Zwangsverhütung in der Psychiatrie - gerechtfertigt?

vom 28.09.2014, 20:50 Uhr

Neulich habe ich etwas Literatur zum Thema Psychiatrien beziehungsweise psychiatrische Kliniken gelesen. Zwei Punkte sind mir besonders aufgefallen, die mir etwas fragwürdig vorkamen: die Themen Zwangsmedikation und Zwangsverhütung.

Unter Zwangsmedikation versteht man, Patienten, auch solchen, die freiwillig gekommen sind, ohne ihre eindeutige Zustimmung Medikamente, beispielsweise Ruhigsteller, einzuflößen. Dies kann sogar geschehen, wenn der Patient sich ausdrücklich weigert, diese Medikamente einzunehmen. In diesem Fall kann er auch mit Gewalt gezwungen werden, die Medikamente, beispielsweise Tabletten oder auch Spritzen, zu bekommen.

Zwangsverhütung kann man ähnlich einordnen, nur, dass es hier um Schwangerschaftsverhütung geht, die den Patientinnen, wohlgemerkt nur Patientinnen, aufgezwungen wird. Man gibt ihnen, ob sie wollen, oder nicht, standardmäßig die Pille oder die Drei-Monats-Spritze. Das betrifft wohl alle Frauen, die in einer Psychiatrie untergebracht sind. Wobei einige sicher auch freiwillig verhüten, aber eben auch Frauen, die keine Verhütungsmittel einnehmen möchten, müssen dies wohl in psychiatrischen Kliniken tun.

Ist das wirklich so? Wie wird die Notwendigkeit zur Zwangsverhütung begründet?

Ich sehe ehrlich gesagt keinen Grund, wieso man Frauen in der Psychiatrie Verhütungsmittel aufzwingen müsste. Einerseits denke ich, dass diese Medikamente ja auch ernsthafte Nebenwirkungen haben können, andererseits frage ich mich, inwiefern denn überhaupt die Gefahr besteht, dass Frauen in einer Psychiatrie, die nur Frauen beherbergt, schwanger werden könnten. Mal abgesehen davon kann man sich die große Frage stellen, inwiefern die zwanghafte Verabreichung von Verhütungsmitteln mit dem juristisch verankerten Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zusammenpasst. Oder mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, wenn man jetzt an Verhütungsspritzen denkt.

Irgendwie macht sich bei mir persönlich bei dem Thema auch eine schlimme gedankliche Assoziation zu Zwangssterilisationen breit. Natürlich und glücklicherweise ist die Verhütung per Pille nicht irreversibel, aber ob es angemessen ist, Frauen die Pille aufzuzwingen, unter welchen Umständen auch immer, das halte ich für kritisierbar.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Gibt es denn Psychiatrien die nur Frauen als Patienten haben? Wenn ja, dann ist dort eine Zwangsverhütung nicht notwendig. Aber bei anderen Psychiatrien wird es wohl dabei vordergründig um das Wohl der Frauen gehen. Immerhin sind dort alle Patienten psychisch krank und man wird das Risiko abwägen zwischen Zwangsverhütung und einer ungewollten Schwangerschaft, die vielleicht sogar noch durch ungewollten Geschlechtsverkehr entstanden ist.

Man muss einfach dabei bedenken, dass je nach Erkrankung, den Beteiligten gar nicht wirklich klar ist, welche Folgen sexuelle Kontakte haben können. Und man kann die Patienten ja nicht ständig einsperren oder überwachen, damit es nicht zu solchen Kontakten kommt.

Du kannst das auch von einer anderen Seite her betrachten. Stell dir einfach vor, dass du eine weibliche Verwandte im gebärfähigen Alter hat. Sie muss wegen einer entsprechenden Erkrankung in die Psychiatrie und wird dort geschwängert. Die Umstände, die zur Schwangerschaft geführt haben, spielen bei dieser fiktiven Geschichte mal keine Rolle. Wenn du im Alltag die Verantwortung für diese Verwandte hättest, würdest du es dann nicht auch sinnvoller finden, wenn man auf Verhütung achtet?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Sind gemischtgeschlechtliche Abteilungen in Psychiatrien wirklich so üblich? Ich kenne das eher so, dass es unterschiedliche Abteilungen für Männer und Frauen gibt. Daher war ich eben besonders verwundert, wieso man dann auf Verhütung achtet. Denn dann sollte es normalerweise gar nicht zu Schwangerschaften kommen können.

