Auslandsadoptionen in Deutschland immer beliebter

vom 16.03.2009, 08:39 Uhr

Hallo!

Gestern kam eine kurze Reportage im Fernsehen über Auslandsadoptionen. Auslandsadoptionen sind in Deutschland immer beliebter. Besonders in den asiatischen Ländern und Kolumbien werden sehr viele Kinder nach Deutschland vermittelt. Die Gründe sind vielfältig:

Im Ausland hat man als potentielle Eltern keine Altersbegrenzung. Es ist 100% klar, dass das Kind niemals die biologischen Eltern kennenlernen kann, weil es eine absolut anonyme Adoption ist und die Eltern nirgendwo registriert sind. Viele Eltern finden das besser, weil dann nicht irgendwann das Kind sich wieder an die leibliche Mutter hängt oder die leibliche Mutter irgendwann vor der Tür steht., Ausserdem ist die Wartezeit nicht so lange wie hier in Deutschland. Wenn potentielle Eltern hier in Deutschland 3-5 Jahre warten müssen um ein Kind zu adoptieren, kann man das in vielen Ländern alles innerhalb eines Jahres regeln.

Die deutschen Jugendämter kontrollieren zwar die potentiellen Eltern, aber sie schreiben dann nur eine Empfehlung zu der Adoptionsbehörde in dem ausgewählten Land und schon bekommt das Jugendamt dann Angebote, die sie den potentiellen Eltern vorlegen.

Die Adoptionsgebühr fängt bei 10 000 Euro an und ist je nach Land auch das 5 fache und mehr.

Für mich sind diese Auslandsadoptionen schon fast mit Menschenhandel zu vergleichen. Die Kinder werden meines Erachtens mehr oder weniger gekauft. Denn so hohe Adoptionsgebühren finde ich schon der Hammer. Sicher kann man sagen, dass man sich es deswegen 100 mal mehr überlegt, ob man sich das Kind auch holen will. Aber es handelt sich hier um Menschen und da finde ich sollte das alles eher durch Behörden kontrolliert werden, als dass man so viel Geld zahlen muss um an ein Kind zu bekommen.

In der Reportage sagte man, dass man relativ leicht an ein Kind kommt. Auch wenn man den legalen Weg über die Jugendämter geht. Wenn das vermeintliche Adoptivkind als Foto vorliegt, brauchen die "werdenden" Eltern nur noch die Koffer packen und müssen sich 4 Wochen Zeit nehmen. Die Zeit geben die Behörden Eltern und Kind um sich aneinander zu gewöhnen. Wenn sich beide aneinander gewöhnt haben, kann das Kind die Reise nach Deutschland antreten und die Behörden haben dann auch kein Auge mehr drauf. Die Eltern können sich zwar bei der Adoptionsvermittlung Ratschläge holen, aber die Behörde selber kümmert sich nciht mehr darum.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Hallo!

Mir auch aufgefallen, dass solche Auslandsadoptionen immer beliebter sind. Als wir klein waren, hatte eine Familie in der Nachbarschaft zwei Kinder aus Indien adoptiert. Damals erklärte uns meine Mutter, dass sie Kinder aus Indien adoptierten, da sie selbst keine Kinder bekommen können und auch zu alt wäre, um Kinder aus Deutschland adoptieren zu können.

Die beiden Kinder waren auch keine leiblichen Geschwister. Aber wir haben sehr gerne mit ihnen gespielt und damals war es auch irgendwie etwas besonderes. Da sie die einzigen Adoptivkinder in der ganzen Umgebung waren und dann auch noch aus dem Ausland. Aber mittlerweile finde ich es schon recht normal, dass solche Adoptionen durchgeführt werden. Allerdings finde ich auch, dass es leider viel von Menschenhandel hat. Ich meine gerade, dass Angelina Jolie und Brad Pitt sowie Madonna solche Adoptionen Vorleben. Dadurch wird es dann auch immer bekannter und es machen mehr Menschen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Die hohen Gebühren lassen natürlich schon irgendwie vermuten, dass da Schmiergelder fließen, die das Adoptionsverfahren beschleunigen oder vielleicht auch überhaupt erst möglich machen. Aber so lange ich nicht weiß, wie diese Gebühren sich zusammensetzen möchte ich mir da kein endgültiges Urteil bilden.

