Wann kann von Ausbeutung der Arbeitskraft die Rede sein?

vom 06.11.2017, 09:35 Uhr

Ich bin vor kurzem auf eine Diskussion in einem anderen Forum aufmerksam geworden. Dort wurde diskutiert, wann "Ausbeutung" von Menschen denn anfangen würden. Denn wenn jetzt beispielsweise Firma A Menschen in Polen oder Rumänien beschäftigt, weil das Lohnniveau in diesen Ländern niedriger ist als hier, ob dies schon als Ausbeutung zu werten wäre.

Einige User waren der Ansicht, dass es doch keine Ausbeutung wäre, wenn man die Arbeitskräfte für ihre Arbeit eben entlohnen würde. Andere User sahen das jedoch anders und waren der Ansicht, dass Arbeitskräfte im Kapitalismus grundsätzlich ausgebeutet würden. Wie denkt ihr darüber? Wann kann konkret von einer Ausbeutung die Rede sein und warum? Wo zieht ihr die Grenze?

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Also ich kenne das gut aus der Baubranche. Wenn ich heutzutage auf eine Baustelle komme, findet man kaum mehr Deutsche. Es ist halt so geworden, dass es andere Länder in der EU gibt, in denen das Lohnniveau günstiger ist als bei uns.

Ich persönlich finde es grenzwertig, denn oft leben diese Menschen wochenlang in Wohncontainern auf der Baustelle. Aber der Verdienst ist für deren Verhältnisse gut, sonst würden sie ja nicht zu uns kommen, um zu arbeiten. Auch sind diese Menschen fleißig und beschweren sich nicht. Ich habe manchmal den Eindruck, das andere einfach mit dem zufrieden sind was sie haben und wir nur immer mehr wollen.

» Bassaufdreher » Beiträge: 393 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich bin sicher, die verschleppten Zwangsarbeiterinnen im Zweiten Weltkrieg waren auch "fleißig und beschwerten sich nicht" über ihr Sklavendasein. Die Alternative wäre nur noch viel schrecklicher gewesen, wenn die 17jährige Ludmila aus der Ukraine nicht ohne Lohn geschuftet hätte wie ein Pferd und brav gehorcht hätte.

Und die für kleines Geld importierten Arbeiter aus Billiglohnländern müssen zwar nicht mehr um ihr Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit fürchten, wenn sie sich beschweren und nicht fleißig arbeiten, aber die Alternative ist auch in diesen Fällen Armut für sie und ihre Familien. Schlimmstenfalls werden sie an die Luft gesetzt und stranden ohne Geld und Unterkunft in Deutschland.

Ich bin auch der Meinung, dass der Kapitalismus auf der Ausbeutung von Arbeitskräften basiert. Die breite Masse der Bevölkerung bekommt gerade genug Schmerzensgeld zugesteckt, dass es fürs Leben reicht, wenn sie sich brav das Kreuz bricht, solange es irgendwie geht. Und wozu? Um einige wenige Reiche noch reicher zu machen.

Dazu kommt für Frauen noch die meistens unbezahlte Sorge- und Pflegearbeit, die sie oft genug in die Teilzeitfalle und in Verlängerung in die Altersarmut drängt, wenn es heißt: So, Sie haben es gewagt, Kinder zu bekommen und diese auch aufwachsen zu sehen? Und dann noch ihre Eltern und Schwiegereltern gepflegt, als sie alt wurden, weil Oma und Opa nicht ins Heim wollten? Und nebenbei noch im Tierheim ausgeholfen? Aber wenn die Herren Aldi, Lidl, Rossmann und Audi daraus keinen Profit schlagen können, zählt es leider nicht als Arbeit. Natürlich ist das Ausbeutung, was denn sonst?

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^