Diskriminierende Werbung

vom 03.10.2009, 23:04 Uhr

Immer wieder lese bzw. höre ich, dass sich ethnische bzw. andere Gruppen von diversen Werbungen diskriminiert fühlen. Unter anderem gab es jetzt die "I will Mohr"-Werbung von Eskimo für das "Mohr-im-Hemd"-Eis wo sich Menschen afrikanischer Herkunft aufgeregt haben. Dann gibt es den neuesten Slogan von Austrian Airlines ("Jedem die Seine") die offenbar die jüdische Bevölkerung angreift, weil über Ausschwitz "Jedem das Seine" (also bekommt was er verdient) gestanden ist. Und erst gestern las ich von einem Möbelhaus, dessen Kinderabteilung mit der Aussage "Kinder kriegen ist nicht schwer,..." wirbt, was offensichtlich etliche (unglücklich) kinderlose Paare aufstoßen lässt...

Ehrlich gesagt, finde ich diesen Kritikwahn übertrieben. Ich bin selbst kein Fan von Werbung, jedoch bezweifle ich sehr stark, dass irgendeine Firma absichtlich versucht potenzielle Käufer zu verärgern oder Ihnen auf die Füße zu treten.

Ist solche Kritik gerechtfertigt? Wird dadurch Diskriminierung oder Rassismus tatsächlich verhindert, oder nicht eher erst provoziert? Und können gewissen Sprüche ("Jedem das seine"), oder im Fall vom Mohr-im-Hemd, Namen von Mehlspeisen verboten werden, obwohl sie seit Ewigkeiten im deutschen Sprachraum gebräuchlich sind und garnicht mehr die ursprüngliche Bedeutung haben oder wie im Fall "Jedem das seine" erst in der SS-Zeit eine negative Bedeutung bekamen?

» labade » Beiträge: 9 » Talkpoints: 5,59 »



Hallo labade

Ich kann einen Teil deiner Kritik nachvollziehen. Ich bin auch kein Freund von übertriebener Politischer Korrektheit. Wenn einer aus dem Maul stinkt, dann muss ich ihm das auch sagen dürfen.

Dennoch, es gibt Grenzen, die dürfen nicht überschritten werden. Dies ist, zumindest meiner Meinung nach, bei einem deiner genannte Beispiele geschehen. Die "Mohr-im-Hemd" Werbung geht mir am Arsch vorbei. In der Schweiz gibt es auch den "Mohrenkopf", auch "Negerkuss" genannt, heute heissen die Schaumküsse oder ähnlich. Das mit dem "Kinder kriegen ist nicht schwer" sehe ich als eine lustige Idee, wenn kinderlose Paare damit ein Problem haben, dann sind sie so verknorkst, dass es vielleicht besser ist, dass sie keine Kinder haben.

Aber was wirklich nicht geht, dass ist das "Jedem die Seine". Das ist im Sprachgebrauch aus bekannten historischen Gründen wirklich derart vorbelastet, dass keinem vernüftig denkenden Menschen in den Sinn käme dies für eine Werbung zu benutzen. Sinn dabei ist es wohl von der mit Sicherheit erwarteten Diskussion zu profitieren. Das ist in meinen Augen verwerflich. Dies schönreden zu wollen ist apologetisch. Das kann ich nicht gutheissen.

» thisnamewasfree » Beiträge: 1102 » Talkpoints: 2,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Also ich habe diese "Jedem das seine" Redewendung noch nie in diesem Zusammenhang gehört und ich halte mich durchaus für einen vernünftig denken Menschen und ich kann mir auch vorstellen, dass es den Werbetextern genauso ging wie mir und sie sich überhaupt nichts böses dabei gedacht haben. Die meisten Leute in diesen Jobs sind ja auch noch relativ jung.

