Laiengesundheitssystem - Informationsquelle neben Ärzten

vom 14.11.2008, 19:03 Uhr

Hi an alle Talkterianer,
Im Zuge einer Literaturrecherche bin ich auf ein Buch über Migration und Informationsverhalten bei Krankheiten gestossen. Und dadurch auf das Thema Laiengesundheitssysteme.

Das Laiengesundheitssystem ist dasjenige System, das Patienten abseits von Ärzten und Experten über Krankheiten, Heilungsmöglichkeiten, und -chancen aufklärt. Private Personen gründen dabei Netzwerke und informieren und unterstützen sich gegenseitig.

Offensichtlich wird diese Art der Information immer beliebter, da Ärzte oftmals wohl nur noch rudimentäre Informationen geben und man nach der Diagnose und einem Gespräch noch offene Fragen hat, die einem teilweise nicht beantwortet werden. Daraus entstanden nun Netzwerke von Betroffenen, die sich gegenseitig informieren und aufklären und oftmals auch psychische Unterstützung bieten.

Was haltet ihr von solchen Systemen? Selbsthilfegruppen finde ich persönlich sehr sinnvoll, da man sich in privaten Kreisen austauschen kann und sich so mit dem Thema auseinandersetzen kann.

Sobald es aber um die Diagnose und anschließende Therapievorschläge und Informationsbeschaffung geht, wende ich mich nur an Ärzte und Spezialisten. Für mich wäre die Gefahr zu groß, an unseriöse Therapievorschläge zu stossen, die mehr schaden als nutzen. Ausserdem ist es mir selbst noch nie passiert, dass ich auf Rückfragen keine Antworten von Ärzten erhalten habe.

Ich glaube, wenn es um den psychischen Rückhalt geht, sind solche Systeme sehr sinnvoll, aber Diagnose, Therapie, Chancen und Risiken sind Gebiete, die meiner Meinung nach in die Hände von Experten gehören. Nicht umsonst studieren diese Personen jahrelang und erweitern ständig ihr Wissen. Kein Laie hat Zugang zu so vielen Informationsquellen und kann doch unmöglich so kompetent sein, dass er ebenfalls verlässliche Tipps geben kann. Denn auch Erfahrungsberichte sind ja subjektiv und können kaum verallgemeinert werden.

Was sind eure Einstellungen zu diesem Thema? Habt ihr denn das Gefühl, nach Arztbesuchen uninformiert allein gelassen zu werden? Nutzt jemand Laiensysteme und welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?

» steffi11191 » Beiträge: 1275 » Talkpoints: -2,88 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich sehe das genauso wie du. Zur Diagnose einer Krankheit würde ich in jedem Fall zum Arzt gehen, da durch Laien doch schnell auch eine Fehldiagnose entstehen kann. Zudem verfügen Ärzte diverse Möglichkeiten wie Blutproben etc, auf die Laien nicht zurückgreifen können.

Zur Behandlung einer Krankheit würde ich ebenfalls zuerst immer den Rat eines, oder in schweren Fällen auch zweier, Ärzte einholen. Hier können dann allerdings auch die Laiengesundheitssysteme ins Spiel kommen, um sich über alternative Behandlungsmethoden und entsprechende Erfahrungen zu informieren und auch um psychischen Beistand zu erhalten. Letzteren finde ich zwar am ehesten in der Familie und bei Freunden, aber wer keinen hat, an den er sich wenden kann, für den ist so ein Laiengesundheitssystem sicherlich sinnvoll.

Ich hatte zum Glück noch keine schwereren Krankheiten, sodass ich da keine Erfahrungen habe, inwieweit man vom Arzt umfassend informiert wird. Im Familienkreis habe ich jedoch noch von keinen negativen Erfahrungen gehört. Ich denke doch, dass unsere Ärzte im Großen und Ganzen ihren Job verstehen.

» Estrella78 » Beiträge: 685 » Talkpoints: 1,13 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich glaube, manche Leute haben auch gerne das Gefühl zumindest rudimentär zu wissen wovon das Doktorle da gerade redet. Man fühlt sich dann einfach sicherer. Ich habe zum Glück einen ganz tollen Arzt, der, als er zum Beispiel damals meine Schilddrüsenfehlfunktion diagnostiziert hat, mir dann ganz genau und sehr schön anschaulich erklärt hat, was da schief läuft und warum und was wir nun dagegen tun. Mit Zeichnung und allem.

