Trauer über Facebook bekanntmachen

vom 09.06.2014, 06:52 Uhr

Mittlerweile hat ja fast jeder Mensch Facebook. Ob das jetzt etwas Gutes ist oder nicht, möchte ich nicht beurteilen. Ich selber bin nicht mehr so oft auf Facebook unterwegs, da ich finde, dass sich das ganze Geposte sehr lächerlich entwickelt hat. Es wird über Alles irgendetwas gepostet, geteilt und Kommentare geschrieben und oft denke ich mir nur: ''Warum?''

Genau so ging es mir heute Morgen auch. Gestern Nacht ist ein Jugendlicher gestorben, der aus der gleichen Region komme, in der ich momentan lebe. Sehr viele meiner Freunde kannten diesen Jungen und hatten Kontakt mit ihm. Ich persönlich kannte den Jungen nicht. Ich kann es ja verstehen, wenn man traurig ist und vielleicht auch verwirrt ist oder Ähnliches. Es ist nicht einfach, einen Mensch zu verlieren und ich wünsche niemanden solche Schmerzen. Trotzdem finde ich es sehr unnötig, wenn man unendlich lange Texte auf Facebook schreibt, Bildern von Kerzen postet und so weiter. Was genau bringt das? Man hat den Schmerz geteilt? Dann soll man doch einfach zu der Familie gehen, ein paar tröstende Wörter finden und mit der Familie zusammen trauern. Das ist auf jeden Fall hilfreicher, als irgendwelchen Leuten in Facebook darüber zu schreiben und dafür auch noch Likes zu bekommen.

Wie denkt ihr über dieses Thema? Kennt ihr die von mir beschriebene Situation? Findet ihr, dass ich überreagiere oder ist meine Denkweise völlig legitim?

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» turkeyboii » Beiträge: 601 » Talkpoints: 3,94 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Facebook ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ist es dazu da, um Aufmerksamkeit zu erhalten, oder auch Unterstützung, wie jetzt z.B.. Auf der anderen Seite ist es aber auch ein Medium, das falsch genutzt wird, wenn Beiträge über einen bestimmten Kreis hinaus gepostet werden.

Niemand weiß, ob der verstorbene Mensch, oder gar seine Familie, so ein Aufsehen darum haben möchten. Sie stehen in diesem Moment im Rampenlicht und wirklich jeder weiß, was los ist. Was ist aber, wenn sie alleine trauern möchten? Das ist so eine Sache, wo ich sage: "Wem etwas SELBST passiert ist, der soll es posten, aber bitte nicht einfach drauflos posten, selbst wenn ihr auch direkt betroffen seid, weil eine Freundschaft bestand!"

Das Internet wird leider immer einfacher, so dass kaum noch einer etwas hinterfragt, wenn etwas gepostet wird. Es wird schnell geliked, wobei ich das bei Beiträgen über Verstorbene dann ggf. schon makaber finde. Zudem wird auch nicht mehr im Allgemeinen nachgefragt, ob das so korrekt ist, was ich da mache und tue. Es wird einfach gemacht, weil wir es ja nun alle machen/können.

Ich habe das alles schon selber mitgemacht. Als meine Mutter gestorben ist, habe ich dies gepostet, aber nicht ausgeschlachtet, wie es viele machen. Ein Posting und das war es auch.
Als eine gute Freundin ein paar Monate später starb, wurde auf vielen Facebookprofilen auch so viel darüber geschrieben, gepostet, etc. Da habe ich mich aber zurückgehalten, da ich nicht wusste, was die Familie davon hält.

Facebook ist aber leider zu einem Kanal geworden, wo viel geliked werden muss, um auch eine Art Befriedigung und Anerkennung zu erhalten, oder sich im Moment der Trauer nicht alleine zu fühlen. Durch die Seiten, die immer mehr Bildchen mit Weisheiten posten, gibt es eine Menge Kram, der geteilt werden kann, wodurch einige es übertreiben. Denn plötzlich gibt es tausende Bildchen mit Texten, die so passend waren. Ob der Verstorbene das aber so wollte, hinterfragt in dem Moment niemand. Hauptsache, es wird gezeigt, wie dolle er von der postenden Person doch gemocht wurde. Je mehr Bildchen, desto doller, als andere!

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» DocMichi » Beiträge: 667 » Talkpoints: 3,51 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich finde du reagierst überhaupt nicht über. Auf Facebook seine Trauer zu teilen, finde ich absolut daneben.

Solch eine Situation kenne ich leider. Es handelt sich um einen guten Freund, der verstorben ist. Ich stand die ganze Zeit der Familie bei und habe sie in ihrer Trauer gestützt, weil es ein Schock für alle war, da er von einem auf den anderen Tag nicht mehr da war.

Nach kurzer Zeit kamen die ersten Posts auf Facebook mit Bildern von ihm und Kommentaren, wie traurig doch alle seien. Das hat auf Dauer nicht nur mich, sondern auf die Familie sehr geärgert. Viele die dort schrieben und Fotos einstellten, hatten, als er noch lebte, kaum Kontakt zu ihm. Manche waren sogar verstritten. Ich finde es auch eine Frechheit, wenn solche Personen sich dann das Recht heraus nehmen Kommentare abzugeben, oder erzählen, wie sehr sie doch trauern würden und wie leid es ihnen täte. Sowas braucht man einfach nicht.

Leider wurde sein Profil bis heute nicht gelöscht, weil die Familie seine Zugangsdaten nicht kennt und der Support anscheinend nichts unternommen hat, um das Profil zu löschen.

Ich finde es mehr als fragwürdig sich über diese Art und Weise in Trauer zu wähnen und dies öffentlich breit zu treten. Da hätte eine Trauerkarte, der Besuch der Beerdigung, oder der Gang auf den Friedhof, doch eindeutig mehr Courage gezeigt.

» scorpion24 » Beiträge: 207 » Talkpoints: 4,32 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Facebook ist ja leider ein Anlaufpunkt für alles und jeden. Man kann sich jetzt darüber streiten, ob so etwas sein muss oder nicht. Man muss es jedoch so sehen: Wenn es der Person, die es gepostet hat, ein klein wenig hilft den Schmerz zu ertragen oder lindern, dann sollen sie es halt auf diese Art und Weise machen. Man selbst kann ja den Post einfach "überlesen" oder ihn ausblenden. Dann ist auch schon wieder Ruhe. So generell bin ich auch gegen solche Postings, aber wenn doch mal einer auftritt, dann sehe ich da auch drüber hinweg. Es bringt ja nichts jetzt noch einen Streit mit der Person zu beginnen, da man der Meinung ist, dass dies unnötig ist.

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» Zohan » Beiträge: 4398 » Talkpoints: 16,33 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ich finde so ein Verhalten gerade auf Facebook total unangebracht. Mittlerweile wird ja fast alles über Facebook mitgeteilt, sodass jede Nachricht über Freude, Trauer, Liebesbeteuerungen oder ähnliches schon einen inflationären Charakter hat. Ich würde es also nicht Ernst nehmen, wenn jemand bei Facebook sein Beileid bekundet und finde es von daher auch total unpersönlich und total unpassend.

Facebook ist meiner Meinung nach nur dazu da, sich selbst zu inszenieren und im bestmöglichen Licht dazustellen. Wenn ich beispielsweise ein Beleidsbekundung poste, sehen das gefühlte 200 Freunde und deren Freunde und alle haben eine viel bessere Meinung von mir als wenn ich das nicht posten würde. So sieht man nämlich Anteilnahme. Ich halte davon wie gesagt nichts, ich würde die persönliche Variante vorziehen.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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