Praxisgebühr und sozial schwache Menschen

vom 03.06.2009, 21:59 Uhr

In einem anderen Forum lese ich gerade die Diskussion mit bezüglich Hartz IV und Praxisgebühr. Die Praxisgebühr wird ja für sozial schwache Menschen erstattet bzw. diese müssen diese Gebühr erst gar nicht bezahlen. Welche genauen Regelungen gibt es denn bezüglich den Menschen die so gut wie kein Geld haben und der Praxisgebühr? Welche Gesetzesregelungen gibt es denn da genau? Gibt es auch eine Untergrenze die im Prinzip besagt, dass wenn man weniger als X Euro zur Verfügung hat diese Gebühr nicht mehr bezahlen muss?

Danke für die Aufklärung!

Benutzeravatar

» Julian » Beiträge: 3431 » Talkpoints: 5,77 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Wenn man Hartz 4 bezieht und noch dazu chronisch krank ist, muss man knapp 50 Euro im Jahr an Medikamentenzuzahlungen leisten. Also Zuzahlungen zu verschreibungspflichtigen Medikamenten, Praxisgebühr, Krankenhaustagegeld. Hat man diese Grenze überschritten, kann man eine Zuzahlungsbefreiung beantragen. Ab dann braucht man im Jahr nichts mehr zuzahlen. Man bekommt dann einen sogenannten Befreiungsausweis. Den legt man dann in den Arztpraxen vor und muss schon mal nicht die 10 Euro Praxisgebühr bezahlen. Ausserdem wird beim Ausstellen eines Rezeptes das Kästchen Zuzahlungsbefreit angegekreuzt. Ab und an verlangen die Apotheken, in denen man diese Rezepte einlöst, den Befreiungsausweis.

Manche Krankenkassen versenden am Jahresende an betreffende Personen einen Brief. Dort steht dann drinne, das man den Betrag von etwa 50 Euro auch schon im voraus zahlen kann und man bekommt dann zum Jahresanfang schon das Befreiungskärtchen.

Ähnlich funktioniert es bei Geringsverdienern. Man hat im Jahr, als chronisch Kranker eine Belastungshöchstgrenze von 1 % des Bruttolohns. Als nicht chronisch Kranker sind es 2 %. Da kann man das Jahr über alle Quittungen sammeln und reicht sie am Jahresende, oder am Anfang des Folgejahres bei der Krankenkasse ein und bekommt den zuviel bezahlten Betrag zurück. Theoretisch müsste das auch funktionieren, wenn man halt weiss, wieviel man im Jahr verdient. Allerdings sind alle Verdienständerungen der Krankenkasse zu melden und die fordern dann auch eventuell noch den Fehlbetrag nach. Was aber im Grossen und Ganzen keine grosse Aktion ist.

Ich beziehe mich in meinem Beitrag auf Hartz 4 Empfänger die nachweislich chronisch krank und Single sind. Die Beträge für Familien weichen ab. Allerdings reicht es, wenn ein Familienmitglied chronisch krank ist.

Ausserdem muss der behandelnde Arzt ein Schreiben unterschreiben, aus dem hervorgeht, das der Patient chronisch krank ist.

Ach ja oben genannte Vorgehensweise, das man die Zuzahlungsbefreiung am Anfang des Jahres beantragen kann, kenne ich sowohl von der IKK und der AOK.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Hallo!

Ich kenne das so, dass man die Praxisgebühr erst auf jeden Fall bezahlen muss. Aber am Ende des Jahres kann man alles, was man beim Arzt oder durch Rezepte bezahlt hat bei der Krankenkasse mit Quittungen einreichen, und man bekommt es gegebenenfalls rückerstattet.

Zumindest dass, was 2 % des Einkommens überschreitet. 2% des Jahrseinkommens muss selber bezahlt werden und alles was drüber ist bekommt man zurück. Wenn du chronisch krank bist, musst du nur 1 % des Jahreseinkommens bezahlen und bekommst den Rest zurück. So ist es jedenfalls bei der AOK. Da ist es egal, woher das Geld kommt. Ob durch Arbeit, Hartz 4 oder Rente.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich bin bei der AOK pflichtversichert, und kenne die Prozedur genauso, wie LittleSister es beschreibt.
Wenn es abzusehen ist, daß der Mensch seine persönliche Zuzahlungsgrenze überschreitet, kann er das Geld bereits am Jahresanfang in die Kasse einzahlen, und wird dann für Rest des Jahres von Zuzahlungen befreit.

