Fußball EM: Wohnung mit Deutschland Farben dekorieren?

vom 02.06.2012, 22:51 Uhr

arril hat geschrieben:Ich denke eher, Ereignisse wie die EM sind einfach öffentliche Volksfeste, an denen sich dann eben auch Leute beteiligen, die sich ansonsten eher weniger für Fußball interessieren.

Ganz genau da liegt der Hund begraben. Es sind nämlich Volksfeste für "sein Volk" und man macht nach außen deutlich, dass es ein "inneres (völkisches) WIR" gibt. Das Fest kann also nur funktionieren, wenn andere ausgeschlossen werden. Ich mag übrigens als Antwort gar nicht hören, dass es in Spanien, Frankreich oder England auch so wäre, weil dies die Ausgangslage nicht verändert.

Jetzt steht im Ursprungsposting leider nicht, ob die Person oder innerhalb der Familie die Wohnung vor der "Umgestaltung" nicht doch auch in "BVB" oder Bayern oder Schalke Farben eingerichtet war und sich hier sowieso nur hartgesottene Ulta-Fans aufhalten. Wenn es dann aber doch eher Fußballmuffel sind, die sich ausschließlich zur WM oder EM entsprechend geben, lässt das eben nicht viele Interpretationsmöglichkeiten zu.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



derpunkt hat geschrieben:Ganz genau da liegt der Hund begraben. Es sind nämlich Volksfeste für "sein Volk" und man macht nach außen deutlich, dass es ein "inneres (völkisches) WIR" gibt. Das Fest kann also nur funktionieren, wenn andere ausgeschlossen werden.

Das halte ich für albern. Mit der Begründung müsste man die gesamte EM als Veranstaltung grundsätzlich ablehnen, immerhin treten dabei letztendlich Nationen bzw. Völker gegeneinander an. Und dass fast jeder die Mannschaft seines eigenen Landes anfeuert ist quasi eine Selbstverständlichkeit. Ich verstehe das Problem daran allerdings immer noch nicht.

Natürlich sind Volksfeste Feste für "das Volk". Wer nun aber zu besagtem Volk dazugehört, ist doch nicht von außen festgelegt! Eher entscheidet jeder Mensch selbst, ob er sich einem Volk zugehörig fühlt oder nicht. Dafür muss niemand aktiv ausgeschlossen werden. Bei den letzten entsprechenden Fußball-Großereignissen erinnere ich mich übrigens daran, dass auch Menschen mit ganz offensichtlichem "Migrationshintergrund" ganz selbstverständlich stolz mit Deutschlandflagge durch die Innenstädte fuhren und gefeiert haben wie alle anderen auch. Und die mehrheitliche Ansicht (widersprochen höchstens von den Anhängern einer fragwürdigen Nischenpartei) ist doch, dass sie ja ganz offensichtlich dazugehören. Ausgeschlossen wird da niemand. Warum auch?

» arril » Beiträge: 739 » Talkpoints: 10,78 » Auszeichnung für 500 Beiträge


@arril: Ich unterstelle und verlange ja noch nicht mal Verständnis. Da wäre schon ein politisches Verständnis von Nöten, welches eben nicht vorausgesetzt werden muss. Wer sich als Volkskörper versteht, wird hier auch nichts verwerfliches sehen. Das traurige ist aber, dass soeben der Fußball von dir gleich als ausschließlich nationaler Vergleich vereinnahmt wurde. Und so wie es bzgl. des Marketings betrieben wird, ist dem auch so. Allein die Vorstellung, schöne Fußballspiele sehen zu wollen, scheint aber abhanden gekommen zu sein. Schon die Ansicht, dass wenn Menschen mit "Migrationshintergrund" die Deutschandfahne halten, alle Vorbehalte beiseite gewischt werden können, ist sehr naiv.

Um beim Thema zu bleiben: es hat noch nicht mal was mit "Volksfest" zu tun, wenn die eigene Wohnung mit Deutschlandfahnen verhängt wird, weil man dem Großereignis "EM" (oder auch "WM") "entgegen fiebert". Die Frage ging ja letztlich darum, ob man bereit wäre/ist, seine Wohnung nach der Stimmung innerhalb der Volksseele zu schmücken. Und ich für meinen Teil würde das nicht tun. Eben schon aus der Überlegung heraus, was dies eigentlich bedeutet.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



derpunkt hat geschrieben:Das traurige ist aber, dass soeben der Fußball von dir gleich als ausschließlich nationaler Vergleich vereinnahmt wurde.


