Wenn die Welt von Atheisten regiert würde...

vom 08.03.2009, 01:31 Uhr

Hi! Ich habe eine theoretische und philosophische Frage an euch. Ich habe mich nämlich gefragt was passieren würde, wenn die Atheisten tatsächlich ihren Wunsch erfüllt hätten und die Religion komplett verschwunden wäre? In diesem Fall würden doch alle Probleme, die heutzutage auf Religion basieren, verschwinden, denkt ihr nicht?

Was glaubt ihr, was würde sich tatsächlich verändern? Würden die Menschen dann andere Gründe finden, um Konflikte zu erschaffen oder würden wir dann friedlicher leben? Wenn der Faktor Religion einfach aus der Gleichung herausgestrichen worden wäre, würde die Welt in ein Chaos versinken oder würde es eine neue Ordnung geben, was denkt ihr?

» Kameo » Beiträge: 22 » Talkpoints: 0,16 »



Religion hat schon immer den Fortschritt behindert (Mittelalter in Europa) und wird es auch immer tun (Stammzellendebatte; muslimische Länder), sodass die Welt ohne Religion wesentlich fortschrittlicher wäre. Zudem hätte es weniger sinnlose Tote gegeben (Hexenverbrennung) und der Rassismus wäre weniger ausgeprägt. Außerdem denke ich, wirft man einen Blick auf den nahen Osten, dass die Abschaffung der Religionen die Zahl der Menschenrechtsverletzungen (Todesstrafe usw) senken würde.

Kriege hätten natürlich trotzdem stattgefunden - nur unter anderem Vorwand - denn eigentlich sind Religionskriege immer nur Kriege für die Förderung der politischen Macht der Kirche oder eines Königs gewesen, denen sich das Volk, da dies ja im Sinne ihres Gottes war, bereitwillig angeschlossen hat. Statt einen Krieg mit Religion zu begründen würde man dann halt, wie heutzutage, einfach sagen das das Land den Terrorismus unterstütze oder Massenvernichtungswaffen baue - ob es stimmt ist ja egal, denn wenn du einmal drin bist musst du es nicht mehr rückgängig machen.

Trotzdem würde ich mir eine Welt ohne Religionen - für ein neues Zeitalter des Fortschritts und der Toleranz - aussprechen.

» TuDios » Beiträge: 1475 » Talkpoints: 4,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Es gibt ja auch Bücher zu dem Thema "Welt ohne Religion" und ich finde es immer wieder erschreckend wie naiv die Autoren sind und wie wenig sie die Sache doch durchdacht haben. Aber Atheismus ist ja schließlich auch ein Glaube - der Glaube an die Nichtexistenz eines Gottes - und deshalb kann er genau die gleichen Auswüchse annehmen wie ein Glaube der auf Religion basiert. Ideologische Verblendung inklusive.

Fakt ist doch, dass viele Konflikte, die vordergründig religiöse Konflikte sich als soziale Konflikte herausstellen, wenn man mal genauer hinsieht. Ich will hier nur ein Beispiel aufführen - den Nordirland Konflikt. Hier schlagen sich Katholiken und Protestanten die Köpfe ein, könnte man meinen. In Wirklichkeit geht es bei dem Konflikt aber darum, dass Irland von Englischen Siedlern besetzt wurden und dass die Iren unterdrückt wurden, teilweise zu Gunsten der Engländer enteignet wurden, die Folgen sind teilweise noch heute im geringeren Wohlstand der Iren zu sehen. Dass die Iren katholisch sind und die Briten Protestantisch spielt dabei nicht die geringste Rolle, es dient heute einfach als Unterscheidungsmerkmal zwischen den verfeindeten Lagern. Ohne Religion wäre die Geschichte wahrscheinlich nicht anders verlaufen, in einigen afrikanischen Ländern gab es das gleiche in grün, nur diente da eben die Hautfarbe zur Unterscheidung zwischen Unterdrücktem und Unterdrücker.

Und dass auch eine religionsfreie Welt vor verrückten Ideologien nicht schützt dürfte mit Diktatoren wie Hitler oder Stalin bewiesen sein. Kommunistische Regime sind eh ein gutes Beispiel, denn das ist ja nun eine Ideologie, die Religion ablehnt, zum Teil sogar ausdrücklich verbietet, aber ich sehe nicht, dass es den Menschen unter so einem Regime besser ging oder geht.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob es ohne Religion wirklich mehr Toleranz gäbe. Also ich empfinde die religiösen Menschen in meinem Umfeld nicht als intoleranter als die Agnostiker oder Atheisten und im Grunde genommen ist es bei der Intoleranz doch wie bei Kriegen - wenn die Religion nicht mehr als Grund zur Rechtfertigung dienen kann sucht man sich eben einen anderen Grund.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Naja, ich glaube nicht, dass sich der Grossteil der Konflikte auf Religion zurückführen lässt.