Was Schwangerschaften aus ungewollten Sexualkontakten, oder, man könnte auch deutlicher Vergewaltigungen schreien, betrifft: Ist es da wirklich sinnvoll, sich in erster Linie über Schwangerschafts-Verhütung Gedanken zu machen? Eine Vergewaltigung richtet extreme psychische Schäden, teilweise zusätzlich auch noch körperliche, beim Opfer an. So etwas muss doch in erster Linie verhindert werden. Sicher ist es auch schlimm, wenn es dann zusätzlich zu einer Schwangerschaft kommt. Aber irgendwie kommt mir das seltsam vor, sich darauf zu konzentrieren, statt auf die Verhinderung von sexuellen Gewalttaten an sich. Denn ohne die gibt es auch keine vergewaltigungsbedingten Schwangerschaften.

Interessanterweise scheint übrigens auch die Enquete-Kommission des nordrhein-westfälischen Landtags zu sehen. Von dieser Seite gab es nämlich Kritik an der Zwangsverhütung, mit der Begründung, dass dies auch eine Methode sein könnte, Vergewaltigungen zu vertuschen! Denn die würden schlechter ans Tageslicht kommen, wenn dabei niemals eine Schwangerschaft entstehen könne. Irgendwie ein besonders schrecklicher Gedanke. Ein wenig wirkt es, als wenn man davon ausginge, dass in Psychiatrien ein besonderes Risiko bestünde, vergewaltigt zu werden. Dabei sollte eine Klinik doch ein Schutzraum für Menschen sein. Und dann auch noch der Gedanke, Zwangsverhütung, die es dann offenbar ja wirklich zu geben scheint, könnte gezielt für Vertuschungsaktionen missbraucht werden! Was traut man den Ärzten da zu?

Die große Frage bleibt aber abgesehen davon noch immer, welche Frauen eigentlich von Zwangsverhütung betroffen sind. So, wie ich das bisher gehört habe, scheint man ja wirklich alle Frauen in Psychiatrien zwangsweise mit Verhütungsmitteln zu "beglücken". Aber längst nicht jeder Mensch in einer Psychiatrie ist so wirr oder geistig unterentwickelt, dass er nicht weiß, wie und wann man schwanger werden könnte. In Psychiatrien sind ja beispielsweie auch depressive Menschen untergebracht. Brauchen die wirklich Zwangsverhütung?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Es ist doch eigentlich egal, wie du es nennen willst. Fakt ist, dass es da mit Sicherheit auch Patienten gibt, die sich gar nicht bewusst sind, dass sie etwas falsches tun. Und ich gehe davon aus, wenn daraus noch eine Schwangerschaft entsteht, dass der weitere psychische Schaden für die Frau noch größer wird, als durch den Akt selbst. Gerade dann, wenn eh schon entsprechende Erkrankungen vorliegen.

Soweit ich weiß wird auch in ganz normalen Heimen mit geistig behinderten Menschen darauf geachtet, dass sie verhüten. Auch das ist eine Zwangsverhütung und man müsste es in Frage stellen. Egal wie man es sieht. Man kann immer negative Ansichten dazu haben. Aber ich sehe hier eindeutig den Vorteil darin, dass man den Frauen schon vorher das Risiko einer weiteren psychischen Belastung nimmt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Da fällt mir gerade noch auf, Du schreibst ja auch, man könne in Psychiatrien auch nicht jeden Menschen andauernd überwachen. Daher könne man nicht verhindern, dass Männer und Frauen möglicherweise ungeschützten Geschlechtsverkehr miteinander haben.

Aber stimmt das wirklich? Ich dachte, die Überwachung wäre in solchen Kliniken sehr streng? Teilweise werden die Patienten ja wirklich in ihrem Zimmer eingeschlossen, teilweise sogar mit Gurten auf Liegen für längere Zeiträume fixiert. Man scheint schon strikt zu sein. Da kann ich kaum verstehen, dass bei solchen Methoden nicht möglich sein sollte, darauf zu achten, dass es nicht zu Geschlechtsverkehr kommt.

