Führungen in Justizvollzugsanstalten möglich?

Dank Uli Hoeneß machen sich viele Deutsche Gedanken um das Leben in Justizvollzugsanstalten. Wobei die Gemüter hier sicherlich gespalten sein dürften. Eine Bekannte von mir vergöttert Uli Hoeneß regelrecht. Ich kann das zwar so gar nicht nachvollziehen, aber lasse sie eben machen.

Nun überlegt sich meine Bekannte aber gerade, ob es Möglichkeiten gibt eine Führung in einer Justizvollzugsanstalt zu machen. Einfach um mal zu sehen, wie die Gefangenen dort leben. Ich vermute allerdings eher, dass sie romantischen Mädchenträumen nach jagt und versuchen will, Uli Hoeneß eine Möglichkeit zum Ausbruch zu geben und sie wird bei einer solchen Führung wohl eher die Fluchtmöglichkeiten sondieren.

Gibt es überhaupt die Möglichkeit einer Führung in einer Justizvollzugsanstalt? Wie läuft eine solche Führung ab? Hat man dabei eventuell die Möglichkeit Inhaftierte zu sehen?

Ich habe vor zwei Jahren eine Führung in einer ehemaligen JVA gemacht. Die Gefängnisse die noch mit Häftlingen quasi betrieben werden, sind aber tabu. Da dürfen ja in Dresden nicht mal die Halter von Autos rein, wenn sie ihr Fahrzeug dort in der Werkstatt reparieren lassen. Das ist aus Sicherheitsgründen gar nicht möglich, dass man dort einfach so Führungen veranstaltet. Nicht umsonst darf man Inhaftierte ja auch nur um Besucherraum sehen.

Aber du hast soweit recht, dass es nicht romantisch in einem Gefängnis aussieht. Wenn auch bei uns ein früheres Schloss entsprechend um- und ausgebaut wurde. Da ließen sich dann doch teilweise tolle Fotomotive finden.

Führungen durch Haftanstalten wären nicht nur sicherheitstechnisch bedenklich, sondern auch menschenverachtend. Die Häftlinge würden dort vorgeführt wie in einem Zoo. Das einzige, was Schulen oft veranstalten, sind Führungen in Polizeistationen, wo auch die Zellen gezeigt werden, wo man kurzzeitig festgehalten wird, aber natürlich nur in leerem Zustand.

Neu gebaute Gefängnisse werden oft zur Besichtigung frei gegeben bevor sie in Betrieb genommen werden und ehemalige Gefängnisse kann man manchmal auch ganz offiziell besichtigen. Spontan fällt mir in Deutschland das ehemalige Stasi Gefängnis in Hohenschönhausen ein. Ich selber war schon in Alcatraz und ich habe schon in einem alten Gefängnis Fotos gemacht, bevor das Gebäude komplett entkernt und umgebaut wurde. Ich finde Abbruchhäuser immer spannend, die haben eine ganze eigene Ästhetik, und in dem Fall war das natürlich auch ein Stück Stadtgeschichte, deshalb habe ich die Gelegenheit wahr genommen.

In den USA ist es wohl teilweise tatsächlich üblich, dass privat betriebene Gefängnisse Geld mit Führungen machen. Ich habe mal einen Bericht im Fernsehen gesehen, wo eine Gruppe zum Gefangenen-Begaffen durch einen Korridor geführt wurde. Das hatte schon was von Zoo. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas in Deutschland legal wäre und mit der Menschenwürde vereinbart werden könnte.

Die Tatsache, dass jemand denkt als Besucher eine Fluchtmöglichkeit aus einem Gefängnis finden zu können, finde ich wirklich lustig. Wenn das möglich wäre hätte doch wohl jeder, der da Monate oder gar Jahre einsitzt, diese Möglichkeit auch schon entdeckt und das Gefängnis wäre längst leer.

Schulklassen können auch so Führungen in Gefängnissen bekommen. Vor vielen, Jahren, als ich noch zur Schule ging, sind wir an einem Tag mit unserer Rechtskunde AG in die nächstgelegene JVA gefahren.

Dort wurde uns von einem der Justizvollzugsbeamten alles erklärt und später wurden wir durch den Zellentrakt geführt. Da ist nichts gefährliches oder menschenverachtendes dran. Die Häftlinge sitzen die meiste Zeit am Tag in ihren Zellen. Während dieser Zeit wurden wir dort durchgeführt. Man guckt aber selbstverständlich nicht in die Zellen hinein.

Ansonsten weiß ich, dass besagte JVA auch im letzten Jahr einen "Tag der offenen Tür" angeboten hat. Der Andrang war so groß, dass gar nicht alle Interessenten das Gefängnis besuchen konnten. Organisiert war das dann so, dass der Freigang für die Häftlinge schon früh am Morgen stattfand und später dann die Führungen durch die Anstalt. Ich kann mir vorstellen, dass auch andere Haftanstalten in Deutschland so etwas von Zeit zu Zeit anbieten.

Ich finde Führungen durch Haftanstalten auch nicht gerade prickeln. Jedenfalls, wenn sie nur der Schaulust dienen. Sicherlich haben es viele verdient, dort einzusitzen, aber ich denke, dass das Absitzen der Strafe schon schlimm genug ist.

Anders sieht es vielleicht aus, wenn diese Führung irgendwelchen pädagogischen Zwecken dient. Wenn zum Beispiel Jugendliche sich mal anschauen müssen, was passieren kann, wenn man auf die schiefe Bahn gerät. Aber wenn man so etwas durchführen möchte, sollte man vielleicht vorher die Insassen einmal fragen, ob sie das wollen. Akzeptabel wäre sicherlich auch, wenn ein Fernsehteam in eine Anstalt geht um eine Dokumentation zu machen unter Einbeziehung der Häftlinge. So, dass sie erstens damit einverstanden sind und zweitens auch ihre Meinung abgeben können in Interviews.

Eine Führung allerdings, die lediglich der Neugierde normaler Bürger dient, würde ich prinzipiell allerdings ablehnen. Man stelle sich mal vor, da sitzen Männer teilweise über Jahre und plötzlich kommen da irgendwelche Frauen an. Ob das so toll für die Insassen ist, wage ich zu bezweifeln.

So etwas bieten manche JVA an den Tagen der offenen Türen an. Dabei wird aber auch dann nur der Trakt gezeigt der gerade nicht belegt ist. Belegte Zellen oder gar der direkte Kontakt mit den Insassen ist Sicherheitstechnisch nicht zulässig und das sollte auch klar sein.

Einzelführungen gibt es immer mal wieder z.B. wenn ein Jugendlicher so viel Dreck am Stecken hat und die nächste Maßnahme dann das Gefängnis wäre. Dort wird er dann herum geführt und auch einmal eingesperrt, damit er schon einmal einen Eindruck bekommen kann wie sich das anfühlt. Von einer Gruppe und aus reiner Neugier ist dabei aber nicht die Sprache und so etwas kann auch das Jugendamt veranlassen.