Wie weit geht Meinungsfreiheit?

vom 09.12.2009, 23:31 Uhr

Genau das habe ich mich letztens gefragt, als ich mit Freunden einen Punsch am Christkindlemarkt getrunken habe und eine Dame in echtem Pelz an uns vorbei lief. Mich erstaunte es umso mehr, dass ein männlicher Kollege zuerst das Wort ergriff und meinte, er würde jetzt am Liebsten einen Eimer roter Farbe über den Mantel der Frau leeren, damit sie ihn nachher weg schmeißen könnte.

Mich erstaunte seine Reaktion, denn ich kenne, so würde ich sagen, überwiegend eigentlich nur weibliche Tierschützer. Jedenfalls hat es mich dann auch tierisch aufgeregt - ich stand nämlich zuerst mit dem Rücken zur Frau und habe die Lage noch gar nicht richtig mitbekommen - als ich entdeckt habe, wovon dieser sprach. Jedenfalls habe ich mir dann auch meine Gedanken über die ganze Sache gemacht, unter Anderem auch, was ich am liebsten alles zu dieser Person sagen würde.

Aber darf man das denn? Wie weit geht die Meinungsfreiheit in Österreich und Deutschland? Darf ich ihr sagen, dass ich das nicht gut finde oder ist das auch schon eine Art Belästigung?

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Midgaardslang am 09.12.2009, 23:33, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Jeder Mensch darf offen seine Meinung äußern, aber zudem darf auch jeder Mensch tragen was er möchte, solange dieses nicht Menschenverachtend ist und das ist Pelz nun mal nicht.

Man kann natürlich die Frau ansprechen und ihr überhaupt klar machen, was sie dort an hat und ihr die Frage stellen ob sie überhaupt weiß, welche und wie viele Tiere dadurch gestorben sind, aber man kann ihr beispielsweise nicht verbieten diesen Pelz zu tragen.

Man sollte Menschen so nehmen wie sie sind. Aufs Äußere kommt es dabei nicht wirklich an. Es ist nun mal so, dass jeder seinen eigenen Geschmack hat wodurch auch jeder Mensch seine eigene Meinung über die Dinge anderer hat - so etwas ist menschlich.

Pelz ist natürlich was anderes, als eine Hose die jemanden nicht gefällt, da durch dieses Kleidungsstück viele Tiere gestorben sind, aber in dem Moment in dem sie den Pelz trägt, kann man daran leider auch nichts mehr ändern. Man sollte den Pelzverkauf stoppen, indem man die Pelze nicht mehr produziert, aber man kann diesen nicht stoppen, indem man eine Frau die dieses Kleidungsstück trägt auf den Weihnachtsmarkt blöd von der Seite anmacht.

Also: ansprechen ist in Ordnung, solange man den Menschen nicht beleidigt oder jegliche Schmerzen zufügt. Daher würde ich die Person einfach beim nächsten Mal vorsichtig ansprechen und ihr klar machen, was sie denn da schönes um ihrem Körper trägt und wenn diese dann nicht für das Gespräch bereit ist, dann würde ich mich einfach wieder abwenden und ihr einen schönen Tag wünschen.

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» lisachen » Beiträge: 355 » Talkpoints: -0,67 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Tja, kurz gesagt: Freiheit hört immer da auf, wo ich die Freiheit anderer einschränke.

Und ausführlich heißt das: Ich kann jemandem sagen, dass ich es unmöglich finde Pelz zu trage, weil... Ich kann jemandem sagen, dass ich so etwas nie tragen würde, weil... usw. (solang man dabei keine Beleidigungen einbaut wie "..., weil Pelzträger Arschlöcher sind!".).

Aber: wenn ich jemanden bedrohe oder nötige indem ich andeute oder in den Raum stelle ihm wegen seiner Meinung oder Lebenseinstellung ein Leid anzutun, z. B. dass ich ihm am liebsten eine runterhauen oder ihn mit Farbe überschütten würde (also Beschädigung seines Eigentums) wird es brenzlig. Hier könnte sich derjenige durchaus genötigt fühlen, also in seiner Entscheidungsfreiheit (solang diese wiederum niemanden in seiner einschränkt, was das Tragen eines Pelzes nicht tut) eingeschränkt weil er / sie auf einmal Angst davor hat, dass ihm wirklich von demjenigen etwas angetan werden könnte.

