Wird die Bildung besser oder schlechter?

vom 26.04.2018, 00:04 Uhr

Bildung ist ein Thema bei dem allen mitreden können. Jeder war in der Schule, jeder hatte eine gewisse Anzahl an Fächern, Lehrern und Erfahrungen damit. Und somit auch jeder eine Meinung dazu, egal ob der Hauptschlussabschluss abgebrochen hat oder auf einem Elitegymnasium Preise abgesahnt hat.

Werden die Schule und die Bildung besser? Unsere Kinder haben mehr Zugang zu Informationen. Aber zugleich natürlich auch weniger Notwendigkeit, Dinge auswendig zu lernen. Warum den Aufbau des Bundestags lernen, wenn man doch auf Wikipedia nachsehen kann.

Wozu Kopfrechnen wenn jedes Smartphone einen Taschenrechner hat? Warum Vokabeln lernen wenn Google-Translate zumindest sinngemäß eine halbwegs korrekte Übersetzung liefert? Lernt man in Gruppenarbeiten Teamfähigkeit oder eher das Faulsein? Wird die Bildung eurer Meinung nach besser oder schlechter?

» ANDi27 » Beiträge: 293 » Talkpoints: 0,10 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich finde deinen Beitrag wahnsinnig interessant. Erst heute saß ich mit unserem Schulleiter und eine Journalist anlässlich unseres bevorstehenden Schuljubiläums zusammen. Dort wurde u.a. genau darüber gesprochen. Natürlich haben die Schüler heute Zugriff auf allerlei Informationen. Man sollte sich aber fragen: Reichen Informationen allein aus? Was nützt es mir, wenn ich den Aufbau des Bundestags im Internet nachschauen kann, wenn ich nicht begreife, was der Bundestag überhaupt macht?

Natürlich ist reines Faktenwissen nicht das Ziel. Zumindest sollte es das nicht sein. Wie soll ein Schüler z.B. verstehen wie es zum Zweiten Weltkrieg gekommen ist, wenn er die Verbindungen nicht versteht? Die Schüler müssen lernen Dinge zu verstehen, nicht Dinge zu wissen. Sie müssen lernen, dass sie auch mal ihre Frustrationsgrenze hinter sich lassen müssen, Dinge zu hinterfragen. Immerhin sollen sie ja an der Gesellschaft teilhaben können.

Ich habe jetzt bereits einige Male mit der jeweiligen 9. Jahrgangsstufe das Themengebiet der Energiegewinnung fernab der Schulbücher bearbeitet. Jedes Mal finde ich es interessant, was die Schüler daraus machen. Dabei sollen sie erst in Gruppen eine Präsentation über eine gewählte Art der Energiegewinnung erarbeiten und vorstellen. Am Ende der Reihe nimmt dann stellvertretend für jede Gruppe ein Schüler an einer klasseninternen "Podiumsdiskussion" teil. Das ist für mich der spannendste Teil. Immer wieder haben die Schüler dabei einige Aha-Effekte, denn bis dato kam der Strom für sie immer aus der Steckdose.

Aber dann zu sehen und vor Augen geführt zu bekommen woher die Energie für ihre Smartphones kommt, wie "schmutzig" diese Energie oftmals ist, dass erstaunt sie immer wieder. In einer abschließenden Stellungnahme, die jeder Schüler schreiben soll, schreiben viele, die die Aufgabe ernst nehmen, dass ihnen bewusst geworden ist, dass die Energiewende für die Umwelt gut ist. Sie setzen sich dann aber auch kritisch mit den Kosten für die Energiewende auseinander. Und genau das ist es, was die Schüler meiner Meinung nach lernen müssen. Sich kritisch mit Dingen auseinander zu setzen, sie zu hinterfragen und selbst einen Teil zur Gesellschaft beizutragen.

Der Grund, warum die Schüler meiner Meinung nach aber immer weniger verstehen, ist ihre fehlende Motivation. Von allen Seiten bekommen sie aufgetischt dass alles, was sie in der Schule lernen, unnütz ist. Dass es sich nicht lohnen würde sich anzustrengen. Also die mangelnde Arbeitsbereitschaft. Immer wieder bekomme ich zu hören: "Warum soll ich mich anstrengen? Eine vier reicht mir doch."

