Als Nichtwähler rechtfertigen?

vom 20.09.2008, 06:33 Uhr

Na ja, Ice-X, wenn du dich von keiner Partei vertreten fühlst, warum gründest du dann nicht eine eigene Partei? Oder trittst einer Partei bei und versuchst diese von Innen zu reformieren? Ich weiß, doofer Vorschlag, aber es ist doch so, dass natürlich kein Mensch von einer Partei wirklich in allen Belangen vertreten werden kann. Nimm zum Beispiel Amerika, da gibt es zwei Parteien die wahrgenommen werden und auch effektiv Chancen haben bei wichtigen Wahlen ihre Leute durchzubringen.

Mit deiner Argumentation würden dann keine Leute zu den Urnen gehen, da man vielleicht nicht mit der Äußerung des Kandidaten zu dem Umgang mit den Beiträgen zu den Kindertagesstätten im Bereich Brunsbüttel einverstanden ist. Es geht bei solchen Wahlen doch eher um die große Linie. Selbst du wirst, wenn du dich einmal selber mit deiner politischen Ausrichtung auseinandersetzt merken, in welcher Ecke du besser vertreten wirst. Das wichtige Wort im letzten Satz war besser, da keine politische Partei dich absolut vertreten kann.

Grundsätzlich bin ich auch mit dem Argument deines Bekannten einverstanden. Die Mitwirkung an einer Demokratie halte ich für eine moralische Pflicht die wir von unseren Vorvätern auferlegt bekommen haben. Eine Demokratie ist nichts selbstverständliches, es musste ein langer, schmerzhafter Prozess mit furchtbaren Rückschlägen beschritten werden. Demokratie ist etwas unglaublich wertvolles. Ob es sich um eine direkte Demokratie wie in der Schweiz handelt wo es teilweise auch über detaillierte Sachthemen einen Volksentscheid braucht oder eine Demokratie, wo man nur alle vier Jahre die Vertreter wählt und sonst die Klappe hält, das ist hier völlig unerheblich. Also, nimm dein Recht war und gehe wählen.

» thisnamewasfree » Beiträge: 1102 » Talkpoints: 2,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



thisnamewasfree hat geschrieben:Die Mitwirkung an einer Demokratie halte ich für eine moralische Pflicht die wir von unseren Vorvätern auferlegt bekommen haben. Eine Demokratie ist nichts selbstverständliches, es musste ein langer, schmerzhafter Prozess mit furchtbaren Rückschlägen beschritten werden. Demokratie ist etwas unglaublich wertvolles. Ob es sich um eine direkte Demokratie wie in der Schweiz handelt wo es teilweise auch über detaillierte Sachthemen einen Volksentscheid braucht oder eine Demokratie, wo man nur alle vier Jahre die Vertreter wählt und sonst die Klappe hält, das ist hier völlig unerheblich. Also, nimm dein Recht war und geh wählen.

Das setzt aber entweder eine funktionierende Demokratie oder ein naives Verständnis unserer Demokratie vorraus. Zum einen ist es für einen einzelnen durch unser Wahlsystem praktisch unmöglich mit einer eigenen Partei wahrgenommen zu werden. Du weißt schon wieviel 5 Prozent der Stimmen sind oder? Alles was über eine kommunale Mitwirkung hinausgeht ist für eine kleine Gruppe oder gar einen einzelnen auch finanziell gar nicht möglich.

In eine Partei eintreten und diese von innen reformieren ist ja auch nicht wirklich machbar. Um dort deine eigenen Vorstellungen durchzusetzen brauchst du ja auch erstmal eine Basis und wenn ich dann recht viele Vorstellungen haben, die nicht unbedingt mit der Partei übereinstimmen, werde ich in der Partei kaum die nötige Basis bekommen um dort eine Karriere hinlegen zu können, die es mir ermöglicht weit genug Einfluss auf die Parteipolitik nehmen zu können.

Und als Wähler habe ich mehr oder weniger die Entscheidung wer von den etablierten Parteien und Politiker etwas mehr zu sagen hat als der andere. Mehr nicht, wirklich Entscheidungsmacht über wichtige Themen habe ich praktisch nicht, da auch die Möglichkeiten für einen Volksentscheid in Deutschland so weit eingeschränkt und dieser dann auch nicht mal bindend ist, um dies als wirkliches demokratisches Recht auszulegen.

Gab es denn seit der Wiedervereinigung nochmal eine wichtige Entscheidung die tatsächlich der Wähler mit seinem Votum beeinflussen konnte? Seien es nun Einsätze der Bundeswehr im Ausland, die Einführung des Euros, Gesundheitsreformen, Mehrwertsteuererhöhungen, das BKA-Gesetz, der Einsatz von Steuermilliarden für Bankenrettungen oder sonst was. Als Wähler wurde man nicht mal gefragt, was man überhaupt davon hält, obwohl alles in meinen Augen so wichtige Entscheidungen sind, dass diese nicht einfach so über den Kopf des Wählers entschieden werden dürfen, so wie es in einer Demokratie eigentlich sein sollte.

Demokratie heißt für mich eigentlich, dass ich zwar Vertreter wähle, diese aber ihren Wähler und nicht ihre Partei zu vertreten haben, eine Sache die in der deutschen Demokratie seitens der Parlamentarier so nie verstanden wurde. Wenn es einen Zeitpunkt gibt an dem mehr Menschen nicht wählen gehen als es Wähler gibt, dann sollte man dies nicht den Nichtwählern vorwerfen. Stattdessen sollte man sich Gedanken über das bestehende System, seine Umsetzung und seine Protagonisten machen. Unsere Demokratie ist einfach unglaubwürdig und das ist das Problem.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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