Zum Beispiel die angeführten Hexenverbrennungen. Diese waren klar NICHT religiös motiviert. Das wird schnell klar, wenn man sich etwas vertiefter damit beschäftigt. Man kann zum Beispiel untersuchen, wer jeweils der Ankläger war. Die Gerichtsakten sind sehr häufig erhalten geblieben und können noch heute untersucht werden. Möglich, dass weltliche und kirchliche Institutionen über einen solchen "Sünder" Gericht hielten, aber die Ankläger waren in überwiegender Mehrheit die Nachbarn. Und das waren keine religiösen Fanatiker, sondern verunsicherte, eifersüchtige, normale Menschen mit, nach unserer "modernen" Einstellung, schlicht abergläubisch waren und in der bewarzten Hakennase der schrulligen, alten Nachbarin das eindeutige Indiz für eine Hexe sahen. Dann brauchte es noch eine schlechte Ernte und die Krankheit der eigenen Kuh nachdem am Tag vorher die "Hexe" da war und mit der Bitte um etwas zu essen eine Absage kassierte, dann war klar wer dafür verantwortlich war. Da kam nicht die Kirche und klagte die Hexe an, das war der Nachbar mit der kranken Kuh.

Oder wer glaubt, dass der Konflikt in Israel/Palästina wirklich religiös motiviert ist, der ist schlicht naiv. Da stecken ganz andere Interessen dahinter. Allerdings lassen sich Selbstmordattentäter gut religiös instrumentalisieren. Kein Selbstmordattentäter jedoch macht dies aus rein religiöser Überzeugung. Da hilft es, dass sie als Helden betrachtet werden, dass ihre Familie danach eine Rente bekommt.

Cloudy24 hat demnach ganz recht, wenn sie sagt, dass viele vordergründig religiöse Konflikte sich bei näherer Betrachtung als soziale Konflikte herausstellen. Das Beispiel Nordirland ist sehr gut gewählt und zeigt den Punkt exemplarisch auf.

Ich möchte jedoch nicht die Religion in ihrer Bedeutung schmälern. Sie ist vielen Leuten Anker und Trost. Sie kann der Gesellschaft eine grosse Stütze sein. Leider wird die Religion darüber hinaus oft als politische Grösse anerkannt, was in meiner Sicht ein grosser Fehler ist. Mit religiösen Argumenten sollte man keine Politik betreiben, da sie schlicht nicht rational sind. Und Rationalität ist ein wichtiger Grundpfeiler der Politik, zumindest von nachhaltiger, "guter" Politik. Sobald Politik religiös oder sonstwie fundamental (man kann da auch nationalistisch dazunehmen) eingefärbt ist, dann verschiebt sich das Ziel vom Wohl der Gesellschaft weg, hin zu einem Ideal einiger weniger, einer Priesterschaft oder eines Führers. Dies dient nicht der Gesellschaft, wobei dieser Dienst doch das Ziel der Politik sein sollte.

Noch ein Wort zum Thema Atheismus. Das wird, so zumindest sehe ich es, meist völlig falsch benutzt. Ein Atheist sagt, dass es keinen Gott gibt. Naturwissenschaftlich ist es so, dass man keinen Beweis bringen kann, dass es (einen) Gott nicht gibt. Ein solcher Beweis ist ja per Definition nicht möglich, das (ein) Gott per Definition allmächtig ist, und somit jeden Beweis verunmöglichen kann. Also ist der Atheismus mit seiner Behauptung es gäbe keinen Gott schlicht nicht zu halten. Man kann sagen, dass der Existenzbeweis eines Gottes nie erbracht werden kann, ebenso wie niemals der Beweis erbracht werden kann, dass Gott nicht existiert. Also ist die naturwissenschaftliche Frage nach der Existenz Gottes schlicht nicht sinnvoll, da nicht zu beantworten. Die Frage nach Gott ist wissenschaftlich irrelevant. Sie ist eine Frage des Glaubens, nicht des Wissens. Diese Haltung ist nicht Atheismus, sonder es ist die Haltung der Agnostik.

Ich bin daher überzeugt, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung in Tat und Wahrheit Agnostiker sind, die einen Gott zwar für möglich halten, aber nicht daran glauben.

» thisnamewasfree » Beiträge: 1102 » Talkpoints: 2,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Das ist eine sehr interessante Frage, aber gleichzeitig auch sehr schwer zu beantworten. Aus meiner Sicht war und ist Religion einfach nur Mittel zum Zweck. Die Kreuzritter haben sie benutzt, um an Reichtum zu kommen, genau wie die Kirche allgemein damals. Man denke nur einmal an Dinge, wie Ablassbriefe. Für diese Briefe sind die Menschen heute zu schlau und deshalb haben sich die "christlichen Führer" schon neue Dinge ausgedacht, um an Geld und Macht zu kommen.

Ich selber bin Christ und denke, dass Religion eigentlich keinen Krieg hervorbringen müsste, wenn man ihn richtig auslebt, denn schließlich wird an keiner Stelle der Bibel dazu aufgerufen zu Kriegen, sondern genau im Gegenteil.

Im Grunde genohmen wird die Welt von Atheisten geführt, denn kein Christ würde einen Krieg beginnen wollen. Man findet immer einen Grund; entweder man provoziert den Gegner oder man inziniert selber einen Anschlag, den man dann als Angriff verkauft und dann einen Grund hat einen Krieg zu beginnen.

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» .daviD » Beiträge: 1221 » Talkpoints: 5,19 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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