Ist stehlen akzeptabel, wenn es um das Überleben geht?

vom 17.07.2008, 10:58 Uhr

Ich finde, dass Diebstahl aus absoluter Not moralisch nicht verwerflich ist, natürlich nur, wenn auch die Armut unverschuldet ist. (Man kann nicht sein Geld verplempern und hinterher heulen, dass die Kinder verhungern). Das Thema ist schon so uralt. Ich musste sofort an Jean Valjean aus Les Miserables denken. Der stielt aus tiefster Not Brot für seine Kinder, wird erwischt und muss ins Gefängnis. Man denkt als Leser sofort: das war ungerecht und völlig unangemessen!

Aber um hier diesen Fall genauer zu diskutieren, müsste man schon die Hintergründe besser kennen. In Deutschland muss das beispielsweise nicht sein, weil man hier andere Hilfe bekommen kann und die staatlich garantierte Grundsicherung auch ausreichend ist, um diese Dinge für sein Kind zu kaufen. Also wäre in Deutschland eine Bestrafung gerechtfertigt.

» Jadzia » Beiträge: 58 » Talkpoints: 0,19 »



Ich stimme mit Jadzia absolut überein. In Deutschland muss niemand hungern und kein Kind in dreckigen Windeln sitzen. Dafür leben wir in einem Sozialstaat. In anderen Ländern mag das schon wieder anders sein, also wäre mal interessant, wo dieses Urteil gefällt wurde. Da es ein Freispruch war und kein "Hände ab"-Urteil oder so, tippe ich schonmal auf etwas zivilisierteres. Und da kann ich mir wiederum nicht vorstellen, dass die Mutter keine Verwandten und Bekannten hat, die ihr und ihrem Kind über eine Durststrecke helfen konnten. Selbst wenn es nahezu unbekannte Nachbarn sein müssen, ist betteln immernoch besser als Stehlen.

» Ulfson » Beiträge: 9 » Talkpoints: 7,35 »


Hallo mercedesgrey,

wenn ich mir überlege, dass diese Frau wirklich aus einer Not heraus gehandelt hat, in der es tatsächlich keine andere Möglichkeit gab, Hilfe zu erfahren, also mal vorausgesetzt, es blieb ihr nichts anderes übrig, um die Versorgung ihres Kindes sicherzustellen und sie hat alle anderen Möglichkeiten, Hilfe zu erfahren, bereits ausgeschöpft, muss ich zugeben, dass ich es moralisch vertretbar finde, wenn sie für die Versorgung ihres Kindes das Notwendigste in einem Supermarkt stiehlt.

Allerdings aus verschiedenen Gründen und auch wirklich nur unter der Voraussetzung, dass es für sie wirklich keine andere Möglichkeit gab. Andere Möglichkeiten sind für mich beispielsweise auch das Betteln. Ich denke, dass ein Mensch, der Hilfe dieser Art braucht, aber tatsächlich nicht bekommt, kaum eine andere Möglichkeit haben wird. Soll sie ihr Kind verhungern lassen? Wieder anders hätte ich die Sache gesehen, hätte sie nicht in einem Unternehmen gestohlen, das solche Verluste sicherlich ausgleichen kann, selbst wenn es nicht entsprechend versichert ist.

Meine Ansicht mag naiv und laienhaft sein, aber ich sehe es tatsächlich so. Übrigens gehe ich auch davon aus, dass das nicht in Deutschland passiert ist, Du warst Dir ja nicht mehr ganz sicher. Wäre das in Deutschland passiert, hätte ich ehrlich gesagt schon weniger Verständnis gehabt, da ich auch der Meinung bin, dass das staatliche Angebot in solchen Situationen und auch die Tatsache, dass es hier sicherlich einige Menschen gibt, auch Vereine und Stiftungen, die in solchen Situationen einem Bedürftigen gern weitergeholfen hätte, hätte der sich einmal entsprechend bezüglich seiner Hilfebedürftigkeit geäußert.

LG,
moin!

