Wie lange trägt man Trauerkleidung?

vom 08.06.2007, 00:10 Uhr

Angeregt durch den Beitrag von kruemelfrau (Spiegel im Todesfall abhängen), fiel mir ein, dass ich schon lange eine Frage habe, die ich aber nicht im Bekanntenkreis, bzw. die Nachbarn, stellen möchte. Wir wohnen hier in einem kleinen Kaff an der hessisch- thüringischen Grenze. Das mal als Hintergrund...

Der Mann einer Nachbarin ist vor gut einem Jahr verstorben. Die Frau trägt seit dem nur schwarze Kleidung. erst habe ich ja gedacht, dass sie das halt für ein paar Wochen macht, aber es ist ja jetzt schon seit gut einem Jahr so.

Weiß jemand, wie lange es üblich ist, Trauer zu tragen, gibt es da einen Brauch? Oder ist es wahrscheinlicher, dass sie das aus, wie soll ich das jetzt schreiben, :?: "Überzeugung" macht, weil sie eben immer noch um ihren Mann trauert?

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» moppeline123 » Beiträge: 797 » Talkpoints: -3,36 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Hier kenne ich mich ein bisschen besser aus... :D Ich weiß, dass es gerade im dörflichen Bereich insbesondere früher üblich war, bei einem ganz nahen Trauerfall die Trauerkleidung für ein Jahr zu tragen. Ob das jetzt der ehrliche Ausdruck der Trauer war, vermag ich nicht genau zu beurteilen, ich vermute aber, dass es mehr etwas mit Erwartungen und Konventionen zu tun hat, "weil man das halt so macht".

Ich glaube, dass das aber heutzutage eigentlich fast nur noch bei älteren Frauen so ist, die ihren Mann verloren haben. Vielleicht ist es ja bei Deiner Nachbarin so, dass wenn es jetzt ungefähr ein Jahr her ist, seit ihr Mann verstorben ist, sie demnächst ihren Kleidungsstil so langsam ein wenig auflockert (z.B. etwas mehr dunkelblau).

So war das bei meiner Oma, als mein Opa vor etwas mehr als zwei Jahren leider verstorben ist. Mit ihrem inneren Zustand hat diese Trauerkleidug oder das Ablegen der Trauerkleidung aber (leider) nichts zu tun, denn ich denke, dass sie wohl immer noch sehr um meinen Opa trauert, oft dreimal täglich zum Friedhof geht und somit eigentlich theoretisch immer noch schwarz tragen müsste. Vielleicht würde sie das auch insgeheim wollen, aber ich glaube bei ihr spielt es schon eine große Rolle, was dann die Leute im Dorf sagen würden.

Ich persönlich - falls ich mir hier noch mal meine eigene Meinung erlauben darf zu nennen - finde, dass man Trauerkleidung so lange tragen sollte, wie man das Gefühl hat, dass man sie braucht. Manche Menschen brauchen das vielleicht gar nicht, dann sollten sie auch nicht dadurch "gezwungen" werden und andere benötigen dies vielleicht um mit der Farbe ihrer Kleidung auszudrücken, wie sie sich fühlen oder das mitzuteilen, was sie nicht vermögen in Worte zu fassen.

Aber "Vorschriften" von außen sollte es auf keinen Fall geben! Wenn Deine Nachbarin sich so fühlt, soll sie ihre Trauerkleidung so lange tragen, wie sie mag!

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» kruemelfrau » Beiträge: 825 » Talkpoints: 6,91 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich habe mir diese Frage früher auch oft gestellt. Man bekommt das ja mit, wenn man wie ich auch in einer kleineren Stadt aufgewachsen ist. Wenn ich mit meinen Großeltern früher "in die Stadt" gegangen bin und wir ältere Damen getroffen haben, die Schwarz trugen und sich das die nächsten Wochen und Monate nicht änderte, habe ich auch irgendwann mal meine Oma gefragt. Sie erklärte mir dann, dass man nach dem Tod des Mannes (wenn die Frau stirbt ist das wohl nicht so) ein Jahr schwarz tragen "muss". Warum genau habe ich nie verstanden. Genau: das ist halt so.

