Förderschule - Erfahrungen

vom 12.08.2009, 10:19 Uhr

Meine Nichte hat dieses Jahr die 2. Klasse auf der Grundschule beendet und müsste nun auf eine Förderschule gehen, da sie sich sehr schwer lernt und von ihrer Mutter nie gefördert wurde, außerdem kommen noch andere familiäre Probleme hinzu, die wahrscheinlich zu dieser Lernschwäche geführt haben. Mein Bruder war gegen eine Versetzung auf die Sonderschule und hat einer Einschreibung auch nicht zugestimmt. Nach vielen Diskussionen mit dem Direktor der Grundschule hätte sie die zweite Klasse dort noch einmal machen dürfen, allerdings unter der Voraussetzung, dass sie die entsprechende Förderung erhält. Nach vielen Überlegungen wurde nun doch beschlossen, sie auf eine Förderschule zu schicken.

Ich bin davon ganz und gar nicht begeistert und der Meinung, dass sie dann erst einmal ihren Stempel haben wird. Außerdem glaube ich auch nicht, dass sie jemals wieder den Sprung von der Förderschule zur Hauptschule schaffen wird und ihr somit jetzt schon das spätere Leben verbaut wird.

Wie steht ihr dieser Sache gegenüber? Mich würde sehr interessieren, ob ihr evtl. ähnliche Erfahrungen erlebt hat und wie die Auswirkungen waren.

» que_Linda » Beiträge: 688 » Talkpoints: 9,25 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Also so schwer es auch ist, aber ich finde, dass es die richtige Entscheidung war. Lieber man schickt sie jetzt dorthin als später.

Ich bin Heilerziehungspfleger und habe eine Zeit lang in einer Schule für Geistig- und Körperbehinderte gearbeitet. Dort hatte ich eine Vielzahl Schüler, die mit aller Kraft auf der Grundschule gehalten wurde. Allein aus der Angst heraus, sie hätten dann keine Chance im Leben. Das Problem daran ist nur, dass wenn sie in der Schule absolut nicht hinterherkommen und extreme Probleme haben, ist es immer besser es in einer anderen Schulart zu versuchen. Man muss auch immer an das Kindeswohl denken. Ein Kind soll sich, im Rahmen seiner Möglichkeiten, so gut wie es geht entwickeln.

Viele der Kinder, die krampfhaft in der Grundschule behalten wurden, hatten meist noch größere Defizite, als die Kinder, die von Anfang in der Förderschule waren. Denn hier erhalten sie die richtige Förderung. Die Förderung, die für sie bestimmt ist. In einer Grundschulklasse mit 15 bis 20 Kindern und einer Lehrerin ist das einfach nicht möglich. Wenn da ein, zwei Kinder nicht hinterherkommen, dann ist das eben so. Solange dann immernoch 80% der Kinder das Ziel der Klasse schaffen, hat der Lehrer sein Ziel erreicht. Klingt grausam, ist aber Alltag an deutschen Schulen.

Eine Förderschule bedeutet ja nicht automatisch Endziel Hauptschule. Ich kenne einige Schüler, die jetzt ihren Realschulabschluß nachmachen. Es zeigt sich, dass Förderschule nicht gleich das Ende bedeutet. Es kann ein Anfang sein.

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» Aresas » Beiträge: 42 » Talkpoints: 0,61 »


Hallo du,

ich kann dich sehr gut verstehen. Mein Stiefsohn in spe ist jetzt in die zweite Klasse gekommen, er ist allerdings seit der Einschulung in einer Förderschule. Er hat ADHS, die anderen Kinder in seiner Klasse haben alle schwerwiegendere Probleme(geistig behindert usw.). Die Klasse ist relativ klein, 10 Kinder sind es. Sie haben drei Lehrerinnen die ständig anwesend sind. Der Unterricht ist auf gar keinen Fall mit "normalen" Unterricht zu vergleichen, eine Prognose besagt, dass, wenn die Kinder in der fünften Klasse lesen können, schnell sind. Sie sind halt nur so schnell wie das schwächste Glied in der Klasse.Das Problem bei dem Kleinen ist nicht dass er nicht lernen kann, er hat eine Sprachstörung und kann deshalb nicht auf eine normale Schule.

Ich habe auch Angst ,wie du, das die Kleinen einen Stempel aufgedrückt bekommen. Wer stellt schon später jemanden ein, der erst in der fünften lesen konnte, der ein Leben lang bemuttert wurde und in keinster Weise Selbstständigkeit gelernt hat? Kurz gesagt: Wer einmal drauf ist, hat geringe Chancen wechseln zu können und die Zukunft stell ich mir auch nicht rosig vor!

Lg

» meredesgrey » Beiträge: 308 » Talkpoints: 9,14 » Auszeichnung für 100 Beiträge



meredesgrey hat geschrieben:Ich habe auch Angst ,wie du, das die Kleinen einen Stempel aufgedrückt bekommen. Wer stellt schon später jemanden ein, der erst in der fünften lesen konnte, der ein Leben lang bemuttert wurde und in keinster Weise selbstständigkeit gelernt hat?

Also ich kann eure Ängste verstehen. Ich habe mich mit vielen Eltern unterhalten, die ähnliche Ängste haben. Viele Leute verbinden Förderschule mit Dummheit. Aber das ist eben nicht so.

Die Kinder müssen die für sie richtige Förderung erhalten. Es nützt nichts, wenn das Kind einfach vier Jahre mitschwimmt in der Grundschule und jeden Tag trauriger wird, weil seine Klassenkameraden schon vieles können. Es ist hier klar das Kindeswohl zu berücksichtigen.

Ich habe so einen Fall selbst in meiner Familie. Der Sohn von meiner Cousine wird dieses Jahr eingeschult. Bei der Schulärztlichen Untersuchung stellte sich heraus, dass es für das Kind das Beste wäre, wenn es an eine Förderschule kommen würde. Aber meine Cousine sträubt sich. Nun kommt er auf eine Regelschule. Das dies ihm aber nicht gut bekommen würde, dafür muss ich kein Hellseher sein. In dem Punkt habe ich genug Erfahrung. Ich habe genug Kinder gesehen, die zu uns kamen aus Regelschulen und bei denen wir gänzlich von vorne anfangen mussten, weil sie dort nicht gefördert wurden. Wie denn auch, wenn es nur einen Lehrer für 20 Schüler gibt.

In einer Förderschule kann auf die Bedürfnisse eines jeden Kindes individuell eingegangen werden und je nach seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten gefördert werden.

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» Aresas » Beiträge: 42 » Talkpoints: 0,61 »



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