Und ich muss auch ehrlich sagen, dass ich ein Problem mit dem rituellen Protest von diversen jüdischen Gruppen gegen solche Banalitäten habe. Nicht, dass das falsch verstanden wird, ich kann die Empörung von Menschen mit einer entsprechenden Lebensgeschichte sehr gut nachvollziehen. Aber ich sehe einfach die Glaubwürdigkeit schwinden, wenn man sich ständig über solche Sachen beschwert die wirklich relativ banal sind. Denn es gibt durchaus Entwicklungen die alles andere als banal sind, aber wenn man zehn mal "Wolf" geschrien hat wird man einfach nicht mehr ernst genommen, wenn beim elften Mal dann wirklich ein Wolf kommt.

Was die Namen von gewissen Lebensmitteln betrifft - ich sehe den Unterschied zwischen einem Mohr im Hemd und einem Wiener Würstchen, Berliner, Amerikaner und so weiter nicht wirklich.

Diskriminierende Werbung bedeutet für mich eher, dass in der Waschmittelwerbung selbstverständlich Frauen auftreten und solche Sachen, wo eben auf ganz subtile Weise dieses "Frau als Haushaltssklave" Klischee vermittelt wird.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Und ich muss auch ehrlich sagen, dass ich ein Problem mit dem rituellen Protest von diversen jüdischen Gruppen gegen solche Banalitäten habe.

Entschuldige, Cloudy24, aber "Jedem das Seine" ist nicht banal! Unwissenheit vorzuschieben ist da doch sehr billig. Wenn man davon nichts weiss, die Gnade der späten Geburt lässt grüssen, dann ist das ein Zeichen für Desinteresse für die eigene Geschichte. Das ist schon schlimm genug. Wenn dann aber jemand darauf hinweist, in welchem Zusammenhang man das sehen muss, und man dann sagt das sei doch schon so lange her und überhaupt, dann ist das schon extrem übel.

Diese beiden Sprüche, "Jedem das Seine" und "Arbeit macht frei", diese beiden Sprüche sind derart vorbelastet, dass man sie nicht in abgewandelter Form für irgendwelche Werbesprüche oder so verwenden kann. Da hilft alles rumdeuteln und entschuldigen nicht. Auch junge Menschen die sich nicht für die gesellschaftlichen Gegebenheiten wie Geschichte oder Moral kümmern haben sich daran zu halten.

Noch einmal, "Jedem das Seine" stand als Spruch auf dem Eingangstor des KZ Buchenwald. Dort starben über 56'000 Personen! "Nur" rund 11'000 davon waren Juden. Es gab dort Verbrennungsöfen in Krematorien, Lagerbordelle in denen weibliche KZ-Insassen zur Prositution gezwungen wurden und eine Genickschussanlage. Und das alles unter dem Wahlspruch "Jedem das Seine".

Unabhängig ob Jude oder nicht, unabhängig ob Jung oder Alt, unabhängig ob Deutsch oder nicht Deutsch, dieser Begriff kann nicht für profane Zwecke missbraucht werden.

» thisnamewasfree » Beiträge: 1102 » Talkpoints: 2,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich will nun hier keine Grundsatzdiskussion anfangen darüber, wer den Begriff zuerst missbraucht hat und ob ein Begriff der einmal von einem Unrechtsregiem missbraucht worden ist und den es schon lange vorher gab aufgrund dieses Missbrauchs für alle Ewigkeit ein Tabu sein muss oder nicht.

Und ich möchte mich hier auch nicht auf deine beleidigenden Unterstellungen einlassen. Du kennst mich nicht und du kennst auch diese Werbetexter nicht und du kannst dir deshalb über keinen ein Urteil bilden. Aber vielleicht solltest du mal meinen kompletten Beitrag lesen, dann würdest du vielleicht auch verstehen, was ich in dem Zusammenhang mit "banal" meine. Denn einem "vernünftig denkenden" Menschen müsste eigentlich klar sein, dass eine unglücklich gewählte Werbebotschaft im Vergleich zu tätlichen Angriffen auf Ausländer und Andersdenkende banal IST.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Hier haben wohl einige in der Schule nicht aufgepasst, hm?