Mein Opa ist vor drei Jahren gestorben und meine Oma hat danach auch genau ein Jahr schwarz getragen. Da ist mir das mal wieder durch den Kopf gegangen. Nur frag ich heute nicht mehr danach. Die heute Generation hat das sicherlich abgeschafft.

» Giraffe » Beiträge: 6 » Talkpoints: 0,00 »



Früher gab es da wohl wirklich strenge Regeln, ein Jahr schwarz tragen usw. heutzutage ist das aber sicher ziemlich unterschiedlich ob überhaupt und wie lange man schwarz trägt. Ich denke heutzutage hält das jeder so wie er es für angemessen erachtet, die einen mehr die anderen weniger. Ich finde es auch absoluten Quatsch, die Trauer auf einen bestimmten Zeitraum festlegen zu wollen.

Und nach einem Jahr, schwupp, wird dann der Schalter umgelegt, die schwarzen Kleider verschwinden im Schrank und die Frau soll wieder fröhlich sein oder wie?! Jeder geht doch anders mit seiner Trauer um und braucht seine eigene Zeit dafür. Gut dass diese verstaubten Sitten aussterben, soll doch jeder so trauern wie er möchte und wie es ihm am besten über den Verlust hinweghilft. Wenn ich mal gestorben bin, würde ich mir z.B. für die Beerdigung wünschen, dass die Leute sich ganz bunt und fröhlich kleiden.

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» misspider » Beiträge: 1964 » Talkpoints: 6,69 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Meiner Meinung nach sollte Trauer auch nicht an der Kleidung festgemacht werden. Innerhalb des letzten Jahres gab es bei mir in der Familie auch zwei Todesfälle. Erst mein Opa und dann meine Oma. In beiden Fällen ist keiner aus unserer Familie wochenlang in schwarz rumgelaufen obwohl wir alle traurig waren. Allerdings muss ich sagen, dass ich mich auch in quietschbunten Farben nicht wohlgefühlt hätte. Irgendwie hält man das dann für unangemessen - ging mir jedenfalls so. Aber gedeckte Farben reichen in der Zeit vollkommen aus.

Wenn sich jedoch jemand wohler fühlt wenn er Wochen, Monate oder sogar Jahre nur noch Schwarz trägt, dann soll er das tun, finde ich. Und wenn jemand nur Weiß tragen würde - als Zeichen dafür das es dem Verstorbenen jetzt besser geht und man sich mit ihm freut oder was auch immer - dann sollte ihm auch das gewährt werden.

Tod ist meist ein Tabuthema, was es im entsprechenden Fall dann natürlich schwer macht, sich richtig zu verhalten. Und ich denke genau deswegen halten gerade ältere Leute an alten Konventionen fest und tragen besser zu lange schwarz als zu kurz. So ist das Gerede im Dorf wenigstens positiv ("Schau mal, sie muss noch sehr traurig sein") statt negativ ("Na guck mal einer an, die hat aber schnell aufgehört zu trauern") ... leider wird ja immer viel am Äußeren festgemacht, doch wie es innen drin ausschaut, das weiß eh keiner.

» fireez » Beiträge: 258 » Talkpoints: 12,73 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Danke euch für die Erklärungen. Fand ich ganz interessant und informativ, da das Thema derzeit bei uns aktuell ist und ich mich gefragt habe, wie lang eine bestimmte Person wohl schwarz tragen wird.

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» paulinschen » Beiträge: 693 » Talkpoints: -1,98 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Normalerweise (traditionell) trägt man 1 Jahr Trauer. Feste Regeln gibt es da allerdings nicht ... hat sich halt vor allem in ländlichen Gebieten so eingebürgert aus alter Tradition - genauso wie es diverse Hochzeitsbräuche gibt.

Allerdings denke ich, dass das selbst auf dem Land (ich komm selber auch aus einem 800-Seelen-Dorf) nicht mehr so eng gesehen wird, vor allem weil schwarze/dunkle Bekleidung mittlerweile sowieso in allen Situationen - ohne Trauerfall - gern getragen wird. Man denke nur an die Grufti-Fraktion. :-)

Ob und wie lange nun jemand im Trauerfall schwarz trägt, hängt wahrscheinlich davon ab wie religiös er ist, bzw. wie er erzogen wurde. Wenns jemand nicht anders kennt und nicht anders will ... so what? Ins Innere eines Menschen kann man eh nicht sehen ... insofern würde ich da erst gar nicht spekulieren, ob die Trauerkleidung nun ernst gemeint ist, religiös, traditionell oder nur den Schein der Trauer erwecken soll.

