störung haben oder?

Meiner Meinung nach kann eine schlimme Kindheit, die geprägt ist durch Gewalt, Traumata und fehlenden Bezugspersonen sowie (psychische und physische) Vernachlässigung durchaus psychische Schäden nach sich ziehen. Aber wie sich das explizit äußern wird, kann ja so kein Laie vorhersehen, das wird denke ich mal nur ein Psychologe genau sagen und diagnostizieren können.

In meinen Augen ist aber unbestritten, dass psychische Fehlentwicklungen passieren, aber ob sich das jetzt darin äußert, dass das Kind später Depressionen entwickelt oder Zwangsstörungen, kann ich nicht sagen.

Nur weil einem Kind etwas schlechtes widerfahren ist, muss sich der erlittene Schaden nicht immer in einer Zwangsstörung wie dieser hier äußern. Auch mangelndes Selbstbewusstsein, das nichts zutrauen, Schüchternheit, Verklemmtheit oder das meiden von sozialen Kontakten ist eine Form, aber sicherlich keine Zwangsstörung bei der man zählt, was alles entgangen ist.

Die Folgen sind bei jedem halt unterschiedlich und kommen auch daher, dass wir alle ein wenig anders ticken im Kopf. Der eine versucht sich abzulenken und es nicht an sich heran zu lassen, ein anderer beginnt zu zählen und andere entwickeln nach einem sexuellen Kontakt einen Waschzwang und können damit nicht mehr aufhören, weil sie meinen das "schlechte" abwaschen zu können.

Unmöglich ist es nicht, aber ich würde auch nicht soweit gehen das dieser Fall hier häufig vorkommt. Eher sind die Schäden doch in eine andere Richtung hin ausgeprägt oder es bestehen verschiedene Verbindungen zwischen dem heutigen Handeln und den Erlebnissen in der Kindheit.

Ich denke, dass zwänge auf jeden Fall durch eine schlechte Kindheit entstehen können, aber kein Muss sind. Jeder bewältigt das anders, jeder nimmt anderes aus solchen Erfahrungen heraus und ein dauerhafter Zustand muss dabei auch nichts sein. Ich denke, dass es schon viel Schaden anrichten kann, wenn man eine schlechte Kindheit hatte, aber es muss nicht nur in einer Zwangsstörung enden.

Beispielsweise war ich total schüchtern, konnte nicht auf Menschen zugehen und habe mir nichts zugetraut. Das habe ich aber mittlerweile hinter mir und kann nun auch mit Menschen, die in ähnlicher Weise mit mir umgehen auch anders umgehen.