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Also ich finde es jetzt auch nicht sehr prickelnd, aber sie wusste in ihrer Not keinen anderen Ausweg. Ich denke, dass sie einfach so verzweifelt war, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sah und dann aus Sorge um das Wohlergehen ihres Kindes einfach nicht lange nachgedacht hat und die Sachen mal eben aus dem Laden hat mitgehen lassen.

Eine kleine Strafe sollte sie jedoch bekommen, auch wenn es nur ein paar Sozialstunden sind. Das würde dann nämlich anderen Müttern zeigen, dass es sich nicht lohnen würde und dass sie es lieber lassen sollten und nicht ohne eine Strafe davonkommen.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich tue mir in einem solchen auch schwer diesen richtig zu beurteilen. Auf der einen Seite kann ein solches Verhalten in einem solchen Fall irgendwo verstehen. Denn die Frau wusste hier ja, dass sie falsche handelt, aber sie war ja scheinbar wirklich so verzweifelt und hilflos, dass sie eben wirklich keine andere Lösung mehr sah, als sich die Waren einfach zunehmen ohne diese zu bezahlen. Es gehört ja eben dann schon sehr Verzweiflung und auch irgendwo Überwindung dazu, dass man dann einfach in den Laden geht und sich die Artikel nimmt. Ich denke zumindest nicht, dass man diese Entscheidung so einfach trifft und auch ein schlechtes Gefühl dabei hat.

Auf der anderen Seite ist dies natürlich genauso ein Diebstahl wie jeder andere. Wenn man sich die Waren einfach nimmt und diese eben nicht bezahlen kann, dann muss dies eben auch bestraft werden, wenn man kein Geld hatte um sich eben die Sachen zu bezahlen. Gut, man kann jetzt argumentieren, dass es sich eben wirklich um existenzielle Dinge gehandelt hat, aber dennoch bleibt es Diebstahl. Dass man hier keine Strafe verhängt kann ich deswegen auch nicht richtig nachvollziehen. Was hat das denn für ein Signal? Man darf einen Diebstahl begehen und wird dann freigesprochen. Das kann doch nicht im Sinne des Gesetzes sein.

Ich hätte der Frau auf jeden Fall eine Strafe gegeben. Wie diese nun hätte ausfallen können vermag ich nicht zu beurteilen. Natürlich hätte eine Geldstrafe genauso wenig Sinn, wie wenn man die Mutter von kleinen Kindern einsperrt. Aber man hätte sicherlich eine geringe Strafe verhängen können, sodass es wenigstens auch das Signal ausgesendet hätte, dass dies eben dennoch ein falsches Verhalten war und sich das eben nicht wiederholen darf.

» BrilleWilli » Beiträge: 1779 » Talkpoints: 2,32 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Zumindest in Deutschland gibt es genug Möglichkeiten, wo man von jetzt auf gleich Hilfe bekommen kann, um ein Kind zu versorgen. Sicherlich nicht mit Luxusgütern, aber so, das es sauber angezogen und ordentlich ernährt ist. Und selbst wenn sowas in den Abendstunden, wo Geschäfte geschlossen haben, vorkommen sollte, bekommt man sicherlich in jedem Krankenhaus entsprechende Hilfe.

Von daher sehe ich keine Rechtfertigung für einen Freispruch. Denn das würde seine Kreise ziehen und andere würden sich auch damit rausreden, das sie kein Geld haben. Und wo sollte das denn enden? Das wir irgendwann alle kein Geld mehr für Lebensmittel ausgeben müssen, weil es die Geschäfte freiwillig verschenken, weil sie Prozesse gegen Ladendiebe grundsätzlich verlieren?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich finde es absolut nicht richtig, dass man den Diebstahl nachträglich durch das Gerichtsurteil legitimiert hat. Immerhin hat die Frau etwas gestohlen und ich finde es grundsätzlich nicht in Ordnung, Dinge einfach zu stehlen. Wenn es wirklich um Leben oder Tod ginge, hätte ich eher Verständnis für einen Diebstahl, allerdings zählen Windeln wohl kaum zu den wirklich lebensnotwendigen Dingen. Natürlich ist es bequemer, wenn man seinem Kind Pampers anziehen kann. Falls das Geld dafür aber nicht reicht, sollte man aber vielleicht erst einmal nach Alternativen Ausschau halten und notfalls Stoffwindeln verwenden, die man auswaschen und somit wiederverwenden kann. Zur Not muss man sich diese aus Stoff selbst basteln. Zum Stehlen gibt es sicher immer eine Alternative. Notfalls muss man alle Leute fragen, die man kennt. Irgendjemand kann bestimmt helfen.