» Angiccata » Beiträge: 5 » Talkpoints: 2,71 »



Auf dem Dorf ist es wohl noch so, dass man für ein ganzes Jahr in schwarz gekleidet nach dem Tod eines nahen Verwandten trauert. Dies kenne ich noch von meinen Großeltern, die auf den Dorf wohnen her. Tradition hin oder her, ich vertrete den Standpunkt, die Kleidung hat nicht allzu viel mit Trauer zu tun.

Heutzutage trägt man doch nicht nur als Zeichen der Trauer schwarze Kleidung. Schwarz ist eine Modefarbe, die oft nur deswegen getragen wird! Trauern kann man auch anders als mit schwarzer Kleidung. Trotz allem sollte es man jeden selbst überlassen, wie man trauert. Wenn die schwarze Kleidung als Zeichen der Trauer für jemanden das Richtige ist, warum also nicht!

» quirli » Beiträge: 70 » Talkpoints: 25,62 »


Also ich kenne es auch von Bekannten. Diese wohnen in einem 50 mann dorf, und da ist auch jemand verstorben. Die Bekannte hatte es aber nach kurzer Zeit satt dunkel bzw. schwarz zutragen, und hat somit wieder Farbe getragen. Ich finde es verständlich.

Zum Beispiel meine Mutter will RockMusik bzw LoveRock bei der Beerdigung von ihr + will das alle nicht in schwarz kommen, zwar schon edler gekleidet, aber z.B. ich als Sohn in einer schicken schwarzen Flecken-Jeans, mit Poloshirt etc.

Aber ich finde da sollte jeder selbst entscheiden. Viele halten Sie vielleicht als verrückt, aber ich kann das verstehen. Wieso denn auch Schwarz? Sie ist eigentlich sehr gläubig, doch trotzdem, Sie will das schwarz halt nicht, sie sagt, man soll nicht mehr trauern, als man überhaupt muss, und das Schwarz ruft einfach so eine "Trauerstimmung" hervor.

Ich selbst bin auch der Meinung, und möchte auch so in der Art beerdigt werden, doch ich glaube das ändert Sich eh langsam, dieser "schwarz" Trip. Würde mich auch gerne mal interessieren wie ihr gekleidet sein würdet.

» Konsiko » Beiträge: 115 » Talkpoints: -0,08 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Früher wurde es halt das Trauerjahr genannt. Daher auch der Brauch, das man ein Jahr in Schwarz geht und eben auch keine öffentlichen Vergnügungen besucht. So streng wird das aber heut selbst im ländlichen Bereich nicht mehr gesehen.

Allerdings kann man auch nicht pauschal sagen, das es nur noch ältere Leute so machen, das sie wirklich ein Jahr in Schwarz gehen. Zumindest zähle ich meine Schwiegermutter noch nicht zu den alten Leuten und sie hat jetzt erst, eineinhalb Jahre nach dem Tod ihres Mannes, die Farben gelockert.

Da allerdings nicht aus Trauer, sondern wegen dem Reden der Leute. Ja, viele tragen die Trauerkleidung über einen längeren Zeitraum nur wegen dem Umfeld. Weil eben gerade auf dem Dorf eher deswegen getratscht wird, wenn man zu früh wieder in normaler Kleidung gesehen wird.

Allerdings hängt die Trauer ja nicht von der Kleidung ab. Ich selbst habe nur bis zur Beisetzung meines Vaters dunkle Sachen getragen. Und danach, ich war sowieso komplett in eine neue Stadt gezogen, habe ich wieder meine normalen Sachen getragen. Aber ich wusste auch, das mein Vater nicht wollte, das ich das nach Außen so präsentiere. Denn Trauer ist im Kopf und im Herzen und nach Außen nicht wirklich sichtbar.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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