Aber gut, ich weiß nicht exakt, wie es heute dort aussieht und wie man genau vorgeht. Es würde vielleicht Licht ins Dunkel bringen, wenn hier jemand, der sich damit genauer auskennt, ein paar Worte dazu schreiben könnte.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Selbst auf der geschlossen Psychiatrie werden nicht alle Patienten einfach nur weg gesperrt. Sie können nur die Station nicht verlassen, aber je nach Erkrankung sich dort frei bewegen. Ich weiß nicht was du für Vorstellungen hast. Aber sie scheint mir vollkommen überzogen zu sein. Sicher gibt es auch Fälle, wo man Patienten fixiert. Aber das passiert im normalen Krankenhaus und in Pflegeheimen auch.

Und bevor da wieder ein Aufschrei kommt. Die mir bekannten Fälle waren alle gerechtfertigt und nur dazu da, dass sich die betroffene Person nicht verletzen kann, weil aus dem Bett gefallen ist.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Es kommt darauf an, um welche Einrichtung für psychiatrische Patienten es ich handelt. Eine Zwangsmedikamentation ist generell nicht so einfach möglich. Genauso wenig kann einer Frau, gegen ihren Willen, so einfach ein Verhütungsmittel gegeben werden.

In der Allgemeinpsychiatrie oder auch Akutpsychiatrie, also alles was quasi der Versorgung in psychischen Krisen dient, wie es eben unter anderem auf psychiatrischen Stationen der Krankenhäuser statt findet, ist in der Regel gemischt-geschlechtlich. Sprich es werden sowohl Männer, wie auch Frauen aufgenommen. Zumindest in der Mehrzahl der Stationen. Ausnahmen kann es bei psychosomatischen Einrichtungen geben. Wobei mir nun keine Klinik bekannt ist, die nur Frauen oder nur Männer aufnimmt. Ich kenne es allerdings, dass im stationären wie auch ambulanten Bereich Gruppen für Frauen oder für Männer oder gemischt gibt. Aber du beziehst dich ja generell auf den stationären Bereich.

Eine getrennte Unterbringung kann Wohngruppen und Wohneinrichtungen für psychisch kranke Menschen zutreffen. Was aber dann in der Art keine Krankenhausbehandlung mehr ist. Und man auch unterscheidet zwischen offenen Wohngruppen und geschlossenen Wohngruppen. Bei offenen Wohngruppen zieht man freiwillig ein. In geschlossene Einrichtungen wird man in der Regel mit einem Beschluss untergebracht. Sprich dazu braucht es eine richterliche Anordnung. Und dazu muss schon relativ viel passiert sein.

Im Krankenhausbereich gibt es ebenfalls offenen und geschlossene Stationen. Wobei man hier auch ohne richterlichen Beschluss auf einer geschlossenen Station untergebracht werden kann. Allerdings eben freiwillig und man kann theoretisch auch jederzeit auf eigene Veranlassung gehen. Wenn die Klinik da etwas dagegen hat, muss sie einen Richter kommen lassen, der eine Zwangsunterbringung anordnet. Auch hier sind die Stationen in der Regel gemischt-geschlechtlich. In allen Fällen ist es aber in der Regel so, dass es keine gemischt-geschlechtlichen Zimmer gibt.

Bei weiblichen Patienten, die in der Akutpsychiatrie aufgenommen werden, egal ob freiwillig oder mit einem Beschluss, wird ein Schwangerschaftstest gemacht. Zumindest bei den Frauen im gebährfähigem Alter. Grundlage ist die, dass manche Psychopharmaka eben kontraindiziert sind und man deshalb frühzeitig wissen will, ob die Patientin schwanger ist und man dann gemeinsam überlegt, wie man nun weiter vorgehen könnte.

Eine Zwangsmedikamentation in Form von Verhütungsmitteln - obwohl ich nun reichlich Kontakt mit der Psychiatrie hatte, habe ich davon noch nie gehört. Ebenso habe ich reichlich Kontakt zu Patientinnen der Psychiatrie und sexuelle Übergriffe von männlichen Mitpatienten habe ich nie mit bekommen. Ok, dass mal ein männlicher Patient aufdringlicher war, kam durchaus mal vor. Ich halte Vergewaltigungen auch für möglich. Aber kein Arzt wird einer Patientin Verhütungsmittel geben, um sie vor einer ungewollten Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung durch andere Patienten zu schützen.