Komisch finde ich die Tatsache, dass die Frau wohl nur Babynahrung und Windeln gestohlen hat. Was war denn mit ihrer eigenen Ernährung? Hatte sie für sich selbst noch genug im Haus oder wollte sie selbst hungern? Wenn die Frau für sich selbst nichts klaut, gehe ich davon aus, dass sie irgendwie damit gerechnet hat, dass sie in den nächsten Tagen schon zu Geld kommen wird.

Ich frage mich auch, wie die Frau bisher ihren Lebensunterhalt bestritten hat. Lag sie zuvor allein ihrem Freund auf der Tasche? Anders kann ich gar nicht verstehen, warum sie von einem Tag auf den anderen keinen einzigen Euro mehr hatte. Ich gehe nun nicht davon aus, dass sich dieser Vorfall in einem Dritte-Welt-Land ereignet hat. In den meisten anderen Ländern gibt es mehr oder weniger gute Auffangnetze für Leute ohne eigenes Einkommen. Bevor man also loszieht und etwas klaut, muss man zuerst alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen. Gerade für eine Mutter mit einem kleinen Kind gibt es wirklich viele Angebote.

Ich denke auch, dass man die Frau hätte bestrafen sollen. Zumindest hätte man ihr signalisieren sollen, dass ihr Verhalten trotz ihrer Lebensumstände nicht in Ordnung war. Es gibt einige Leute, die wenig Geld haben und trotzdem niemals stehlen würden. Man kann sich nicht einfach hinstellen und jammern, dass man keine andere Möglichkeit hatte, als die Sachen zu stehlen. Die Betreiber der Supermärkte haben vielleicht auch Kinder und sind darauf angewiesen, dass jemand die Sachen kauft und nicht einfach klaut. Vielleicht hätten diese sogar Verständnis gehabt und der Frau mal ein Glas Brei geben können, das kurz vor dem Ablaufdatum war. Wenn man natürlich nicht fragt, kann einem auch nicht geholfen werden.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Es ist sicherlich eine schwierige Frage und ich kann mir das auch nicht so vorstellen. In Deutschland hat jeder das Recht auf Unterstützung, es gibt Einrichtungen wo man Nahrung und andere Dinge bekommt, die zum Überleben wichtig sind ( beispielsweise die Tafel ) und da frage ich mich wirklich ernsthaft, wie es jemand schaffen kann, dass er so wenig Geld hat, dass es für das Kind nicht reicht.

Sicherlich sind Windeln und das ganze drumherum teuer, aber geht man deswegen gleich stehlen? Das klingt einfach total daneben. Vor allem wie soll man Windeln stehlen? Wenn man sich mal die Größe einer Packung Windeln vor stellt und die Aufmerksamkeit, die man damit nun einmal auf sich zieht, dann ist das schon ein wenig unvorstellbar.

Ich finde es nicht gut, dass es dafür keine Strafe gab. Vielleicht wäre es auch besser, wenn die Frau in ein betreutes Wohnen käme, wo sie und ihr Kind unterstützt werden. Scheinbar hat sie ja einfach kein Geld und dann ist es sicherlich besser, wenn ihr unter die Arme gegriffen wird, anstatt dass sie eine hohe Strafe bekommt. Trotzdem wären einige Sozialstunden sicherlich angemessen gewesen, denn eine Straftat ungestraft zu begehen, ist nicht nur ein schlechtes Beispiel für die anderen, sondern auch für sie selbst. Wer weiß, ob sie es nicht wieder "ausnutzen" würde.

