Hilfe - mein Onkel ist Spielsüchtig!

vom 24.07.2008, 22:52 Uhr

Mein Onkel hat ein großes Problem - er ist Spielsüchtig. Er hält es keinen Tag aus nicht an einem Spielautomaten zu sitzen und Geld zu verzocken. Echt Hammer wenn man bedenkt das er nur Miese macht - am Tag um die 50 Euro. Er sitzt auf einem großen Haufen Schulden - er nahm sogar ein Kredit über 20.000 Euro auf sich um seine Leidenschaft weiter zuführen. Am meisten leidet aber meine Tante darunter.

Er hat schon versucht sich an einer Hilfegruppe zu beteiligen - nach dem ersten Treffen war jedoch immer Schluss. Er lässt sich einfach von keinem helfen und flüchtet bei jeder Auseinandersetzung wieder in die vertraute Kneipe mit dem Automaten. Wisst ihr an wen man sich wenden kann? Preis für Beratungen etc. ist erstmal egal - wenigstens man hat etwas worauf man zurückgreifen kann.

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» Knorre » Beiträge: 850 » Talkpoints: -25,94 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Es ist natürlich sehr schwierig, jemandem zu helfen, der sich nicht helfen lassen möchte. Das ist ähnlich wie bei Alkoholismus, erst, wenn man sich eingesteht, dass man alkoholabhängig ist, kann etwas dagegen unternommen werden. Es hört sich vielleicht blöd an, aber dein Onkel ist vermutlich noch nicht in diesem Stadium angekommen.

Auf der anderen Seite muss natürlich etwas getan werden, da Ausgaben von 50 EUR pro Tag ihn natürlich massiv in die Schuldenfalle hineinziehen und überhaupt für einen Durchschnittshaushalt absolut nicht tragbar sind, da das ja 1500 EUR monatlich!

Ich kann dir eine Seite empfehlen, www.spielsucht-forum.de. Die Seite macht einen professionellen Eindruck, poste dein Problem doch mal dort im Forum. Ich drücke dir die Daumen, dass du dort den ein- oder anderen Tip bekommst.

Ich habe gerade gesehen, dass in diesem Zusammenhang auch eine stationäre Therapie möglich ist - da ist natürlich die Frage, ob er mitmacht, zur Not hilft vielleicht nur eine Zwangseinweisung in die Psychiatrie - als Erstes muss natürlich geklärt werden, ob das in seinem Fall überhaupt sinnvoll ist bzw. ob die Kasse die Kosten für eine psychologische Untersuchung übernimmt.

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» netti78 » Beiträge: 3238 » Talkpoints: 18,35 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Bei süchtigen ist immer das Problem, das sie selbst erkennen müssen, das sie Hilfe brauchen. Man sagt nicht nur zum Spaß, das sie erstmal ganz unten ankommen müssen, um sich wieder aufzurappeln zu können. Es funktioniert wirklich nur auf diesem Weg. Ein wichtiger Schritt müsste von deiner Tante ausgehen, indem sie ihm erstmal konsequent den Rücken kehrt. Sprich ausziehen und ihn mit seinen Schulden allein lassen. Klingt zwar hart und wird auch nicht leicht werden, aber er darf von keinem Familienmitglied finanzielle Hilfen bekommen.

Leider hat die Sache auch das Risiko, das er sich dann auf nicht legalem Weg Geld beschafft, wenn alle Möglichkeiten innerhalb des gesetzlichen Rahmens ausgeschöpft sind. Aber mit ein bisschen Glück kann sowas sehr schnell beim Betroffenen was bewirken. Und wenn er dann wirklich bereit ist gegen die Spielsucht anzugehen, dann brauch er auch die volle Unterstützung seiner Familie.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Sucht ist - wie der Vorredner schon richtig erwähnt hat - ein sehr schwer bis gar nicht von außen lösbares Problem.

Das ist leider das Erste, was man sich als Angehöriger verinnerlichen muss. Der Grund ist, dass Menschen mit Suchttendenzen dafür oft ein Geflecht an Auslösern und Risikofaktoren mitbringen und zu wenig "Schutzfaktoren" gegeben sind, wie zum Beispiel ein starkes Selbstwertgefühl, vielfältige funktionierende Beziehungen, Perspektiven im Leben und den Mut diese umzusetzen und vieles dergleichen mehr sind solche "Schutzfaktoren".

Ein sehr renommiertes Standardwerk für Psychologen heißt "Irren ist menschlich" (sehr zu empfehlen). Darin werden die seelischen Erkrankungen als Landschaften beschrieben und somit versucht die Innenansicht des Betroffenen für Außenstehende und Helfer zu eröffnen. Sucht heißt in diesem Buch: "Landschaft der Sehnsucht". Das heißt also, dass Süchtige immer das Gefühl haben, dass irgendetwas "fehlt". Irgendein Kick.

Das Gefühl intensiv zu leben und zu erleben. Sie ersetzen oft echte Abenteuer und Erlebnisse mit einer Ersatzhandlung, ihrer Sucht eben. Es fehlt oft an Perspektive und Mut die Dinge in die Hand zu nehmen, denn zu viele Fehlschläge und Grenzen scheinen viele Betroffene irgendwie mürbe gemacht zu haben. Sie geben es oft auf, ihr Leben zu gestalten und zu lenken. Eine solche Art von Aufgeben ist immer vor allem eines: vorzeitig!

