Religiosität in Deutschland

vom 08.01.2009, 02:10 Uhr

Seid ihr in irgendeiner Form gläubig oder nicht?

Umfrage endete am 04.11.2009, 02:10
Ja, ich fühle mich einer konkreten Religion/Glaubensrichtung verbunden
2
15%
Ja, Ich bin auf eine Art gläubig oder spirituell, dies aber unabhängig von einer offiziellen Religion
1
8%
Nein, ich verstehe mich nicht als gläubig, vermute jedoch dennoch, dass es irgendeine höhere Kraft gibt, wie auch immer diese aussehen mag
3
23%
Nein, ich bin Atheist/Naturalist, d.h. ich habe keinerlei "übernatürlichen" Glauben
7
54%
 
Abstimmungen insgesamt : 13

Hallo alle miteinander.
Ich weiß, dies ist ein sehr persönliches Thema, dennoch würde ich die Frage gerne einmal in den Raum werfen. Vorab: Ich bin Atheist und dies nicht zufällig oder unbewusst, sondern bewusst und dezidiert. Dennoch (oder gerade deshalb) fasziniert mich das Thema besonders, zumal ich Soziologie studiere und mich dabei speziell auf die Religionssoziologie konzentriere. Religiosität in Deutschland ist die eine Sache, dazu gibt es Studien und Statistiken. Ich würde aber gerne mal persönliche Stellungnahmen dazu haben.

Seid ihr religiös? Wenn ja, warum? Wenn nicht, warum nicht? Wenn ihr religiös seid, was bedeutet dies für euch? Ist es eine klassische, doktrinale Religiosität, oder ist es eher eine unkonkrete Spiritualität? Wie seht ihr ganz persönlich (objektiv existieren auch dazu Feststellungen und Daten die mir bekannt sind) die Rolle des abstrakten oder konkreten Glaubens in Deutschland heute und in der Zukunft?

Über eure Gedanken würde ich mich sehr freuen!

» noparadigm » Beiträge: 51 » Talkpoints: 0,00 »



Ich bin ebenfalls Atheist und glaube an keinerlei Gott oder andere übernatürliche Mächte. Das ist bei mir schon immer so gewesen, denn meine Eltern sind ebenfalls Atheisten und in meiner Erziehung haben religiöse Fragen niemals eine Rolle gespielt. Ich hatte auch nie das Bedürfnis, irgendein Ereignis mit dem Eingreifen eines Gottes oder so erklären zu müssen.

Für mich hat alles, was passiert, ganz natürliche Ursachen. Dass es dafür nicht immer eine wissenschaftliche Erklärung gibt, mag sein, aber das liegt eher daran, dass diese bisher nur noch nicht gefunden wurde. Alles Unerklärliche mit einer höheren Macht zu begründen, ist für mich zu einfach. Wenn man das tut, strebt man ja eigentlich nicht nach zusätzlichem Gewinn von Kenntnissen. Die Menschheit muss nur lange genug forschen, dann wird sie für fast alles eine Erklärung finden.

Irgendwelche einschneidenden Ereignisse im Leben, wie eine Krankheit oder ein Unfall, sind für mich reiner Zufall. Da hat man eben Pech gehabt. Ich würde so etwas niemals als eine von Gott auferlegte Prüfung betrachten können. Dazu fehlt mir jeglicher Glaube.

» Estrella78 » Beiträge: 685 » Talkpoints: 1,13 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Hallo zusammen!

Ich bin katholischen Glauben erzogen worden und ich glaube auch daran. Meine Eltern ließen mich taufen und ich ging auch zur Kommunion und ebenso zur Firmung. Früher bin ich auch jeden Sonntag in die Kirche gegangen, obwohl das eigentlich ehr der Wunsch meines Vater und nicht mein eigener war. Irgendwann habe ich dann für mich entschieden und gesagt, dass ich nicht mehr jeden Sonntag gehen möchte. Ich bete nicht jeden Tag, aber es kommt schon in manchen Situationen vor, dass ich dann bete, um so etwas Hilfe zu suchen. In die Kirche gehe ich fast gar nicht mehr. Die letzten Jahre habe ich keine Kirche für einen Gottesdienst besucht. Ich finde aber, dass man nicht unbedingt eine Kirche besuchen muss, um gläubig zu sein.

Ich glaube auch an Gott, aber ich zeige das nicht jeden ganz offen. Ich bin nun kein eingefleischter Katholike und kenne mich mit allem und jeder Geschichte der Religion aus. Aber ich glaube daraus daran.

Aber ich bin auch der Meinung, dass sich jeder seinen eigenen Glauben aussuchen sollte. Vielleicht bin ich nur katholisch geblieben, weil meine Eltern das damals so für mich entschieden haben. Ich finde es auch nicht schlimm, wenn jemand gar nicht an Gott glaubt. Ich würde niemanden wegen seines Glaubens erurteilen.

Benutzeravatar

» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Als ein Mensch der sich mit den Regeln der Naturwissenschaft identifizieren kann und in Rationalität und nicht Fiktion Vertrauen hat, ist es eine natürlich Sache nicht an die Existenz eines übergeordneten Wesens (man nenne es Gott, Jahwe, Vishnu oder wie auch immer) glaube. Allerdings ist es mir nach den Regeln der Naturwissenschaft nicht möglich die Nichtexistenz eines solchen Wesens zu beweisen. Ich halte einen solchen Beweis sogar für unmöglich, ebenso wie ich die Beweisbarkeit eines Gottes für unmöglich halte. Somit ist Gott nicht beweisbar, genausowenig wie es beweisbar ist, dass ein Gott nicht existiert. Dies macht mich zu einem Agnostiker.