Ich kann das Ausmaß ihrer Verzweiflung nicht verstehen und auch nicht ganz glauben, aber das ist auf jeden Fall der falsche Weg. Es gibt sicherlich auch viele fremde Leute, die einem unter die arme greifen würden, wenn man eben ein kleines Kind bei sich hat, was man nicht versorgen kann. Dann würde ich eher solche Möglichkeiten zur Hilfe nutzen, anstatt stehlen zu gehen.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Hallo,

also es ist schon echt traurig, das die Mutter keinen anderen Weg gefunden hat, als die wichtigen Dinge für ihr Baby zu klauen. Da sie ja erwischt wurde, wird sie die Sachen ja auch sicherlich nicht vom Supermarkt mit nach Hause bekommen haben und das Problem der fehlenden Dinge fürs Baby bestand weiterhin.

Ich selber war auch lange Zeit alleinerziehend und weiss, das es manchmal schon echt eine Kunst ist, mit dem Geld auszukommen und das es auch sehr oft ganz knapp oder einfach weg ist. Deswegen aber anfangen zu stehlen, kam mir nie in den Sinn, denn die Gefahr und die Angst davor erwischt zu werden, war bei mir immer grösser, als das Elend ohne.

Die Mutter hätte ja auch einfach mal die Nachbarn nach etwas Geld oder Windeln und so fragen können, wenn dort auch Familien mit Kindern wohnen würden. Ich glaube, würde eine Mutter, die bei mir in der Nachbarschaft wohnt, ihre Lage erläutern, wäre ich die letzte, die sie wieder wegschicken würde ohne zu helfen, denn ich denke, bevor ich klauen würde, hätte ich es so gehandhabt und auf das Gute im Menschen gehofft.

Klar ist es mit Sicherheit peinlich, wenn man so betteln gehen muss, aber immerhin noch besser, als sich strafbar zu machen und das sie vom Richter sogar freigesprochen wurde, kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, denn sie hat einen Diebstahl begangen. Egal ob es nun zum Wohl des Kindes ist oder nicht, Diebstahl ist eine Straftat und gehört bestraft.

Der Richter hätte ihr besser Auflagen autdrücken sollen, wo sie sich z.B. Hilfe vom Jugendamt holt oder sogar eine Betreuerin an die Seite gestellt bekommt, damit sie zumnindest immer die Dinge für ihr Baby im Haus hat, denn so denkt sich die Mutter ja auch, oki klauen ist verboten, aber wenn ich es zum Wohle des Kindes mache, passiert mir nichts. Das finde ich nicht korrekt.

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» EmskoppEL » Beiträge: 3423 » Talkpoints: 20,21 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Also gar keine Frage, wenn das stehlen ein Worst Case ist sprich es geht um Leben und Tod und der Mensch hat keine andere Wahl dann finde ich das stehlen okay, muss ja da ansonsten ein Mensch umkommen wird. In dem Fall den du hier geschildert hast finde ich es jedoch nicht okay, hier ging es nicht um Leben und Tod. Anstatt zu stehlen hätte sich die Dame mal beim ortlichen Amt melden sollen dort hätte sie wahrscheinlich hilfe bekommen oder aber im Krankenhaus. Ansonsten gibt es auch Frauenhäuser die immer gerne helfen oder die Tafeln die auch für jedermann zugänglich sind.

Ich bin der Meinung der Richter hat da falsch entschieden und ich hätte der Dame definitiv ein paar Dutzend Sozial Stunden gegeben muss ja nichts großes sein weil sie hat es ja nicht aus Böswilligkeit getan aber ich finde einfach so hinnehmen sollte man sowas nicht. Klauen wenns Lebensnotwendig ist ja, aber die Frau hatte definintiv Alternativen.

» Yalcinator » Beiträge: 450 » Talkpoints: 2,14 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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