Von Sauberkeit erzählen und dennoch ist es dreckig

vom 01.10.2015, 21:43 Uhr

A ist Hausfrau und erzählt gerne davon, wie viel sie doch zu putzen hat und was ihr das für eine Arbeit machen würde. Sie erzählt es immer so, als hätte sie einen Putzfimmel und würde den ganzen Tag nur sauber machen. Bei einem Besuch bei A stellt man dann aber schnell fest, dass das nur eine Lüge zu sein scheint, denn es ist alles andere als sauber bei ihr. Habt ihr das schon mal erlebt? Wie würdet ihr dann reagieren?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich hatte auch mal so eine Nachbarin. Der Mann hat gearbeitet und die Frau war zu Hause. Jedesmal wenn ich sie getroffen habe, hat sie mir erzählt, dass sie heute dieses oder jenes putzen möchte und das sie Rückenschmerzen hat, weil sie sich beim Putze immer so gebückt halten muss.

Bei ihr daheim sah es aber fatal aus. Noch nicht einmal die Teppiche waren vernünftig verlegt und es gab keine Leisten. Es gab Flecken auf den Teppichen und auf allen Möbeln und Tischflächen. Ich war wirklich angeekelt. Ich konnte dann auch nicht verstehen, warum sie behauptet dauernd zu putzen.

Menschen haben aber eben unterschiedliche Standards. Möglicherweise war es bei der Frau zu Hause noch viel dreckiger, als sie ein Kind war. Deswegen empfindet sie ihr jetziges zu Hause als sauber und hat den Eindruck, dass sie viel dafür tut. Spätestens beim Besuch in anderen Wohnungen, sollte ihr aber eigentlich auffallen, was Sache ist.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Um in unserer Gesellschaft Anerkennung zu finden, gehört es sich in der Regel, dauernd in irgendeiner Form beschäftigt zu sein und anderen davon zu erzählen. Entweder man ist vom Job gestresst, oder die Kinder machen ach so viel Arbeit, oder der Haushalt bringt einen an die Grenze der Leistungsfähigkeit. Wer so etwas von sich behauptet, gehört quasi "dazu", weil sich die meisten Menschen ähnlich darstellen.

Wenn man dagegen offen zugibt, dass man die meiste Zeit faulenzt, fernsieht oder sich sonst wie ein schönes Leben macht, wird man schnell nicht ernst genommen, belächelt oder sogar angefeindet. Manche Leute haben auch körperliche oder psychische Probleme und sind selbst mit dem "Nur-Hausfrauen-Dasein" schnell überfordert, was sie aber aus oben genannten Gründen nicht zugeben wollen. Oder sie haben einfach nie richtig gelernt, wie man putzt oder Hausarbeiten erledigt.

Ich habe auch schon unterschiedliche Hygienezustände in Wohnungen erlebt und die dazugehörigen Bewohner haben auch durch die Bank strikt behauptet, vor lauter Putzen kaum noch zum Durchschnaufen zu kommen. Solange keine Kinder vernachlässigt werden oder ein Ungezieferproblem entsteht, würde ich mich aber nicht einmischen und anderen Leuten Vorschriften zum Thema Sauberkeit machen. So tipptopp sieht es bei mir daheim auch nicht immer aus.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich kenne diese Verhaltensweise von so einigen Menschen. Wenn ich mir das so durch den Kopf gehen lasse, dann scheinen sich diese Menschen aufzuwerten, indem sie vorgeben, ständig beschäftigt zu sein, um so auch die Anerkennung von den anderen zu bekommen, wie viel die arme doch tun muss. Schließlich bekommt man dieses Mitgefühl und die Anerkennung nicht unbedingt, wenn man erzählt, wie beschäftigt man ist, weil man ständig sein Profil auf Facebook durchsehen muss, mit Teilen von Beiträgen fast schon überfordert ist und ansonsten mit seinem Smartphone spielt.

Manche blockieren sich auch einfach im Kopf, wenn sie die gesamte Liste mit den zu erledigenden Aufgaben erstellt haben, dass sie schon davon so geschafft sind, dass sie im Endeffekt nichts erledigt bekommen. Diese Personen können dann natürlich auch nur davon erzählen, was sie vorhaben, den sie werden nicht erzählen, dass sie es gar nicht schaffen werden.