Was ich aber erschreckend finde ist, dass es Menschen gibt die bereit sind sehr viel Geld für ein Kind zu bezahlen, zu dem sie keinerlei Beziehung haben. Da werden Kinder ja teilweise wie aus dem Katalog bestellt, von Menschen die noch nie im Heimatland dieser Kinder waren und die die Sprache teilweise auch überhaupt nicht sprechen. Ich glaube für viele ist es auch egal woher sie ihr Kind bekommen, egal ob Vietnam oder Kolumbien - wenn es kein deutsches Kind ist dann wenigstens eines, das von weitem betrachtet noch als weiß durchgeht.

Genauso egoistisch ist es auch, sich ein Kind auszusuchen, das man anonym adoptieren kann, weil man keinen Kontakt zu den leiblichen Eltern will. Irgendwann wird sich das Kind fragen wo es herkommt und wer die Eltern waren, gerade wenn es anders aussieht als die Eltern oder Geschwister.

Ich habe Freunde, die als Kleinkinder adoptiert worden sind und obwohl sie tolle Adoptiveltern hier haben stehen beide Auslandsadoptionen kritisch gegenüber, weil die vollständige Integration von zwei asiatisch aussehenden Kindern in eine deutsche Familie nie möglich ist. Also, es fällt eben einfach überall sofort auf, dass die Kinder nicht die leiblichen Kinder der Familie sind - der Fall, den Nelchen beschreibt ist da ein gutes Beispiel, die Kinder werden nicht wie normale Kinder behandelt sondern wie etwas "besonderes".

Andererseits sind die Zustände in vielen Kinderheimen in der "dritten" Welt natürlich schrecklich und ich kann es schon verstehen, wenn man den Kindern dort helfen will, aber ein Patenschaft ist wesentlich besser als das Kind aus seinem Kulturkreis herauszureisen und in einem Land aufwachsen zu lassen in dem es keine Wurzeln hat und in dem es immer als "anders" angesehen wird. Aber für die meisten Menschen, die so ein Kind adoptieren geht es wohl eh nicht um das Wohl des Kindes sondern in erster Linie darum etwas zu bekommen, das sie ,aus welchem Grund auch immer, unbedingt haben wollen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich frage mich eher, wie der Leidensweg dieser Adoptiveltern aussieht, wenn sie bereit sind, so viel Geld für ein Kind zu zahlen?

In meinem Freundeskreis gibt es ein Ehepaar, dass auf ganz natürlichem Wege kein Kind zeugen kann. Diese Diagnose stand endgültig als beide Anfang 30 waren. Natürlich hat sich dieses Paar auch über die Möglichkeit informiert ein Kind zu adoptieren. Allerdings waren sie nach einigen Gesprächen so ernüchtert, dass sie es bevorzugten leider kinderlos zu bleiben. Dieses Paar hat sich wirklich damit abgefunden keine eigenen Kinder zu haben, kümmert sich dann lieber umso engagierter um Neffen, Nichten und die Kinder von Freunden. Was aber. wenn es einem solchen Paar nicht reicht sich mit fremden Kindern zu umgeben?