Insbesondere neuen Mut zu fassen, sich neue Ziele zu setzen und den absoluten Willen aus dem tiefsten Inneren heraus, es WIRKLICH zu wollen und einen echten Entschluss zu fassen, sind erste Schritte aus der Sucht.

Dazu braucht es aber oft erst einen unerträglichen Leidensdruck bei dem Betroffenen, denn jeder erträgliche Leidensdruck wird ja mit der "Medizin" bekämpft.

Ich wünsche deiner Familie, dass sie weiß, wann sie helfen kann und wo sie nichts machen kann und, dass das nicht alles überschattet. Der Mann ist alt genug und alles was die Familie tun muss ist: immer die Tür offen halten, wenn er wieder zu den Vernünftigen heimkehren will. Tür offen halten und ohne sich selbst unter zwanghaften Helferstress zu setzen mit diesem Erwachsenen, der absolut selbst für seine Handlungen verantwortlich ist, umzugehen.

Hilfeangebote kann man immer raussuchen: Ärzte ansprechen, Kliniken finden (per Internet oder per anderer Recherche), etc. Diese Angebote kann man immer wieder anbieten und griffbereit für den Onkel bereitlegen. Nur eines kann man von außen NICHT tun: Das Suchtproblem des Verwandten lösen!

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» Tsunami » Beiträge: 218 » Talkpoints: 26,25 » Auszeichnung für 100 Beiträge



In jeder Stadt gibt es eine Suchtberatungsstelle. Oftmals von der Caritas. Da können sich auch angehörige von Betroffenen erkundigen, was man machen kann und wie man sich verhalten kann.

Der Mann einer guten Bekannten war auch spielsüchtig. Er hat partout nicht eingesehen, dass er mit seiner Spielsucht seine Familie in den Abgrund stürzt. Die Beratungsstelle zu der meine Bekannte hingegangen ist hat ihr geraten den Mann zu verlassen, damit er wach wird.

Und siehe da. Als sie ihre 3 Kinder schnappte und sich eine eigene Wohnung genommen hat, wurde er wach und sah, was er anrichtet mit seiner Spielerei. Er hat sogar eine stationäre Behandlung in einer psychologischen Klinik gemacht. Weiterhin geht er heute, nach ca. 5 Jahren immer noch zur ambulanten Therapie und lebt heute wieder mit seiner Familie in der alten Wohnung.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Es gibt Krisenstationen und Notfall Beratung auch per Telefon. Solche Beratungen sind eigentlich immer kostenlos. Für deine Tante ist es hart. was hat Sie denn schon alles unternommen? Ich denke für Deinen Onkel wäre eine Stationäre Therapie oder zum mindestens eine Tagesklinik das Beste. Alleine kommt man mit so einer Problematik nicht zurecht. Und das dein Onkel der Krise aus dem Weg geht ist doch klar! Er sieht es nicht als Problem geschweige als Sucht. Ich drücke Euch die Daumen und berichte wie es weitergeht.

» JanaJosh » Beiträge: 70 » Talkpoints: -0,09 »


Was mir noch eingefallen ist, dass meine Bekannte in sämtlichen Spielhallen in der Nähe hingegangen ist und ihren Mann "gesperrt " hat. Sie hat seine Spielsucht angegeben und so wurden seine Personalien in der Spielhalle gesperrt. Ob es was bringt , weiß ich nicht. Denn wenn er die Möglichkeit hat, wird er auch weiter fahren. Nur die meisten Spielsüchtigen wollen ja in der Nähe bleiben.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Leider beschränkt sich die Spielsucht nicht nur auf die Spielhallen. Spielsucht ist eine Sucht mit sehr vielen Facetten. Beispielsweise bieten die sogenannten Sportwetten dafür auch eine beliebte Plattform. Und leider finden sich immer neue Möglichkeiten, wie man weiter seine Spielsucht ausleben kann.

Eine effektive Hilfe bietet in diesem Fall nur eine totale Neugestaltung der Freizeit. Es müssen neue bzw. andere Hobbys dringend gefunden werden. Der Onkel beschäftigt sich ja schon mit etwas, dem Spielen was zur Sucht geführt hat. Er muss es schaffen etwas anderes zu finden, womit er sich intensiv mit beschäftigen kann. Dazu benötigt er aber die Hilfe von ausgebildeten Personen in diesen Bereich. Alleine ist dies nicht zu schaffen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Es kann sich bei deinem Onkel auch um eine Impulskontrollstörung handeln. Er weiß zwar das sein ständiges Spielen etwas negatives ist, kann dagegen aber nichts machen. Dieser Impuls wird vom Gehirn ausgelöst ohne das sich im Vorfeld Anzeichen einstellen. Er erleidet somit einen totalen Kontrollverlust und kann sein Handeln nicht mehr steuern. Der Auslöser dieses Verhaltens tritt dranghaft auf, man kann diesen Zeitpunkt leider auch nicht zeitlich bestimmen.

Er benötigt daher dringend eine Verhaltenstherapie. In dieser Therapie werden ihm Lösungsansetze gezeigt, wie er sein Verhalten schrittweise kontrollieren kann. Der Drang zum Spielen wird erst einmal bleiben, aber er wird nach erfolgreicher Behandlung in der Lage sein, diesen sogenannten Drang positiv zu steuern.

Nach dem ICD-10 wird diese Störung als eine Krankheit anerkannt und deren Behandlung von den Kassen übernommen. Die Art der Behandlung kann natürlich verschieden ausfallen und auch die Dauer der Behandlung ist unterschiedlich. Dazu kann im Endeffekt der Dann behandelnde Artz genauere Auskünfte geben.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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