Nein, wieso? Bei diesem Turnier spielen nun einmal die Mannschaften verschiedener Länder gegeneinander. Das habe ich mir doch nicht ausgedacht! Und vor allem schließt das einen fairen sportlichen Wettkampf mit schönen Spielen nicht aus. Dass man ein Fan der "eigenen" Mannschaft ist, impliziert eben noch lange nicht, dass man deswegen die anderen abwerten oder gar hassen müsse. Auch in der Bundesliga ist es doch üblicherweise so, dass ein interessierter Fan bei allem Interesse an gutem Fußball trotzdem zuallererst quasi automatisch mit der Mannschaft der "eigenen" Stadt mitfiebert, oder nicht?

Ich wollte nur ausdrücken, dass die Frage, wer nun eigentlich zu einem Volk dazugehört, eben nicht "von außen" bestimmt wird. Zugehörig ist, wer sich zugehörig fühlt. Und wer die Deutschlandflagge zeigt, fühlt sich ja ganz offensichtlich zu Deutschland zugehörig.

Dass ich es ebenfalls für völlig übertrieben halte, die gesamte eigene Wohnung mit Flaggen auszuhängen, habe ich ja bereits gesagt. Ich halte es zwar wie gesagt nicht für moralisch verwerflich, wenn ich bedenke, wofür Schwarz-Rot-Gold eigentlich steht, aber mindestens für eine Verschwendung von Zeit, Geld und Material.

» arril » Beiträge: 739 » Talkpoints: 10,78 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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» ten points » M » Beiträge: 741 » Talkpoints: 11,49 » Moderator


Käme ich in eine derart dekorierte Wohnung, würde mich das wohl schon zum fremdschämen bringen. Ich finde Fußball grundsätzlich ziemlich blöd, noch alberner finde ich allerdings den Hype um diese Sportart. Die Leute, die sich da künstlich in das Fußballfieber hineinsteigern, haben im Grunde genommen nichts damit zu tun, dass irgendwelche Mannschaften gegeneinander antreten. In diesem Zusammenhang finde ich das proklamierte "Wir-Gefühl" auch immer besonders affig, vor allem wenn irgendwelche unsportlichen und völlig unbeteiligten Leute dann glauben, "wir" hätten gewonnen. Gewonnen hat, wenn überhaupt, die Nationalmannschaft des jeweiligen Landes und sonst niemand. Das ist immer ein bisschen seltsam, was aus solchen Sportveranstaltungen gemacht wird.

Ganz besonders unschön finde ich es, wenn Leute sich regelrecht mit Fußball-Accessoires eindecken und förmlich in schwarz, rot und gelb untergehen. Trikots, Deutschlandfahnen, Fußballkissen und ähnliche Sachen finde ich ich einfach schrecklich stillos und dadurch auch schon ziemlich peinlich. Für mich ist das einfach eine Form von Geschmacklosigkeit. Solche Accessoires passen im Grunde genommen in keine Wohnung und sehen überall ziemlich komisch aus. In einem "scheußlicher wohnen"-Wettbewerb könnte man mit so etwas sicher punkten, im Normalfall möchte man sich aber zu hause doch wohlfühlen und ich für meinen Teil kann sagen, dass ich mich nicht wohlfühlen würde, wenn es bei mir zu hause so aussehen würde. Selbst wenn ich Fußballfan wäre, würde ich meine Bude nicht so verschandeln. Für eine Party könnte ich mir so etwas eventuell noch gerade so vorstellen, am nächsten Tag müsste das Zeug aber schnell verschwinden.

Ich denke, dass das Fußballfieber mehr oder weniger eine künstliche Erscheinung ist. Die Leute brauchen scheinbar auch immer mehr von diesen Fan-Accessoires, um auch wirklich ihrer Begeisterung Ausdruck verleihen zu können. Das finde ich schon übertrieben. Wenn man sich für Fußball begeistert, ist das eine Sache. Ich glaube aber nicht, dass man dafür irgendwelche Fähnchen braucht und frage mich, welchen Sinn das alles macht. Um auszudrücken, dass man für die deutsche Nationalmannschaft ist, reicht ein einzelnes Fähnchen, wenn es denn überhaupt sein muss. Ein einzelnes Trikot geht vielleicht auch noch, aber ein mit Fußball- und Deutschland-Accessoires zugemülltes Zimmer oder auch ein entsprechend zurechtgemachtes Auto finde ich doch arg übertrieben.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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