Davon mal abgesehen, Zwangsmedikamentation ist nur möglich, wenn ein Richter die absegnet. Oder durch einen gesetzlichen Betreuer, der die Gesundheitsfürsorge hat. Was aber ebenfalls richterlich angeordnet wird. Und selbst dann hat Frau noch ein Mitspracherecht. Zumindest wenn keine gesundheitlichen Gründe gegen eine Schwangerschaft sprechen. Und psychisch krank zu sein reicht nicht als Grund gegen einen Schwangerschaft!

Zwangsmedikamentation, ob es nun ein Verhütungsmittel ist oder was zum ruhig stellen, muss ersten angeordnet sein und wird in der Regel auch nur im Bereich geschlossener Stationen gemacht. Auf den offenen Stationen hat man immer ein Mitspracherecht. Allerdings, das gebe ich zu, läuft das durchaus auch auf die Schiene, entweder Sie, liebe Patientin, nehmen das nun oder wir bringen Sie zwangsweise unter. Aber man hat die Wahl.

Auf geschlossenen Stationen ist an sich aber auch die Kontrolle höher. Eine Vergewaltigung halte ich nicht für unmöglich, aber die dürfte recht schwierig sein. Wobei man auf Patienten, die dazu neigen sexuell übergriffig zu werden, doch vermehrt achtet. Oder sie eben, zum Schutz der anderen Patienten, fixiert.

Wenn du im Alltag die Verantwortung für diese Verwandte hättest, würdest du es dann nicht auch sinnvoller finden, wenn man auf Verhütung achtet?

Ich als psychisch kranke Frau würde meinen Angehörigen sonst was husten, wenn sie mich direkt oder indirekt dazu zwingen würden zu verhüten. Ob ich verhüten möchte ist alleine meine Sache.

So, wie ich das bisher gehört habe, scheint man ja wirklich alle Frauen in Psychiatrien zwangsweise mit Verhütungsmitteln zu "beglücken".

Ich habe relativ viel Zeit in der Psychiatrie zugebracht. Kenne auch relativ viele Leute, die in Psychiatrien waren. Sowohl real wie auch virtuell. Also nicht rein auf die Klinik vor Ort bezogen. Ich habe noch nie davon gehört, dass man Frauen Verhütungsmittel verabreicht.

Bevor nun jemand auf die glorreiche Idee kommt, dass man mir ja hätte sonst was geben können und ich das nicht bemerkt hätte. Erstens war der Klinik mein Zyklus nie bekannt. Zumindest nicht bei Aufnahme. Somit hätten die mir mitten im Zyklus die Pille geben müssen, was kein Arzt machen würde. Selbiges wäre ja bei der Entlassung ein Problem gewesen, denn wie hätte man mir verkaufen können, dass ich nun doch bitte die Pille weiter nehme? Und Spritzen habe ich nie bekommen.

Soweit ich weiß wird auch in ganz normalen Heimen mit geistig behinderten Menschen darauf geachtet, dass sie verhüten.

Dir ist aber schon klar, dass zwischen geistig behindert und psychisch behindert ein Unterschied besteht?

Und zur Fixierung. Die muss ebenfalls in der Regel richterlich angeordnet werden. Eine kurzfristige Fixierung ist in Ausnahmefällen möglich. Wenn ein sagen wir dementer Mensch Nachts immer aus dem Bett fällt und man will ihn zu seiner Sicherheit fixieren, dann muss das, wenn das mehrere Nächte gemacht werden muss, ebenfalls richterlich angeordnet werden oder der gesetzliche Betreuer muss dieser Handlung zustimmen.

Und sorry das klingt so locker mal einen Menschen fixieren. Ich selbst bin psychisch krank und habe sicherlich auch Phasen gehabt, in denen ich wahrscheinlich einen Gefahr für mich selbst gewesen bin. Die Phasen wird es auch immer wieder geben. Sollte mich aber je jemand fixieren, dann würde ich dagegen vorgehen. Denn egal wie mies es mir psychisch gehen mag, ich finde alleine den Gedanken, ich bin abhängig von anderen, kann mich nicht bewegen usw. einfach nur grausam. Hier wird in sogenannten Fixierzimmern fixiert. Da gibt es auch klare gesetzliche Regelungen zu. U.a. muss der Patient während der Fixierung dauerhaft "bewacht" werden. Früher wurde das durch sogenannte Sitzwachen gemacht. Heute hat in vielen Krankenhäusern die Videoüberwachung schon Einzug gehalten.