@labade
Jedem das Seine stand über dem KZ Buchenwald, das damit als einziges von der "Norm" "Arbeit macht frei abgewichen ist. Und Mohr, auch hier hat die Bildung versagt, beschreibt nicht einen Menschen afrikanischer Herkunft, sondern ebenfalls Araber - nicht umsonst leitet sich Mohr von "dunkles Gesicht" ab und ist nicht nur negativ belegt, wenn auch in der Vergangenheit stärker. Mal als Erhellung: Neger ist durchweg negativ belegt gewesen, da dieser Begriff im Vergleich zu Mohr von Anfang an abwertend gemeint war.

@thisnamewasfree
Da schreibt mal einer einen uralten Leitspruch, der so seit der Antike exisitiert, über ein (!) KZ um diesen zu pervertieren und das entwertet diesen völlig? Was für ein Mist und im Sprachgebrauch ist dieser Begriff auch nicht vorbelastet.

Im Gegensatz zu "Arbeit macht frei", was eine Schöpfung der Nazis war, hat man hier einfach einen Leitspruch missbraucht, der stets seit der Antike mit einem ehrenhaftem, achtbarem Sinn verknüpft war, in Deutschland vor allem durch den Adlerorden. Unwissenheit vorzuschieben, da gebe ich Dir recht, ist keine Entschuldigung - aber sich aufgrund von Unwissenheit seine Argumentation zurechtbasteln wie man es gerade braucht ist auch nicht gerade vorzeigbar.

Da kann man noch so sehr die Moralkeule schwingen - man sollte vielleicht mal beachten, dass bestimmte Wendungen und Leitsätze auch vor 1933 Verwendung fanden. Und nur so: Die Nazis haben sich da, wahrscheinlich wegen sprachlicher Übereinstimmungen, noch weit mehr Wendungen aus der deutschen Sprache bedient die auch heute noch Usus sind und die auch nicht gerade in unbelasteten Zusammenhängen gebraucht wurden. Irgendwo sollte man mal auf dem Teppich bleiben und seine Geschichtsbildung nicht nur auf das letzte Jahrhundert / das dritte Reich beschränken, auch davor und danach ist so einiges passiert ;).

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Moment, Subbotnik. Sich auf das Alter eines Leitspruches und seine Geschichte VOR der missbräuchlichen Verwendung zu berufen ist ein wenig blauäugig, meinst du nicht? Als Beispiel nehmen wir doch einfach das Hakenkreuz, die Swastika. Über 6'000 Jahre alt, auf mehreren Kontinenten verbreitet, "erst" 1920 zum Parteizeichen der NSDAP geworden. Aber aufgrund der neueren Geschichte in Europa derart belastet, dass es schlicht und einfach nicht mehr verwendet werden darf.

Es ist nicht die Frage wie eine Sache, ein Spruch, eine Grafik geschichtlich konnotiert wurde, sondern es ist immer die Frage wie etwas Aufgrund der der Geschichte aktuell konnotiert ist. Und zwar nicht im Hirn eines einzelnen Werbers, der davon nichts weiss, weil er sich in der Schule nicht für moderne Geschichte interessierte, sondern im kollektiven Gedächtnis einer Gesellschaft. Und gerade im kollektiven Gedächtnis Deutschlands gibt es gewisse Leitsprüche die man nicht banalisieren darf, unabhängig von der Vorgeschichte dieser Leitsprüche.

Und mir vorzuhalten, dieser Leitspruch habe nur über einem KZ gehangen, und das dies wohl kaum ausreiche um den Begriff zu pervertieren, dann macht mich das sprachlos. Das ist apologetisch, verharmlosend, jämmerlich. Solches Verhalten zeugt von Verantwortungslosigkeit und zeigt, dass man die geschichtliche Verantwortung als Individuum nicht wahrnehmen will.