Und bei wiederum ganz chaotischen Leuten kommt es vor, dass sie zwar das Saubermachen planen, aber dann doch etwas ganz Wichtiges zu erledigen haben, dass sie gar nicht mehr zum Putzen kommen. Auch diese Leute reden nur davon, was sie planen, ohne dass es schließlich umgesetzt wird. Aber insgesamt ist es eben "chic", davon erzählen zu können, dass man sinnvoll beschäftigt ist. Keiner gibt gerne zu, dass er den gesamten tag eher verdaddelt, ohne irgendwas zu schaffen.

» rasenderrolli » Beiträge: 1058 » Talkpoints: 16,66 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



"Reagieren" im Sinne von einen Kommentar dazu bringen, würde ich schon mal sowieso nicht. Man will den anderen ja nicht bloßstellen.

Allgemein finde ich aber, dass man auch trotz Putzfimmeln in einem chaotischen Haushalt leben kann. Ich bin in meiner WG auch die Einzige, die viel Wert auf Sauberkeit legt. Manchmal putze ich die Küche von oben bis unten, sodass man vom Boden essen kann und zwei Tage später hat meine Mitbewohnerin es wieder eingesaut und ich habe keinen Nerv drauf, das Prozedere zu wiederholen.

Also könnte man bei mir auch denken, wenn ich vom Putzen erzähle, dass es Blödsinn ist oder ich eine falsche Selbstwahrnehmung habe. Dabei ist es ja nicht meine Schuld, dass andere meine Arbeit wieder zunichte machen. Ich kann mir vorstellen, dass es mit Kindern und Haustieren im Haushalt genauso ist, dass man putzt und die anderen im Haushalt alles wieder dreckig machen.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 22.11.2015, 15:42, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ramones hat geschrieben:A ist Hausfrau und erzählt gerne davon, wie viel sie doch zu putzen hat und was ihr das für eine Arbeit machen würde. Sie erzählt es immer so, als hätte sie einen Putzfimmel und würde den ganzen Tag nur sauber machen. Bei einem Besuch bei A stellt man dann aber schnell fest, dass das nur eine Lüge zu sein scheint, denn es ist alles andere als sauber bei ihr.

Vielleicht ist sie wirklich den ganzen Tag nur am Schrubben, wobei ihr Ehemann und die Kinder nicht einen Finger krumm machen und noch nicht mal die getragenen Socken in den Wäschekorb schmeißen oder einen benutzten Teller in die Spüle legen. Anders kann ich mir dieses Verhalten nicht erklären und ich kenne keine Leute, die von ihrem Putzfimmel erzählen, aber in einer Drecksbude leben. :think:

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» soulofsorrow » Beiträge: 9223 » Talkpoints: 23,42 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Jeder Mensch hat ein anderes Verständnis von Sauberkeit. Ich mag es zum Beispiel auch sauber, wobei es aber "normal" sauber aussieht. Es gibt keine heimlichen Mitbewohner hier wie Spinnen, Kakerlaken, Mäuse und dergleichen. Es liegt kein Essen hier herum und keine Krümel, es schimmelt nicht. Die Möbel werden regelmäßig mit Politur bearbeitet und entstaubt, es wird regelmäßig gesaugt und gewischt und gerade in der Küche lege ich auch sehr viel Wert auf Sauberkeit und Hygiene. Wenn es bei mir zu Hause nach meinem Verständnis sehr sauber ist, habe ich oft das Gefühl, dass es total dreckig ist, wenn meine Schwiegermutter zu Besuch kommt.