Klar, Nötigung ist so eine Sache: Worüber der eine lacht oder es ihn nicht juckt ist der nächste vielleicht zart besaitet und kriegt gleich eine Neurose oder Angstzustände - nur das weiß man ja nie vorher. Das ist wie auf der Autobahn ;): Den einen juckt ein 2 Meter Drängler einen Dreck und der nächste kriegt Angst und zwingt sich zu einer Panikreaktion (z. B. ungewollter, drastischer Spurwechsel).

Ich weiß nicht, ob es in Österreich 100 % dasselbe ist, aber da Österreich und Deutschland ja eine mehr oder weniger ähnliche Rechtssituation haben was das angeht aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit würde ich es vermuten.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



In fast allen Punkten kann ich mich meinen Vorrednern anschließen. Meinungsfreiheit ist im Grundgesetz verankert, jedoch geht die Meinungsfreiheit nur bis zu einem bestimmten Grad. Auch bei der freien Meinungsäußerung gibt es einige Grundsätze, die man sich vor Augen halten sollte.

Erstens, den Ausspruch sollte und darf sogar keine Beleidigungen, Belästigungen oder andere verbale Laute beinhalten, die dem Gegenüber beleidigend sind. Dies muss immer beachtet werden, denn ansonsten gilt es gesetzlich als Belästigung und es folgen Maßnahmen.

Zweitens, du darfst zwar so ziemlich alles ohne Beleidigungen sagen, jedoch musst du deinen Standpunkt immer rechtfertigen. Du kannst zum Beispiel sagen, dass du es absolut unangebracht findest, einen Echttierpelzmantel zu tragen, weil es das Töten von Tieren benötigt.

Du kannst jedoch nicht sagen, dass du ihren Pelzmantel sch.... findest, oder es nicht angebracht findest, ohne danach eine Begründung zu finden. Außerdem darfst du nicht erwarten, dass dein Gegenüber aus deinem Ausspruch irgendwas für sich übernimmt oder deine Meinung teilt!

» mego28 » Beiträge: 81 » Talkpoints: 0,40 »



Nun, wenn du zu ihr sagst, dass du das nicht tragen würdest [aus folgenden Gründen] ist das in Ordnung. Wenn dein Kollege allerdings das zu ihr gesagt hätte, was er zu euch gesagt hat, dann grenzt das schon an Drohung.

Wenn ich ehrlich bin, wüsste ich auch nicht was das bringen sollte. Zum einen kann die Person tragen was sie will und das wird sie weiterhin machen - erst recht, wenn jemand was zu ihr sagt. Dazu müsste man ganz andere Geschütze auffahren und selbst da bleiben die meisten Pelzträger beratungsresistent.

So eine Außerung, wie dein Kollege von sich gegeben hat ist aber eh nicht sonderlich schlau - dann sind die Tiere doch erst recht gestorben - ist es das was er erreichen will? Um die Schlachtung zu verhindern muss man die Nachfrage einschränken und das erreicht man nicht, indem man diese Träger beleidigt.

Im Übrigen kannst du all das natürlich denken - nur aussprechen kann man nicht alles und schon gar nicht kann man das, was man ausspricht auch umsetzen.

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» winny2311 » Beiträge: 14930 » Talkpoints: 2,85 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Die Meinungsfreiheit geht so weit, wie sie anderer Artikel der Verfassung nicht verletzt. Das heißt, dass man im Prinzip alles sagen darf, solange man dabei nicht die Rechte anderer Personen verletzt, dann muss man seine Gedanken für sich behalten.

Aber in unserer Verfassung steht auch, dass jeder Tragen kann, was er will (wenn natürlich auch nicht wortwörtlich ;)). Und dieser Mann hat die Frau beleidigt. Damit hat er eigentlich eines ihrer Rechte missachtet und sie verbal angegriffen. Natürlich werden solche Sachen natürlich nicht zur Anzeige gebracht. Aber ich finde die Äußerung des Mannes schon sehr unhöflich. Man kann anderen Menschen sagen, was an ihnen einem nicht gefällt, aber man darf sie nicht beleidigen. Gerade in Sachen Kleidung ist es nämlich fast immer eine Frage des Geschmacks, und über diesen kann man sich ewig streiten.

Auch wenn ich persönlich auch kein großer Freund von Pelzmänteln, für die arme Tiere getötet wurden, bin, habe ich doch nicht das Recht, andere zu beleidigen, obwohl es einem teilweise echt schwer fällt.