» thisnamewasfree » Beiträge: 1102 » Talkpoints: 2,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



thisnamewasfree hat geschrieben:Aber aufgrund der neueren Geschichte in Europa derart belastet, dass es schlicht und einfach nicht mehr verwendet werden darf.

Seit wann denn das? Etwas zu tabuisieren und zu dämonisieren mit erhobenem Zeigefinger stellt eine Verbesserung dar? Seit wann denn das? Nicht umsonst, genauso wie bei "Jedem das Seine", gibt es hier mehrere, nicht rechte Organisationen die fleißig aktiv mit Aufklärungskampagnen dabei sind um genau diese Dämonisierung zu beenden. Dass die einflussreichste Organisation der Falun Gong Sekte nahesteht bremst den Erfolg leider deutlich. Abgesehen davon boomt die Verwendung in Mitteleuropa mit dem Aufkommen des Buddhismus, da das Swastika eines der zentralen religiösen Symbole in bestimmten buddhistischen Strömungen ist.

Und was die Vorbelastung angeht: Das ist wie immer nur eine Frage der Zeit, ich kann hier mit zig Sachen ankommen, die mal missbräuchlich verwendet und später wieder eingeführt wurden, wenn auch noch unter (absolutistischen) Monarchen.

thisnamewasfree hat geschrieben:Es ist nicht die Frage wie eine Sache, ein Spruch, eine Grafik geschichtlich konnotiert wurde, sondern es ist immer die Frage wie etwas Aufgrund der der Geschichte aktuell konnotiert ist. Und zwar nicht im Hirn eines einzelnen Werbers, der davon nichts weiss, weil er sich in der Schule nicht für moderne Geschichte interessierte, sondern im kollektiven Gedächtnis einer Gesellschaft.

Doch, es ist die Frage wie etwas geschichtlich konnotiert wurde neben der Frage der missbräuchlichen Verwendung. Und das kollektive Gedächtnis scheint hier ja deutlich zu versagen, denn wie Cloudy24 schon angesprochen hat fällt der Mehrheit der Bezug zu "negativen Konnotationen" eben überhaupt nicht mehr auf und ein und ständig muss hier von selbsternannten Mahnwachen, die im Grunde absolute Minderheiten darstellen, das Vaterland vor braunen Sickergruben verteidigt werden, die keine sind.

Heißt: Der Mehrheit ist überhaupt nicht bewusst, in welchem Bezug Jedem das Seine missbräuchlich verwendet wurde - aber zugegeben auch nicht dessen anderer Ursprung. Gleiches gilt auch für andere nationalsozialistische Termini, wie eben Arbeit macht frei. Nur: wo man eindeutig negativ belegten Begriffen nichts positives beimessen kann ist das gerade bei missbräuchlich verwendeten nur eine Ideologie Frage, mehr nicht! Die, die halt immer irgendwie alles was (sogar nur) entfernt von den Nazis verwendet wurde verdammen und diejenigen, die das nicht als ultima ratio ansehen.

Und im Grunde sind gerade solche Aussagen wie "darf man nicht mehr verwenden, ist braun" wie schon erwähnt vollkommen kontraproduktiv, siehe auch den Wunsch nach Wiedereinführung des Eisernen Kreuzes, welches auch unter den Nazis missbräuchlich verwendet wurde. Nur ist das ein echtes Armutszeugnis für Demokratien und deren Bürger wenn diese sich nicht zutrauen den bösen Nazi Dämon zu besiegen und sich lieber ängstlich vor ihm zu verkriechen da er ja wiederkommen könnte anstatt ihn aktiv zu bekämpfen, bestimmte, missbräuchlich verwendete Dinge einfach reinzuwaschen indem man diese eben wieder positiv besetzt oder zumindest normal mit diesen umgeht.

thisnamewasfree hat geschrieben:Das ist apologetisch, verharmlosend, jämmerlich. Solches Verhalten zeugt von Verantwortungslosigkeit und zeigt, dass man die geschichtliche Verantwortung als Individuum nicht wahrnehmen will.