Man liegt da also und wird durch eine Kamera überwacht, deren Leitung in den Pflegestützpunkt geht. Wenn man mal aufs Klo muss, Hunger oder Durst hat, muss man also rufen und hoffen das man gehört wird. Sprich jemand vor dem Monitor sitzt und Zeit (und leider auch Lust) hat.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Du meinst wirklich, dass wegen jeder Fixierung ein Richter bemüht wird? Das mögen vielleicht die gesetzlichen Vorgaben sagen, aber real wird es nicht immer umsetzbar sein. Zumindest habe ich es schon real erlebt, dass man in der Nacht zu diesem Mittel gegriffen hat, um den Patienten vor Verletzungen zu schützen. Da es sich um einen Verwandten von mir gehandelt hat, weiß ich das eben direkt vom Personal.

Auch bei einem anderen Verwandten im Pflegeheim wurde das ab und an gemacht. Gut, der Mann war Herr seiner Sinne. Aber ab und an mussten die Dosierungen der Medikamente neu eingestellt werden und bis der Hausarzt kam, war die Gefahr groß, dass er bei nächtlicher Desorientierung einen Unfall erleiden kann. Da wurde auch kein richterlicher Beschluss eingeholt, sondern das Problem mit dem Mann und dessen Tochter besprochen und die Vereinbarung geregelt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Das leuchtet mir schon ein dass diese Zwangsmaßnahme nicht unbedingt überall auf Zustimmung stößt, eben auch weil es Erinnerungen an längst vergangene Zeiten hervor holt und auch weil es nach unserem Verständnis der eigenen Selbstbestimmung über den eigenen Körper widerspricht. Ich persönlich halte das durchaus für gerechtfertigt weil durch die Einnahme von Verhütungsmitteln nun nicht unbedingt mit wahnsinnig großen Nebenwirkungen zu rechnen ist und wenn es nur um temporäre Aufenthalte geht dann ist das ja auch nur für einen überschaubaren Zeitraum. Die möglichen Konsequenzen wären für mich viel unangenehmer.

Vielleicht wird hier der Begriff der Psychiatrieeinrichtung etwas zu kurz gefasst. Ich gehe einmal davon aus dass damit ausschließlich nur geschlossene Einrichtungen gemeint sind wo Patienten kurzfristig wegen irgendwelcher Probleme eingewiesen werden müssen beziehungsweise die sich selbst einweisen? Oder sind auch die Pflegeeinrichtungen gemeint wo psychisch Kranke eigentlich ihr ganzes Leben untergebracht werden?

Wie auch immer man an die Sache herangeht, man darf nicht vergessen dass es sich oft um entmündigte Personen handelt und um Personen die eine Mehrfachbehinderung haben, um Erwachsene die in ihrem Verhalten und Wesen wie Kinder sind und in der Regel über einen ganz normalen Sexualtrieb verfügen. Das bedeutet eben auch dass sie die Folgen ihres Handelns nicht immer abschätzen können und auch nicht unbedingt über moralische Bedenken wie ein „normaler“ Mensch verfügen.

Ich hatte vor wirklich langer Zeit einmal mit einer Beschäftigten aus einem christlichen Pflegeheim für geistig Behinderte gesprochen und die sagte mir dass wirklich an alle Frauen im gebärfähigen Alter die Pille ausgegeben wird ohne dass sie wirklich wissen was sie dort bekommen. Die bekommen sie dann mit der täglichen Dosis an Pillen mit auf ihr Frühstückstablett und damit ist die Sache mit ungewollten Schwangerschaften dann erledigt. Sie sagte auch dass einige Heimbewohner sofort über einander liegen soweit sich nur die kleinste Gelegenheit dafür bietet. Wenn das schon nicht verhindert werden kann dann sollte der Geschlechtsverkehr schon keine Folgen haben. Auch gibt es Heimbewohner die sich so gerne ein Baby wünschen, aber auf Grund ihrer Debilität wirklich nicht dafür geeignet sind. Sie wissen ja meistens trotzdem wie es geht und könnten es dann darauf anlegen. Ich weiß nun nicht ob es da dann einen Vormund gibt der sich um die Belange der Patienten kümmert oder ob da noch Eltern leben, aber unangenehme Fragen und gegebenenfalls auch Klagen hinsichtlich ungewollter Schwangerschaften und der Verletzung von Aufsichtspflichten könnten da schon auftreten.

