Neues Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler

vom 28.09.2007, 11:30 Uhr

Gestern hat Karl Heinz Däke, Verbandspräsident des Bundes der Steuerzahler, in Berlin das neue Schwarzbuch vorgestellt, das die Verschwendung öffentlicher Gelder offenlegt.

Seit Jahren sei der jährliche Schaden durch Misswirtschaft in etwa gleich bei 30 Milliarden Euro. Dies entspricht ca. 5 % der öffentlichen Ausgaben. Im Schwarzbuch werden aktuell 107 Fälle von Steuerverschwenudng aufgeführt, angefangen bei Fehlplanungen, Kostenexplosionen oder Luxusreisen bis hin zu teurer Imagepflege.

So zum Beispiel der Neubau einer Fußgängerbrücke am Bahnhof von Burbach für 500.000 Euro. Der Zugang zu dieser Brücke sollte über einen Turm erfolgen. Was steht ist der Turm, von der Brücke fehlt seit 5 Jahren aber jede Spur... :lol: Oder die Fußgänger- und Fahrradbrücke über die A 40 in Essen für 350.000 Euro, weil die alte Brücke Rostschäden hatte. Gerade mal 100 Meter weiter weg wurde in der Zwischenzeit schon eine neue Brücke gebaut. Und so läßt sich die Liste endlos fortführen...

Karl Heinz Däke wird von Kritikern allerdings auch Populismus und mangelnde Seriosität vorgeworfen, da er seit Mitte der 90er Jahre den Betrag mit 30 Milliarden Euro beziffere.

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» struppi66 » Beiträge: 567 » Talkpoints: 0,71 » Auszeichnung für 500 Beiträge



struppi66 hat geschrieben:Karl Heinz Däke wird von Kritikern allerdings auch Populismus und mangelnde Seriosität vorgeworfen, da er seit Mitte der 90er Jahre den Betrag mit 30 Milliarden Euro beziffere.

Ja das wollte ich schon fast anmerken, dass der Bund der Steuerzahler sich da selbst zu wichtig nimmt, nachdem man ihn anfangs gerne gehört hat, gerade wenn es wieder um das ewige Zipperlein Staatsverschuldung ging.

Mal abgesehen davon, dass im Schwarzbuch auch teilweise Sachen aufgeführt sind, die teilweise sehr gute Erklärungen haben, die nichts mit "Man muss denen ja nicht alles glauben" zu tun haben.

Beispielsweise bei der Fußgängerbrücke: Rostschäden, das klingt zwar nach nichts besonderem, aber jeder Statiker, also ein Fach wovon die wenigsten überhaupt wissen was es ist, kann einem vorrechnen, wie gefährlich das sein kann. Da is auch nichts mehr mit Sanierung, weil hier meist der Stahl im Stahlbeton rostet aufgrund der früher verwendeten Legierungen - folglich hat man nur wenige Optionen:
1. Neubau & Abriß, was etwas teurer ist wie eine Sanierung, die aber länger dauern würde (da der Stahlbeton aufgestemmt und der Stahl erneuert werden muss) und die dann im Stau stehenden Autofahrer werden sich bedanken - hier wären wirtschftliche Folgeschäden höher als das bisschen mehr was ein Neubau kostet.
2. Brücke so lassen und warten bis der erste Menschen verunglückt oder gar eine Familie und dann 3 Tage lang die BILD Zeitung und ihre Leserreporter Wache schieben lassen.

Und das mit der Fußgängerbrücke - es gibt so ein paar Projekte und Brücken die einfach wild in der Pampa rumstehen, ohne dass man den Sinn begreift, so dass man manchmal durch die Gegend fährt und da steht eine Brücke - und keine Sau weiß warum.

Der normale Dorfdepp denkt jetzt natürlich "Steuerverschwendung", doch jeder vom Bau und vom Fach kann einem erklären, dass solche Projekte als Pionierprojekte schon vor der eigentlichen Bautrasse fertiggestellt werden müssen. Wer mal die bald zu eröffnende Autobahn von Göttingen nach Leipzig fährt, hat früher ein paar solcher sinnlosen Brücken gesehen - jetzt kleben da schon wieder Autobahnteilabschnitte dran und Umgehungsstraßen sowie neue B Straßen und mittlerweile sind sie normal "in das Gesamtkunstwerk" integriert und bald ist alles fertig wenn sie die Ökos und ihre schützenswerten Krötenteiche mal endlich in die Knie zwingen.

So jetzt aber, weil einige ja immer deutliche Verständnisprobleme haben, was hat denn das mit dem Fußgängerturm oder irgendeiner anderen Brücke zu tun, die seit Jahren dumm in der Gegend rumsteht - ganz einfach, wie gesagt, so etwas sind Dinge die mit zuallererst errichtet werden, sei es eine seit Jahren ungenutzte Bahnbrücke für zig Millionen Euro oder ein asphaltierter Ackerweg für nur 100.000 Euro, und Projekte oft erleben, dass obwohl sie bereits geplant oder bewilligt sind, auf einmal wieder abgesetzt werden - auf gut Deutsche: Man stampft sie ein und dreht den Geldhahn zu. Was natürlich schon gebaut wurde, ist nunmal schon gebaut worden, was mit der erwähnten Planung und Projektierung zusammenhängt - da kann man dann auch gerne etwas von Steuerverschwendung rumheulen.