Nein, das nennt man Realismus - dass Du fern von diesem hier deine eigenen, moralischen Überzeugungen anderen aufzwingen willst und das als Mehrheitsmeinung kaschierst erinnert mich doch stark an das höchst undemokratische Verhalten von Minderheiten die gerne andere unterjochen wollen und auch meinen für alle sprechen zu müssen / können oder an Werte-Fanatismus, der blind ist gegenüber dessen was sich draußen in der Welt abspielt.

Und das ich mir vorwerfen lassen muss, meine geschichtliche Verantwortung nicht wahrnehmen zu wollen ist gerade von einem Bürger eines Landes, dass sich bis in die 90er Jahre hinein dagegen gesperrt hat Profite welche durch die Kooperationen mit den Nationalsozialisten und durch die indirekte Beteiligung durch Geldwäsche am Mord der Juden (klar, Tonnen von Zahngold fallen einfach so vom Himmel) eindeutig als Kriegsgewinnler zu betrachten ist und sich noch heute gegen eine vollständige Aufarbeitung seiner Vergangenheit in der NS Zeit (siehe Bergier-Bericht und wie umstritten dieser ist) sperrt ist gerade zu zynisch. Wenn man als Deutscher anderen wirklich etwas voraus hat dann das, dass man im Gegensatz zum Rest der Welt, der damit (Aufarbeitung der Vergangenheit und Verbrechen im Zweiten Weltkrieg / Nationalsozialismus sowie die [indirekte] Beteiligung daran) oft noch nicht einmal angefangen hat (Warum wohl?), sich sehr wohl seiner Rolle in dieser Zeit bewusst ist und sich gerade deswegen nicht von Mitleidsvergleichen und ewig an die Wand gemalten moralischen Elendsbildern beeindrucken lässt (siehe: Realismus).

Und nein, nicht jeder lässt sich von der kalten Hand eines größenwahnsinnigen Diktators und der wenigen übrig gebliebenen bekloppten Anhänger noch bald 65 Jahre nach seinem Tod nach unten drücken und dort halten. Es gibt, siehe was ich davor sagte, auch noch Demokraten, die die Demokratie als stärker und besser als den Nationalsozialismus einschätzen und nicht meinen, dass diese vor ihm und seinen Verbrechen weglaufen muss.

Und ansonsten kann man sich ja mal das Vokabular des Nationalsozialismus von Cornelia Schmitz-Berning sowie LTI (Lingua Tertii Imperii): Notizbuch eines Philologen von Victor Klemperer zulegen wo der nationalsozialistische Duktus ausführlich beleuchtet wird. Da wird man über erschreckend viele, NS typische Vokabeln und Wendungen, sowie eben den typischen NS Duktus stolpern die uns auch noch heute im deutschen Sprachraum begegnen - und im Gegensatz zu "Jedem das Seine" handelt es sich hierbei wirklich um "Erfindungen" und Neuschöpfungen der Nazis, die heute teilweise Teil der Alltagssprache (!) sind. Hm, was finde ich jetzt erschreckender was die Gesellschaft im ganzen angeht?

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Und das ich mir vorwerfen lassen muss, meine geschichtliche Verantwortung nicht wahrnehmen zu wollen ist gerade von einem Bürger eines Landes, dass sich bis in die 90er Jahre hinein dagegen gesperrt hat Profite welche durch die Kooperationen mit den Nationalsozialisten und durch die indirekte Beteiligung durch Geldwäsche am Mord der Juden (klar, Tonnen von Zahngold fallen einfach so vom Himmel) eindeutig als Kriegsgewinnler zu betrachten ist und sich noch heute gegen eine vollständige Aufarbeitung seiner Vergangenheit in der NS Zeit (siehe Bergier-Bericht und wie umstritten dieser ist) sperrt ist gerade zu zynisch.