Ich fürchte nur, dass sie sich meisten Ärzte diese Zeit nicht nehmen und, dass ihnen auch die Geduld dazu fehlt. Und deswegen erzählen sie eben kurz und knapp das nötigste und lassen den Patienten oftmals über Details im Unklaren. Vielleicht ist ihnen auch gar nicht bewusst, wie sehr das ihre Schäfchen teilweise verunsichert, einfach nur ein Rezept in die Hand gedrückt zu bekommen und dann ohne vertiefenende Kommentar herauskomplementiert zu werden.

Da ist es eben beruhigend, wenn man wenigstens so ungefähr weiss, wovon "der da in weiss" redet. Und dann habe ich neulich etwas interessantes gelesen: Angeblich haben Studien gezeigt, dass Ärtze sich um Patienten, die großes Interesse zeigen und sich selber informieren, umfassender und besser kümmern. Warum auch immer. Vielleicht übt das unbewusst Druck auf die Doktores aus?

Meine Oma beispielsweise vergisst nie zu erwähnen, dass ihre beiden Söhne ebenfalls Mediziner sind und wird immer höflich behandelt und umfassend informiert. Bei ihrem Hausarzt habe ich den Verdacht, dass der einfach Manschetten vor meinen beiden Onkeln hat und sich daher besonders stark bemüht keine Fehler zu machen. Sowas wirkt sicherlich beeindruckender, als ein Patient mit Laienwissen, aber letzterer hinterlässt sicher auch einen anderen Eindruck als jemand, der keinen blassen Dunst hat, um was es geht. Denn selbst wenn man vielleicht Fehlinformationen hat und der Arzt einen korrigieren muss, beweist man ja, dass man auf der Hut ist und sich kümmert.

Von daher ist es mit Sicherheit nicht verkehrt über das eine oder andere Bescheid zu wissen. Allerdings würde ich nie so weit gehen eine echte Eigendiagnose zu stellen. Von einer Eigenbehandlung ganz zu schweigen.
Da konsultiere ich immer meinen Doktor. Ich bekomme leider häufiger Blasenentzündungen, so dass ich es im Grunde schon weiss, wenn ich wieder eine habe. Trotzdem gehe ich jedesmal zum Arzt um es abzuklären. Allerdings sage ich dann gleich sofort, was ich meine, was es ist, um Zeit zu sparen.

Gut, vielleicht ist das ein blödes Beispiel, denn ohne Doktor käme ich ja nicht an die notwendigen Antibiotika, und muss ihn deswegen ohnehin aufsuchen. Aber das ist halt so meine generelle Handlungsmaxime für Krankheitsfälle. Das würd ich auch jedem anderen raten, egal wie groß sein Laienwissen ist. Alles andere wäre mir zu riskant.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich finde derartige Laieninformationssysteme vom Ansatz her gar nicht so schlecht. Allerdings sollte man auch hier immer im Hinterkopf behalten, dass es sich um Informationen aus dem Internet handeln und aus diesem Grund auch immer genau eruieren, wer hinter dem Angebot steckt, wie alt die Informationen sind usw. usf.

Selbst für die Diagnose sind diese Systeme gar nicht mal schlecht, obwohl man natürlich deswegen zum Arzt gehen sollte und diesem nicht unbedingt die Diagnose an den Kopf werfen und nur noch die entsprechenden Behandlungen verlangen sollte. Aber ich denke, dass es schon sinnvoll sein kann, zu wissen, ob man am Sonntag abend noch zum Notarzt fahren sollte oder die Behandlung auch bis zum Montag morgen warten kann. Im Zweifelsfall würde ich aber doch eher zum Notarzt fahren.

Viel häufiger nutze ich aber solche Systeme, wenn etwas diagnostiziert wurde und dann erst später Fragen auftauchen. Dann ist es doch ganz gut, von anderen Betroffenen zu lesen und zu erfahren, wie die damit leben, welche Behandlungsformen es gibt usw. Denn so gut ein Arzt auch ist - jeder Mensch hat zu ein und derselben Diagnose meist andere Fragen. Meist werden vom Arzt aber mangels Zeit nur Standard-Auskünfte gegeben und Fragen beantwortet, die der Patient schon hat.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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