Unentschieden bin ich, ob sich Behörden bei Auslandadoptionen stärker einmischen sollten. Denn scheinbar sind genug adoptionswillige Eltern da, die aber aus verschiedenen Gründen lieber ins Ausland gehen und dort ein Kind adoptieren. Hier wäre es mal interessant zu wissen, aus welchem Antrieb die Eltern so handeln: fühlen sie sich weniger gegängelt, sind die Wartezeiten kürzer, steht das Kindeswohl dort weiter hinten in der Prioritätenliste? Erst wenn es aussagekräftige Antworten auf diese Fragen gibt, sollte man entscheiden, ob sich die deutschen Behörden stärker einmischen sollten oder wie bisher zurückhalten.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



JotJot hat geschrieben:Hier wäre es mal interessant zu wissen, aus welchem Antrieb die Eltern so handeln: fühlen sie sich weniger gegängelt, sind die Wartezeiten kürzer, steht das Kindeswohl dort weiter hinten in der Prioritätenliste? Erst wenn es aussagekräftige Antworten auf diese Fragen gibt, sollte man entscheiden, ob sich die deutschen Behörden stärker einmischen sollten oder wie bisher zurückhalten.

Hallo JotJot!

In der Reportage heute Nacht wurden einige Gründe genannt, warum die Adoptiveltern lieber ins Ausland gehen.

- Es ist keine Altersbegrenzung. Dort bekommt man auch ein Kind, wenn man an die 40 Jahre alt ist und hier in Deutschland bekommt man nicht mal ein älteres Kind, wenn man um die 40 ist.

- Hier in Deutschland steht man , ehe man eine Adoption durchbekommt erst mal auf der Warteliste, die so lang ist, dass man 3-5 Jahre warten muss. Wenn man ein Kind bis zu 2 Jahren aufnehmen will, dann dauert es meist 5 Jahre und bei einem älteren Kind dauert es "nur" 3 Jahre. Im Ausland ist eine Höchstwartezeit von einem Jahr. Meist sogar weniger.

- Auslandsadoptionen gehen ziemlich schnell vonstatten. Hier in Deutschland "darf" man erst mal Pflegeeltern spielen, ehe man das Kind dann adoptiert bekommt. Das schreckt viele ab, weil in der Zeit die richtige Mutter sich auch oft noch meldet und Anspürüche stellt oder der leibliche Vater ausfindig gemacht wurde. Das ist oft bei kleineren Kindern der Fall.

- In Deutschland gibt es keine anonyme Adoption. Viele Adoptiveltern scheuen es, wenn das Kind dann in einem gewissen Alter ist und die leiblichen Eltern kennenlernen will und die Behörden dann auch Auskunft geben.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


JotJot hat geschrieben:Ich frage mich eher, wie der Leidensweg dieser Adoptiveltern aussieht, wenn sie bereit sind, so viel Geld für ein Kind zu zahlen?

Sicher werden die meisten Menschen ihre Gründe für so einen Schritt haben und sicher kann man die auch teilweise nachvollziehen - aber wenn man den Sachverhalt mal rational betrachtet stellt sich mir erst mal die Frage, ob man ein Kind dazu benutzen darf das "Leiden" von kinderlosen Paaren zu lindern.

Und die Tatsache, dass nach möglichst jungen und möglichst weißen Kindern verlangt wird die anonym adoptiert werden können zeigt doch auch irgendwo, dass das Menschen sind, die eine ganz bestimmte Vorstellung von einem Kind haben und die sich dann eben an eine Stelle wenden, die diese Vorstellung erfüllen kann. Denn es ist ja längst nicht so, dass eine Adoption in Deutschland immer an "den Behörden" scheitert - es gibt auch genug potentielle Eltern, die sich nicht vorstellen können ein älteres Kind aufzunehmen oder ein Kind erst mal in Pflege zu nehmen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Diamante hat geschrieben:Es ist keine Altersbegrenzung. Dort bekommt man auch ein Kind, wenn man an die 40 Jahre alt ist und hier in Deutschland bekommt man nicht mal ein älteres Kind, wenn man um die 40 ist.

Auch in Deutschland gibt es vom Gesetz her keine Altersgrenze, die Jugendämter vermitteln Kinder aber lieber an Paare bis 40, da bis zu diesem Alter die meisten Paare auch "normal" Eltern werden.