Aha, auch schon herausgefunden, dass man in jedem Volk braune Flecken entdecken kann. Sehr gut, Subbotnik. Aber du hast ja sicher auch gelesen, dass ich von persönlicher Verantwortung gesprochen habe, die man wahrnehmen muss. Die Schweiz als Gesellschaft stellt sich ihrer Verantwortung, zumindest lese ich das so, wenn ein Bergier-Bericht diskutiert wird. Etwas das nicht diskutiert wird, das wird nicht zur Kenntnis genommen, und wäre somit wertlos.

Etwas zu tabuisieren und zu dämonisieren mit erhobenem Zeigefinger stellt eine Verbesserung dar?

Ja. Der Spruch wurde im Kontext eines Konzentrationslagers gebraucht, dort starben über 56'000 Menschen! Gewissen Menschen scheint nicht klar zu sein was das bedeutet. Aber sicher, es stand ja nur bei einem KZ, und früher hat man das ja auch anders gebraucht, und überhaupt, ich muss mir von einem Schweizer doch nicht sagen lassen wie ich mit meiner Geschichte umzugehen habe. Und mir dann noch die braune Karte zustecken wollen, Subbotnik, das finde ich toll.

Es zeigt sich immer wieder, bei Diskussionen im Bereich Nazivergangenheit finden sich immer wieder sehr selbstbewusste Geschichtsklitterer, welche gänzlich immun sind gegen moralische Argumente. Meist enden solche Diskussionen mit einer Gegenbeschuldigung im braunen Gedankengut.

Wenn du meinst, dass es für die Demokratie unabdingbar ist, dass ein hirnloser Werbetexter einen Spruch eines KZ brauchen darf, dann hast du einen falschen Begriff von Demokratie. Dass bei dieser demokratischen Gesinnung auch noch der Vorwurf der Diktatur der Minderheit kommen musste, das war ja wohl nicht zu vermeiden. :lol:

Wie auch immer, wenn alles gesagt ist, dann soll man schweigen. Ich denke nicht, dass in dieser Diskussion "neue" Argumente auftauchen werden, ich werde mich daher hier ausklinken.

» thisnamewasfree » Beiträge: 1102 » Talkpoints: 2,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


thisnamewasfree hat geschrieben:Aha, auch schon herausgefunden, dass man in jedem Volk braune Flecken entdecken kann.

Richtig - nur die einen stellen sich ihrer Vergangenheit und die anderen eben nicht.

thisnamewasfree hat geschrieben:Die Schweiz als Gesellschaft stellt sich ihrer Verantwortung, zumindest lese ich das so, wenn ein Bergier-Bericht diskutiert wird. Etwas das nicht diskutiert wird, das wird nicht zur Kenntnis genommen, und wäre somit wertlos.

Dass die Schweiz sich ihrer Verantwortung stellt halte ich angesichts des bisherigen Verhaltens für ein Gerücht. Wo die Schweiz sonst so vorbildlich ist - hier versagt sie wie der Rest der Welt was dunkle Kapital anbelangt. Dass etwas diskutiert wird ist positiv, richtig. Aber nicht wenn es darum geht etwas dadurch zu diskreditieren und als zu einseitig und gegen die Schweiz gerichtet abzuwerten.

thisnamewasfree hat geschrieben:Ja. Der Spruch wurde im Kontext eines Konzentrationslagers gebraucht, dort starben über 56'000 Menschen! Gewissen Menschen scheint nicht klar zu sein was das bedeutet.

Wie gesagt, siehe die zwei Buchempfehlungen - es gibt eine Menge Wendungen im normalen Sprachgebrauch die von den Nazis, auch in Bezug auf den Massenmord verwendet und neu erschaffen wurden die im Gegensatz zu "Jedem das Seine" nicht bejammert werden. Ja der Spruch wurde von einem KZ missbraucht was nicht weniger schrecklich oder besser als andere war. Wo ist jetzt der Sinn? Wie schon erwähnt: Nur weil da ein Lagerkommandant meinte besonders zynisch sein zu müssen und Insassen einen (teils demokratischen) Leitspruch als Hohn vor Augen halten zu müssen soll man nun dessen geistiges Erbe fortführen?