» pejosh » Beiträge: 19 » Talkpoints: 10,08 »


Zu meiner Schulzeit gab es noch kein Internet und Mobiltelefone waren so groß wie Aktenkoffer und nur für sehr Wohlhabende finanzierbar. :D Aber stures Auswendiglernen war schon bei meinen Lehrern, die zu einem nicht unerheblichen Teil vor dem Krieg geboren worden waren, verpönt.

Ich kann beispielsweise in Geschichte kaum ein Datum nennen und war immer Klassenbeste. Denn, das galt auch in anderen Fächern, Zusammenhänge zu verstehen und Quellen zu beurteilen, das war viel wichtiger als Faktenwissen. Bei uns hieß es immer: Ihr müsst nicht alles wissen, ihr müsst wissen, wo es steht.

Wer Daten und Fakten brav gelernt hatte, kam damit auf eine Vier. Mehr war nicht drin. Wer dagegen Zusammenhänge und Ursache und Wirkung erkennen und erklären konnte, die Qualität von Quellen einordnen und verschiedene Sichtweisen einnehmen konnte, der kam auch ohne viele Fakten zu sehr guten Noten.

Ein gewisses Basiswissen vorausgesetzt, reicht das schließlich vollkommen, um in der Ausbildung, dem Studium, dem Leben und dem Beruf zurechtzukommen. Zu wissen, wie man lernt, wie man Probleme löst und wie man sich eine fundierte Meinung bildet, ist doch wertvoller als Faktenwissen. Das kann man sich immer aneignen oder eben nachlesen. Das ging ohne Internet auch schon. Da hat sich nicht viel geändert.

Allerdings hat und damals auch niemand erzählt, dass wir den Stoff später noch brauchen. Wir haben immer gehört, dass wir genug Einblick in die verschiedenen Fächer bekommen sollen, um uns informiert für einen Studiengang entscheiden zu können und dort dann die Basics so weit beherrschen, dass uns das erste Semester nicht stressen zu müssen. Ansonsten sollten wir nur unabhängig denken und genug geistige Reife für ein verantwortungsbewusstes Leben erlangen. Es war klar, dass wir viel nie mehr brauchen und ganz viel nur lernen, um Lernen und Denken zu lernen.

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Täglicher Einsatz von Taschenrechnern war schon in meiner Schulzeit im letzten Jahrtausend an der Tagesordnung und schulisch so gewollt, vieles kann man ja gar nicht im Kopf ausrechen und braucht die Spezialfunktionen. Und was heute Translator und Wikipedia sein mögen, waren früher Wörterbücher, Lexika und die Schulbücher. Nur weil sich die Medien geändert haben, wo die gespeicherten Inhalte einsehbar sind, heißt das doch noch nicht, dass man bei einer Klausur sein Smartphone zücken und mal eben googlen kann, wo genau Britisch-Togoland war oder wann Bismarck lebte.

Dementsprechend muss man sicher heute wie auch früher die wichtigsten Sachen als Grundgerüst immer noch auswendig lernen. Um sie teilweise, genau wie vor zwanzig oder dreißig Jahren auch, schnell wieder zu vergessen. Ich glaube nicht, dass die schulische Bildung und die Lernziele gerade in vielen Kernfächern heute soviel anders ist als früher, wobei ich jetzt auch gar nicht weiß, was mit diesem "früher" eigentlich gemeint ist. Früher im Sinne von 1992 oder 1888, als es nicht allen Kindern vorbehalten war, zur Schule zu gehen?

Vermutlich meinst du früher im Abgleich mit deiner eigenen Schulzeit, aber das kann ich nur mutmaßen. Das für mich umstrittenste Konzept und die stärkste Änderung ist das "Lesen durch Schreiben", wo die Kinder so schreiben können und sollen, wie sie es wollen und hören und die korrekte Rechtschreibung erst später lernen. Für mich ist das der falsche Weg.

» Verbena » Beiträge: 4780 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



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