Diamante hat geschrieben:Hier in Deutschland steht man , ehe man eine Adoption durchbekommt erst mal auf der Warteliste, die so lang ist, dass man 3-5 Jahre warten muss. Wenn man ein Kind bis zu 2 Jahren aufnehmen will, dann dauert es meist 5 Jahre und bei einem älteren Kind dauert es "nur" 3 Jahre. Im Ausland ist eine Höchstwartezeit von einem Jahr. Meist sogar weniger.

7 Jahre ist wohl realistischer, aber auch länger warten ist durchaus möglich. Das muss man erst mal durchstehen.

Diamante hat geschrieben:Auslandsadoptionen gehen ziemlich schnell vonstatten. Hier in Deutschland "darf" man erst mal Pflegeeltern spielen, ehe man das Kind dann adoptiert bekommt. Das schreckt viele ab, weil in der Zeit die richtige Mutter sich auch oft noch meldet und Anspürüche stellt oder der leibliche Vater ausfindig gemacht wurde. Das ist oft bei kleineren Kindern der Fall.

Und das nachdem man oft Jahre auf ein Kind gewartet hat.

Diamante hat geschrieben:In Deutschland gibt es keine anonyme Adoption. Viele Adoptiveltern scheuen es, wenn das Kind dann in einem gewissen Alter ist und die leiblichen Eltern kennenlernen will und die Behörden dann auch Auskunft geben.

Das ist der einzige Punkt, an dem ich das deutsche System wirkliich sinnvoll finde.

Cloudy24 hat geschrieben:Sicher werden die meisten Menschen ihre Gründe für so einen Schritt haben und sicher kann man die auch teilweise nachvollziehen - aber wenn man den Sachverhalt mal rational betrachtet stellt sich mir erst mal die Frage, ob man ein Kind dazu benutzen darf das "Leiden" von kinderlosen Paaren zu lindern.

Dann dürfte keine Adoption möglich sein, weil das adoptierte Kind ja fast immer eine Lücke schließt :wink: Mir ging es eher darum, dass ich den Eindruck habe, dass gerade die Eltern, die sich zu einer Auslandsadoption entschließen, stark und teilweise zu Unrecht kritisiert werden. Ich kenne zwar niemanden, der sich letzten Endes zu einem solchen Schritt entschlossen hat, aber einige Paare, die adoptiert haben und eben jenes Paar, dass sich erst vor wenigen Jahren von diesem Traum verabschiedet, weil ihm die Hürden viel zu hoch erschienen. Die mögen sicher gerechtfertigt sein, aber scheinbar wurden die schon beim ersten Beratungsgespräch so dargestellt als würden sie von diesem Paar nicht genommen werden können.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



JotJot hat geschrieben:
Cloudy24 hat geschrieben:Sicher werden die meisten Menschen ihre Gründe für so einen Schritt haben und sicher kann man die auch teilweise nachvollziehen - aber wenn man den Sachverhalt mal rational betrachtet stellt sich mir erst mal die Frage, ob man ein Kind dazu benutzen darf das "Leiden" von kinderlosen Paaren zu lindern.

Dann dürfte keine Adoption möglich sein, weil das adoptierte Kind ja fast immer eine Lücke schließt :wink:

Na ja, ich finde es ist schon ein Unterschied ob ich mich in Deutschland an die zuständigen Stellen wende und mich dort über verschiedene Möglichkeiten ein Kind aufzunehmen informiere oder ob ich mich im Ausland umschaue, weil man mir in Deutschland mein "Wunschkind" (möglichst jung, ohne familiären Anhang und sofort zur Adoption bereitstehend) nicht vermitteln kann.

Ich meine, die meisten Menschen, die ein Kind adoptieren wollen denken doch an ein süßes Baby oder Kleinkind - kaum jemand denkt daran zum Beispiel ein 12 jähriges Kind mit Down Syndrom als Pflegekind in die Familie zu holen.

Ich möchte damit aber natürlich nicht sagen, dass Eltern, die ein Kind aus dem Ausland adoptieren schlechte Eltern oder schlechte Menschen sind.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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