Wann findet ihr Triggerwarnungen bei Büchern wichtig?

vom 02.06.2020, 15:03 Uhr

Bei einigen Büchern findet man Triggerwarnungen vorne, bevor das Buch richtig losgeht, bei einigen habe ich sie auch schon hinten im Buch gesehen. Ich habe schon einige solcher Bücher gelesen und oft hatten Bücher dann von schwierigen Themen wie Misshandlung, psychischen Krankheiten, Missbrauch und so etwas gehandelt.

Mich hatten solche Triggerwarnungen noch nie davon abgehalten so etwas zu lesen, wobei ich es aber grundsätzlich gut finde, wenn da so etwas dabei steht. Findet ihr Triggerwarnungen in Büchern wichtig und wenn ja, bei welchen? Hat euch so etwas schon einmal davon abgehalten, ein bestimmtes Buch zu lesen?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Ich wusste bis jetzt gar nicht, dass es so etwas auch bei Büchern gibt. Ich kenne das nur von amerikanischen Filmen. Da kann es ja durchaus sinnvoll sein, andererseits weiß man ja vorher, um was es grob geht. Bei Büchern sehe ich den Sinn nicht so ganz ein, man wird ja im Gegensatz zu Filmen nicht damit ohne Vorwarnung konfrontiert. Man kann das Buch noch rechtzeitig weglegen, wenn sich etwas anbahnt, was einen verstören könnte.

Die Amerikaner sind da meiner Meinung nach ein bisschen übervorsichtig. Die Warnungen nehmen dann irgendwann die Hälfte des Buches ein. Man könnte vor so vielem warnen: Wenn Kinder dieses Buch lesen, könnten sie falsche Moralvorstellungen bekommen. Wenn Sie dieses Buch lesen, könnten ihre religiösen Gefühle verletzt werden. Dieser Krimi könnte Sie zum Nachahmen inspirieren. Eine Liebesszene könnte ihr Schamgefühl verletzten. Die Erwähnung eines Generals könnte ihre Großmutter an eine schreckliche Szene aus dem Zweiten Weltkrieg erinnern. Die Beschreibung des kleinen Mädchens könnte sie an einen verstorbenen Angehörigen erinnern. Und so weiter und sofort.

Ich halte nicht viel davon. Die traumatischen Erfahrungen sind doch zu vielfältig, als das man vor allen warnen kann. Ertrinken, mit dem Fahrstuhl abstürzen, Ersticken, vom Vater misshandelt werden, zuschauen müssen, wie ein Tier geschlachtet wird, einem Brand gerade noch davongekommen zu sein, ein schlimmer Autounfall, bei dem Angehörige ums Leben gekommen sind. Hunderte traumatische Erlebnisse könnte man aufzählen.

Bevor man ein Buch liest, macht man sich doch im Normalfall vorher ein Bild davon und liest es erst gar nicht, wenn man pornografische Inhalte nicht mag oder es einem bei grausamen Szenen schlecht wird. Bei einem Stephen King weiß man auch, dass man vielleicht Angstgefühle vor dem Einschlafen bekommt. Dazu braucht es keine Triggerwarnung im Buch.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich habe schon einige Bücher gelesen, bei denen Triggerwarnungen durchaus gerechtfertigt gewesen wären. Aber Trigger können so unterschiedlich wie Tag und Nacht sein und die Person, die sich auf ein Buch einlässt, liest ja hoffentlich zunächst den Klappentext und recherchiert gegebenenfalls.

Ich habe mir zu Weihnachten ein Buch gewünscht, welches eine Vergewaltigung aus Täter- und Opfersicht darstellt. Dort wäre eine Triggerwarnung angebracht gewesen, aber ich habe mich freiwillig darauf eingelassen. Und ehrlich gesagt, ich fand das Buch nicht so schlimm, wie ich damals dachte. Und das obwohl ich auch zu den Opfern gehöre.

Dafür saß ich nach einem recht harmlosen Liebesroman wie versteinert da. Keine Ahnung, was mich dort erwischt hat, aber es ist scheinbar eine Szene aufgetreten, die mich an etwas "Altes", "Böses" erinnert hat und ich konnte den restlichen Tag nicht mehr klar denken.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12546 » Talkpoints: 0,94 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich finde eine Warnung vor gewalttätigen oder explizit sexuellen Handlungen in Büchern eher sinnvoll, um die Zielgruppe zu definieren und sehr junge Leser vor nicht altersgerechten Inhalten zu schützen. Zwar kann man das in der heutigen Zeit durch die weitestgehend freie Zugänglichkeit sämtlicher Medien (insbesondere des Internets) gar nicht mehr wirkungsvoll verhindern, aber man kann zumindest bei der Auswahl von Schullektüren und Buchgeschenken unangenehme Überraschungen vermeiden.

Allerdings tue ich mich schwer mit dem Begriff „Triggerwarnung“, denn bei einer posttraumatischen Belastungsstörung ist keineswegs nur das Kerntrauma an sich in der Lage, Wiedererleben und starke Emotionen hervorzurufen, sondern jegliche kleine Details, die ein Opfer mit dem Ereignis in Verbindung bringt. Das kann eine bestimmte Landschaft, ein beteiligter Gegenstand, ja sogar ein Kleidungsstück einer bestimmten Farbe sein. Es ist schlichtweg unmöglich, sämtliche Trigger auszuschließen, und eine Bezeichnung wie diese suggeriert für mich somit ein falsches Gefühl von Sicherheit.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Mir ist noch keine "Triggerwarnung" untergekommen, wobei ich aber auch schwerpunktmäßig recht harmlosen Kram lese. Generell bin ich mir wie so oft unschlüssig, ob und inwiefern Warnungen zum Inhalt von Büchern sinnvoll sind bzw. eher eine Form der indirekten Zensur darstellen. Allerdings kann ich von mir auch glücklicherweise sagen, dass ich keine Traumata erlebt habe, die durch Darstellungen in den Medien verschlimmert werden können, also habe ich eher leicht reden.

Beispielsweise könnte man der Leserschaft ja auch zutrauen, aus dem Genre und dem Klappentext schließen zu können, ob sie sich die Lektüre zumuten oder doch lieber etwas Entspannenderes wählen. Bei Krimis und Thrillern (für die ich eindeutig zu zimperlich bin), ist es in meinen Augen offensichtlich, dass es da rau zugeht, und auch im Bereich YA wird oft wenig beschönigt oder ausgelassen. Aber normalerweise sind Klappentexte und Inhaltsangaben so gewählt, dass man beurteilen kann, ob es um eine harmlose Schülergeschichte handelt oder "Irma wird von ihrem Vater regelmäßig missbraucht!"

Außerdem stellt sich auch die Frage, wo man die Grenze zieht. In meinen Augen ist es durchaus auch Aufgabe der Literatur, gerade auch für junge Leute, unangenehme Themen altersgerecht aufzubereiten und auch ihre Lebenswirklichkeit aufzugreifen. Von daher wäre ich beispielsweise sehr skeptisch, wenn bei jeder Sex- oder Gewaltszene in Jugendliteratur gleich der erhobene Zeigefinger kommt, weil man dann schnell wieder bei "Prinzessin Lillifee und die rosa Glitzerponys" landet, während Literatur durchaus mehr sein kann als seichteste, harmloseste Unterhaltung.

Und normalerweise kann man aus der Aufmachung eines Buches durchaus auch schließen, ob "sehr junge" LeserInnen damit vielleicht überfordert werden. Der Mainstream-Buchmarkt ist schon so gestaltet, dass Schockszenen in Kinderbüchern auch ohne Triggerwarnung zu vermeiden sind.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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