Sorry, aber meine Auffassung ist, dass gerade demokratische Begriffe und Sachverhalte die von Feinden der Demokratie entwertet wurden ihrer eigentlichen Bedeutung zurückgeführt werden müssen - sowohl als Tribut an die Opfer als auch an die noch heutigen Vertreter dieser Idiotie um diese Begriffe zu "entzaubern" und, siehe Hakenkreuz, ihnen ihre Identifikationsmittel zu nehmen mit denen sie meinen noch andere mit dem "Geist der Ahnen" einschüchtern oder begeistern zu können.

thisnamewasfree hat geschrieben:Es zeigt sich immer wieder, bei Diskussionen im Bereich Nazivergangenheit finden sich immer wieder sehr selbstbewusste Geschichtsklitterer, welche gänzlich immun sind gegen moralische Argumente.

Was wohl an den unterschiedlichen Vorstellungen von Moral liegt, meine fußt nicht nur auf den Entwicklungen seit 1945 sondern ist ganzheitlich im demokratischen, weltlichen Erneuerungsprozess Europas seit der Aufklärung angesiedelt. Und die Nazikeule samt moralischen hin- und herwedelns zieht bei mir nicht mangels fehlender Übereinstimmung mit meiner politischen Grundorientierung, die mich selber zum Opfer des Nationalsozialismus "degradieren" würde.

thisnamewasfree hat geschrieben:Wenn du meinst, dass es für die Demokratie unabdingbar ist, dass ein hirnloser Werbetexter einen Spruch eines KZ brauchen darf, dann hast du einen falschen Begriff von Demokratie.

Dieser Spruch wurde nicht nur, was einfach nur an dem Wust von Falschinformationen von labade liegt, in der Zwischenzeit (seit 1945) nicht nur von kreativen Werbetextern aufgenommen sondern auch von politischen Parteien der Mitte sowie wohltätigen Vereinen. Und nein, bestimmte Sachverhalte klarzustellen liegt nicht im Interesse der Demokratie wenn es um Werbetexter geht, wohl aber, wenn es um entfremdete Begriffe und politische Sachverhalte geht auf der man die kalte Hand der Nazis herrschend liegen lässt - warum auch immer. Demokratie bedeutet in erster Linie Freiheit und sich nicht vom Korsett der Diktaturen einengen zu lassen.

thisnamewasfree hat geschrieben:Dass bei dieser demokratischen Gesinnung auch noch der Vorwurf der Diktatur der Minderheit kommen musste, das war ja wohl nicht zu vermeiden. :lol:

Wenn eine Minderheit sich erdreistet, ihre Überzeugungen mit "Angst- und Schreckens-" Argumenten durchsetzen zu wollen entgegen den Interessen der Mehrheit erinnert das an diktatorische Bestrebungen, natürlich. Da kann man sich selbstherrlich auch als moralisches Gewissen als Antwort auf diesen Vorwurf aufspielen - so inflationär wie diese Formulierung seitens verschiedener Interessengruppen gebraucht wird hat sie sich schon selbst entwertet.

Ich gebe nur etwas auf Fakten und nicht auf gummiartige Überzeugungen und Einstellungen wie Moral und Ethik, die ständig dem Wandel der Zeit unterworfen sind, dem Willen derer die sie interpretieren und wie man sie regional interpretiert und absolut unstet in ihrer Kernaussage (über Jahrzehnte und Jahrhunderte betrachtet) sind: objektive Betrachtung vs. subjektiv ;). Oder wie Oscar Wilde es sagte: "Moral ist einfach die Haltung, die wir gegen Leute einnehmen, von denen wir persönlich nicht erbaut sind." - passt ja ;).

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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