Praktiziert wird es hauptsächlich bei Mitgliedern mit festen Einkommen, wie eben Sozialhilfebezieher und Rentnern. Wie man aus Erfahrung weißt, gibt es da jedes jahr Nullrunde, also macht die Kasse auch keinen Verlust.

Benutzeravatar

» eraser » Beiträge: 24 » Talkpoints: 0,20 »



Und wenn man die Praxisgebühr unter keinen Umständen zahlen könnte, wird die Krankenkasse (egal welche) einen dann schon von Beginn an von dieser Gebühr befreien?

Benutzeravatar

» Julian » Beiträge: 3431 » Talkpoints: 5,77 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Nein, die Kasse wird dich nicht von Beginn an befreien. Wenn du einen netten Arzt hast, könnte er dir das stunden. Aber die meisten Ärzte nehmen keinen mehr dran, wenn man die 10 Euro nicht direkt mitbringt und man keinen Befreiungsschein hat. Denn da du ja sowieso bis zu einer gewissen Grenze selber bezahlen musst (2 % des Jahreseinkommens auch wenn es Hartz 4 ist) musst du auf jeden Fall erst mal bezahlen. Kommt dann im Jahr mehr zusammen, bekommst du es wieder.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Dann hat dieses System doch einige Mängel. Angenommen man kann diese Praxisgebühr gar nicht bezahlen (weder vorstrecken noch sonst was), ist aber auf Medikamente angewiesen die einen am Leben halten, die man aber nur auf Rezept vom Arzt bekommt - was dann?

Benutzeravatar

» Julian » Beiträge: 3431 » Talkpoints: 5,77 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Hallo!

In der Situation war ich leider auch schon und ich bin chronisch krank. Die Kasse hat nicht mit sich reden lassen und der Arzt auch nicht. Ich habe mir Geld von Bekannten leihen müssen. Am Ende des Jahres habe ich aber Geld zurück bekommen von der Kasse.

Vielleicht gehst du einfach mal zu deiner Krankenkasse hin und redest mit ihnen. Bei mir haben sie nicht mit sich reden lassen.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Ich weiß ja nicht, habe von meinen Bekannten mal gehört, dass sie so eine Befreiung für ihren Großvater von der Krankenkasse bekommen, oder genauer gesagt erkämpft haben. Der Opa ist ja schon über 80 und muss ständig Medikamente nehmen, es ist ja vorauszusehen, dass er mit seiner kleiner Rente schnell über diese Grenze kommt. Ich weiß aber nicht, bei welcher Krankenkasse er versichert ist, vielleicht handhaben sie das ganze unterschiedlich.

An sich lohn sich vielleicht das Gerangel mit der Krankenkasse nicht wirklich, wenn es um kleinere Beträge geht, einfacher dann Quittungen zu sammeln und Erstattung nachträglich beantragen. Bei großen Summen an Zuzahlungen und kleinem Einkommen eher schon.

Im Gesetz steht allenfalls genau die Prozedur beschrieben wie im zweiten Beitrag von oben - dass man eine Befreieung beim Überschreiten der 2% Grenze benatragen kann. Zum Nachschlagen - § 62 SGB V.

» Tururu » Beiträge: 92 » Talkpoints: 40,10 »


Hallo!

Wenn man eine Rente bezieht, dann wird es auch möglich sein schon im Vorraus so eine Bescheinigung bzw. Freistellung von der Kasse zu bekommen, weil sich ja das Einkommen auch die nächsten Jahre nicht ändern wird. Es ist ja schon klar, was der Rentner in Etwa bis Ende des jahres verdient und wenn die Kasse dann weiß, wieviel es ist, kann sie es ja schon ausrechnen.

Bei Hartz 4 kann es aber sein, dass man morgen schon Arbeit hat und sich das Einkommen so erhöht, dass man auch nicht mehr befreit ist. Deswegen machen die Kassen das erst am Ende des jahres und nicht mal, wenn man schon die 2 % Grenze erreicht hat.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^