Ein anderer Gedanke wären da vielleicht auch Vergewaltigungen durch Personal oder andere Insassen, davon liest und hört man ja auch immer wieder. Eine Kollegin berichtete einmal vor einiger Zeit von der behinderten Schwester ihres Mannes die zur Kurzzeitpflege in einer Psychiatrie war weil die Eltern anderweitig beschäftigt waren. Bei einem Besuch durch sie erzählte die behinderte Schwester so ganz nebenbei beim Eis essen dass da irgendwann ein Mann kam und ihr den Schlüpfer herunter gezogen hatte und sie auf das Bett legte. Davon hatte niemand etwas vom Personal mitbekommen und ich weiß auch nicht wie das jetzt weiter verfolgt wurde, aber ein operativer Eingriff um einen möglichen Fötus zu töten ist dann doch viel schlimmer als wenn die Vergewaltigung ohne Zeugung stattfand.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Du meinst wirklich, dass wegen jeder Fixierung ein Richter bemüht wird? Das mögen vielleicht die gesetzlichen Vorgaben sagen, aber real wird es nicht immer umsetzbar sein.

Ich schrieb klar von Ausnahmen. Wenn eine Fixierung allerdings über mehrere Nächte statt findet, dann kann der Arzt oder die Pflege das nur mehr oder wenig anregen. Entscheiden muss das entweder ein Richter oder der gesetzliche Vertreter oder der Betroffene selbst. Fakt ist: Fixierung ist Freiheitsberaubung!

Wenn ein Patient wie wild um sich schlägt wird man klar keinen Richter kommen lassen, sondern den Patienten kurzfristig fixieren, um das Personal und sich zu schützen. Ebenso sieht es mit Patienten aus, die eben Nachts krankheitsbedingt aus dem Bett fallen. Eine Nacht ist sicherlich möglich. Über Wochen hinweg muss da jemand seine Zustimmung zu geben.

Ich persönlich halte das durchaus für gerechtfertigt weil durch die Einnahme von Verhütungsmitteln nun nicht unbedingt mit wahnsinnig großen Nebenwirkungen zu rechnen ist und wenn es nur um temporäre Aufenthalte geht dann ist das ja auch nur für einen überschaubaren Zeitraum. Die möglichen Konsequenzen wären für mich viel unangenehmer.

Ich habe zweimal die Pille genommen und möchte diese nie wieder nehmen müssen. Die erste Pille bekam ich verschrieben und hatte nur auf die damals aktenkundliche psychische Erkrankung hingewiesen. Mein damaliger Psychiater bestand darauf, dass ich keine Depressionen hatte. Tja mit der Pille ging es mir psychisch immer mieser. Ein Blick in die Packungsbeilage und ich wusste, dass man diese Pille bei Depressionen nicht nehmen soll. Mittlerweile sind Depressionen aktenkundig. Bei der zweiten Pille hatte ich Zwischenblutung, mit wirklich allen sonstigen Begleiterscheinungen.

So viel zum Thema die Pille kann keinen großen Schaden anrichten. Bei mir geht sie durchaus auf die Psyche und das richtig. Im Bereich der stationären Psychiatrie sicherlich nicht wünschenswert. Beziehungsweise kann ich aus meinen Erfahrungen dazu berichten, dass das niemand auffallen würde oder keiner einen Bezug zur Pille herstellen würde. Frauenarzt sagt, das sind psychische Probleme, nicht meine Baustelle. Psychiater sagt, Pille ist gynäkologisch und damit nicht meine Baustelle.

In einer Einrichtung, in der vor allem Menschen untergebracht sind, die einen gesetzlichen Vertreter haben, sieht das mit Sicherheit noch mal anders aus. Denn dann stimmt der gesetzliche Vertreter der Behandlung zu.

Wawa666 bezog sich aber auf die generelle Verabreichung von Verhütungsmitteln in Psychiatrien. In Allgemeinpsychiatrien und Akutpsychiatrien wird eben nicht einfach mal so jeder Frau ein Verhütungsmittel gegeben. Und wenn ich mich nicht ganz irre, sollte doch die Pille nach der Periode begonnen werden oder irre ich mich da? Nach dem Zyklus wird nur selten gefragt. Und Frauen die die Pille eh nehmen, bekommen die auch nicht über die Klinik, die muss selbst mitgebracht werden.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


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