Denn meine Schwiegermutter hat ein vollkommen anderes Verständnis von Sauberkeit. Ihre Wohnung sieht immer steril aus, als würde da nie irgendetwas benutzt werden. "Steril" und "sauber" ist nach meiner Definition ein meilenweiter Unterschied und wenn jemand nur Sterilität akzeptabel findet was Ordnung und Sauberkeit angeht, dann wird da nicht jeder mithalten können oder wollen. Sie beschwert sich zwar nie, dass es bei mir unsauber wäre, aber so pingelig wie die ihre Küche nach jedem Gebrauch grundreinigt (auch wenn Gäste anwesend sind) fühlt man sich selbst irgendwie "unsauber", selbst wenn das nicht stimmt. Jeder hat eben einen anderen Maßstab, da kann man schlecht pauschalisieren. Meine Schwiegermutter hat einen echten Putzfimmel.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Sauber definiert auch jeder anders. Für den einen ist das ein strahlender Fußboden und für den anderen, dass dort nichts im Weg liegt. Schon alleine da scheiden sich doch die Geister und jeder misst mit einem anderen Maßstab. Noch dazu kommt das, was Gerbera gesagt hat und man immer etwas zu tun haben muss, damit man irgendwie für voll genommen wird. Würde man offen zugeben, dass Putzen nicht mit dazu gehört und man es daher sein lässt, lieber am Sofa liegt, dann würde man auch nur schief angesehen werden.

Ich würde mal behaupten, dass die meisten der Wohnungen die hier angegeben worden sind von den Postern für meine Ansprüche nicht sauber sind. Denn ich erwarte von einer sauberen Wohnung, dass dort nicht ein Krümel herum liegt und man vom Boden essen kann. Klinisch rein würde man es sagen, ansonsten es für mich nicht sauber und das bezieht alles mit ein und nicht nur den Boden, sondern auch den Staub auf der Lampe oder im Regal.

Meine Schwiegermutter ist da ganz anders gestrickt. Für sie ist es sauber, wenn der Boden leer ist, Krümel dürfen liegen und auch solche Dinge aber wenn nichts im Weg steht, dann ist es sauber. Ganz egal ob nun 2 cm Staub auf dem Regal liegen oder der Teppich auch schon lange mal gesaugt gehört, für sie ist das sauber. Für mich ist das dreckig aber es liegt wie gesagt auch immer im Auge des Betrachters und mit welchem Maßstab dieser wertet.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Wenn man den ersten Beitrag genau liest, erkennt man, dass die Frau konstatiert, sehr viel zu tun zu haben. Theoretisch. Ich sehe da nicht die Behauptung, sie würde das dann auch in die Tat umsetzen. :wink: Spaß beiseite, ich verstehe schon, wie es gemeint ist.

Nun scheint sie ja primär Hausfrau zu sein, offiziell, was eine wie man auch hier im Forum immer früher sehen konnte, hochgradig unangesehene Tätigkeit ist. Frau kommt schnell in den Geruch, faul, minderbegabt oder sonst wie benachteiligt zu sein Also muss man seinen Anteil in der Außenwirkung ja schon etwas hochskalieren, um sich bei den anderen noch einen Funken Ansehen zu bewahren. Ist leider so. Wer gibt schon zu, dass er bzw. sie tatsächlich mehr wie Peggy Bundy lebt: mit Staub auf den Regalen und Krümeln vor dem Sofa, auf dem man seine Süßigkeiten vor der Glotze vertilgt.

Ich glaube sowieso, dass der deutsche Putzfimmel, der in den Fünfziger Jahren seine Hochzeit hatte, nur entstanden ist, weil der Beruf der Hausfrau durch die Technisierung viel an Arbeit verloren hat und so einen anderen Daseinszweck und Anspruch bekommen musste. Wenn die Frau am Ende noch arbeiten gehen will oder mehr vom Leben verlangt, weil jetzt die Waschmaschine, der Geschirrspüler, Dosenfutter und der Staubsauger viel Arbeit abgenommen haben, schraubt man einfach die Ansprüche bis ins Unendliche hoch. Dann hat frau wieder mehr zu tun und kommt nicht noch auf anrüchige Ideen.

Wer aber keine gesteigerte Lust hat, sich die Haut von den Knöcheln zu schrubben oder kaputte Knie und Allergien zu riskieren, weil man ständig mit Domestos auf dem Boden rumrutscht, der muss halt trommeln. Oder am Ende sind es von der Frau aus dem Beispiel nur Ausreden, um unliebsamen Gesprächen zu entgehen. "So, jetzt habe ich aber keine Zeit mehr zum Plaudern, der Haushalt wartet." Das wäre ja auch eine Möglichkeit.

» Verbena » Beiträge: 4803 » Talkpoints: 4,43 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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