Ich glaube nicht. Ich ziehe es vor rational zu leben. Ein Atheist ist ebenso ein Gläubiger. Er glaubt es bewiesen, dass es einen Gott nicht gibt. Diesen Beweis gibt es nicht. Daher hat ein Atheist nicht mehr und nicht weniger recht als der Papst. Viele Personen die von sich sagen sie seien Atheisten sind im Regelfall Agnostiker.

Vielleicht ein anderes Beispiel. Ich erachte Gott als eine in höchstem Masse unwahrscheinliche Möglichkeit. Eine Wahrscheinlichkeit die so klein ist, dass ich die Spontanreparatur eines zerbrochenen Glases bei einem erneuten runterfallen für vielleicht ebenso wahrscheinlich halte. Aber das kann ich nicht beweisen, also bleibt es potentiell möglich. Das muss ich akzeptieren.

Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass die christlichen Grundwerte im Wesentlichen die Werte sind, die es für ein friedliches Zusammenleben in der Gemeinschaft braucht. Dumm ist nur, dass man immer wieder einmal meint diese Werte auch auf andere Gesellschaften anwenden zu müssen. Meist haben diese anderen Gesellschaften ihre eigenen Werte, diese sind meist an ihren eigenen Kulturkreis angepasst und stimmig. Somit kann es dann schnell einmal zur Kollision von Werten kommen, welche dann zu Problemen führt. Somit lässt sich die Religion nicht aus ihrem angestammten Kulturkreis exportieren ohne dabei Probleme zu schaffen.

Man sollte sich deshalb um die tieferen Werte, die Ziele der Religionen kümmern. Ein friedliches, soziales, empathisches Zusammenleben. Dieses Ziel ist sehr wohl ohne Religion, wenn nicht sogar besser als mit, zu erreichen. Dumm ist nur, dass man ohne Religion keinen wirklichen Druck ausüben konnte, da es den Rechtsstaat erst sein wenigen Jahren (im Verhältnis zur gesamten Menschengeschichte gesehen) gibt. Wenn sich früher ein Mensch gegen die Regeln stellte, dann stellte er sich gegen den Priester, ergo gegen Gott. Da wurde nicht lange gefackelt, sondern abgefackelt. Heute kann aber der Staat mit seinen Gesetzen für ein Zusammenleben sorgen, ohne den religiösen Überbau mitzuschleppen. Dieser weltliche Staat ist etwas vom besten, das die westliche Welt hervorgebracht hat. Und in der Welt keineswegs so selbstverständlich, wie wir dies wahrnehmen.

» thisnamewasfree » Beiträge: 1102 » Talkpoints: 2,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich habe mein Kreuzchen bei den Atheisten gemacht, aber eigentlich bin ich auch Agnostikerin. Aus meiner Erfahrung können viele Menschen mit diesem Begriff aber überhaupt nichts anfangen, gerade Leute, die eine religiöse Erziehung genossen haben und sich wenig mit Philosophie beschäftigt haben (in der Schule wird man ja meisten immer noch nach Konfession in den Religionsunterricht gesteckt ob man will oder nicht und Unterricht in Ethik oder Philosophie gibt es nur für die, die da nicht rein passen oder sich aktiv gegen Religionsunterricht entscheiden) denken oft, dass alle Menschen die sich nicht mit einer Religion identifizieren können Atheisten sind. Ich benutze den Begriff selber auch oft, weil es einfach viel einfacher ist als groß zu erklären was ich nun glaube und was ich nicht glaube.

Ich finde Religion als kulturelles Phänomen aber ziemlich interessant und ich habe mich im Laufe der Zeit auch mit den Lehren und der Geschichte von einigen Religionen näher beschäftigt. Ich finde es ein Stück weit auch einfach wichtig für die Allgemeinbildung über Religionen bescheid zu wissen und als jemand der in einer christlichen geprägten Kultur lebt sollte man zumindest wissen was die Feiertage bedeuten und solche Sachen.

Aber ich werde wohl nie wirklich verstehen können, was einen modernen Menschen dazu bringt einen Gott anzubeten, ihr Leben nach einem 2000 Jahre alten Text auszurichten oder sich von einem alten Mann Vorschriften über ihr Sexualleben machen zu lassen. Natürlich glaubt man als kleines Kind erst mal was die Eltern sagen, aber ich verstehe nicht, warum viele Leute in diesem Stadium verharren und sich nie wirklich ihre eigenen Gedanken über die Welt und das Leben machen und sich eben ihr Leben lang bei diesen Fragen von einer vermeintlichen Autorität freiwillig Vorschriften machen lassen. Ich bin wahrscheinlich einfach zu individuell und unabhängig um das jemals völlig verstehen zu können. Ich war noch nie gut im sinnlose Regeln befolgen.

Wie seht ihr ganz persönlich (objektiv existieren auch dazu Feststellungen und Daten die mir bekannt sind) die Rolle des abstrakten oder konkreten Glaubens in Deutschland heute und in der Zukunft?

Wie sich der Glaube in Deutschland und auch weltweit entwickelt hängt wahrscheinlich zumindest zum Teil davon ab wie sich die Lage im Bereich Wirtschaft und so weiter entwickelt. Religionen sind ja dafür bekannt Mitglieder aus den Reihen der Menschen zu rekrutieren denen es nicht so gut geht und die nach Orientierung oder Neuorientierung suchen. Die katholische Kirche hat ja auch ganz offen zugegeben, dass sie sich von der Wirtschaftskriese mehr Zulauf erhofft.

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^