Der gute Adi hat auch zig Projekte, die teilweise seit 1938 am Laufen waren, wieder eingestampft - weil inzwischen Krieg war und das Geld woanders gebraucht wurde, statt den Beton in öffentliche Gebäude zu stecken, hat man ein paar Bunker in die Normandie gebaut. Da hat auch keiner gejammert von wegen Steuerverschwendung, wahrscheinlich weil damals sowieso fast alle zu feige waren, den Mund aufzumachen.
In Berlin sieht man z. B. noch viele so große Betonkubusse und Zylinder rumstehen - sogenannte Schwerbelastungskörper - die übrigens auch nicht umsonst waren und dazu dienten, die dazu dienten den weichen Berliner Boden zu testen und um die Welthauptstadt Germania vorzubereiten, und heute is nichts mit Adolf-Hitler-Prachtstraße oder Germanenhalle und andere Monumentalbauten.

Also man sollte das auch vom Bund der Steuerzahler mal relativ sehen . Klar gibt es eindeutige Steuerverschwendungen, die einfach nicht sein dürfen, nur wenn man mal drüberguckt, landet man schnell bei 6 - 7 Milliarden statt 30 Milliarden verschwendeten Euro. Letztendlich vertraue ich da dem unabhähngigen Bundesrechnungshof, der eben so angeführte Gründe einsehen kann und merkt: "Aha, da steht eine Brücke für 40 Millionen dumm rum, aber nur weil man das 600 Millionen Projekt auf Eis gelegt hat.".

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Die Zahl von 30 Mrd Euro halte ich für sehr realistisch. Die vielen kleinen Projekte von Städten und Gemeinden sind ja oft gar nicht berücksichtigt. Ein Bespiel bei uns:
eine zweispurige Straße würde zurückgebaut, nachdem man den Verkehr gezählt hat. Leider hat man vergessen zu zählen wie viele Fahrzeuge an der nächsten Kreuzung, etwas 200m weit entfernt von der beginnenden jetzt einspurigen Bahn nach links abbiegen wollen. Und da ist keine Ampel, die das regelt. Folglich staut sich der Verkehr an dieser Stelle nun oft soweit zurück, dass die vorherige Kreuzung blockiert wird. Ergbebnis: An der Kreuzung wird nun wieder rückgebaut, ein Streifen für Linksabbieger eingerichtet. Kosten: rund 150.000 Euro für den Rückbau.
Hätte man das verkehrsgeschehen gleich richtig beobachtet wäre das nicht passiert...
Zweiter Fall, auch bei uns: die Beleutung in der Innenstadt wurde komplett erneuert, ALLE Straßenlaterenen in der Fußgängerzone wurden durch neue Säulen ausgetauscht. Ergebnis: die neuen Säulen haben einen kleineren Leuchtkreis, es mussten zusätzliche Lampen aufgestellt werden. Mehrkosten als geplant: 400.000 Euro.
Noch ein Beispiel: In unserem Stadtteil wollten drei Sportvereine fusionieren und ein gemeinsames, viel größeres Trainingsgelände mit großer Sporthalle bauen. Die Stadt hat zugestimmt und bereits begonnendie Flächen zu planieren, Bäume wurden abgerissen, sogar die Anschlüße wurden schon gelegt und eine Straße gebaut. Die Sportvereine konnten sich abe rnicht auf den Betreiber der Gastwirtschaft einigen, das Projekt ruht. Die Flächen wachsen zu, die Straße ist ungenutzt. Bisherige Kosten: rund 200.000 Euro. Und das Projekt liegt still.
Das sind nur drei Sachen aus einer Stadt mit rund 250.000 Einwohnnern und alles aus diesem Jahr... Ich finde, dass da 30 Milliarden insgesamt noch fast zu wenig ist.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



30 Milliarden ist völlig übertrieben und abwegig, hab mir das Schwarzbuch mal angesehen - man merkt, dass die Leute dort für die BILD Zeitung und deren Leser ihre Aussagen wohl meiner Meinung nach stark anzupassen schein - so wie die sich stetigwiderholenden 30 Milliarden. Da ist der Staat aber pro Jahr mal wieder sehr exakt bei der Verschwendung.

Ich halte es wie Subbotnik, ich glaube nur dem unabhängigen Bundesrechnugshof, der wirklich fundierte Zahlen herausgibt und bisher auch teilweise den Bund der Steuerzahler bestätigte - wie gesagt, [b]teilweise.

Die meisten Projekte und Ausgaben sind eben deswegen so hoch weil der Nachfolger alles anders als der Vorgänger machen will und dann wieder begonnene Sachen absägt. Und ich sag nur die rostende Brücke - so oder so, man kann es den leuten nie recht machen, egal ob man sie kostengünstig saniert, alle über den Stau meckern, der dann entsteht, eine neue baut, die wieder zuviel kostet oder man gar nichts macht und wenn was passiert ist man wieder der Gelackmeierte.

» KrashKidd » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Das finde ich gut, dass sich jemand um die Misswirtschaft des Staates kümmert und aufdeckt wie die Steuern verwendet werden. Ob die Angaben stimmen bezweifele ich aber auch.

» Jenna » Beiträge: 1270 » Talkpoints: -1,27 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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