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» JulietMay » Beiträge: 1078 » Talkpoints: -0,56 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Soweit ich weiß, darfst du alles sagen außer Drohungen und Beleidigungen. Das wurde ja schon erwähnt. Was aber nicht zur Sprache kam ist dein dritter Punkt, der in Deutschland und Österreich (eig. allen Rechtsstaaten) strafbar sein müsste: Rufmord.

Dazu ein kleines Beispiel: Wäre die Dame im Pelzmantel eine Kandidatin der Grünen für den Landtag oder ähnliches und du würdest verbreiten, dass sie echte Pelzmäntel trägt, dann wirkt sich das äußerst negativ auf ihr "Geschäft" aus und gilt als Rufmord, aber nur wenn der Mantel in Wirklichkeit ein Imitat ist. Da ich mal davon ausgehe, dass du weder weißt, was diese Dame von Beruf ist, noch einen echten von einem falschen Pelzmantel unterscheiden kannst (ich könnte es jedenfalls nicht), musst du auch in dieser Hinsicht etwas Vorsicht walten lassen.

Sollte der Pelzmantel aber wirklich echt sein, muss ich mich auch dagegen aussprechen. Denn es gibt keine mir bekannten Zuchttiere mit Fell, das dicht genug ist, um einen Pelzmantel daraus herzustellen (mal von Hochlandrinder oder wie die heißen abgesehen - und das zieht keiner an). Bei Zuchttieren wäre es mir egal... wobei das eine andere Diskussion ist.

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» Muttersoehnchen » Beiträge: 134 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Bei Pelztierfarmen ist es wie bei Hühnerfarmen - es gibt die Guten und es gibt die Schlechten. Das natürlich immer die leidenden Tiere blutiggekratzt in Minikäfigen ins Fernsehen kommen um für Quoten und Meinungsmache zu sorgen, wundert mich schon gar nicht mehr. Anständige Pelztierzüchter, die ihre Tiere als Lebewesen respektieren und sie in Großen Käfiganlagen und artgerecht eingerichteten Gehegen halten, kommen natürlich nicht zu Wort.

Daher würde ich mich öffentlich mit meiner Meinung - erst recht direkt zu einer Person - arg zurückhalten. Schnell hat man eine unqualifizierte Stammtischpolemik vom Stapel gelassen und steht dann nicht nur als dummer August da, sondern wird eventuell noch zu recht wegen Pöbelei, Beleidigung, Nötigung oder Sachbeschädigung (rote Farbe) angezeigt. Wenn einem daran liegt, kann man seine Meinung im Multimediazeitalter auch anders und besser kundtun, dann aber bitte nicht einseitig, sondern objektiv, siehe oben.

Denn ebenso schlimm wie eingeschränkte Meinungsfreiheit empfinde ich einseitige Berichterstattungen oder das Ausgrenzen von Gruppen mit anderer Meinung aus öffentlichen Diskussionen. Man darf nie die Macht der Medien unterschätzen.

» Fuzzy » Beiträge: 242 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Du darfst sie natürlich darauf ansprechen. Lediglich würde ich die Meinung deines Kollegen ihr nicht so vermitteln.

Als erstes sollte auch geklärt werden, ob es ein Echt-Fell-Kleidungsstück ist. Wenn alles nur Kunsthaare sind, habt ihr euch umsonst aufgeregt. Außerdem sollte man in Erfahrung bringen, ob man Tiere extra dafür gezüchtet und geschlachtet hat. Wir hatten in der Nähe z.B. einen Pferdemetzger. Viele waren entsetzt darüber, aber er versicherte uns, dass nur kranke Tiere oder Tiere mit einer großen Verletzung, die vom Arzt eingeschläfert werden müssten, geschlachtet würden.

Aus diesen Gründen wäre es sinnvoll, wenn es euch wirklich stört, sie anzusprechen und erst Informationen über den Mantel zu erfahren. Wenn es wirklich von einem Tier stammt, das dafür getötet wurde, dann würde ich sie fragen, was sie sich dabei denkt und ob sie das mit ihrem gewissen vereinbaren kann! Es darf nur keine provokante, ablehnende und verachtende Haltung sein, denn sonst erreichst du nichts und beleidigst sie womöglich, was nicht mehr unter Meinungsfreiheit fällt.

So ein Kommentar wie der Farbeimer wäre auf jedenfall schon zu weit gegangen!

» JonnyUnseld » Beiträge: 19 » Talkpoints: 10,62 »


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