Kindheitstrauma erkennen, aufarbeiten und überwinden

Wenn einer Probleme hat mit anderen Menschen klar zu kommen, oder einfach nicht weiß, warum er sich in manchen Situationen so verhält, wie er oder sie sich verhält, dann spricht man oft von einem Kindheitstrauma. Kann man eigentlich feststellen, ob jemand an so einem Kindheitstrauma leidet? Wie kann man im Erwachsenenalter denn so ein Kindheitstrauma aufarbeiten und überwinden? Kann man so was nur in einer Therapie feststellen, erkennen, aufarbeiten und überwinden?

Da hilft nur viel miteinander sprechen, den Fall thematisieren und eventuell zum Psychologen zu gehen. Ich selbst hatte so ein Trauma auch und kann daher aus Erfahrung sagen, dass es jahrelange harte Arbeit und verständnisvolle Mitmenschen erfordert. Aber Kindheitstrauma ist nicht gleich Kindheitstrauma. Man muss konkretisieren was genau dieses Trauma ausgelöst hat. Und ich denke je nachdem um was es genau geht, dass der Gang zum Psychologen sich definitiv lohnt.

Ich denke, dass es einfach auf das Trauma an sich ankommt und auf das betroffene Individuum. Ich hatte in meiner Kindheit ein Schlüsselereignis, das ein Trauma ausgelöst hat, aber das Problem habe ich auch ohne psychologische Hilfe in den Griff gekriegt. Ich bin einfach ein Mensch, der zu Selbstreflektion neigt und viele Sachen nahezu "totanalysiert" und daraus eben Handlungsstrategien ableitet. Dadurch verarbeitet man viele Ereignisse einfach schneller.

Vielleicht ist es einem selber im Erwachsenenalter gar nicht so bewusst, woran es liegen könnte, aber man kann sicherlich darüber reden und es versuchen zu analysieren, wobei man das sicherlich nicht immer bei einem Fachmann machen muss. Immerhin kann man sich ja auch selber mit der eigenen Vergangenheit auseinandersetzen und an sich arbeiten. Es gibt ja mehrere Wege um an einem Trauma, einer schlimmen Geschichte oder sonst irgendetwas zu arbeiten und jeder muss da für sich den passenden Weg finden.

Ich habe ja mehrere Kindheitstraumata und meine Reaktionen kommen auch teilweise noch von dort. Ich finde, dass man zunächst einmal erkennen muss, dass etwas nicht stimmt. Bei mir war es der Hausarzt, der mich zum Psychologen geschickt hat, weil irgendwas im Busch war. Und dann muss man natürlich die Bereitschaft mitbringen, darüber zu reden und was zu ändern und es insgesamt zu erkennen.

Die meisten meiner Traumata habe ich überarbeiten können. Sie sind da, sie beeinflussen mich heute noch, aber sie sind nicht mehr so schlimm, dass sie mich niederprügeln. Ein Trauma habe ich nie geschafft, ich würde so gerne darüber reden, aber ich komme gegen die Flut an Emotionen nicht an, die über mich hereinbrechen.

Man kann Traumata, je nach Stärke und Relevanz, integrieren. Sie gehören zum Leben dazu, zur Persönlichkeit, zum Dasein. Aber ich glaube nicht, dass du sie jemals überwinden kannst. Sie werden immer irgendwo versteckt sein, sie werden dich nur nicht mehr so sehr belasten, wie es vielleicht vor einer Therapie war.

Ich habe vor sechs Jahren mit der Aufarbeitung begonnen und bin jetzt Mitte 30. Gerade Gewalt, Vergewaltigung, Vernachlässigung und sowas in der Art steckt man nicht so leicht weg. Diese Dinge prägen einen bis ins Erwachsenenalter und ich glaube, ich habe noch einige Jahre Therapie vor mir. Aber es kann besser werden und daran glaube ich persönlich auch. Ich lasse mich mittlerweile von Fremden anfassen und gehe einmal die Woche in die Massage. Das wäre vor einem Jahr noch nicht möglich gewesen, ich wäre sofort in eine Dissoziation gerutscht und unbeweglich erstarrt oder hätte geschrieen oder geweint.